Parlamentskorrespondenz Nr. 557 vom 15.12.1999

NATIONALRAT BESCHLIESST ERHÖHUNG DER BEAMTENGEHÄLTER

Opposition kritisiert mangelnde soziale Ausgewogenheit

Wien (PK) - In den Abendstunden des letzten Sitzungstages in diesem Jahr beschloss der Nationalrat mit den Stimmen der Regierungsfraktionen die Erhöhung der Beamtengehälter.

BESOLDUNGS-NOVELLE 2000 (2 und Zu 2 d.B.)

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Abgeordneter Dr. KURZMANN (F) vertrat die Meinung, dass den Verhandlungspartnern bei der Gehaltserhöhung für den öffentlichen Dienst "kein großer Wurf gelungen ist". Zwar räumte er ein, dass durch den Sockelbetrag von 300 S der soziale Aspekt nicht ganz außer Acht gelassen worden sei, er hält die generelle Bezugserhöhung um 1,5 % aber dennoch für sozial ungerecht. Hauptgrund, die Gesetzesnovelle abzulehnen, ist für Kurzmann aber, wie er sagte, dass nach wie vor nicht die Leistung der Beamten, sondern das Dienstalter honoriert werde. Bei der Pensionserhöhung fehlt ihm ebenfalls die soziale Ausgewogenheit, zudem bemängelte er, dass die Pensionen immer weiter hinter die Aktivbezüge zurückfallen würden.

Abgeordneter PENDL (SP) lobte die Arbeit des öffentlichen Dienstes und betonte, die ausgezeichnete Qualität der Dienstleistung sei ein wichtiger Beitrag zur Sicherung des Wirtschaftsstandortes Österreich. Ihm zufolge soll man die öffentlich Bediensteten "nicht zum Spielball von Auseinandersetzungen machen", auch der öffentliche Dienst habe ein Recht auf eine Lohnerhöhung, die einerseits die Inflation abgelte und andererseits einen gerechten Anteil am Wirtschaftswachstum umfasse. Die Pensionserhöhung für Beamte des Ruhestandes ist laut Pendl analog zum ASVG-Bereich erfolgt, inklusive der sozialen Komponente.

Abgeordnete Dr. PETROVIC (G) kündigte an, die Grünen würden der vorliegenden Novelle nicht zustimmen, weil die soziale Komponente des Gehaltsabschlusses zu schwach ausgeprägt sei. Die zu starke Hierarchisierung der Einkommen im öffentlichen Dienst werde dadurch nicht wirklich wettgemacht. Darüber hinaus verlangte Petrovic eine umfassende Debatte über ein einheitliches Arbeits- und Sozialrecht für alle unselbständig Beschäftigten inklusive des öffentlichen Dienstes. Dabei müssten auch "die Nachteile und Anachronismen" des öffentlichen Dienstes wie beispielsweise die niedrigen Einstiegsgehälter angesprochen werden. Die Abgeordnete wandte sich zudem dagegen, weitere Teile im Sozial- und Bildungsbereich aus den Staatsaufgaben auszugliedern.

Staatssekretär Dr. RUTTENSTORFER führte aus, man müsse die jährliche Bezugserhöhung für öffentlich Bedienstete von tief greifenden Bezugsreformen trennen. Ihm zufolge ist man beim Gehaltsabschluss an die Grenzen dessen gegangen, was möglich ist. Ruttenstorfer begrüßte die Berücksichtigung einer sozialen Komponente, warnte aber davor, die Gehälter noch näher aneinander zu rücken, da damit Leistungsanreize verloren gehen könnten. Der Staatssekretär rechnete vor, dass es 1957 im öffentlichen Dienst zwischen niedrigstem und höchstem Gehalt ein Verhältnis von 1:13 gegeben habe, nunmehr sei dieses Verhältnis 1:7. Was Bezugsreformen betrifft, trat er dafür ein, das neue Vertragsbedienstetengesetz verstärkt bei Lehrern und im Universitätsbereich zur Anwendung zu bringen.

Abgeordneter Mag. TANCSITS (VP) nannte im Wesentlichen drei Gründe, warum die ÖVP dem Gehaltsabschluss zustimme: Erstens handle es sich um eine budgetär verkraftbare Erhöhung, zweites ermögliche er die Teilhabe der öffentlich Bediensteten an der allgemeinen Wohlstandesentwicklung und drittens sei eine soziale Komponente berücksichtigt. Seiner Auffassung nach haben die Interessenvertreter mit Augenmaß und mit Blick auf das Gesamtwohl verhandelt. Tancsits hob zudem hervor, dass es bei den Pensionen keine Bevorzugung des öffentlichen Dienstes gegenüber dem ASVG-Bereich gebe.

Abgeordneter Mag. SCHWEITZER (F) unterbreitete die Vorschläge der FPÖ für ein leistungsorientiertes Besoldungsschema der 130.000 Lehrer. Sie sehen ein Grundgehalt mit relativ flacher Kurve und Biennien vor, das aber an fachspezifische Fortbildung im Umfang von fünf Tagen pro Jahr während der unterrichtsfreien Zeit gekoppelt sei. Dazu kommen Funktionszulagen und eine Leistungskomponente für Planung und Durchführung pädagogischer Projekte und Schulveranstaltungen.

Staatssekretär Dr. RUTTENSTORFER replizierte mit dem Hinweis darauf, dass die von Abgeordnetem Schweitzer genannten Grundsätze im neuen Vertragsbedienstetenrecht bereits umgesetzt wurden und künftig auch bei Lehrern und Universitätslehrern verwirklicht werden sollen.

Abgeordnete Dr. MERTEL (SP) bezeichnete den öffentlichen Dienst als das "Rückgrat der Volkswirtschaft" und warf den Freiheitlichen vor, die Unkenntnis der Menschen über das Zustandekommen von Lohn- und Gehaltsabschlüssen für unqualifizierte Polemik gegen die Gewerkschaften auszunützen. Sie beurteilt den Gehaltsabschluss für den öffentlichen Dienst und die Pensionsanpassung positiv. Die Erhöhung des Karenzgeldes um 33 S hielt die Familiensprecherin der SPÖ für ungenügend. Hier sei "das letzte Wort" für sie "noch nicht gesprochen".

Abgeordneter WINDHOLZ (F) warf dem scheidenden Staatssekretär Ruttenstorfer vor, keinerlei Fortschritte in Richtung auf ein übersichtlicheres und gerechteres Besoldungssystem im öffentlichen Dienst zustande gebracht zu haben. Für unzumutbar hielt Windholz auch übermäßige Überstundenleistungen von bis zu 100 Stunden pro Monat, was sich, so Windholz, in der überdurchschnittlich hohen Scheidungsrate der Exekutivbeamten auswirke.

Der Gesetzentwurf wird mit SP-VP-Mehrheit angenommen. (Schluss)


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