Parlamentskorrespondenz Nr. 292 vom 23.05.2000

WOHNRECHTSNOVELLE 2000: VEREINHEITLICHUNG BEFRISTETER MIETVERTRÄGE

Eigentumsbildung wird erleichtert, Hausbesorgergesetz läuft aus

Wien (PK) - Nach dem Experten-Hearing zur geplanten Wohnrechtsnovelle 2000 (129/A) , das die Möglichkeit bot, alle Für und Wider des vorliegenden Vorschlages zu diskutieren, setzte der Bautenausschuss seine Verhandlungen fort.

Zunächst ergab sich eine Geschäftsordnungsdebatte, nachdem Abgeordnete BURES (S) kritisierte, den gemäß § 27 GOG-NR eingebrachten Antrag zum Arbeitszeitgesetz sowie zum Gesetz über die Nachtarbeit der Frauen erst kurz vor Ausschussbeginn bekommen zu haben. Allgemein beklagten SP-Mitglieder, dass man mit dieser Wohnrechtsnovelle "drüberfahre", da es kein seriöses Begutachtungsverfahren gegeben habe. Abgeordnete FEKTER (V) versicherte, dass dieser Antrag rechtzeitig am Montag den Oppositionsfraktionen zugeleitet worden sei. Abgeordneter FIRLINGER (F) beteuerte, dass man bis zuletzt gearbeitet habe, man sich aber bemühen werde, in Zukunft rascher mit den Anträgen fertig zu sein. Der Vorsitzende Mag. TANCSITS (V) wies darauf hin, dass eine ausführliche Ausschussbegutachtung und ein Expertenhearing durchgeführt worden und daher der Vorwurf, dass man einfach "drüberfahre", ungerechtfertigt sei.

Der Ausschuss wurde daraufhin kurz unterbrochen, um der Opposition Gelegenheit zu geben, den Antrag gemäß § 27 GOG-NR zu prüfen.

Abgeordneter Mag. FIRLINGER (F) brachte dann namens der  Regierungsfraktionen einen gesamtändernden Abänderungsantrag zur Wohnrechtsnovelle 2000 ein, der mit den Stimmen von ÖVP und FPÖ mehrheitlich beschlossen wurde.

Durch Änderungen im Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz soll der Erwerb geförderter Mietwohnungen durch die Mieter erleichtert werden. Sie können nach insgesamt 10-jähriger Nutzungsdauer einen Antrag an die Bauvereinigung auf Übertragung ihrer Wohnung in das Eigentum stellen, wenn dafür ein Einmalbetrag für Grund und/oder Baukosten über 688,02 Schilling (50 Euro) pro Quadratmeter geleistet wurde.

Im Zuge dessen wird auch die Behandlung der Einmalbeträge neu geregelt. Anstelle einer 2%igen Verminderung der Ansprüche pro Jahr und eines nicht gesicherten Valorisierungsanspruchs tritt nunmehr für die MieterInnen eine kalkulierbare Abschreibung von 1% pro Jahr. Ein Rechtsanspruch auf Eigentumsoption ist jedoch nur für Wohnungen vorgesehen, die nach dem 30. Juni 2000 aus öffentlichen Mitteln gefördert wurden.

  

Die Novellierung des Mietrechtsgesetzes sieht einen einheitlichen Befristungsabschlag von 25% vor, womit die meisten Sonderregelungen obsolet werden. Der neue Fristvertragstypus soll für sämtliche, dem Mietrechtsgesetz unterliegende Mietverträge und Mietobjekte in gleicher Weise gelten. Auch Untermietverträge sollen miteinbezogen werden. Die Mindestdauer für befristete Mietverträge beträgt drei Jahre, sie können beliebig oft verlängert werden, eine Höchstdauer ist nicht festgelegt. Ausgenommen von der dreijährigen Mindestfrist sind jedoch Geschäftsräumlichkeiten, da für diese Fällen, so die Begründung, kein über das allgemeine Vertragsrecht hinausgehender Schutz notwendig sei. 

Der Geltungsbereich des Hausbesorgergesetzes wird auf jene Verträge beschränkt, die vor dem 1. Juli 2000 abgeschlossen wurden. Für nach diesem Datum vereinbarte Dienstverträge sollen die allgemeinen arbeitsrechtlichen Vorschriften gelten.

Ein mit der Wohnrechtsnovelle 2000 im Zusammenhang stehender Antrag von ÖVP und FPÖ gemäß § 27 GOG-NR betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitszeitgesetz und das Bundesgesetz über die Nachtarbeit der Frauen geändert werden, wurde ebenfalls mit VP-FP-Mehrheit angenommen. Die vorgenommenen Änderungen sollen sicherstellen, dass - so wie es die bisherige Ausnahmeregelung im Hausbesorgergesetz vorsieht - auch bei künftigen Verträgen zwischen LiegenschaftseigentümerInnen und ArbeitnehmerInnen zur Reinhaltung, Wartung und Beaufsichtigung von Häusern das Arbeitszeitgesetz nicht zur Anwendung kommt, um die notwendige Flexibilität zu erhalten. Zusätzliche arbeitszeitrechtliche Regelungen können durch Kollektivvertrag oder Dienstvertrag getroffen werden. Die Diskriminierung von Frauen soll hintan gehalten werden, da das geschlechtsneutrale Nachtarbeitergesetz zwar bereits in Kraft ist, bis 2001 aber eine Übergangsregelung gilt.

Schließlich einigten sich die Regierungsfraktionen, und somit die Mehrheit der Ausschussmitglieder, über zwei Ausschussfeststellungen. Darin wird festgehalten, dass durch die Nichtanwendung des Hausbesorgergesetzes für Dienstverhältnisse, die nach dem 30. Juni 2000 abgeschlossen werden, keine Änderung in Haftungsfragen eintritt. Ferner wird klargestellt, dass das neue "Contracting-Modell" auch im Anwendungsbereich des Heizkostenabrechnungsgesetzes ermöglicht wird.

GRÜNE VORSCHLÄGE BLEIBEN IN DER MINDERHEIT

Sechs von Abgeordneter Dr. MOSER (G) eingebrachte Abänderungsanträge blieben in der Minderheit und wurden nur teilweise auch von der SPÖ unterstützt.

Die Grünen bezweifeln die Sinnhaftigkeit der Neuregelung der Wohnungseigentums-Option bei geförderten Wohnungen, da damit der Druck, Eigentumswohnungen zu schaffen, abermals verstärkt wird und der Bundesgesetzgeber auf nach Landesgesetzen geförderte Mietwohnungen zugreift. Weiters lehnen sie die nach ihrer Auffassung zu weitgehende Fassung des "Erhaltungskostenbegriffs" ab, da dadurch die Trennung von Erhaltungsarbeiten und Verbesserungsarbeiten weiter verwischt wird. Sie meinen auch, dass der gegenständliche Entwurf zu einer Mehrbelastung der MieterInnen durch "fiktive Betriebskosten" führt, da die Problematik der Kostenaufteilung von  "Contracting-Modellen" nicht ausreichend berücksichtigt ist.

Die Grünen wenden sich gegen die Aufhebung des Hausbesorgergesetzes, sie wollen nur die Entgeltbestimmungen, die das eigentliche Problem darstellen, für künftige Dienstverhältnisse novellieren. Aufgrund mangelnder Überprüfbarkeit des richtigen Befristungsabschlages fordern die G-MandatarInnen eine ziffernmäßige Gegenüberstellung des Hauptmietzinses und des tatsächlich vereinbarten Mietzinses. Schließlich sollte nach ihrer Auffassung die Geltendmachung überhöhter Untermietzinsvereinbarungen und deren Verjährung vereinheitlicht werden, die bisherige Verjährungsfrist sollte an die neuen Befristungsmöglichkeiten (Wegfall der Höchstdauer) angepasst werden.     

WOHNRECHTSNOVELLE - FORTSCHRITT ODER SOZIAL UNAUSGEWOGEN?

Abgeordnete Dr. FEKTER (S) bezeichnete die Wohnrechtsnovelle 2000 als einen ersten Schritt zur Vereinheitlichung und Liberalisierung sowie zu mehr Markt unter Berücksichtigung der sozialen Ausgewogenheit. Sie kündigte an, dass diese Regierung weitere Maßnahmen in diese Richtung setzen werde. Fekter erläuterte kurz den gesamtändernden Abänderungsantrag und betonte, dass einige Anregungen des Begutachtungsverfahrens eingearbeitet worden seien. Die Änderungen zum Nachtarbeitsgesetz für Frauen und zum Arbeitszeitgesetz hält sie für notwendig, um jene zu schützen, die die betreffendn Tätigkeiten nicht mehr unter dem Schutz des Hausbesorgergesetzes durchführen.

Dass die Richtung, in die die Regierung mit dieser Novelle gehe, stimme, habe die Wortmeldung von Dr. Amann am Vormittag bewiesen, so Fekter. Aufgrund seiner Untersuchungen habe er zeigen können, dass die Wohnkosten, verglichen mit den Einkommensverhältnissen, derzeit relativ konstant seien, was eine gewisse Treffsicherheit signalisiere. Die Einführung von Obergrenzen hält die Mandatarin für unsozial, da damit die niedrigen Mietpreise automatisch angehoben würden. Es würde auch eine ungerechtfertige Knebelung des Marktes darstellen. Dem schloss sich auch Abgeordneter LEXER (V) an und unterstrich nochmals die Position der Regierung, die den Markt öffnen und sozial ausgewogen fördern wolle.

Dieser Darstellung widersprach Abgeordnete Dr. MOSER (G) heftigst, da viele Experten glaubwürdig dargelegt hätten, dass es zu keiner Verbilligung der Mieten kommen werde. Ebenso hätten sich viele beim Hearing gegen eine Streichung des Hausbesorgergesetzes und für dessen Novellierung ausgesprochen. Besondere Schwierigkeiten ortete die Abgeordnete durch das Entstehen verschiedener Typen von Wohnungseigentümern, da deren Meinungen und Interessen nur schwer auf einen Nenner zu bringen sein werden. Sie sah daher auf diesem Gebiet einen dringenden Regelungsbedarf.

Grundsätzlich meinte die Abgeordnete, dass Liberalisierung und Marktwirtschaft Rahmenbedingungen brauche. Bereits bei Adam Smith sei nachzulesen, dass marktwirtschaftliches Handeln das Gemeinwohl zur Voraussetzung habe. Derzeit laufe die Entwicklung aber in die Richtung, dass das Angebot an geförderten Mietwohnungen zurückgehe und sich jenes an Eigentumswohnungen erhöhe. Eine General-Liberalisierung, die zwar noch nicht da sei aber drohe, bringe das Problem mit sich, dass massiv öffentliche Gelder in Mietzinsbeihilfen und Wohnungsbeihilfen fließen und damit der Eigentumsbesitz unzulässig hoch staatlich gefördert werde. Moser sprach sich für ein breites Angebot an geförderten Wohnungen aus.

Die kritische Position der SPÖ wurde zunächst von Abgeordneter BURES (S) dargelegt. Sie bedauerte, dass weder Hearing noch Begutachtungsverfahren Niederschlag in der Gesetzwerdung gefunden hätten. Die Mehrheit der Experten habe darin übereingestimmt, dass der Entwurf unausgegoren und noch vieles offen ist. Insbesondere werde durch die Bestimmungen in Bezug auf das Hausbesorgergesetz ein gesamtes Berufsbild zerstört. Mit dieser Novelle werde das Versprechen einer Mietzinssenkung nicht erreicht werden können, so Bures. Tatsächlich drohe sogar ein Ansteigen der Mieten. Die Abgeordnete konstatierte auch eine Schlechterstellung der Mieter bei befristeten Mietverträgen. Sie hält diese auch für familienfeindlich, da es unzumutbar sei, dauernd neue Wohnungen suchen zu müssen. Das gesamte Gesetz bringe ausschließlich Schlechterstellungen, weshalb die SPÖ keine Abänderungsanträge einbringe, sondern die gesamten Vorlagen ablehne.

Diese negative Einschätzung wurde durch die anderen SP-Mitglieder des Ausschusses unterstützt. Nach Ansicht des Abgeordneten Mag. MAIER (S) befinde man sich derzeit auf dem Weg von der Wohnungsbewirtschaftung zum Wohnungsmarkt. Die Sache werde auch für die Rechtsanwender komplizierter, meinte der Mandatar. Aufgrund der verschiedenen Typen von Eigentümern stelle sich auch die Frage nach den Kollektivvertragspartnern. Außerdem könnte sich durch die unterschiedliche Behandlung von gemeinnützigen und privaten Bauträgern ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz ergeben. Abgeordneter EDLER (S) hält es für bedenklich, einen so wesentlichen Eingriff in das Arbeitsrecht zu beschließen, ohne vorher mit den Sozialpartnern verhandelt zu haben.

Abgeordneter EDER (S) bekräftigte, dass die SPÖ positiv zur Eigentumsbildung für Familien stehe. Die Problematik ergebe sich erst dann, wenn Eigentumswohnungen weitervermietet werden und die Eigentümer dann weniger an der Erhaltung des Hauses und viel mehr an den Mieten interessiert seien. Vor allem müsse man mögliche Spekulationen bei Eigentumsbildungen verhindern.

Bundesminister Dr. BARTENSTEIN bezeichnete die Wohnrechtsnovelle als einen wichtigen Schritt in Richtung Vereinheitlichung befristeter Mietverträge, in Richtung Verbilligung und sozialer Gerechtigkeit. Er begrüßte die Initiative als Beitrag zur Eigentumsbildung und hielt fest, dass das Auslaufen des Hausbesorgergesetzes zu einer Vereinheitlichung des Arbeitsrechtes dieser Berufsgruppe mit anderen Berufstätigen führe.

Bundesminister Dr. BÖHMDORFER schloss sich dieser Einschätzung an und stellte eine Vereinfachung und verständlichere sprachliche Formulierung dieser Gesetze in Aussicht. Eine Arbeitsgruppe werde sich ab dem Sommer damit auseinandersetzen. Die Frage der verschiedenen Formen von Wohnungstypen müsse man genau beobachten, so der Minister. Abgeordneter Moser gegenüber hielt er fest, dass die Beträge vom ursprünglicher Miete und Abschlägen in den Mietverträgen genau überprüfbar seien. Was die Willensbildung der unterschiedlichen Hauseigentümer betrifft, kündigte Böhmdorfer weitere legistische Schritte für den Herbst an, betonte dabei aber, dass es einen Minderheitenschutz geben müsse.

SPÖ-ANTRÄGE ZU KONSUMENTENSCHUTZ ABGELEHNT

Unter Tagesordnungspunkt zwei und drei nahmen die Mitglieder des Ausschusses zwei inhaltsgleiche Anträge der SPÖ auf Änderung des Konsumentenschutzgesetzes unter einem in Verhandlung.

Diese betreffen Änderungen des Konsumentenschutzgesetzes zur Senkung der zulässigen Provisionshöchstsätze. Demnach soll der Provisionsanspruch des Maklers gegenüber dem Verbraucher maximal 2 % statt bisher 3 % des vereinbarten Kaufpreises ausmachen. Bei unbefristeten Mietverträgen soll nur mehr der zweifache Nettomietzins, bei befristeten Mietverträgen der einfache Nettomietzins verlangt werden dürfen. Außerdem soll die Berechnungsbasis für die Vermittlungsprovision verringert werden. (70/A) u. (91/A)

Antrag 91/A wurde der Abstimmung zu Grunde gelegt und fand keine Mehrheit. 70/A wurde miterledigt.

Abgeordnete BURES (S) begründete den Antrag damit, dass es in Österreich die höchsten Immobilienmaklerprovisionen innerhalb der EU gebe. Dadurch würden Wohnungssuchenden zu hohe Belastungen aufgebürdet. Ziel dieser Initiative sei eine Entlastung der Wohnungsuchenden. Wohnung, so Bures, sei eine existentielle Notwendigkeit und ein Gut, das mit keinem anderen vergleichbar sei.

Abgeordnete Dr. FEKTER (V) lehnte seitens der ÖVP die Anträge ab, da derzeit die Gebühren für Immobilienmakler im Maklergesetz geregelt seien. Eine Annahme würde eine Aushöhlung dieses Gesetzes bedeuten. Sie erläuterte, dass die Maklergebühren als Erfolgshonorar normiert seien, weshalb der internationale Vergleich nur ein halber sei. Eine Beschlussfassung der Anträge wäre ein Rückschritt und würden die derzeit bestehende Rechtssicherheit untergraben. Dem schloss sich Abgeordneter LEXER (V) an und hob die Notwendigkeit hervor, dass Makler Vermittler bleiben und keine Verkäufer werden. Eine Annahme der Vorschläge der SPÖ würde zu einer Minderung der Qualität der Dienstleistung führen, da die Wohnungspreise in den Bundesländern unterschiedlich sind, die Arbeit aber die gleiche bleibe.

Daraufhin erklärte sich Abgeordnete BURES (S) bereit, Verhandlungen dahingehend zu führen, einen Entschließungsantrag zu formulieren, der darauf abzielt, die Provisionen im Rahmen des Maklergesetzes zu senken.

Abgeordneter NEUDECK (F) hielt Abgeordneter Bures ebenfalls entgegen, dass die Provisionen international nicht vergleichbar seien und fügte hinzu, dass die Höchstsätze ohnehin nicht immer zum Tragen kämen.

Abgeordnete Dr. MOSER (G) sprach sich für die Anträge als konsumenten- und kostenfreundlich aus, betonte aber gleichzeitig, dass im Lichte internationaler Regelungen eine weitere Diskussion notwendig sei. (Schluss)