Parlamentskorrespondenz Nr. 395 vom 28.06.2000

AKTUELLE AUSSPRACHE IM VERKEHRSAUSSCHUSS MIT MINISTER SCHMID

Themen: Transitvertrag, Eisenbahner-Pensionen, Nebenbahnen

Wien (PK) - Verkehrsminister Michael Schmid kann sich vorstellen, dass es heuer doch noch gelingen wird, den Transitvertrag einzuhalten. Das betonte er im Rahmen einer Aktuellen Aussprache im Verkehrsausschusses des Nationalrates. Ihm zufolge hat die Europäische Kommission nach Scheitern der Verhandlungen im Verkehrsministerrat zugesagt, die Transitfahrten ab 1. Juli 2000 vorerst einmal um 30 Prozent zu reduzieren. Wie hoch die Reduktion der Ökopunkte aber tatsächlich auszufallen hat, werde noch vom Rechtsausschuss der Kommission geprüft. Dadurch könnte es auch, so Schmid, zu einer Verzögerung der für 1. Juli vorgesehenen Ausgabe der Ökopunkte für das dritte Quartal um ein bis zwei Wochen kommen.

Der Verkehrsminister bekräftigte, sollte der Transitvertrag heuer nicht eingehalten und die Zahl der Transitfahrten wieder überschritten werden, werde Österreich auf dem Standpunkt beharren, dass das Jahr 2000 als Beobachtungsjahr zu werten sei und demnach die Transitfahrten im Jahr 2001 erneut gekürzt werden müssten. Er will auch auf jeden Fall eine Klage beim Europäischen Gerichtshof einbringen, obwohl er sich, wie er betonte, bewusst ist, dass ein Verfahren lange dauern würde. Ein Klagsverzicht wäre für ihn aber das Zugeständnis eines Vertragsbruchs.

Der Verkehrsminister informierte die Abgeordneten darüber hinaus, dass die Bereitschaft der anderen EU-Staaten beim EU-Verkehrsministerrat, Österreich in der Frage des Transitvertrages entgegenzukommen, "absolut Null" gewesen sei. Selbst der Vorschlag der Europäischen Kommission, die für heuer verpflichtende Reduktion der Transitfahrten auf vier Jahre zu verteilen, sei von den anderen Verkehrsministern abgelehnt worden. Daher habe er, Schmid, auf die Einhaltung des Vertrages bestanden.

Auf eine entsprechende Frage von SPÖ-Abgeordnetem Edler ging Schmid in der Aktuellen Aussprache aber auch auf die laufenden Verhandlungen mit den Eisenbahnern über die geplante Pensionsreform ein. Er teilte den Abgeordneten mit, dass von ihm und dem Vorsitzenden der Eisenbahnergewerkschaft, Wilhelm Haberzettl, ein Kompromiss erarbeitet worden sei, der ein Bonus-Malus-System für einen Pensionsantritt zwischen dem 53. und dem 60. Lebensjahr vorgesehen hätte. Dieser Kompromiss sei aber von Regierungskollegen nicht akzeptiert worden. Die Gespräche seien für ihn aber noch nicht beendet, sagte Schmid.

Ausführlich nahm der Verkehrsminister zur geplanten Einstellung von Nebenbahnen durch die ÖBB Stellung. Er unterstrich, er werde keinen einzigen Einstellungs-Antrag der Bundesbahnen behandeln, wenn die ÖBB nicht zuvor Gespräche mit Interessenten geführt habe. "Ohne eine ausführliche Interessentensuche wird es keine Schließung geben." Seiner Auskunft nach sind aber nicht, wie kolportiert, 80 Prozent der Nebenbahnen von Schließungen bedroht, sondern "bestenfalls um die 20 Prozent".

Schmid räumte allerdings ein, dass es "die eine oder andere Bahn gibt", bei der es schwer fallen werde, einen Betrieb aufrecht zu erhalten. Konkret nannte er die Strecke Oberwart-Pinkafeld. Ein dezidiertes Bekenntnis legte Schmid hingegen zur Mariazeller Bahn ab. Insgesamt zeigte er sich zuversichtlich, dass Lösungen gefunden werden könnten.

Was den Ausbau der Schieneninfrastruktur betrifft, betonte Schmid, dass für ihn der viergleisige Ausbau der Strecke Wien - St. Pölten Priorität vor einem Bau des Lainzer Tunnels und dem Bau der St. Pöltner Umfahrung habe. Beim Ausbau der Strecke im Unterinntal will er genau prüfen, inwieweit die geplanten Investitionen berechtigt sind. Ohne entsprechende Anbindung in Deutschland und in Italien müssten weitere Investitionen seiner Meinung nach hinterfragt werden. Unterstützt wird von Schmid eine Initiative der steiermärkischen Landesregierung, für länderübergreifende Infrastrukturprojekte eine Bundeskompetenz zu schaffen.

Was die von den Abgeordneten Edler (S) und Lichtenberger (G) angesprochene Förderung der Verkehrsverbünde betrifft, kündigte der Minister an, sich für eine Erhöhung der Mittel bei den kommenden Budgetverhandlungen einzusetzen.

Zu aktuellen Straßenbauvorhaben merkte Schmid an, überall, wo er hinkomme, werde ihm vorgeworfen, dass eine Straße fehle. Er habe aber das Problem, dass nicht nur alle Verkehrskompetenzen bei ihm vereinigt seien, "sondern auch alle Schulden". Man müsse sich fragen, meinte Schmid, "was ist in den letzten Jahren gemacht worden, außer Schulden". Er versicherte aber, dass vereinbarte Projekte auch realisiert würden, allerdings abhängig von den vorhandenen Mitteln.

Zum Lkw-Road-Pricing konnte Schmid keine aktuellen Informationen liefern. Er habe die Ergebnisse der Ausschreibung erst heute auf den Tisch bekommen, sagte er, aber noch keine Zeit gehabt, sich die Unterlagen anzuschauen. Im Übrigen sei es Aufgabe der ASFINAG, die Vorbereitungsarbeiten so zu treffen, dass das Road-Pricing mit 1. Juli 2002 eingeführt werden könne. Schmid würde aber, wie er unterstrich, ein rein elektronisches Maut-System einem gemischten System vorziehen.

Was die Vergabe der UMTS-Lizenz anbelangt, wird es nach Informationen Schmids eine Auktion und keinen "Beauty Contest" geben, weil eine Auktion mehr Geld bringe. Die Fristen seien so gesetzt, dass in der ersten Hälfte des Dezembers das Ergebnis feststehen wird. Das sei auch die kürzestmögliche Frist. Erlöse aus der Versteigerung, die über die im Budget veranschlagten 4,6 Mrd. S hinaus gehen, kommen laut Schmid dem Finanzminister zugute, er sei aber, so der Minister auf eine konkrete Frage von SPÖ-Abgeordnetem Parnigoni, bereits vorstellig geworden, "um für unser Ressort etwas zu erlösen".

Verhandlungen mit der Post über neue Tarife für den Postzeitungsversand haben nach Angaben Schmids bisher zu keinem Ergebnis geführt. Er habe die von der Post vorgelegten Tarifänderungen nicht anerkannt. Daher gelten Schmid zufolge die bisherigen Tarife bis auf Weiteres.

Von den Abgeordneten wurden über diese Punkte hinaus weitere Problembereiche zur Sprache gebracht. So urgierte Abgeordneter PARNIGONI (S) eine Ausdehnung der Sommerreiseverordnung um drei Wochen und eine Einbeziehung der ganzen A2 und A9, um Staus an den Wochenenden zu verhindern. Eine Bundeskompetenz für länderübergreifende Infrastrukturprojekte würde Parnigoni, wie er sagte, begrüßen.

Abgeordnete Dr.  LICHTENBERGER (G) trat für die Einrichtung von fixen Checkpoints zur Kontrolle von Gefahrenguttransporten ein. Zudem sollten ihrer Ansicht nach die Ökopunkte schärfer kontrolliert werden. Abgeordneter Dipl.-Ing. KUMMERER (S) forderte im Zusammenhang mit den Nebenbahnen von den ÖBB Vertragstreue gegenüber den Ländern ein.

Für Abgeordneten GAUGG (F) liegt der "Problemrückstau" im Verkehrsbereich in der Verantwortung der SPÖ. Er glaubt, dass in den letzten Jahren viele Fehlinvestitionen getätigt worden seien und die Reformbereitschaft im öffentlichen Nahverkehr in den vergangenen Jahren "gleich Null" gewesen ist. Kein Mensch fahre mit den öffentlichen Verkehrsmitteln, meinte Gaugg, aber jeder wolle sie haben. Die Abgeordneten müssten aber versuchen, die Gesamtheit der Verkehrsinfrastruktur zu verbessern. (Schluss)