Parlamentskorrespondenz Nr. 125 vom 15.03.2000

RECHNUNGSHOFAUSSCHUSS ANALYSIERT AUFLÖSUNG DES NULLKUPONFONDS

RH-Präsident Fiedler: Fondsverwaltung hat erfolgreich gearbeitet

Wien (PK) - Der Rechnungshofausschuss startete heute seine Beratungen zum TÄTIGKEITSBERICHT ÜBER DAS VERWALTUNGSJAHR 1998. Erster Schwerpunkt war der Nullkuponfonds, der im Jahr 1986 mit dem Zweck gegründet worden war, die vom Bund alljährlich überwiesenen Zinsen für Nullkuponanleihen zu verwalten. Diese Zinsen werden den Anleihenehmern nämlich nicht, wie bei Anleihen sonst üblich, jährlich, sondern erst bei Tilgung der Anleihe nach Ende der Laufzeit ausbezahlt. Den Fondsverwaltern, bis Ende 1992 das Finanzministerium, dann, bis zur Fondsauflösung, die Bundesfinanzierungsagentur, attestierte der Rechnungshof jeweils eine erfolgreiche Tätigkeit. Die Fondsmanager erwirtschafteten etwa in den Jahren 1993 bis 1995 über Zinsen und Zinseszinsen hinaus einen Mehrertrag von 75,5 Mill. S. Für die gesetzlich verfügte Auflösung des Fonds waren die zu erwartende Schmälerung des Fondserfolgs durch die Körperschaftsteuerpflicht sowie die Markt- und die Budgetentwicklung maßgeblich. Die Verwertung des Fondsvermögens hat die Konsolidierung des Bundesbudgets in den Jahren 1997 und 1998 mit Einnahmen von 1,2 Mrd. S und 4,7 Mrd. S unterstützt.

Kritik rief beim Rechnungshof der Zeitpunkt der Auflösung des Nullkuponfonds hervor. Die Veräußerung seiner Wertpapiere sei ab März 1997 "ohne Bedachtnahme auf Kupontermine" und "nicht zum wirtschaftlich günstigsten Zeitpunkt" erfolgt, heißt es im Bericht. Zwar argumentierte das Finanzministerium mit Kursgewinnen und dem Abbau von Risikopositionen, die Rechnung der Prüfer ergab aber nicht realisierte Kursgewinne, die "aufgrund der Marktlage ungefährdet" waren, was letztlich zu einem finanziellen Nachteil von 86,2 Mill. S geführt habe. Im Einzelnen griff der Rechnungshof die Dotierungen und Veranlagungserträge zweier Prämienanleihen aus dem Jahr 1986 heraus, die der Fonds dem Bund bereits zu Jahresbeginn 1998 zur Verfügung stellte, obwohl die Tilgung der Anleihen erst im Juli fällig gewesen wäre. Das Finanzministerium begründete diese Vorgangsweise mit der Verminderung von Finanzierungskosten - der Rechnungshof konterte mit dem Hinweis auf den "Entfall möglicher Zinserträge".

Eingangs der Debatte verlangte Abgeordneter BRIX (SP) die Anwesenheit von Finanzminister Dr. GRASSER, einerseits weil dies von der Präsidialkonferenz so beschlossen worden sei, andererseits wegen einer möglichen Befangenheit von Staatssekretär Dr. FINZ infolge dessen früherer Tätigkeit im Rechnungshof.

Ausschussobmann Mag. KOGLER sagte der SPÖ zu, die Frage der Befangenheit grundsätzlich in der Präsidialkonferenz zu behandeln.

Auf die diesbezügliche Frage des Vorsitzenden teilte Staatssekretär Dr. FINZ dem Ausschuss mit, dass er zwar an der gegenständlichen RH-Prüfung beteiligt gewesen sei, er sich aber keineswegs befangen fühle und kein Problem damit habe, die Position des Finanzministeriums vor dem Rechnungshofausschuss zu vertreten.

Sodann ging Dr. Finz inhaltlich auf das Thema der Ausschussitzung und auf Detailfragen der Abgeordneten BÖHACKER (FP), KURZBAUER (VP), EDLER und FAUL (beide SP) ein. Der Staatssekretär erinnerte an die politische Entscheidung des Jahres 1996, den Nullkuponfonds in den Jahren 1997 und 1998 für die Budgetkonsolidierung heranzuziehen. Man sei sich damals durchaus bewusst gewesen, dass dadurch höhere Belastungen für die Budgets späterer Jahre entstehen würden. Diese Belastungen stellen eine Herausforderung für die jetzige und die künftige Finanzpolitik dar, sagte Finz. Die Beantwortung der Frage, ob das Fondsvermögen zu früh veräußert worden sei, hänge mit der Einschätzung der damaligen Risikolage zusammen. Zinsen können sich nach oben oder nach unten entwickeln.

Die zusätzliche Frage des Abgeordneten FAUL (SP) nach dem geplanten "Ausverkauf des Familiensilbers" veranlasste den Staatssekretär zu dem Hinweis darauf, dass die ÖIAG einen außerbudgetären Schuldenstand von 80 Mrd. S aufweise. Die Notwendigkeit von Privatisierungen sei gegeben, um zu verhindern, dass dieser Betrag für das Budget schlagend wird. Man werde bei der Privatisierung vorsichtig, unter Beachtung der Börsensituation vorgehen und Mitarbeiterbeteiligungen und Publikumsanleihen ermöglichen.   

Der Geschäftsführer der Bundesfinanzierungsagentur Dr. EDER informierte die Ausschussmitglieder darüber, dass der Nullkuponfonds im Durchschnitt 8,5 % an Erträgen pro Jahr erzielt habe, was bei Kosten von 6,7 % zu einem guten Nettoertrag von 1,8 % geführt habe. Voraussetzung für dieses Ergebnis sei die Bereitschaft gewesen, Fremdwährungsrisken zu tragen. Dieses Risiko sei bei der Auflösung des Fonds, die aus seiner Sicht ebenfalls mit einem positiven Resultat erfolgt sei, zu berücksichtigen gewesen. Es sei zwar retrospektiv richtig, so Eder, dass zu einem späteren Zeitpunkt noch höhere Verkaufserlöse möglich gewesen wären, damals war dem Fondsmanagement aber "der Spatz in der Hand lieber als die Taube auf dem Dach".

Rechnungshofpräsident Dr. FIEDLER stimmte mit seinen Vorrednern überein und unterstrich vorweg die erfolgreiche Tätigkeit der Fondsverwaltung. Hinsichtlich des Zeitpunktes der Auflösung des Fonds brachte er aber seine Auffassung zum Ausdruck, dass man durch Zuwarten noch höhere Erlöse erzielen hätte können, ohne große Risken einzugehen. Der Rechnungshofpräsident räumte aber ein, dass die Entwicklung auf den Finanzmärkten naturgemäß unterschiedliche Einschätzungen zulasse.

Die auch von Abgeordneter Dr. MOSER (G) angeschnittene Frage nach Belastungen künftiger Budgets infolge der Auflösung des Nullkuponfonds beantwortete Präsident Dr. Fiedler mit folgenden Zahlen aus dem RH-Bericht: 2000 - 1,379 Mrd. S, 2002 - 537 Mill. S, 2007 - 171 Mill. S und 2016 - 11,363 Mrd. S. Die Mehrbelastungen infolge der Fondsauflösung bezifferte der Rechnungshofpräsident bis 2016 mit 6,6 Mrd. S, sofern keine weiteren Nullkuponfondsanleihen begeben werden.

Der Geschäftsführer der Bundesfinanzierungsagentur Dr. EDER bekannte sich grundsätzlich zu dem Instrument Nullkuponanleihe, zumal deren Rendite um bis zu einem Viertel Prozent unter jenen jährlich verzinsbarer Anleihen liege, gegenwärtig würden die Investoren Zero-Bonds aber aufgrund der Marktlage nicht akzeptieren.

Abschließend erfuhr Abgeordneter Mag. TRATTNER (FP) vom Rechnungshofpräsidenten, dass der Nullkuponfonds nicht nur aus budgetären Gründen, sondern auch deswegen aufgelöst wurde, weil die EU an der Gestionierung des Fonds Anstoß genommen hatte.

BUNDESSPORTEINRICHTUNGEN: RECHNUNGSHOF FORDERT MEHR WIRTSCHAFTLICHKEIT

Ein weiterer Teil der heutigen Sitzung war der Ausgliederung der Bundessporteinrichtungen gewidmet. Der Rechnungshof bewertete in seinem Bericht die Ausgliederung zwar insgesamt als positiv, kritisierte aber, dass bei der Erstellung des Ausgliederungskonzeptes in erster Linie sportpolitische Zielsetzungen und die Aufrechterhaltung des bisherigen Gesamtangebotes und der Förderungstarife im Vordergrund standen, während eine Strukturierung des Gesamtangebotes nach ökonomischen Gesichtspunkten unterblieben sei. Gerade dies wäre aber nach Ansicht des Rechnungshofes für die Erreichung des erwarteten Einsparungspotentiales von rund 48 Mill. S unabdingbar.

Abgeordneter Dr. KRÄUTER (SP) bezeichnete es hingegen als wesentlich, dass bei der Ausgliederung auch sportpolitische Ziele beachtet werden. Er erinnerte weiters daran, dass die FPÖ in ihren Oppositionszeiten in einem Entschließungsantrag eine "echte Privatisierung" der Bundessportheime verlangt hatte, und warnte vor einem "Verscherbeln".

Abgeordneter Dr. GROLLITSCH (F) führte die Ausgliederung in der bestehenden Form auf eben diese Initiative der Freiheitlichen zurück. Er forderte die Weiterentwicklung der Ausgliederung hin zur Privatisierung, gab jedoch zu bedenken, dass man die Bundessporteinrichtungen nicht über einen Kamm scheren könne. Was die Mieten betrifft, sprach er sich für die Anhebung der Tarife der einzelnen Heime an die ortsübliche Niveaus aus.

Abgeordneter BROSZ (G) sah einen dringenden Handlungsbedarf bei der Änderung und Vereinfachung der gesetzlichen Grundlagen der Bundessportförderung. Insbesondere sollten seiner Meinung nach klare Richtlinien geschaffen werden. Kritik übte er an der nach wie vor bestehenden personellen Verflechtung zwischen Förderungsgebern und Förderungsempfängern.

Eine Neuregelung der gesetzlichen Grundlagen forderte auch Abgeordneter PRINZ (VP), der die Unübersichtlichkeit des gegenwärtigen Förderungssystems beklagte.

Abgeordneter FAUL (SP) stellte den Vorschlag zur Diskussion, die subjektive Sportförderung nicht nur einzelnen Sportlern, sondern auch Vereinen zukommen zu lassen.

Vizekanzlerin Dr. RIESS-PASSER plädierte dafür, die Zielsetzungen der Sportförderung grundsätzlich zu überdenken, und kündigte eine gesetzliche Neuregelung bis Oktober 2000 an. Bei einer allfälligen Privatisierung - den Ausdruck "Verscherbeln" wies sie mit Nachdruck zurück - müsse jedenfalls darauf geachtet werden, dass die Bereitstellung der Einrichtungen für Sportler auch weiterhin garantiert bleibt. Zur Rolle der Dachverbände hielt sie fest, eine Zerschlagung stehe nicht zur Diskussion, es gehe vielmehr darum, bei Neuerungen die Parteipolitik aus dem Sport zu eliminieren. Bereinigungen seien auch dort geplant, wo eine personelle Identität zwischen Förderungsvergabe und Mitgliedschaft in einem geförderten Verein besteht.

Mag. Michael SULZBACHER, Geschäftsführer der Bundessporteinrichtungen Ges.m.b.H., stellte zum Thema "echte Privatisierung" klar, dass ein Verkauf von Bundessportheimen nur dann vorgesehen ist, wenn der Förderungszweck aufrechterhalten bleibt.

Mag. Dr. Erich IRSCHIK, Leiter der Gruppe Sport im Bundeskanzleramt, wies darauf hin, dass nunmehr jeder neue Mietvertrag auf Basis der ortsüblichen Tarife abgeschlossen wird.

Rechnungshofpräsident Dr. FIEDLER hielt seine Kritik an der personellen Verflechtung von Förderungsgeber und Förderungsnehmer aufrecht. Jemand, der mitbestimmt, welche Förderungen an einen Verein vergeben werden, hat beim Förderungsempfänger nichts verloren, betonte er. Im übrigen unterstrich Fiedler, der Rechnungshof habe sich in seinem Bericht nicht gegen sportpolitische Zielsetzungen bei der Ausgliederung ausgesprochen, sondern vielmehr eine Strukturveränderung unter Einbeziehung ökonomischer Aspekte angepeilt. (Fortsetzung)