UNGEBROCHENE AUFWÄRTSENTWICKLUNG DER FACHHOCHSCHULEN
Fachhochschulrat kritisiert Hemmnisse bei Humanberufen
Wien (PK) - "Die Situation im österreichischen Fachhochschulbereich im Jahr 1999 ist durch eine ungebrochen anhaltende Aufwärtsentwicklung gekennzeichnet", so der neueste Bericht des Fachhochschulrates, der von der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur vorgelegt wurde. (III-58 d.B.)
Derzeit bieten 20 Erhalter 55 Fachhochschul-Studiengänge an 26 Standorten an. Mit dem Studienjahr 1999/2000 hat sich die Gesamtzahl der Studierenden auf 9.968 erhöht, wobei der Anteil weiblicher Studierender nur langsam von 24,75 % im Studienjahr 1994/95 auf 29,04 % im Studienjahr 1999/2000 gestiegen und somit noch immer gering ist. Die Anzahl der AbsolventInnen hat sich 1999 mit 944 Abschlüssen gegenüber dem Vorjahr verdoppelt. Die insgesamt 1.529 zum Magister (FH) oder Dipl.-Ing.(FH) spondierten AbsolventInnen konnten nach kaum erwähnenswerter Wartefrist in das Berufsleben eintreten.
Auch bei den StudienanfängerInnen - 1999/2000 waren es 3.709 - ist ein kontinuierlicher Anstieg zu verzeichnen. Trotz ständiger Ausweitung von StudienanfängerInnenplätzen überstieg die Zahl der BewerberInnen mit 9.427 auch diesmal wieder die Aufnahmekapazität beträchtlich. Die Relation zwischen den BewerberInnen und tatsächlich Aufgenommenen weist ebenfalls steigende Tendenz auf: 1994 entfielen auf eine/-n neu aufgenommene/-n Studierende/-n 1,55 BewerberInnen, 1999 betrug das Verhältnis 2,54. Der Fachhochschulrat wertet dies als ein deutliches Signal an die Bildungspolitik. Noch immer würde ein zu hoher Anteil von Interessierten von dem ihrer Veranlagung entsprechenden Studienweg und der damit verbundenen Berufslaufbahn abgehalten, was sowohl "im Lichte der individuellen Persönlichkeitsentfaltung" als auch "vom Standpunkt eines ökonomisch nur suboptimal genutzten Potenzials bedauerlich" sei.
Interessant ist, dass im Hinblick auf die Vorbildung der StudienanfängerInnen der Anteil jener mit AHS-Abschluss ständig zunimmt (von 25,32 % im Jahr 1994/95 auf 37,02 % im Jahr 1999/2000, das sind derzeit 3.690 Studierende), während jener mit facheinschlägigem BHS-Abschluss im Sinken begriffen ist (von 40,72 % auf 31,07 %, derzeit 3.097 Studierende, im selben Zeitraum). Im Hinblick auf die Zielsetzungen der Fachhochschulen, die Durchlässigkeit im Bildungssystem zu fördern, ist besonderes Augenmerk auf jene Studierenden zu legen, die aus dem Sektor der dualen Vorbildung kommen: So studieren zurzeit beispielsweise 264 Personen mit einer Studienberechtigungsprüfung, 109 AbsolventInnen einer facheinschlägigen BMS und 343 Personen, die einen Lehrabschluss mit Zusatzqualifikationen vorweisen können.
Das Angebot an Studiengängen konzentriert sich auf die Bereiche Technik (49,21 % aller Studierenden) und Wirtschaft (44,10 % aller Studierenden) und in diesen zählen die Sparten Betriebswirtschaft mit 30,17 % Anteil sowie Information und Kommunikation mit 17,20 % Anteil zu den beliebtesten. Tourismus (3,97 %) und der gesellschaftlich immer wichtiger werdende Humanbereich mit sozialen und nicht-ärztlichen medizinischen Berufsfeldern (2,72 %) sind sehr schwach vertreten. Ursache dafür ist laut Bericht die hinhaltende und nur zögerliche Beseitigung bestehender Hindernisse. Die bisherigen Entscheidungen der zuständigen Bundesministerien hätten "keine ausreichenden Rahmenbedingungen für eine organisatorisch sinnvolle, bedarfsgerechte und qualitativ entsprechende Entwicklung" geboten, weiters würden Bedenken bei der Förderung des Bundes Verzögerungen bei der Bearbeitung von vorliegenden Anträgen bewirken. Der Fachhochschulrat gibt in diesem Zusammenhang zu bedenken, dass die derzeitige Situation auch die Frauenförderung behindert, da es sich um vorwiegend von Frauen bevorzugte Ausbildungs- und Berufsfelder handelt.
Wie der Bericht ausführt, ist das Angebot an Fachhochschul-Studiengängen durch den Bedarf der Wirtschaft voll abgedeckt, da keine Studiengänge anerkannt oder verlängert werden, ohne dass die Bedarfsdeckung nachgewiesen wird. Großen Wert legt der Fachhochschulrat auf die Qualitätssicherung und -steigerung der Studiengänge, was vor allem durch laufende Evaluierung nach immanenten Kriterien sichergestellt werden soll. Dabei ist man bemüht, durch problemzentrierte Interviews bereits im Vorfeld Problemfelder zu identifizieren und darauf zu dringen, rasch geeignete Maßnahmen zu deren Beseitigung zu setzen und die Qualität des Studienganges zu verbessern. Die Nichterfüllung termingebundener Verpflichtungen zur Behebung vorhandener Mängel im Zuge des Antrages auf Verlängerung der Anerkennung kann zu deren Widerruf durch den Fachhochschulrat führen.
Im Sinne eines qualitativ hochwertigen Studienangebotes kommt daher auch dem Forschungsprojekt zur Erhebung und Anregung von Maßnahmen zur pädagogisch-didaktischen Weiterbildung für die Lehrenden, dessen Ergebnis unter dem Titel "Praxisbezogene Ausbildung auf Hochschulniveau - Eine pädagogisch-didaktische Herausforderung" 1999 publiziert wurde, besondere Bedeutung zu. Weitere Forschungsprojekte befassten und befassen sich mit dem Einsatz von Fernstudien-Elementen, mit Fragen der Evaluierung sowie mit dem Thema "Hochschulniveau und Praxisorientierung".
Die regionale Verteilung der angebotenen Studiengänge auf die einzelnen Bundesländer ist derzeit sehr unterschiedlich. Wien hat mit 13 Studiengängen den größten Anteil, gefolgt von der Steiermark mit 11, Niederösterreich mit 7 und Oberösterreich mit 6. In Kärnten, Salzburg und Tirol sind jeweils 4 Studiengänge beheimatet, Vorarlberg und das Burgenland führen je 3. Nur zwei Einrichtungen, die Fachhochschul-Studiengänge anbieten, sind berechtigt, die Bezeichnung "Fachhochschule" zu führen, nämlich die Wiener Neustädter Bildungs- und Forschungs Ges.m.b.H. und die Fachhochschul-Studiengänge Vorarlberg Ges.m.b.H. in Dornbirn.
Große Bedeutung misst der Fachhochschulbeirat der Standortfrage zu und ortet bei den neuen Anträgen auf Anerkennung kritisch eine "inflationäre Zunahme an neuen Standorten", wobei schon heute zwei Drittel der Studiengangsadressen weniger als 400 Studierende aufweisen, an lediglich einer studieren mehr als 1.000 und an einer weiteren mehr als 600. Auch wenn der Gesetzgeber eine Diversifizierung der Bildungslandschaft wünsche, so müsste es "vorrangiges Ziel im Rahmen des Ausbaus des Fachhochschul-Sektors sein, österreichische Fachhochschulen bzw. Fachhochschul-Studiengänge zu erfolgreichen Akteuren in der europäischen Bildungslandschaft zu machen". Dies sei insbesondere auch von einer entsprechenden Größe dieser Ausbildungseinrichtungen in infrastruktureller und personeller Hinsicht abhängig, man denke nur an die Chancen bei einem breiteren Spektrum an Lehrangeboten, an die Notwendigkeit guter Bibliotheken, an die Voraussetzungen für die gesetzlich verankerte Forschungsfunktion oder an die Erhöhung der Standortqualität für Unternehmen sowie an die Möglichkeiten internationaler Kooperation. Der Fachhochschulrat fordert daher die betreffenden Gebietskörperschaften auf, die "sachlich begründeten Entwicklungskonzepte der Region konsequent zu vertreten und sich nicht dem politisch artikulierten Druck lokaler Interessen zu beugen".
Der Bericht listet schließlich die Auslandsaktivitäten des Fachhochschulrates auf und verdeutlicht in detaillierten Tabellen die einzelnen Entwicklungen im Fachhochschulbereich. In den beiden Anlagen gibt es eine Fülle von Informationen für Antragsteller. Die im Jahr 1999 entwickelte Homepage (www.fhr.ac.at ) bietet eine weitere Möglichkeit für Interessierte, sich zu informieren. (Schluss)