Parlamentskorrespondenz Nr. 308 vom 25.05.2000

HABEN FRAUEN AUCH DIE WIRTSCHAFTLICHE GLEICHSTELLUNG?

Bericht über Einkommen von unselbständig Erwerbstätigen

Wien (PK) - Vor 100 Jahren sind erwerbstätige Frauen in Österreich mit ihren Löhnen und Gehältern nur bis zur Hälfte der Erwerbseinkommen von Männern herangekommen, vor 30 Jahren war ein Großteil der diskriminierenden Regelungen gefallen, dennoch betrug Anfang der siebziger Jahre der Einkommensunterschied zwischen Männern und Frauen noch immer knapp ein Drittel der Männerlöhne. - So heißt es in dem vom Wirtschaftsminister dem Parlament zugemittelten Bericht über die Einkommen von Frauen und Männern in unselbständiger Beschäftigung , und daraus wird die Conclusio gezogen: Die gesetzliche Gleichstellung führte keineswegs zur wirtschaftlichen Gleichstellung.

Heute ist der Einkommensabstand zwischen Männern und Frauen kaum geringer als vor 30 Jahren. Eine Studie der Synthesis Forschungsgesellschaft unternimmt den Versuch, jene Tendenzen zu quantifizieren, die in den letzten Jahrzehnten verhindert haben, dass Frauen gegenüber Männern an "Einkommensterrain" gewinnen. Ausschlaggebend dafür sind: die wirtschaftlich unvorteilhafte Erstberufswahl von Mädchen und jungen Frauen, die Unterbrechungen der Erwerbstätigkeit durch Karenz, der schlechtere Zugang zu betrieblichen Qualifikations- und Aufstiegsmöglichkeiten, die kürzere bezahlte Wochenarbeitszeit auf Grund von persönlichen Versorgungs- und Betreuungsaufgaben und die damit verbundenen Beschränkungen in der Wahl von Arbeitsplätzen beim Wechsel des Betriebes.

FRAUEN VERDIENEN UM 31 % WENIGER ALS MÄNNER

1997 betrug das mittlere Erwerbseinkommen von Männern in unselbständiger Beschäftigung rund 25.000 S, die Frauen erzielten ein Monatseinkommen von etwa 17.000 S. Rund 3 % des Einkommensunterschiedes hängen allein mit der geringfügigen Beschäftigung - 160.000 Personen waren 1997 ausschließlich geringfügig beschäftigt - zusammen. Frauen mit einem Universitäts-, Akademie- oder Fachschulabschluss können die Einkommensdifferenz auf 23 % bzw. 21 % verkürzen.

60 % DER BERUFSEINSTEIGERINNEN KONZENTRIEREN SICH AUF ZWEI BERUFSGRUPPEN

Wie aus den Unterlagen hervorgeht, beschränken sich fast 60 % aller EinsteigerInnen auf die Berufsgruppen "Verwaltungs- und Personalbüro" und "einfaches Dienstleistungspersonal". Diese Berufe haben für Männer weniger Attraktivität: Nur 23 % der männlichen Berufseinsteiger sind diesen Berufsgruppen zuzuordnen.

Unabhängig davon, in welchen Beruf die Frauen und Männer einstiegen, die Starteinkommen der Männer lagen durchwegs höher als die der Frauen. Im Schnitt verdienten die Berufseinsteigerinnen um 18 % weniger als die Berufseinsteiger. Die Gründe für diese Diskrepanz sind nicht bloß darin zu suchen, dass Frauen und Männer unterschiedliche Berufe wählen, selbst die Zugehörigkeit zur selben Berufsgruppe garantiert nicht automatisch gleiches Einkommen.

Hinsichtlich der Schulbildung, mit der die BerufseinsteigerInnen 1993 auf den Arbeitsmarkt strömten, gilt sowohl für Männer als auch für Frauen: Der Großteil verfügte über einen Lehrabschluss. Einen Universitätsabschluss, Matura oder einen Fachschulabschluss haben Frauen häufiger als Männer. In diesen Qualifikationsgruppen waren auch die Einkommensunterschiede zwischen Frauen und Männern unterdurchschnittlich.

VOLLZEITBESCHÄFTIGTE FRAUEN VERDIENEN ZWISCHEN 84 S UND 206 S PRO STUNDE

Im Schnitt verdienten vollzeitbeschäftigte Frauen 1996 rund 98 S brutto pro Stunde und damit um 27 S weniger als ihre männlichen Kollegen. Berufsbezogen variierte der durchschnittliche Stundenlohn im Jahr 1996 zwischen 84 S beim "einfachen Dienstleistungspersonal" und 206 S bei "Führungskräften". Während der Umstand, teilzeitbeschäftigt zu sein, bei Frauen im Schnitt einen geringfügig höheren Stundenlohn (jedoch kein höheres Monatseinkommen) bewirkt, bedeutet für Männer eine Teilzeitbeschäftigung eine Einkommensbuße von etwa 10 S pro Stunde. Sowohl Männer als auch Frauen müssen auf gut bezahlte Führungspositionen verzichten, wenn sie eine Beschäftigung im Ausmaß von weniger als 30 Stunden pro Woche anstreben.

ÜBERSTUNDEN UND ZULAGEN FÜR EINKOMMENSSCHWACHE PERSONEN WICHTIG

Sowohl bei Männern als auch bei Frauen machen Mehr- und Überstunden im Schnitt einen größeren Anteil am Gesamteinkommen aus als Zulagen. Sowohl Überstunden als auch Zulagen spielen bei einkommensschwachen Personen eine weit größere Rolle als bei den einkommensstärksten. Ein Teil der Einkommensdifferenz zwischen Männern und Frauen lässt sich durch die größere Häufigkeit, mit der Männer Überstunden leisten (und ausbezahlt bekommen) und Zulagen für ihre Tätigkeit erhalten, erklären. Die Einkommensdifferenz beträgt im marktorientierten Unternehmenssektor minus 29,6 %, wenn Überstunden und Zulagen als Einkommensbestandteil mit eingerechnet werden, und minus 24,2 %, wenn die Grundeinkommen verglichen werden.

KARENZEPISODEN WIRKEN SICH DEUTLICH AUF EINKOMMENSVERLAUF AUS

Während Frauen ohne Beschäftigungsunterbrechung 1997 im Schnitt um 20 % mehr verdienten als 1993, lag das Einkommen der Frauen, die die Möglichkeit, in Karenz zu gehen, in Anspruch nahmen, um 9 % niedriger. Dieser Einkommensverlust dürfte laut vorliegendem Bericht teilweise darauf zurückzuführen sein, dass ein Teil der Frauen nach der Karenz in ein Teilzeitbeschäftigungsverhältnis wechselte. Fest steht, dass sich familienbedingte Beschäftigungsunterbrechungen in hohem Maße auf den Einkommensverlauf auswirken. Mit einem besonders hohen Einkommensverlust müssen Frauen in höheren Positionen bzw. mit Matura, Universitäts- oder Akademieabschluss rechnen.

ARBEITSLOSIGKEIT HAT GERINGEREN EINFLUSS AUF EINKOMMEN ALS KARENZ

Während Karenzzeiten die Höhe des Einkommens maßgeblich beeinflussen, haben Arbeitslosigkeitsepisoden - in Summe betrachtet - einen geringeren Einfluss auf das Einkommen, heißt es auch in dem unter III-43 d.B. registrierten Bericht. (Schluss)