Parlamentskorrespondenz Nr. 558 vom 15.12.1999

EU-ANPASSUNGEN IM VERKEHRSBEREICH

Änderung des Straßenbenützungsabgabegesetzes beschlossen

Wien (PK) - Abgeordnete Dr. LICHTENBERGER (G) stellte in der Debatte über die Änderung des Straßenbenützungsabgabegesetzes die Kritik der Grünen an der EU-Wegekostenrichtlinie in das Zentrum ihrer Ausführungen. Obwohl das diesbezügliche Weißbuch die Berücksichtigung der externen Kosten des Lkw-Verkehrs in Aussicht gestellt und die Hoffnung auf ein Ende der Dauersubventionierung des Lkw-Verkehrs geweckt habe, seien die "fairen und effizienten Preise", von denen die Rede war, in der Wegekostenrichtlinie nicht verwirklicht. Es bestehe keine Aussicht, die Kosten für das begleitende Strassennetz in die Wegekosten einzurechnen, geschweige die Gesundheitskosten, die die WHO in einer jüngsten Studie allein für die Luftverschmutzung mit 45 Mill. Euro beziffert. Dazu kommen Vegetationsschäden, die Folgekosten der Zersiedelung und Arbeitsplatzverluste in benachteiligten Regionen. Denn der Ausbau des Strassennetzes habe keineswegs zu einem verbesserten Güteraustausch zugunsten der Peripherien geführt, sondern die Wettbewerbsposition  der Wirtschaftszentren gegenüber peripheren Regionen weiter verstärkt. Das Emissionsklassensystem, das dem Strassenbenützungsabgabegesetz zugrunde liegt, überzeuge bloß theoretisch, bewähre sich aber in der Praxis nicht, da die realen Abgaswerte von der Papierform oft abweichen und nicht wirklich kontrolliert werden, kritisierte Lichtenberger.

Abgeordneter EDER (SP) räumte ein, dass die Probleme der Folgekosten des LKW-Verkehrs im Kern noch nicht gelöst seien, meinte aber, die vorliegende Novelle gehe umweltpolitisch in die richtige Richtung. Einen wesentlichen Fortschritt würde die Einführung des 1996 beschlossenen Road-pricings darstellen. Voraussetzung für die Umsetzung ist eine Mautstellenverordnung des Wirtschaftsministers, mit der man keinesfalls zuwarten sollte, bis Deutschland seine Road-pricing-Entscheidung trifft.

Abgeordneter Dr. STUMMVOLL (VP) erklärte, mit der vorliegenden Novelle würde eine Differenzierung der Lkw-Tarife in Bezug auf Umweltverträglichkeit vorgenommen. Dadurch gebe es zusätzliche Anreize für die Transportwirtschaft, auf schadstoffärmere Lkw umzusteigen. Generell wies Stummvoll darauf hin, dass die Lkw-Steuerbelastung in Österreich hoch sei und im EU-Vergleich im oberen Drittel liege. Zum Road Pricing sagte er, die ÖVP bekenne sich dazu unter zwei Voraussetzungen: Abstimmung mit Deutschland und wirtschaftsverträgliche Tarife.

Abgeordneter BÖHACKER (F) machte darauf aufmerksam, dass es sich bei der gegenständlichen Novelle um eine EU-Anpassung handle. Was ihn ärgere, sei, dass die Novelle Mitte des Jahres in Kraft trete, das bringe für die Betriebe einen zusätzlichen Verwaltungsaufwand. In Richtung Finanzminister Edlinger richtete Böhacker die Frage, ob dieser nun die Steuer- und Abgabenquote lediglich nicht erhöhen oder doch senken wolle.

Abgeordneter Mag. KUKACKA (VP) qualifizierte die Änderung des Straßenbenützungsabgabegesetzes als Schritt in die richtige Richtung. Abgasarme Lkw würden in Zukunft weniger besteuert als "alte Stinker", der Nah- und Zustellverkehr mit Klein-Lkw weniger als Transporte mit Groß-Lkw. Auch Kukacka bekannte sich zum Road Pricing für Lkw, er gab jedoch zu bedenken, dass Verkehrspolitik keine rein nationale Angelegenheit sei. "Was wir nicht wollen, sind reine Insellösungen nur für Österreich", umriss er.

Abgeordneter Mag. FIRLINGER (F) kündigte die Zustimmung der Freiheitlichen zur Änderung des Straßenbenützungsabgabegesetzes an. Er hätte sich aber, wie er sagte, eine stärkere Differenzierung hinsichtlich der Abgasewerte gewünscht. Zum Road Pricing will Firlinger nur unter bestimmten Bedingungen - u. a. Gleichklang mit Deutschland - Ja sagen. Generell forderte er ein attraktives Angebot der ÖBB im Güterverkehr.

Abgeordneter Dr. TRINKL (VP) betonte in Richtung der Grünen, Österreich habe bei der Besteuerungshöhe die entsprechende EU-Richtlinie voll ausgeschöpft. Bei einer einseitigen Einführung von Road Pricing fürchtet er eine starke Gefährdung der Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Wirtschaft, er sprach sich daher für eine zeitliche und technische Abstimmung mit Deutschland aus.

Abgeordnete lic.oec. HSG SCHOETTEL-DELACHER (F) fragte sich, wie lange man den österreichischen Kraftfahrern noch "vorgaukeln" wolle, dass kein Geld für dringend nötige Straßenbauprojekte vorhanden sei. Sie ist der Ansicht, dass mittlerweile ein Überschuss von 80 Mrd. S vorhanden ist. Von der Einführung von Road Pricing erwartet sich Schoettel-Delacher eine weitere Benachteiligung der heimischen Wirtschaft und damit auch der Konsumenten. Der Verkehr sei der Motor der Nation und nicht die Melkkuh, konstatierte sie.

Abgeordneter WATTAUL (F) gab zu bedenken, dass die produzierende Wirtschaft den Verkehr verursache. Was erzeugt werde, müsse auch transportiert werden. Eine Einführung von Road Pricing in Österreich im Alleingang bringt Wattaul zufolge lediglich die Verschlechterung des Wirtschaftsstandortes Österreich.

Abgeordnete Dr. MOSER (G) ortet Stillstand in der Verkehrspolitik. Das Parlament hätte schon längst die Möglichkeit gehabt einen Schritt in Richtung Kostenwahrheit auf der Straße zu tun, meinte sie, statt dessen komme es immer noch zu einer massiven Förderung des Lkw-Verkehrs durch öffentliche Gelder.

Die Änderung des Straßenbenützungsabgabegesetzes erhielt mehrheitliche Zustimmung.


Format