Parlamentskorrespondenz Nr. 135 vom 16.03.2000

FRAUENPOLITIK MIT UND OHNE FRAUENMINISTERIUM

Dringliche Anfrage der SP-Fraktion im Bundesrat

Wien (PK) - Mit einer Dringlichen Anfrage an Sozialministerin Dr. SICKL machte die sozialdemokratische Fraktion die Frauenpolitik zum Thema einer überwiegend von Frauen bestrittenen Debatte im Bundesrat. Bundesrätin Mag. TRUNK (SP) bezeichnete in ihrer Anfragebegründung die Auflösung des Frauenministeriums als einen bedenklichen Schritt, der für die Frauen dieses Landes nur bedauert werden könne. In diesem Zusammenhang erinnerte die Rednerin an eine Frauenplattform in Kärnten, welche auch von der damaligen Landesrätin und nunmehrigen Sozialministerin Sickl unterstützt worden sei. Selbst dem Frauen-Volksbegehren sei Sickl positiv gegenüber gestanden. Die Rednerin sei ursprünglich daher überzeugt gewesen, dass Sickl ihre Chance nützen werde. Sickl habe die Möglichkeit gehabt, für die Beibehaltung eines eigenen Frauenressorts einzutreten, doch diese Möglichkeit sei vertan worden.

Trunk gab zu bedenken, wie groß der Aufschrei gewesen wäre, hätte man etwa das Justiz- oder das Wirtschaftsressort aufgelöst. Die Auflösung des Frauenministeriums hingegen evoziere lediglich hohle Sätze. Inhaltlich sei dazu nichts gekommen, beklagte Trunk. Von der Ministerin wollte die Rednerin wissen, worin ihre frauenpolitische Linie bestehe. In Frauenfragen sei Österreich einst Vorreiter in Europa gewesen, daher hätte die Regierung nun Erklärungsbedarf.

Bundesministerin Dr. SICKL betonte eingangs, dass es ihr immer ein Anliegen gewesen sei, in Sachfragen auch parteiübergreifend zu agieren, um gemeinsame Anliegen auch gemeinsam zu vertreten. Insofern laufe die Bundesrätin mit ihren frauenpolitischen Ansinnen auch „offene Türen“ ein. Sie, Sickl, trete für eine ressortübergreifende Regelung der Frauenpolitik ein. Es gebe mittlerweile viele gesetzliche Grundlagen für eine Chancengleichheit der Frauen, nun komme es aber auf die Umsetzung an. In diese Richtung müsse man gemeinsam arbeiten. Und auch die Wirtschaft müsse erkennen, dass Frauenfreundlichkeit sinnvoll sei.

Schon in Kärnten habe sie gezeigt, dass sie gute Lösungen erarbeiten könne, dies wolle sie nun auch im Bund so halten, wobei sie sich um eine entsprechende Zusammenarbeit mit den Fachabteilungen bemühe. Zum Frauenministerium selbst hielt Sickl fest, ein solches habe es in Österreich rechtlich ja nie gegeben. Es gab vielmehr eine Bundesministerin im BKA, der neben Frauenangelegenheiten auch eine Vielzahl anderer Themen übertragen worden sei. Eine solche Lösung gebe es nun auch in der jetzigen Regierung, nur ressortiere die Frauensektion eben in das Sozialressort. Rechtlich habe sich also nichts geändert.

Entscheidend sei jedenfalls, wie man sich für die Frauenangelegenheiten einsetze. Und sie werde dies sehr engagiert tun. Konkret verwies sie darauf, dass sie die Installierung einer weiteren Gleichbehandlungsanwältin in Klagenfurt in Auftrag gegeben habe. Auch sollten in den Ministerien Frauenbeauftragte eingesetzt werden. Sodann beantwortete Sickl die einzelnen an sie gerichteten Fragen.

Bundesrätin KAINZ (SP) äußerte Skepsis gegenüber der Frauenpolitik der Regierung. Man brauche nicht nur Absichtserklärungen, vielmehr bedürfe es entsprechender Instrumentarien zur Durchsetzung der Frauenanliegen. Und dazu sei ein echtes Frauenministerium unumgänglich. Die jetzige Situation sei jedenfalls ein markanter Rückschritt.

Absichtserklärungen habe es viel zu lange gegeben, es gehe um Verbindlichkeiten. Es sei eine Frauenministerin vonnöten, die nicht nach links und rechts sehen müsse, wenn es um ihre finanziellen Mittel und ihre Kompetenzen gehe. Schließlich brachte die Rednerin einen Entschließungsantrag ein, in dem ein jährlicher Bericht zu den Initiativen bei der Schaffung von Kinderbetreuungsplätzen gefordert wird.

In einer zweiten Wortmeldung wies Bundesministerin Dr. SICKL darauf hin, dass die Sozialdemokratie ja 30 Jahre Zeit gehabt hätte, die nun geforderten „griffigen Lösungen“ selbst umzusetzen. Es wäre sinnvoll, in diesen Fragen zusammenzuarbeiten, anstatt sich hier in Schuldzuweisungen ergehen.

Bundesrätin GRANDER (VP) meinte, in der Frauenpolitik habe es bislang nicht jenes Ausmaß an Erfolg gegeben, das man vielleicht erwarten konnte, daher müsse man in diese Richtung weiterarbeiten. Die Rednerin betonte die Sinnhaftigkeit der Wahlfreiheit, weil es nicht um Kinderbetreuungseinrichtungen allein gehen könne. Tagesmütter stellten durchaus eine Alternative dar, sodass man selbst entscheiden können sollte, welche Lösung man präferiere.

Persönlich sei es ihr lieber, dass es in der Bundesregierung zahlreiche kompetente Ministerinnen gebe und nicht bloß eine Frauenministerin, die sich noch mit einer Vielzahl anderer Bereiche befassen müsse. Sie sei zuversichtlich, dass mit der neuen Regierung „einiges weitergeht“.

Bundesrätin MÜHLWERTH (F) sagte, sie habe den Eindruck, dass die Sozialdemokraten jetzt von einer F-Ministerin die Umsetzung von Forderungen einfordere, die die SPÖ selbst nicht verwirklichte. Es habe zwar auch in den 30 Jahren SPÖ-Regierung einige Ergebnisse gegeben, es bleibe aber immer noch viel zu tun. Hier sei sie optimistisch, dass die neue Regierung entsprechende Erfolge erzielen werde.

Sodann verwies Mühlwerth auf Probleme, denen sich Fraueneinrichtungen gegenübergesehen hätten, ohne dass hier von der damaligen Frauenministerin konkrete Schritte gesetzt worden seien. Die SPÖ habe vielmehr immer dieselben Forderungen erhoben, weil die „eben nie umgesetzt wurden“. Die F träten jedenfalls für eine umfassende Entscheidungsfreiheit der Frauen ein und mache eine erfolgreiche Frauenpolitik.

Bundesrätin SCHICKER (SP) wies Vorwürfe, die SPÖ habe in der Frauenpolitik nichts bewirkt, scharf zurück und meinte, in 13 Jahren Koalition habe man viele Abstriche machen müssen. Diese Erfahrungen würden die Freiheitlichen auch noch erleiden. Die Umsetzung vieler Punkte des Frauenvolksbegehrens sei letztlich am Widerstand der ÖVP gescheitert, stellte Schicker fest.

Die Rednerin untermauerte die Forderungen der SPÖ nach Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie nach Eigenständigkeit und Unabhängigkeit für Frauen. Am Karenzgeldmodell der Koalition kritisierte sie, Alleinerzieherinnen ohne Partner würden dabei nicht berücksichtigt.

Bundesrätin FUCHS (SP) erwartete sich von Sickl, dass die zeitgemässe und moderne Frauenpolitik der SP-Ministerinnen fortgesetzt werde. Kein Zurück zur Steinzeit, zur "Bartensteinzeit", kein Zurück zu Kinder, Kirche und Küche, lauteten die Forderungen von Fuchs. Das Karenzgeld für alle sei weder eine frauenpolitische Massnahme, noch sozial gerecht. Kritik übte Fuchs auch an der Streichung von Weiterbildungskursen für Wiedereinsteigerinnen. Die Ablehnung der Quotenregelung, die gemeinsame Obsorge, die Reduzierung der Kindergartenmilliarde sowie die Nichtgeltung des Gleichbehandlungsgesetzes für die Privatwirtschaft stiessen ebenfalls auf Ablehnung durch die Rednerin. 

Bundesrat THUMPSER (SP) rief zu einer Sensibilisierung der Gesellschaft für Frauenanliegen auf und sah dabei in erster Linie die Männer angesprochen. An die Ministerin appellierte er, dafür Sorge zu tragen, dass die Mittel für die Kleinkinderbetreuungseinrichtungen nicht gekürzt werden.

Bundesrat WEILHARTER (F) kündigte an, seine Fraktion werden den Entschliessungsantrag der SPÖ nicht mittragen, da er in Rechte der Länder eingreife.

Der SP-Entschliessungsantrag fand bei der Abstimmung keine Mehrheit.

BESPRECHUNG DER ANFRAGEBEANTWORTUNG 1557/AB

Bundesrat GASTEIGER (SP) forderte die Unterrichtsministerin mit Nachdruck auf, in der Frage der Einrichtung eines EDV-Colleges an der HTL in Imst tätig zu werden und die Verantwortung dafür nicht auf den Tiroler Landeschulrat abzuschieben. Die renovierte Kaserne in Imst, die nun zum Verkauf ansteht, wäre nach Ansicht Gasteigers optimal als Standort für diese Bildungseinrichtung geeignet.

Unterrichtsministerin GEHRER sprach sich für eine dezentrale Lösung aus, die es dem Landeschulrat überlässt, Schwerpunkte der Informationstechnologieausbildung an Schulen in Tirol anzubieten. Einer bundesweiten Vorschreibung und einer Beglückung von oben erteilte Gehrer eine klare Absage.

Bundesrat KEUSCHNIGG (VP) erinnerte daran, dass in Tirol ab Herbst 2000 vier Colleges mit informationstechnologischem Schwerpunkt angeboten werden. Wenn tatsächlich im Grossraum Imst ein Bedarf an einem College besteht, dann wäre es besser, in der bestehenden HTL Imst eine zusätzliche EDV-Klasse zu führen, anstatt die Kaserne für diesen Zweck umzuwidmen.

Bundesrat GRISSEMANN (F) meinte, eine Standortbegründung für die HATL in Imst biete sich förmlich an. Der Redner unterstützte die von Gasteiger vorgeschlagene Umwidmung der Kaserne und gab zu bedenken, dass dieses Gebäude erst kürzlich generalrenoviert und ein Jahr danach geschlossen worden sei. Es gehe in dieser Frage nicht um parteipolitisches Denken, unterstrich Grissemann. (Schluss)


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