Parlamentskorrespondenz Nr. 192 vom 12.04.2000

BUDGETAUSSCHUSS BEFASST SICH MIT BILDUNGSAUSGABEN

Gehrer kündigt Computer-Milliarde für Herbst 2001 an

Wien (PK) - Der Budgetausschuss des Nationalrates setzte seine Beratungen über das Budget 2000 heute Mittag mit dem Kapitel Bildung fort. Unterrichtsministerin Gehrer erläuterte den Abgeordneten dabei die Pläne ihres Ressorts in Bezug auf die Forcierung der Informationstechnologie an den Schulen und nannte in diesem Zusammenhang u.a. den Ausbau von Netzanschlüssen, eine entsprechende Aus- und Weiterbildung für Lehrer und die Modernisierung der Hardware als Ziele. Sie werde aber "sicher nicht jedem Volksschüler einen Laptop kaufen", versicherte die Ministerin und auch nicht jedem Schüler ab einem gewissen Alter. Die angekündigte Computer-Milliarde soll ihr zufolge im Herbst 2001 zur Verfügung stehen.

Generell merkte die Ministerin an, aufgrund des bestehenden Budgetlochs müssten alle Ressorts Einsparungen bei den Ermessensausgaben um 15 % vornehmen. "Daran ist nichts zu ändern." Die SPÖ hatte zuvor die Kürzung der Mittel für die Erwachsenenbildung kritisiert und auch die Informationstechnologie-Pläne der Regierung als zwar "hehres", aber so nicht realisierbares Vorhaben gewertet. Sowohl SPÖ als auch Grüne bezweifelten angesichts der Erfahrungen in den letzten Jahren, dass Unterrichtsministerin Gehrer ihr Budget werde einhalten können.

Aus dem Spezialbericht geht hervor, dass das Budget für den Bereich Bildung und Kultur im Jahr 2000 knapp 76 Mrd. S umfasst. Hiervon fallen rund 29 Mrd. S auf Personalausgaben und ca. 47 Mrd. S auf Sachausgaben, wobei unter letztere auch die Landeslehrer-Gehälter fallen. Die Budgeterhöhung gegenüber dem Vorjahr - bei den Personalausgaben ist ein Plus von 1,82 Mrd. S gegenüber dem Voranschlag 1999 und bei den Sachausgaben ein solches von 1,47 Mrd. S vorgesehen - wird vor allem mit dem Anstieg der Lehrergehälter begründet.

Eingeleitet wurde die Diskussion durch eine Feststellung von SP-Schulsprecher Dr. ANTONI, wonach sich die SPÖ um die Weiterentwicklung des Bildungssystems in Österreich Sorgen mache. Zwar seien die Ankündigungen im Regierungsprogramm und von Unterrichtsministerin Gehrer positiv zu bewerten, meinte der Abgeordnete, ein Blick ins Budget sei aber "ernüchternd und Besorgnis erregend". So gebe es beispielsweise im Bereich der Erwachsenenbildung und des lebensbegleitenden Lernens keine zusätzlichen Budgetmittel, sondern eher eine "Rückbudgetierung". Die Ankündigung von Ministerin Gehrer, alle SchülerInnen ab dem 14. Lebensjahr mit Laptops zu versorgen, würde Antoni zufolge mindestens 10 bis 15 Mrd. S kosten und sei daher zwar ein "hehres Vorhaben", aber so nicht realisierbar.

Sowohl Antoni als auch sein Fraktionskollege Abgeordneter RIEPL brachten das Auffangnetz für Jugendliche, die keinen Lehrplatz finden, zur Sprache. Riepl betonte, dass man mit den Projekten gute Erfahrungen gemacht habe, diese sollten daher fortgesetzt werden. Er findet im Budget aber keinen ausreichenden Ansatz dafür und fürchtet daher, dass im Herbst einige Tausend Jugendliche auf der Straße stehen könnten.

Abgeordneter Mag. SCHWEITZER (F) merkte dazu an, dass der Aufwand für das Auffangnetz für Lehrlinge mit 280.000 S pro Kopf unverhältnismäßig hoch gewesen sei, man müsse sich daher einen effektiveren Einsatz der Mittel überlegen. Generell wies er darauf hin, dass die Bildungsausgaben in Österreich sowohl im Primärbereich als auch im Sekundärbereich weit über dem EU-Durchschnitt lägen. Das sei eine gute Ausgangsposition, die Regierung müsse nun aber der Frage nachgehen, ob die vorhandenen Mittel nicht gezielter eingesetzt werden könnten. Weiters trat Schweitzer für eine Aufwertung des Stellenwertes der Hauptschule und der Polytechnischen Schule ein. Sein Fraktionskollege Abgeordneter DI SCHÖGGL wollte von der Unterrichtsministerin wissen, ob trotz der Kürzung der Mittel für die Schulerhaltung die ausreichende Ausstattung der Schulen und der ordnungsgemäße Zustand der Gebäude aufrecht erhalten werden könnten.

Abgeordneter BROSZ (G) machte darauf aufmerksam, dass es in den letzten Jahren im Unterrichtsressort eine erhebliche Differenz zwischen dem Budgetvoranschlag und dem Budgeterfolg gegeben habe. So sei der Voranschlag beim letzten Mal um 1,7 Mrd. S überschritten worden, im Jahr zuvor um 1,5 Mrd. S. Brosz bezweifelte daher, dass das Budget 2000 halten wird, noch dazu, wo er bei manchen Sachausgaben zum Teil eklatante, nicht nachvollziehbare Einsparungen ortet. Als Beispiele führte er die Kürzung der Heizkosten um 15 % und die massive Senkung der Mittel für Schulveranstaltungen an. Kritisiert wurde von Brosz auch die Kürzung der Mittel für Waldorfschulen.

Abgeordneter AMON (V) klagte, Abgeordneter Antoni tue so, als würde das österreichische Bildungswesen vor dem Bankrott stehen und als könnte die internationale Konkurrenzfähigkeit der Ausbildung nicht mehr sichergestellt werden. "Das entspricht in keinster Weise der Realität", bekräftigte er. Amon wertete es vielmehr als erfreulich, dass es Gehrer trotz genereller Budgetknappheit gelungen sei, eine Steigerung des Bildungsbudgets herauszuverhandeln. Von massiven Kürzungen im Bildungsbereich oder "Kaputtsparen" könne keine Rede sein.

Weitere Fragen der Abgeordneten betrafen die Schulautonomie (Abgeordnete Mag. MIKL-LEITNER, V), die Hochbegabtenförderung (Abgeordnete Dr. PAPHAZY, F), geplante Reformen bei der AHS-Oberstufe (Abgeordnete Dr. BRINEK, V), Schulen mit Schwerpunktsetzung (Abgeordnete SCHASCHING, S) und die Direktorenbestellung (Abgeordneter FAUL, S).

In ihrer Antwort unterstrich Unterrichtsministerin GEHRER, auch die Budgeterstellung für das Jahr 2000 habe wie in den vergangenen Jahren das Ziel verfolgt, das schulische Angebot zu optimieren. Durch das bestehende allgemeine Budgetloch müssten aber alle Ressorts Einsparungen bei den Ermessensausgaben um 15 % vornehmen. "Daran ist nichts zu ändern."

Als eine der größten Herausforderungen der kommenden Jahre im Schulbereich bezeichnete die Ministerin die Forcierung der Informationstechnologie. Sie verwies in diesem Zusammenhang auf die in Lissabon gefassten Beschlüsse der EU-Ministerkonferenz, wonach bis zum Jahr 2001 alle Schulen Zugang zum Internet haben und bis zum Jahr 2002 alle erforderlichen Lehrer geschult werden sollen.

Ihr gehe es aber mehr um die inhaltlichen Ziele, betonte die Ministerin, ein Internetzugang helfe nichts, wenn damit nicht gearbeitet werde. Deshalb habe sie in ihrem Ressort eine Steuerungsgruppe eingesetzt, um folgende Ziele zu erreichen: der Ausbau von Netzanschlüssen, eine IKT-Ausbildung für Lehrende, eine Schwerpunktsetzung im Weiterbildungsbereich, Angebote in der Erwachsenenbildung sowie eine weitere Modernisierung der Hardware in Schulen. Sie werde aber sicher "nicht jedem Volksschüler einen Laptop kaufen", sagte die Ministerin, und auch nicht jedem Schüler ab einem gewissen Alter. Die von der Regierung angekündigte Computer-Milliarde soll ihr zufolge im Herbst 2001 zur Verfügung stehen. Geplant ist nach Auskunft Gehrers darüber hinaus die Einführung eines "Lehramtes Informationstechnologie".

In der Frage des lebensbegleitenden Lernens will Gehrer die Zusammenarbeit mit anderen Ministerien forcieren. Sie betonte in diesem Zusammenhang, dass die Aufwendungen für Erwachsenenbildung nicht an den Ausgaben ihres Ressorts gemessen werden dürften, da vor allem auch das AMS, die Wirtschaftsförderung oder die Arbeiterkammer Geldmittel für diesen Bereich zur Verfügung stellten.

Auch die Budgetmittel für das Auffangnetz für Jugendliche sind laut Gehrer im Budget des AMS und in Sonderansätzen dotiert. Ihrer Ansicht nach ist das Auffangnetz in die richtige Richtung gegangen, es soll daher dort, wo es notwendig ist, weitergeführt werden. Die Regierung werde dafür sorgen, dass keine Jugendlichen auf der Straße stehen, bekräftigte die Ministerin. Sie lehnt aber einen Vorschlag von Abgeordnetem Antoni ab, die duale Ausbildung in eine Berufsfachschule umzuwandeln.

Was konkrete Kürzungen einzelner Budgetposten betrifft, wies die Ministerin darauf hin, dass man mehr und mehr dazu übergehe, den Schulen ein Gesamtbudget zu geben, das es ihnen selbst ermögliche, Schwerpunkte zu setzen bzw. Mittel umzuschichten. Die Heizkostenbudgetierung ist ihr zufolge auf Basis der Abrechnungen der Schulen erfolgt.

Bei der Ausstattung der Schulen bzw. der Schulerhaltung habe man, so die Ministerin, manche Maßnahmen verschieben müssen. Schulen, die fertig sind, würden aber eingerichtet und Schulen, die in Bau sind, fertiggebaut. Hinsichtlich der Frage, ob ihr Budget halten werde, richtete Gehrer einen Appell an die Länder, mit den Dienstposten, die sie haben, sorgsam umzugehen.

Positiv beurteilte die Unterrichtsministerin die Entwicklung der Polytechnischen Schule. Um Schülern ohne Hauptschulabschluss bessere Möglichkeiten zu geben, kann sie sich für die Zukunft darüber hinaus vorstellen, dass man mit Beendigung der Polytechnischen Schule ein Zeugnis über den Abschluss der Pflichtschule erhält.

Die Schulautonomie bezeichnete die Ministerin als großes Anliegen von ihr, man müsse sich aber auch klar darüber sein, dass damit mehr Verantwortlichkeit und mehr Mut für Entscheidungen verbunden seien. Fälle, wo bis September die zugewiesenen Geldmittel verbraucht sind und man den Schülern dann sage, man könne nichts mehr unternehmen, weil das Ministerium kein Geld zur Verfügung stelle, seien nicht akzeptabel.

In Bezug auf die Hochbegabtenförderung verwies Gehrer auf das Institut für Hochbegabung in Salzburg. Mehr muss ihrer Ansicht nach noch bei der Erkennung von Hochbegabungen und bei der Bewusstseinsbildung getan werden. Zur AHS-Oberstufe merkte die Ministerin an, man stelle Überlegungen an, wie mehr Schwerpunkte gesetzt und die Schüler mehr zum selbstständigen Lernen animiert werden könnten.

Die Schwerpunktsetzung von Schulen kommt Gehrer zufolge sehr teuer. Daher sei man dazu übergegangen, den Schulen zwar flexible Angebote zu machen, ihnen aber nicht mehr Ressourcen als "normalen" Schulen zur Verfügung zu stellen. Für die Schwerpunktsetzung müssten Geldmittel von Dritten aufgetrieben werden, etwa über die Sportförderung. Die Direktorenbestellung im Pflichtschulbereich ist laut Gehrer Sache der Länder.

Die zweite Verhandlungsrunde leitete Abgeordneter DDr. NIEDERWIESER (S) ein. Er zeigte sich besorgt, dass die Schulen im Bereich der Informatik den Anschluss an die technische Entwicklung verlieren könnten und erkundigte sich nach den Vorstellungen der Ressortleiterin für das neue Lehrerbild "Informatikmanager". Für bedauerlich hielt er Kürzungen beim Kulturservice, bei Veranstaltungen zur Geschichte der Arbeitswelt sowie bei den Waldorfschulen.

Der bunte Bogen an Themen, mit denen die Abgeordneten die Bildungsministerin in der zweiten Verhandlungsrunde konfrontierten, reichte von der Verbesserung der Kostenkontrolle bei den Landeslehrern (Abgeordneter Dr. GRAF, F und Mag. GASSNER, S), über die fehlende Transparenz des Unterrichtsbudgets (Abgeordneter BROSZ, G), die Werbeeinnahmen der Schulen (Abgeordnete Dr. WOLFMAYR, V), die Strukturreform im Ressort (Abgeordneter Dr. ANTONI, S), die Öffnung der Schulen für Sportvereine (Abgeordneter Dr. GROLLITSCH, F), die Umsetzung des NAP im Bildungsressort und die künftige Entwicklung der Schülerströme (Abgeordnete Mag. MIKL-LEITNER, V, und RIEPL, S), den Ausbau der Bildungsberatung (Abgeordnete Mag. MUTTONEN, S) bis zum geplanten Schulsportverband (Abgeordnete SCHASCHING, S).

Bundesministerin GEHRER stellte klar, dass sie nicht daran denke, im Bereich der Informatik ein Jahr lang nichts zu tun, und informierte über Vorhaben bei der Lehrerfortbildung sowie über Verhandlungen mit Firmen über günstigere EDV-Angebote. Für ein Informatik-Lehramt fehlten die notwendigen Unterrichtsstunden, zeigte sich die Ministerin überzeugt. Der Informatikmanager, zu dem bereits erfolgreiche Versuche laufen, soll die Aufgaben der Netzwerkbetreuung und Lehrerfortbildung mit dem Informatikunterricht verbinden.

Beim Kulturservice sei geplant, die explodierenden Personalkosten einzudämmen. Beim Museum der Arbeitswelt in Steyr beklagte Ministerin Gehrer die hohen Kosten von 250 S pro Schülerbesuch; sie regte eine Drittmittelfinanzierung des Museums an.

Hinsichtlich des Mehraufwands für die Landeslehrer im Jahr 1999 stellte die Bildungsministerin klar, dass das Budget für das vorige Jahr schon 1997 unter der Annahme einer einprozentigen Gehaltserhöhung erstellt wurde. Der tatsächliche Gehaltsabschluss betrug jedoch 2,5 %; dies sei der tatsächliche Grund für den Mehraufwand. Die Kostenstruktur bei den Landeslehrern sei Gegenstand von Erhebungen. Ministerin Gehrer sprach sich dafür aus, bei den Finanzausgleichsverhandlungen neue Vereinbarungen mit den Ländern zu treffen.

Die Schulen werden im Jahr 2000 über dieselben Budgetmittel verfügen wie im Jahr 1999. Die Sponsoringeinnahmen der Schulen entwickelten sich mit 149 Mill. S sehr positiv, teilte die Ministerin mit.

Über eine neue Verteilung des Lebenseinkommens der Lehrer werden derzeit in einer speziellen Arbeitsgruppe Überlegungen angestellt. Das Wichtigste in der Schule sind für die Ministerin die Lehrer, sie verteidige daher stets die Personalkosten, weil eine gute Schule ohne gute Lehrer für sie nicht denkbar sei. Gespart werde bei der Nachbesetzung von Planstellen im Ministerium, wobei man sich bemühe, Agenden zusammenzuführen, namentlich in den Bereichen EU, Stipendienwesen und Statistik.

Dass die Schüler, aber nicht nur sie, zu viel sitzen, sei richtig, sagte Gehrer und erinnerte an spezielle Initiativen zur Einladung von Sportvereinen in die Turnstunden und an das niederösterreichische Parademodell der "bewegten Volksschule". Das Projekt eines Schulsportverbandes werde derzeit geprüft.

Die Gesamtaufwendungen für die Weiterbildung unter Einschluss der Firmenaufwendungen bezifferte die Ressortleiterin mit 40 Mrd. S pro Jahr.

Mit einem Schülerrückgang, der aber die verschiedenen Schularten unterschiedlich betreffen wird, rechnet die Ressortchefin ab 2005. Der große Einbruch werde im Jahr 2020 kommen, dann werde man sich für kleinere Schulstandorte etwas überlegen müssen. (Fortsetzung)


Themen