Parlamentskorrespondenz Nr. 556 vom 12.10.2000

VON DEN MENSCHENRECHTEN UND VON DER SOZIALEN GERECHTIGKEIT

Sondersitzung des Nationalrats auf Antrag der Regierungsparteien

Wien (PK) - Die von den Regierungsparteien beantragte Sondersitzung des Nationalrates zum Thema "Die Reformvorhaben der Bundesregierung für soziale Gerechtigkeit ohne Neuverschuldung" begann mit der Angelobung eines neuen Abgeordneten. Dr. Hannes BAUER (S) folgt dem früheren Innenministers Mag. Karl Schlögl nach, der in die niederösterreichische Landespolitik wechselte.

Über einen Antrag von Abgeordnetem Dr. PILZ (G), die Tagesordnung um den Bericht des Menschenrechtsausschusses betreffend den SPÖ-Antrag 125/A(E), in dem die Vorlage eines Menschenrechtsberichts durch die Bundesregierung gefordert wird, zu ergänzen, wurde eine Debatte abgehalten.

Als Erstredner kündigte Abgeordneter ELLMAUER seitens der ÖVP an, dieser Einwendung gegen die Tagesordnung "sicher nicht zuzustimmen". Er argumentierte, dass im Menschenrechtsausschuss einvernehmlich festgelegt worden sei, den Menschenrechtskomplex gemeinsam in der Sitzung am 18. Oktober zu verhandeln. Deshalb sei er über die Einwendung verwundert.

Der geschäftsführende Klubobmann der SPÖ, Dr. KOSTELKA, meinte dem gegenüber, die Bundesregierung sollte nicht nur sofort mit den Arbeiten an einem Menschenrechtsbericht beginnen, vielmehr sei es auch notwendig, über die Menschenrechtssituation in Österreich "hier und heute" im Parlament zu diskutieren. Als Grund führte er an, dass "eine Partei dieses Hauses" die Meinungsfreiheit nachhaltig schädige und andere Grundrechte verletze. Künstler und Journalisten würden systematisch bespitzelt, der Redaktionscomputer des ORF als Interventionsbasis verwendet. An die Koalition appellierte Kostelka, der Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Spitzelaffäre zuzustimmen. "Wer einen Untersuchungsausschuss nicht akzeptiert, hat Dinge zu verbergen", sagte er.

FPÖ-Klubobmann Ing. WESTENTHALER klagte, die SPÖ missbrauche einmal mehr die Geschäftsordnung des Nationalrates, um eine Show abzuziehen "mit billigen, unwahren Behauptungen". Der Weiterverkauf von Daten durch einen Schwechater SPÖ-Gemeinderat sei der einzige nachweisbare Spitzelfall, unterstrich er. Einen Spitzelskandal sieht Westenthaler darüber hinaus in der Steiermark, wo die SPÖ ihre Funktionäre aufgefordert habe, SPÖ-nahe Bürger auf einer Liste zu markieren. Zensur im ORF hat es seiner Ansicht nach lediglich seitens der SPÖ im Zusammenhang mit der Causa Euroteam gegeben. Für die von Abgeordnetem Pilz beantragte Ergänzung der Tagesordnung sieht Westenthaler keinen Grund.

Abgeordneter Dr. PILZ (G) erachtet es für notwendig, über die Menschenrechtssituation zu diskutieren, da die Rechte von freien Journalisten, Künstlern und Intellektuellen permanent verletzt würden. Er glaubt, dass die Koalition den "Dialog über Sozialpolitik" deshalb heute auf die Tagesordnung gesetzt hat, um eine Debatte über die Menschenrechtssituation zu verhindern. Ihm gehe es, so Pilz, um die Klärung der politischen Verantwortung der Spitzelaffäre, das sei Aufgabe des Parlaments, kein Gericht könne dies tun. Den Antrag der SPÖ auf Erstellung eines Menschenrechtsberichts will Pilz deshalb auf die Tagesordnung gestellt wissen, um generell über  Menschenrechte zu diskutieren.

Abgeordneter Dr. OFNER (F) führte aus, die Österreicher bräuchten sich in Sachen Menschenrechte "beileibe nicht verstecken". Österreich habe gegenüber anderen europäischen Staaten "die Nase vorn", eine Diskussion über Menschenrechte könne nur zugunsten der Regierung ausgehen. Ofner glaubt aber, dass es der Opposition nicht um Menschenrechte gehe, sondern darum, eine Diskussion über den von der SPÖ angehäuften Schuldenberg und die dadurch notwendigen Sparmaßnahmen zu verhindern. Zur Spitzelaffäre merkte der Abgeordnete an, der Verkauf von Polizeidaten sei "leider ein tägliches Geschäft", das mit Politik überhaupt nichts zu tun habe.

Abgeordnete Mag. KUNTZL (S) erklärte, ganz Österreich diskutiere über eine Spitzelskandal, bei dem der Verdacht bestehe, dass die FPÖ den Auftrag gegeben habe, Personen zu bespitzeln. Sie forderte die FPÖ auf, sich der Debatte zu stellen. Kuntzl betonte, die SPÖ sei in ihrer Geschichte immer auf der Seite der Demokratie gestanden und habe daher auch eine hohe Sensibilität, was die Verteidigung der Demokratie betreffe. Sie wandte sich gegen die Schaffung gläserner Menschen.

Abgeordneter Mag. SCHWEITZER (F) machte geltend, dass der Menschenrechtsblock kommenden Mittwoch ohnehin im Nationalrat diskutiert werde. Zur Spitzelaffäre sagte er, alle bis jetzt bekannten Spitzelaktionen in Österreich seien eindeutig "rot gefärbt". Schweitzer erinnerte u.a. an Fälle in Kärnten und im Burgenland und an die Tonbandaffäre im Parlament, in die der ehemalige SPÖ-Abgeordnete Peter Marizzi verwickelt gewesen sei.

Abgeordnete Dr. PETROVIC (G) bedauerte, dass sich die Koalition einer Debatte über die Menschenrechtssituation entziehen wolle. Für sie liegt es nahe, dass die FPÖ etwas zu verbergen habe. Petrovic zufolge gibt es über die Spitzelaffäre hinaus auch genug andere Anlässe, um über Menschenrechte zu diskutieren. So wies sie auf Aussagen von FPÖ-Klubobmann Westenthaler hin, der von linken und linksextremen Redakteuren im ORF gesprochen und angekündigt habe, dem ORF die Parteilichkeit per Gesetz "auszutreiben". Sie hält es für einen "dreisten Verstoß" gegen die Grundrechte, jemanden per Gesetz eine linke Gesinnung austreiben zu wollen.

Abgeordneter KISS (V) konstatierte, es gebe kein Menschenrecht der SPÖ auf Regierungsbeteiligung. Er ortet eine selektive Wahrnehmung über den gestrigen Bericht von Innenminister Strasser und bekräftigte, im Innenausschuss sei kein einziger Name gefallen außer jenem des Grün-Abgeordneten Pilz. Gegen diesen gebe es Untersuchungen, weil er aus einem geheimen Disziplinarakt zitiert habe.

Abgeordneter Mag. POSCH (S) wertet die Erstellung eines Menschenrechtsberichts durch die Regierung gerade angesichts der jetzigen Umstände für besonders wichtig. Er sieht einen "unglaublichen" Anschlag auf die Meinungsfreiheit und die Privatsphäre von Personen. Man wolle Journalisten einschüchtern und Abgeordnete verfolgen, beklagte Posch.

Abgeordneter ÖLLINGER (G) sagte, FPÖ-Klubobmann Westenthaler sei "nur noch schimpfend auf der Flucht vor seiner Verantwortung in der Spitzelaffäre". Die Beschuldigungen gegen seinen Klubkollegen Peter Pilz wies er zurück und unterstrich, im EKIS gebe es keine Disziplinarakten.

Zu einem Verlangen von FP-Klubobmann Ing. WESTENTHALER, raschestmöglich das stenographische Protokoll "heranzuschaffen", erklärte Nationalratspräsident Dr. FISCHER, er habe diesen Auftrag bereits gegeben.

Der Antrag der Grünen, die Tagesordnung um den Bericht des Menschenrechtsausschusses über den SPÖ-Antrag 125/A(E) zu ergänzen, wurde von den Koalitionsparteien abgelehnt.

Nationalratspräsident Dr. FISCHER gab das Einlangen einer Dringlichen Anfrage an den Finanzminister betreffend die Reformvorhaben für soziale Gerechtigkeit ohne Neuverschuldung durch die ÖVP bekannt. Diese Dringliche Anfrage wird um 12 Uhr zum Aufruf gelangen. Im Anschluss erfolgt eine von den Grünen beantragte Kurzdebatte über die Anfragebeantwortung 957/AB zur Anfrage 1021/J betreffend politisch motivierte Personalentscheidungen durch den Innenminister.

Weiters liegen zwei Anträge auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses vor, über die am Ende der Sitzung eine Debatte abgehalten wird. Zum einen will die SPÖ eine Aufklärung des Vorwurfes der Weitergabe von Polizeidaten an Dritte sowie des Vorwurfs der Weitergabe von sensiblen Daten oder dem Redaktionsgeheimnis unterliegende Informationen des ORF an politische Parteien. Der zweite Antrag kommt von den Grünen und bezieht sich auf die Verantwortlichkeit des Innenministers für die illegale Weitergabe von Daten in seinem Ressortbereich und auf Organisationsmängel im Bereich der Sicherheitsbehörden.

REFORMVORHABEN FÜR SOZIALE GERECHTIGKEIT OHNE NEUVERSCHULDUNG

Angesichts der in der kommenden Woche bevorstehenden Beschlüsse der Bundesregierung über das Budget 2001, die Finanzplanung 2002 und das Budgetbegleitgesetz begründete Abgeordneter Dr. KHOL (V) die Dringliche Anfrage seiner Fraktion mit dem Interesse der Abgeordneten zu erfahren, wie und mit welchen Maßnahmen die Bundesregierung ihre Budgetsanierungsziele erreichen möchte.

Darüber hinaus wolle er wissen, ob das Ziel eines Nulldefizits, zu dem bei den beiden Reformdialogen am 14. Juli und am 2. September breiter Konsens bestanden habe, von den Oppositionsparteien geteilt werde, oder ob sie sich davon unter dem Druck politischer Kräfte verabschiedet haben, sagte Khol.

Außerdem gehe es ihm darum, zu dokumentieren, dass sich das Parlament selbst an der Sparpolitik beteiligen werde, und zwar im Umfang von 100 Mill. S, wobei Abgeordneter Khol auf Maßnahmen bei den Politikern, den Politikerpensionen und bei der Parteienförderung hinwies.

Hart ins Gericht ging der VP-Klubobmann mit der SPÖ, deren Vertreter Sallmutter das Nulldefizit kürzlich als einen "Mythos" bezeichnet habe und auch andere Äußerungen aus der SPÖ den Eindruck erweckten, die SPÖ gebe in der Budgetpolitik dem Druck der politischen Opportunität nach. Den Vorwurf des Sozialabbaus wies Khol zurück, indem er darauf hinwies, davon könne keine Rede sein, das System der sozialen Sicherheit werde durch ein Einsparungsvolumen von 0,6 % in keiner Weise angegriffen. Die Bundesregierung benötige finanzielle Bewegungsfreiheit für soziale Maßnahmen, unterstrich Khol und begrüßte eine zusätzliche Leistung von 300 S für Kriegsheimkehrer. In seinen weiteren Ausführungen betonte Khol, dass bei der Mitversicherung für Frauen mit Kindern keine Änderung geplant sei, auch nicht für jene Frauen, deren Kinder bereits aus dem Haus sind. Khol bekannte sich zu Maßnahmen für Schwerstinvalide und die Lösung des dringendsten Arbeitslosenproblems, nämlich jenes der Behinderten, durch Einsatz einer Behindertenmilliarde. Mit der Bildungsministerin will Khol über die Verbesserung der Stipendien und den Einsatz einer Forschungsmilliarde für die Universitäten und die Ausgestaltung der Studienbeiträge diskutieren.

Eine Absage erteilte der Redner der SPÖ und ihrer "Gräuelpropaganda" und forderte deren Klubobmann Kostelka auf, sich vom altmarxistischen Vokabular zu verabschieden. "Spare in der Zeit, dann hast du in der Not", sagte Khol. Diesem Grundsatz sei man in der Vergangenheit nicht gefolgt, heute, angesichts einer wachsenden Wirtschaft und abnehmender Arbeitslosigkeit sei es möglich, die notwendigen Budgetkonsolidierungsmaßnahmen sozial gerecht zu treffen. "Die neue Regierung ist zur Trendwende bereit, wir bitten um die notwendigen Detailauskünfte", betonte der V-Klubobmann. "Wir tragen dieses Programm im Interesse unserer Bürger und Bürgerinnen voll mit", schloss Khol.

Finanzminister Mag. GRASSER leitete seine Ausführungen mit dem Hinweis darauf ein, dass der Bund Tag für Tag 680 Mill. S zur Tilgung und Verzinsung der Finanzschulden aufzubringen hat. Es sei also klar, dass die Schuldenpolitik der Vergangenheit nicht weiter fortgesetzt werden könne. Die Bundesregierung sei der Überzeugung, dass diese Wahrheit der Bevölkerung zumutbar sei. "Wir haben die Verpflichtung gegenüber der Bevölkerung und den Staatsfinanzen, dafür zu sorgen, in Zukunft keine Schulden mehr zu machen." Grasser unterstrich die Notwendigkeit, eine unsoziale Schuldenpolitik zu Lasten der Kinder und Enkelkinder zu beenden, gleichzeitig die Vollbeschäftigung sicherzustellen sowie für volle Auftragsbücher der Unternehmen und für Investitionen zu sorgen. Diese Politik zielt auf eine möglichst hohe Lebensqualität und auf ein höheres Maß an sozialer Gerechtigkeit in Österreich, erklärte Grasser.

Die letzte Bundesregierung habe eine Steuerreform beschlossen, die Entlastungen von 20 Mrd. S und zusätzliche Familienleistungen im Umfang von 12 Mrd. S gebracht hat. Grasser qualifizierte dieses Paket als ein "mit Krediten finanziertes Wahlzuckerl" und brachte die Überzeugung der neuen Regierung zum Ausdruck, eine solche Politik nicht aufrecht zu erhalten, wohl aber gezielt Mehrkinderhaushalte und Alleinerzieher zu entlasten.

Ergebnis des Reformdialogs zur Budgetsanierung sei ein 100- Mrd. S-Paket, das zu 70 % ausgabenseitig konzipiert sei. 27 Mrd. S werden einnahmenseitig aufgebracht. An diesen Beitrag seien die Unternehmen, die Vermögenden, die Konzerne, die Stiftungen, die Bauern, die öffentlich Bediensteten sowie die Arbeitnehmer und Pensionisten beteiligt. Arbeitnehmer mit einem Einkommen unter 30.000 S und Pensionisten mit einem Einkommen unter 20.000 S werden aus sozialen Gründen geschont, betonte der Finanzminister. Konkrete Beispiele zu der zu erwartenden Einkommensentwicklung legte Grasser mit dem Hinweis auf eine Alleinerzieherin mit einem Kind vor, die im Jahr 2001 bei einem Bruttoeinkommen von 18.000 S um 1.900 S mehr in der Brieftasche haben wird als 1999. Eine Familie mit zwei Kindern und Einkommen von 25.000 S und 15.000 S monatlich wird im selben Zeitvergleich um 5.951 S netto mehr in der Tasche haben.

"Wir verlangen von den Menschen viel für die Sanierung, aber wir brauchen diese Beiträge, um eine Politik auf Kosten der Kinder und Enkelkinder zu beenden. Dies ist ein kleiner Schritt für die Gegenwart, aber ein grosser Schritt für die Zukunft Österreichs", sagte Minister Grasser. Die an ihn gerichteten Detailfragen beantwortete der Finanzminister wie folgt:

Der Finanzschuldenstand des Bundes betrug Ende 1999 1.700 Mrd. S. Die Verwaltungsschulden machten 300 Mrd. S aus, die außerbudgetären Schulden von ÖBB, SCHIG, ASFINAG, ÖIAG, BIG und UWF bezifferte Grasser mit 244,5 Mrd. S, das sind insgesamt 2.245 Mrd. S.

Unter der Annahme eines Budgetabganges von 0,75 % des BIP und keinen sonstigen Maßnahmen zur Reduktion des Schuldenstandes ist in den kommenden Jahren mit folgenden Zinsaufwendungen zu rechnen (in Mrd. S): 2001 - 102, 2002 - 103, 2003 - 97, 2004 - 98, 2005 - 101.

Das Ziel, bereits im Jahr 2002 ein Nulldefizit zu erreichen, begründete der Finanzminister damit, dass der Zeitpunkt für eine Budgetsanierung richtig sei. Wir haben den stärksten Konjunkturaufschwung seit zehn Jahren, auch 2001 wird die Wirtschaft mit 2,8 % überdurchschnittlich wachsen. Die Arbeitslosenrate sinkt heuer kräftig auf 5,3 % und die Inflation wird sich nach den Ölpreisturbulenzen wieder beruhigen. Zudem unterstütze die Bevölkerung die Sanierung des Staatshaushaltes. Das Sanierungspaket enthalte auch offensive Elemente wie ein zusätzliches 10 Mrd.S-Programm für Forschung, Entwicklung und Infrastruktur. Die Lohnnebenkosten werden um 15 Mrd. S gesenkt.

Durch das Schuldenreduktionsprogramm der Bundesregierung soll der Schuldendienst des Bundes vor allem hinsichtlich der Zinsen, ab 2002 um 3 Mrd. S entlastet werden. Dem dienen Erlöse aus den Bereichen BIG, UMTS, aus Verkäufen von Bundes-Wohnungen und von Grundstücken der Bundesforste.

70 % des Konsolidierungsbedarfs von rund 100 Mrd. S für 2002 werden durch ausgabenseitige, 30 % durch Maßnahmen für mehr Steuergerechtigkeit erreicht. Steuergestaltungsmöglichkeiten werden eingeschränkt oder beseitigt, Steuerlücken geschlossen, die Steuerbemessungsgrundlage verbreitert und die Privilegien beseitigt. 75 % der Arbeitnehmer und 75 % der Pensionisten mit Einkommen unter 30.000 bzw. 20.000 S bleiben unbelastet.

53,6 Mrd. S des Konsolidierungsbedarfs für das Jahr 2002 entfällt auf die öffentliche Verwaltung, die Erwerbstätigen sind mit 13,2 Mrd. S, die privaten Haushalten mit 4,5 Mrd. S, die Pensionisten mit 5,3 Mrd. S, die Unternehmer mit 14,3 Mrd. S, die Stiftungen mit 2,2 Mrd. S betroffen. Die Verschiebung der Dieselpreissenkung für Bauern bringt einen Konsolidierungsbeitrag von 1,4 Mrd. S.

Die Reform des Karenzgeldes besteht im neuen Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld für 36 Monate, auf beide Elternteile zu 24 bzw. 12 Monaten aufgeteilt. Das Kinderbetreuungsgeld wird auf 6.250 S pro Monat angehoben. 250 S werden in den ersten 18 Monaten als Pensionsbeitrag einbehalten.

Die Behindertenmilliarde soll in erster Linie dazu dienen, möglichst vielen der 27.425 arbeitslosen Behinderten Beschäftigung zu bieten. Dazu kommen Maßnahmen für Jugendliche und ältere Behinderte sowie für den Abbau von Vorurteilen gegenüber Behinderten.

Für Begleitmaßnahmen zur Einführung von Studiengebühren will der Finanzminister ab dem Studienjahr 2001/2002 zusätzliche 450 Mill. S zu Verfügung stellen. Es geht um die Anhebung der Studienförderungsbeträge, die Ausweitung des Bezieherkreises, die Anhebung der Zuverdienstmöglichkeiten, um die Begünstigung von Darlehen für Studierende, die Verlängerung der Anspruchsberechtigung für Studienabschlussstipendien und um eine starke Anhebung der Leistungsstipendien.

Vizekanzlerin Riess-Passer, Staatssekretär Finz und den Vertretern der Gewerkschaft öffentlicher Dienst dankte der Finanzminister für den seiner Ansicht nach sozial gerechten und vorbildlichen Gehaltsabschluss, der unteren Einkommen ein Plus von mehr als 3 %, höheren dagegen weniger als 1 % bringt.

Hinsichtlich der Privatstiftungen erinnerte der Finanzminister daran, dass sein Amtsvorgänger Edlinger keinen Änderungsbedarf bei den von Minister Lacina eingeführten Privatstiftungen sah. Es gehe darum, die Zersplitterung von Vermögen zu verhindern, Arbeitsplätze in Österreich zu sichern und den Verkauf von Unternehmen ins Ausland zu verhindern. Große Kulturdenkmäler wie die Burg Forchtenstein oder die Stiftung Leopold könnten ohne das Stiftungsrecht nicht erhalten werden. Die vorgesehenen steuerlichen Änderungen entsprechen einem Mittelweg, der einen Beitrag der Stiftungen in Höhe von 2,2 Mrd. S bringe, ohne volkswirtschaftlichen Schaden hervorzurufen.

Die einbringbaren Abgabenrückstände bezifferte der Finanzminister mit 7 bis 8 Mrd. S. Rechtliche Maßnahmen und eine höhere Zahl der mit der Steuereinhebung befassten Mitarbeiter werden eine effizientere Steuereinhebung ermöglichen.

Über Finanzstrafverfahren gegen den ÖGB gab Finanzminister Grasser aus Gründen seiner abgabenrechtlichen Geheimhaltungspflicht keine Auskünfte.

Von Seiten der Opposition seien aus seiner Sicht keine praktikablen Vorschläge zur Erreichung des Budgetzieles eingebracht worden, schloss Finanzminister Grasser.

Abgeordneter Dr. GUSENBAUER (S) wies zunächst die Behauptung zurück, die neue Bundesregierung habe von der alten einen Scherbenhaufen übernommen. "Österreich ist ein modernes, wirtschaftlich, starkes und sozial ausgewogenes Land im Herzen Europas". Auch sei die Budgetkonsolidierung keine Erfindung dieser Bundesregierung, sie sei 1995 begonnen worden und habe das Budgetdefizit von 5,4 % auf 2,2 % des BIP gesenkt. Im Unterschied zur jetzigen Bundesregierung habe die alte Bundesregierung aber eine sozial ausgewogene Politik betrieben. Der Behauptung des Finanzministers, Einkommen unter 30.000 S würden nicht belastet, trat der SPÖ-Vorsitzende mit dem Hinweis auf 26 Maßnahmen im Bereich von Steuern und Gebühren entgegen, die allesamt kleine und mittlere Einkommen treffen.

In seinen weiteren Ausführungen warf Gusenbauer dem Finanzminister und der FPÖ vor, sich mit dem Erfolg der Steuer- und Familiensteuerreform zu schmücken, die sie selbst abgelehnt habe. "Was Steuer- und Familiensteuerreform dem unteren Drittel gebracht haben, nehmen Sie wieder weg. Dieses Maßnahmenpaket ist nicht sozial ausgewogen, sondern reiner Sozialabbau", kritisierte Gusenbauer.

Dazu kommen die Konjunkturauswirkungen des "Schröpfkurses" dieser Bundesregierung, der das Wirtschaftswachstum im Jahr 2001 um ein halbes Prozent verringern und die Steuern- und Abgabenquote mit 46 % auf einen Höchststand treiben werde. "Die SPÖ wird den Dialog mit den betroffenen Gruppen organisieren, denn uns geht es nicht um Sozialabbau, sondern um soziale Sicherung. Wenn Grasser vom Umbau des Staates spreche, bedeute dies die solidarische Gesellschaft  zu einer Ellbogengesellschaft zu verändern, das lehnen wir ab", stellte Gusenbauer klar.

Abgeordneter Ing. WESTENTHALER (F) warf seinem Vorredner vor, seine Kritik durch keinerlei Daten untermauert und nicht einen einzigen Alternativvorschlag zur Budgetkonsolidierung vorgelegt zu haben. Die SPÖ sei aus einer Partei mit einer grossen Tradition zu einer destruktiven Neinsager-Partei geworden. "Sie haben ein Finanzdesaster mit einem Schuldenberg von 2.200 Mrd. S ebenso zu verantworten wie die Tatsache, dass eine Million Österreicher an der Armutsgrenze leben". Sozialabbau habe die SPÖ betrieben, sagte Klubobmann Westenthaler und listete all die sozialen Leistungen auf, die von der alten Bundesregierung gekürzt oder gestrichen wurden. Sein Dank galt der neuen Bundesregierung, die ein Sanierungspaket geschnürt habe, das 70 % der Menschen nicht betreffe, aber zukunftsweisende Verbesserungen für die Familien und die Behinderten enthalte. Ing. Westenthaler schloss mit Vorwürfen gegen die Gewerkschaft Bau-Holz und die Gewerkschaft der Chemiearbeiter, Lohnsteuern hinterzogen zu haben und ersuchte Gewerkschaftsvertreter um Aufklärung.

Abgeordneter Dr. STUMMVOLL (V) überbrachte den Abgeordneten zunächst eine Reihe von Erfolgsmeldungen. Die Zahl der Arbeitsplätze habe binnen Jahresfrist um 30.000 zugenommen, die Wirtschaftsforscher sprechen vom stärksten Wirtschaftswachstum seit 1990 und registrierten einen Rückgang der Arbeitslosigkeit um 26.000 Personen im letzten September. Für besonders wichtig hält es Stummvoll, dass Österreich die geringste Jugendarbeitslosigkeit in der EU verzeichne. Diese Daten zeigten, so der Mandatar, dass die Unternehmen investieren und Arbeitsplätze bereitstellen, sie zeigten aber auch, dass die Arbeitnehmer hohe Leistungen erbringen und damit ihr Vertrauen zur neuen Bundesregierung zum Ausdruck bringen. Der SPÖ falle es offenbar schwer, sich von der "Droge" Schuldenpolitik zu verabschieden. Sie sollte erkennen, dass es unfair sei, Sozialleistungen durch Schulden zu finanzieren. Langfristig gehe dies auf Kosten der Arbeitsplätze und auf Kosten der Zukunft der Kinder und Enkelkinder. Die Bürger seien zu Opfern für die Budgetsanierung bereit, wenn die Lasten sozial gerecht verteilt und sinnvoll seien, das heißt für Stummvoll, dass bei der Bürokratie gespart werde.

In einem Entschließungsantrag forderte Abgeordneter Stummvoll die Bundesregierung auf, den Weg der Budgetsanierung unter Beachtung der sozialen Gerechtigkeit fortzusetzen und eine positive Entwicklung der Beschäftigung auch in Zukunft sicherzustellen.

Abgeordneter Dr. VAN DER BELLEN (G) bezeichnete die heutige Sondersitzung als eines der wiederkehrenden Rituale der Bundesregierung zur Selbstbeweihräucherung und stellte dieser Selbstdarstellung die zehntausenden protestierenden Studenten gegenüber, mit denen sich seine Fraktion voll solidarisch fühle. Solidarität verdienten auch jene Eltern, die voll von der Einführung der Studiengebühren getroffen werden, weil sie knapp über den Einkommensgrenzen von 25.000 S bzw. 30.000 S liegen, also wahrlich keine Großverdiener seien.

Um dem Selbstlob der Bundesregierung entgegenzutreten, wies der Redner darauf hin, dass die F-V-Koalition eine Priorität für Forschung, Entwicklung und Ausbildung angekündigt habe, nun aber Studiengebühren einführe. Er wies auf Maßnahmen gegen Frauen hin, etwa die Abschaffung der Bildungskarenz, die im Widerspruch zur EU-Richtlinie "Gender-Mainstreaming" stehe. Kritisch ging Van der Bellen dann auf die zahlreichen Verschlechterungen für Arbeitslose, insbesondere die vierwöchige Wartefrist, die Streichung der Familienzulage und die Kürzung der Nettoersatzrate ein und stellte fest, die Regierung lasse generell die Absicht erkennen, das Risiko der Arbeitslosigkeit für die Menschen zu erhöhen.

    

Abgeordneter NÜRNBERGER (S) wies Behauptungen in Werbeeinschaltungen zurück, wonach die Regierung keine Steuern anheben werde. Er machte u.a. auf die höhere Kfz-Steuer, die höhere Stromsteuer, die Verteuerung der Autobahnvignette, die höhere Steuer auf Urlaubsentschädigung, die neue Steuer auf Umfallrenten und die Kürzung des Kinderzuschlages beim Arbeitslosengeld aufmerksam. Konkret brachte er ein Beispiel einer Familie mit zwei studierenden Kindern zur Sprache, die durch die Belastungen der Regierung künftig 27.583 S mehr pro Jahr zahlen müsste. Die Arbeitgeber hätten laut Nürnberger demgegenüber ab dem Jahr 2003 kaum mehr etwas zur Staatssanierung beizutragen, und die Bauern kämen überhaupt ungeschoren davon und erhielten mehr Förderungen als je zuvor.

In einem von Nürnberger eingebrachten Entschließungsantrag fordert die SPÖ die Regierung auf, den Ministerratsbeschluss, mit dem das "asoziale Treffsicherheitspaket" geschnürt wurde, zurückzunehmen.

Abgeordneter GAUGG (F) fragte in Richtung seines Vorredners, wo dieser in den letzten Jahren gewesen sei, als die alte Koalition "ihre Beutezüge durch Österreich" mit einem Finanzminister der SPÖ geführt habe. Für ihn ist die SPÖ dafür verantwortlich, dass eine Million Menschen in Österreich an der Armutsgrenze lebe. Gleichzeitig seien die Sozialdemokraten "Weltmeister im Schulden Machen" gewesen. Gaugg zufolge ist die Koalition zu einem Dialog über die Sparmaßnahmen bereit gewesen, die SPÖ hätte diese Hand zum Dialog aber ausgeschlagen und sei "mit Trommeln und Trillerpfeifen marschieren gegangen".

Abgeordneter MIEDL (V) meinte, die heutige Sitzung wäre nicht notwendig gewesen, wenn es zuvor nicht 30 Jahre SPÖ-Politik gegeben hätte. Er wertete es "als nicht sonderlich intelligent", 100 Mrd. S jährlich an Zinsen zu zahlen. "Das haben wir ihrer Politik zu verdanken", sagte er in Richtung SPÖ.

Zum Thema Studiengebühren brachte Miedl einen Entschließungsantrag der beiden Koalitionsparteien ein, der ein Sechs-Punkte-Programm für eine Universitätsreform umfasst. Dabei geht es u.a. um eine Ausweitung der Studienbeihilfen, um Maßnahmen, die schnelleres Studieren ermöglichen, ein neues Dienstrecht, neue Strukturen, die Einsetzung eines Studentenanwaltes und die Sicherung des Forschungsstandortes Universität.

Abgeordneter ÖLLINGER (G) wandte sich gegen den "Neusprech" der Koalition. Das, was die Ärmsten tatsächlich belaste, sei für Khol und Grasser soziale Treffsicherheit, kritisierte er, das, was den Leuten Bildung nehme, laufe unter dem Titel Staatssanierung. Die Regierung werde es auch mit einer Marketing-Kampagne nicht schaffen, den Leuten einzureden, ihre Maßnahmen seien sozial verträglich und sozial gerecht, prophezeite Öllinger. Er bezweifelte außerdem, dass Finanzminister Grasser eine Vorstellung davon habe, was es heiße, mit 5.000 S oder 12.000 S auskommen zu müssen.

Bundeskanzler Dr. SCHÜSSEL meinte, er habe gedacht, das Ziel, keine neuen Schulden in den nächsten zwei Jahren zu machen und auf eine Vollbeschäftigung hinzuwirken, stehe außer Streit. Mittlerweile müsse er das aber bezweifeln. Der Kanzler warf der Opposition vor, in der heutigen Sitzung keinen einzigen konstruktiven Vorschlag zur Erreichung des Ziels "Null-Defizit" gemacht zu haben. Seiner Ansicht nach würde es auch um nichts leichter werden, wenn man das Ziel "Null-Defizit" auf die Jahre 2003 oder 2004 verschieben würde.

Schüssel stellte einen Vergleich zwischen Österreich und anderen EU-Staaten an und gab zu bedenken, dass beispielsweise Großbritannien oder Schweden heute in der Lage seien zu überlegen, wie sie ihre Budgetüberschüsse investieren könnten, nachdem diese Länder ihr Budget schon in früheren Jahren saniert hätten. Für Österreich sei die Sanierung zwar noch nicht zu spät, es sei aber höchste Zeit.

Zu den Studiengebühren merkte Schüssel an, niemand habe eine Freude damit, dass man von den Studenten Gebühren einheben müsse. Er hält die Gebührenhöhe aber für "absolut vertretbar" und wertete sie als bescheidene Beitragsleistung, die noch dazu sozial abgefedert werde.

Abgeordneter Mag. HAUPT (F) klagte, die Sozialdemokratie vergesse, was sie in den letzten 30 Jahren zu verantworten gehabt habe. Wenn sie gegen die Einführung von Studiengebühren protestiere, müsste sie auch sagen, dass sie in jenen Zeiten, als sie den Wissenschaftsminister stellte, nichts zur Beschleunigung des Studiums getan habe. Darüber hinaus machte er geltend, dass den Gebühren Verbesserungen bei der Höhe der Stipendien und beim Zugang zu den Stipendien gegenüberstünden. Insgesamt sieht Haupt die soziale Symmetrie bei den Sparmaßnahmen der Regierung gewahrt.

Abgeordneter ZWEYTICK (V) fragt sich, wie er sagte, wann die SPÖ der Wahrheit endlich ins Gesicht schauen wolle. Mit Briefen, wie sie in der Steiermark beispielsweise an Pensionisten verschickt würden, wollten die Sozialdemokraten nur Angst machen und verunsichern, kritisierte er. An sozialer Treffsicherheit sei die SPÖ dagegen nicht interessiert. Zweytick betonte die Notwendigkeit, dort bei Subventionen zu kürzen, wo diese nicht gebraucht würden.

Abgeordnete Dr. PETROVIC (G) nahm zur Behauptung, die Opposition sei nicht bereit gewesen, mit der Regierung über Alternativen zu reden, Stellung und wies darauf hin, dass es im erläuternden Vorblatt zu jenem Gesetz, das die Sparmaßnahmen der Regierung beinhalte, unter der Rubrik "Alternativen" dezidiert heiße: keine. Sie fragt sich, worüber der Finanzminister in Anbetracht dieser Feststellung mit der Opposition noch reden wolle. Inhaltlich forderte Petrovic einen adäquaten Beitrag von "Milliardären und Stiftungsgründern" zur Budgetsanierung ein.

In einem von Petrovic eingebrachten Entschließungsantrag fordern die Grünen den Finanzminister auf, von der geplanten Besteuerung der Unfallrenten Abstand zu nehmen.

Vizekanzlerin Dr. RIESS-PASSER räumte der Opposition das Recht auf Kritik ein, meinte aber, es sei nicht das Recht der Opposition, mit falschen Argumenten und unter Weglassung der Hälfte der Sachverhalte ein verzerrtes Bild zu zeichnen. So wies sie beispielsweise einige Rechenbeispiele der SPÖ als falsch zurück. Auch habe die Opposition verschwiegen, dass die Regierung eine Behinderten-Milliarde für eine Joboffensive für Behinderte zur Verfügung stellen werde. Die Alternative zum Weg des Null-Defizits wäre für Riess-Passer, weitere Schulden zu machen und damit kommende Generationen zu belasten und weitere Steuern erhöhen zu müssen.

Abgeordnete Dr. PARTIK-PABLE (F) erklärte, die heutige Sitzung sei dringend notwendig gewesen, weil sie der Koalition die Möglichkeit gegeben habe, Falschmeldungen der Opposition zu korrigieren. Ihrer Ansicht nach sind die Schulden, die die SPÖ hinterlassen habe, eine "ungeheuer schwere Bürde" für die Bevölkerung. Den Vorwurf, die Regierung würde Sozialabbau betreiben, wies Partik-Pable zurück und hielt der SPÖ ihrerseits vor, in ihrer Regierungszeit selbst Sozialabbau betrieben zu haben.

Abgeordneter Dr. BRUCKMANN (V) rechnete vor, dass in 30 Jahren sozialdemokratischer Regierung der Schuldenstand Österreichs von 47 Mrd. S auf 3.000 Mrd. S angewachsen sei, was  nunmehr einen jährlichen Zinsendienst von über 100 Mrd. S erfordere. Die neue Regierung habe sich, so der Abgeordnete, zum Ziel gesetzt, die Staatsschulden nicht weiter steigen zu lassen. Eine Sanierung zum Nulltarif sei aber nicht möglich. Bruckmann verwies darauf, dass auch die Senioren ihren Beitrag zur Budgetsanierung leisten würden.

Unterrichtsministerin GEHRER bekräftigte, die geplanten "moderaten" Studienbeiträge seien ein erster Schritt zu einer großen Universitätsreform mit neuen Angeboten für Studierende und einem neuen Dienstrecht. Sie versicherte, niemand werde auf Grund finanzieller Schwierigkeiten nicht studieren können. Dazu würden auch die Studienbeihilfen um 450 Mill. S erhöht. Präventiv stellte Gehrer klar, dass die Regierung nicht die Absicht habe, Schulgeld einzuführen.

Abgeordnete BURES (S) warf der Regierung vor, eine arrogante und hartherzige Politik für Millionäre zu betreiben. Auf Kosten der Arbeiter würden „Prinzhorns“ belohnt, Finanzminister Grasser seien die Probleme der Menschen völlig egal, sagte sie.

In zwei Entschließungsanträgen forderte Bures die Schließung von Steuerlücken bei Privatstiftungen sowie die Abschaffung der Ambulanzgebühr.

Bei der Abstimmung wurden die Entschließungsanträge der Regierungsparteien betreffend Sicherung einer positiven Wirtschaftslage und der Arbeitsplätze bzw. Sechs-Punkte-Programm einer Universitätsreform mit den Stimmen von ÖVP und FPÖ angenommen. Keine Mehrheit fanden die Entschließungsanträge der SPÖ auf Rückziehung des Ministerratsbeschlusses über das Sozialpaket sowie hinsichtlich Schließung von Steuerlücken bei Privatstiftungen und Abschaffung der Ambulanzgebühren. Ebenfalls abgelehnt wurde die Initiative der Grünen bezüglich Abstandnahme von der geplanten Besteuerung der Umfallrenten.

KURZE DEBATTE ZUM THEMA POSTENBESETZUNG

Abgeordneter Dr. PILZ (G) sprach kritisch von parteilicher Postenbesetzung im Bereich der AUF bei der Exekutive und meinte, dies sei die wesentliche Voraussetzung für die Bildung des Spitzelringes gewesen. Er warf der FPÖ vor, damit Rufmord von Gegnern und Kritikern polizeilich vorbereitet zu haben. Auch sei es den Freiheitlichen darum gegangen, die zahlreichen eigenen Kandidaten auf ihr Vorleben zu überprüfen. Das Vorstrafenregister von FP-Jungpolitikern sei ja oft viel länger, als das Register ihrer politischen Erfahrung, fügte Pilz pointiert hinzu. Der Grün-Sprecher trat für die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses in dieser Causa ein, „um dem einfachen FP-Mitglied die Möglichkeit zu geben, endlich einmal unter Wahrheitspflicht auszusagen“.

Innenminister Dr. STRASSER plädierte für eine rasche, genaue und restlose Ermittlung, wandte sich aber gegen Vorverurteilungen der Exekutive. Er versicherte weiter, alles dazu beizutragen, dass es keinerlei Einflussnahme auf die Ermittler gibt.

Vier Sofortmaßnahmen seien bereits umgesetzt, teilte Strasser mit: Das Vier-Augen-Prinzip bei der Funkleitzentrale und bei der Dokumentation, eine Verstärkung der Dienstaufsicht durch die Dienststellenleiter sowie die Verschärfung der laufenden Kontrolle der Dokumentationen und Anfragen. Er werde es jedenfalls nicht zulassen, dass der grosse Dienst der Exekutive auf einen Kleindienst reduziert werde, betonte Strasser mit Nachdruck.

Abgeordneter LEIKAM (S) forderte eine lückenlose Aufklärung und wies den Vorwurf der Pauschalverurteilungen der Exekutive durch die Opposition scharf zurück. Der Redner beklagte insbesondere parteipolitische Besetzungen in Kärnten. So sei die Nachbesetzung des Postens des Sicherheitsdirektors wegen eines Einspruches von Landeshauptmann Haider vorerst verschoben worden, kritisierte er.

Abgeordneter KISS (V) gab dem Abgeordneten Pilz recht und meinte, unter SP-Ministern im Innenressort habe es eine beinharte Parteipolitik gegeben, es habe allein das Parteibuch, nicht aber die Qualifikation oder die Ausbildung gezählt. Seit 4. Februar seien nun aber im Innenressort wieder Seriosität und Objektivität eingekehrt.

Fraglich und aufklärungswürdig bleibt für Kiss allerdings, wie Pilz selbst an die Daten heran gekommen sei.

Abgeordneter REINDL (F) bezeichnete die Behauptungen der Opposition als falsch. Wenn ein Posten im Öffentlichen Dienst nicht mit einer SP-nahen Person besetzt wird, dann sei diese Besetzung in den Augen der SPÖ parteipolitisch motiviert, kritisierte er. Die FPÖ werde jedenfalls immer jene Personen unterstützen, die fachlich und persönlich am besten qualifiziert sind, und nicht jene, die zufällig das richtige Parteibuch haben, unterstrich er.

Abgeordneter ÖLLINGER (G) stellte fest, über die Jahre hinweg würde sich dokumentieren lassen, dass bestimmte Exekutivbeamte, die zu einer bestimmten Partei ein Naheverhältnis haben, illegal EKIS-Abfragen getätigt haben.

KURZE DEBATTE: ANTRAG AUF UNTERSUCHUNGSAUSSCHUSS KOSTELKA

Abgeordneter Dr. KOSTELKA (S) begründete das Verlangen der sozialdemokratischen Fraktion auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses als eine „demokratiehygienische Maßnahme“. Die Verdachtsmomente seien so stark, dass die politische Aufklärung dieses politischen Skandals unabdingbar sei. In Richtung Westenthaler meinte Kostelka: “Ihre Realitätsverweigerung funktioniert schlichtweg nicht mehr“. Auch der Innenminister habe mitgeteilt, dass täglich neue Fakten zu Tage träten, aber von dem, was man bisher wisse, sei klar, so Kostelka, dass es sich um einen freiheitlichen Spitzelskandal handle. Er kenne keine andere Fraktion, die flächendeckend in den Landtagen und im Parlament andere bespitzelt habe. Die FPÖ sei eine Partei, die gegen demokratische Spielregeln verstoßen habe, denn die Bespitzelung habe System, das menschenverachtend sei. Die FPÖ habe EKIS zum parteipolitischen Spielball degradiert. Kostelka zeigte sich überzeugt, dass der öffentliche Druck so groß werden würde, dass auch die ÖVP einem Untersuchungsausschuss werde zustimmen müssen.

Für Abgeordnete Mag. KUNTZL (S) führt die Spitzelaffäre die Geisteshaltung der FPÖ deutlich vor Augen. Dahinter stecke eine klare „Linie auf dem Weg zum autoritären Staat“, so die Rednerin. Die FPÖ instrumentalisiere die Justiz, um das Land mit einer breiten Klagsflut zu überziehen, rief Kuntzl der F-Fraktion entgegen. Die Freiheitlichen hätten darüber hinaus ein Spitzelnetz in der Polizei aufgebaut und die Bespitzelung im ORF diene dazu, eine Vorzensur vorzunehmen. Einen Untersuchungsausschuss hält sie deshalb für notwendig, weil die politische Frage, wo die Fäden zusammenlaufen und wer die Auftraggeber seien, geklärt werden müsse.

Abgeordneter KISS (V) zitierte eine Wortmeldung des Abgeordneten Kostelka vom 10. Mai 1999, um damit die Ablehnung eines Untersuchungsausschusses seitens der V-Fraktion zu untermauern. In der damaligen Causa Omofuma hatte Kostelka erklärt, dass ein Untersuchungsausschuss erst nach Vorliegen von Untersuchungsergebnissen durch die unabhängige Justiz sinnvoll sei. Kiss meinte, dass auch im aktuellen Fall zunächst die Sonderkommission des Innenministeriums und dann die Justiz am Zug sei. Der Nationalrat habe nach Vorliegen der Untersuchungsergebnisse noch immer Zeit, sich mit der Causa zu beschäftigen.

Abgeordneter Ing. WESTENTHALER (F) bezichtigte die SPÖ der Ehrabschneidung und kritisierte die durch sie vorgenommene Gleichsetzung des Falles Omofuma mit dem Fall Kleindienst. Er verteidigte die Freiheitlichen unter Hinweis auf den ORF-Generalintendanten Weis, der den Vorwurf des Datenklaus nicht bestätigt habe. Abgeordnetem Cap, der das Ende der Freiheit im ORF befürchtet hatte, konterte Westenthaler, dass Cap wohl fürchte, die Meinung der SozialdemokratInnen nicht mehr durchsetzen zu können. Das Buch von Kleindienst nannte er ein „Sudelbuch“, da der Autor keine Namen nenne, weil er sie auch nicht kenne. Die vorliegende Indizienkette sei daher „toll“. 

Abgeordneter ÖLLINGER (G) widersprach Westenthaler, weil Kleindienst sehr wohl in bestimmten Zusammenhängen Namen genannt habe. Er erinnerte an die Salzburger Causa, wo ein Beamter Haider geheime Daten verschafft hatte und dafür von diesem noch belobigt worden war. Die Auseinandersetzung der Freiheitlichen mit dieser Causa sei nicht inhaltlich erfolgt, sondern habe darin gegipfelt, dass Partik-Pable von einem „entschuldbaren Notstand“ gesprochen hat und man gegen den dortigen Polizeidirektor vorgegangen ist. Deshalb brauche man einen Untersuchungsausschuss, schloss Öllinger.

Bei der Abstimmung blieb der Antrag der SozialdemokratInnen auf Einsetzung eines Unterausschusses in der Minderheit. Er wurde lediglich von den Grünen unterstützt.

KURZE DEBATTE: ANTRAG AUF UNTERSUCHUNGSAUSSCHUSS PILZ

Abgeordneter Dr. PILZ (G) sieht die Notwendigkeit eines Untersuchungsausschusses darin, die politische Verantwortung zu klären. Es gehe nicht um die Verantwortung der einfachen Beamten, sondern um jene der Minister, die damals im Amt waren. Es gehe aber auch darum, warum bestimmte Systeme offensichtlich anfällig für Missbrauch sind. Dies alles könne nicht durch ein Gericht beantwortet werden.

Pilz vertrat die Auffassung, dass es für die im Buch zur Sprache gebrachten Vorkommnisse einen politischen Auftraggeber gebe. Die Spur führe zu einer Organisation, die sich selbst als "Kombo" bezeichnet hat. Hinter dieser Abkürzung verbarg sich das Kommunikationsbüro der FPÖ in der Reichsratsstraße. "Kombo"-Mitglieder waren Westenthaler, Haider und Riess-Passer. Die Frage, wer von den drei den Ton angegeben hat, könne nicht geklärt werden, jedoch könne die Frage, sitzen bzw. saßen in diesem Haus Abgeordnete bzw. gibt es Regierungsmitglieder oder einen Landeshauptmann, die Auftraggeber für kriminelle Machenschaften in der Exekutive waren, einer parlamentarischen Untersuchung zugeführt werden.

Laut Abgeordnetem Dr. WITTMANN (S) bleiben in diesem Skandal die einfachen Beamten und Parteimitglieder auf der Strecke. Die Drahtzieher würden nicht zur Verantwortung gezogen, weil die politische Verantwortung nicht wahrgenommen werde. Es könne kein Zufall sein, dass einfache Beamte von sich aus zum gleichen Zeitpunkt Politiker, Künstler und andere Personen "ohne Grund, ohne Auftrag und ohne Sinn" bespitzelten. Da es sich um einen der größten Skandale der Zweiten Republik handle, müsste seiner Meinung nach ein Untersuchungsausschuss eingesetzt werden.

Abgeordneter MURAUER (V) meinte zum "Theaterdonner" seines Vorredners, selbst der ORF-Generalintendant habe mitgeteilt, dass es keinen Beweis gebe, dass der Datenklau tatsächlich stattgefunden habe. Der ÖVP-Mandatar vermutete, die Sozialdemokraten wollten mit der Einsetzung mehrerer Untersuchungsausschüsse vom Fehlen konkreter Vorschläge, wie nun das von ihnen übernommene Finanzdesaster beseitigt werden könnte, ablenken.

Dem Innenausschuss und der Staatsanwaltschaft sei der Zwischenbericht zugemittelt worden, die Sonderkommission konnte ohne Einflussnahme arbeiten, strich der Redner besonders heraus. ÖVP und FPÖ stünden auf der Seite der 32.000 Exekutivbeamten und vertrauten dem derzeitigen Innenminister und seinen höchsten Beamten.

Abgeordneter Dr. BÖSCH (F) hielt fest, dass im Buch von Kleindienst nicht der Klubobmann der FPÖ allein im Kreuzfeuer der Kritik stehe, sondern alle Parteien. Ob die Vorwürfe stimmen, werde die Sonderkommission des Innenministeriums herausarbeiten. Dr. Strasser habe gestern im Innenausschuss auch angekündigt, das EKIS-System sicherer machen zu wollen, damit niemand mehr aus vertraulichen Papieren zitieren könne.

Abgeordnete Dr. PETROVIC (G) sprach davon, dass zwar aus den internen Untersuchungen bei der Polizei Konsequenzen gezogen würden, jedoch bleibe die Frage der politische Verantwortung ungeklärt. Wenn jemand etwas in der Diskussion herausstreiche, was anderen missfalle, was heute Abgeordneter Pilz getan habe, dann werde er persönlich verächtlich und lächerlich gemacht, vermerkte sie negativ. Eine solche Verhaltensweise habe auch Kleindienst in seinem Buch beschrieben, fügte sie an und plädierte für die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses.

Der G-Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses fand nicht die notwendige Mehrheit.

(Schluss)