Parlamentskorrespondenz Nr. 558 vom 12.10.2000

FINANZAUSSCHUSS ERLEDIGT UMFANGREICHE TAGESORDNUNG

Finanzschuldenbericht, Abkommen, Entschuldungsinitiative

Wien (PK) - Punkt eins der umfangreichen Tagesordnung des Finanzausschusses bildete der Bericht über die Finanzschuld des Bundes 1999. Darin dokumentiert der Staatsschuldenausschuss, dass die bereinigten Verbindlichkeiten des Bundes 1999 1.623,4 Mrd. S erreichten, wovon 231,4 Mrd. S oder 13,7% auf Fremdwährungsschulden entfielen. Der neu zu finanzierende Budgetabgang stieg gegenüber 1998 von 66 Mrd. S auf 68,2 Mrd. S. Der Zuwachs der bereinigten Finanzschuld des Bundes überstieg das Budgetdefizit und machte 87,7 Mrd. S aus, weil Kursverluste des Euro (vor allem gegenüber dem Yen) den Wert der Fremdwährungsschuld binnen Jahresfrist um 29,6 Mrd. S wachsen ließen.

Die Umstrukturierung der Bundesschuld in Richtung Anleihen wurde fortgesetzt, wobei die Schuldenmanager auf großes Interesse des Auslands an österreichischen Bundesanleihen stießen. Sie nützten das zunächst niedrige langfristige Zinsniveau und finanzierten den Kapitalbedarf im Wesentlichen in Form längerfristiger Anleihen mit fixer Verzinsung. Erstemissionen und Aufstockungen erfolgten mit Fristen von bis zu 28 Jahren, daher erhöhte sich die durchschnittliche Restlaufzeit der Finanzschuld von 5,9 Jahren auf 6,1 Jahre.

Die Konsolidierung der Staatsfinanzen verlangsamte sich bei Bund, Ländern, Gemeinden und Sozialversicherungsträgern. Während in den Jahren 1996 und 1997 der gesamtstaatliche Defizitabbau 27,5 Mrd. S bzw. 45,1 Mrd. S betragen hatte, machte der Rückgang 1999 nur knapp 10 Mrd. S aus. Die größten Konsolidierungserfolge wurden 1997 erzielt, als das öffentliche Defizit auf 1,9% des BIP gesenkt werden konnte. Im Jahr 1998 stieg die Defizitquote wieder auf 2,5% des BIP an und wurde nach vorläufigen Ergebnissen im Jahr 1999 auf 2% des BIP zurückgeführt. - Der Bericht wurde ohne Debatte mit S-V-F-Mehrheit zur Kenntnis genommen und gilt als enderledigt.

ERWEITERUNG DER VERSICHERUNGSAUFSICHT

Eine umfangreiche Novelle zum Versicherungsaufsichtsgesetz soll Versicherten, wie Finanzminister Karl-Heinz Grasser auf Fragen der Abgeordneten Marianne Hagenhofer und Rudolf Edlinger ausführte, im Rahmen einer Unternehmensgruppe das gleiche Mindestmaß an finanzieller Sicherheit geben wie Versicherten bei einem Einzelunternehmen. Die Bestimmungen für die fachliche Eignung angestellter Versicherungsvermittler wird an die Regelungen der Gewerbeordnung für die Mitarbeiter von Versicherungsagenten und Versicherungsmaklern angeglichen. Indexgebundenen Lebensversicherungen wird ein gesonderter Deckungsstock vorgeschrieben, der Versicherungsnehmer erhält beim Vertragsabschluss zusätzliche Informationsrechte eingeräumt. Kapitalanlagefonds mit Sitz in einem OECD-Mitgliedstaat dürfen künftig für die Bedeckung fondsgebundener Lebensversicherungen verwendet werden. Anteile an GmbH, bestimmte Spezial- und Dachfonds von Kapitalgesellschaften und Gemeindedarlehen sowie Kommanditeinlagen in Immobilien-Objektgesellschaften werden unter jeweils genau definierten Bedingungen in die Liste geeigneter Vermögenswerte aufgenommen.

Die Überwachung nach Wegfall der Versicherungskonzession wird verstärkt und eine Verpflichtung zur Vorlage eines Solvabilitätsplans für Versicherungsunternehmen eingeführt, die in absehbarer Zeit nicht mehr über die erforderlichen Eigenmittel verfügen werden. Schließlich wird die Möglichkeit geschaffen, Gefahren für die Versicherten durch eine Bestandsübertragung zu beseitigen.

Die Gesetzesänderung wurde unter Berücksichtigung eines von Abgeordnetem Reinhard Firlinger (F) eingebrachten Abänderungsantrages mit redaktionellen Korrekturen einstimmig angenommen.

BUNDESZUSCHUSS ZUM 80.JAHRESTAG DER KÄRNTNER VOLKSABSTIMMUNG

Am 10. Oktober 1920 stimmte die überwiegend slowenischsprachige Bevölkerung Unterkärntens mit 22.025 gegen 15.279 Stimmen für den Verbleib ihres Gebietes bei der Republik Österreich. Aus Anlass der 80. Wiederkehr des Jahrestages der Kärntner Volksabstimmung soll dem Bundesland Kärnten ein einmaliger Zweckzuschuss von 55 Mill. S gewährt werden. Davon sollen 45 Mill. S zur Verbesserung der Infrastruktur im Abstimmungsgebiet, 5 Mill. S für vertrauensbildende Maßnahmen zwischen der slowenischen Volksgruppe und der Mehrheitsbevölkerung sowie zur Förderung wissenschaftlicher Einrichtungen verwendet werden, die sich mit ethnischen Minderheiten befassen. Weiterte 5 Mill. S sind zur Förderung der kulturellen Aktivitäten der "Arbeitsgemeinschaft der deutschsprachigen Altösterreicher" in Slowenien vorgesehen.

Während Abgeordneter Rudolf Edlinger (S) die Regierungsvorlage grundsätzlich positiv sah, seine Zustimmung zur Förderung der "Arbeitsgemeinschaft der deutschsprachigen Altösterreicher" im Plenum aber davon abhängig machte, dass die Tätigkeit dieses Vereins bis dahin schlüssig dokumentiert werde, sah Abgeordnete Ulrike Lunacek (G) insofern eine Ungleichgewichtigkeit der Förderung, als die 1.800 Altösterreicher in Slowenien die gleiche Förderungssumme bekommen wie die weitaus größere slowenische Minderheit in Kärnten.

Die Abgeordneten Reinhart Gaugg (F) und Christoph Zernatto (V) sowie Finanzminister Grasser gingen auf die Tätigkeit des genannten Vereins ein, indem sie auf die Förderung von Brauchtum, Kultur und Vereinsleben im Bereich der Gottschee hinwiesen. Finanzminister Grasser sagte Abgeordnetem Edlinger weitere Informationen zu.

Die Regierungsvorlage wurde teils einstimmig, teils mit der Mehrheit der Koalitionsparteien verabschiedet.

BUND VERKAUFT GRUNDSTÜCKE IN KÄRNTEN

Der Verkauf von vier bundeseigenen Grundstücken in der Kärntner Gemeinde Waidmannsdorf an gemeinnützige Wohnbauvereinigungen bzw. an einen privaten Käufer wurde einstimmig genehmigt. Der Verkaufserlös wird mit 64,9 Mill. S angegeben.

Auf eine diesbezügliche Frage der Abgeordneten Hagenhofer (S) erklärte Finanzminister Grasser, dass ein Teil des Grundstückes zur Erhaltung von Grünland für Erholungszwecke unverbaut bleiben müsse, der Bund aber sichergestellt habe, dass im Falle eines Konsenses für eine Bebauung eine Nachzahlung an den Bund erfolgen werde.

INVESTITIONSSCHUTZABKOMMEN MIT INDIEN, MEXIKO UND KUBA

Einstimmig angenommene Abkommen mit Indien, Mexiko und Kuba dienen dem gegenseitigen Schutz und der Förderung von Investitionen. Geregelt werden unter anderem die Entschädigungspflicht bei Enteignungen, die Frage von Überweisungen und die Formen der Streitbeilegung. Beide Staatsverträge beruhen jeweils auf dem Prinzip der Meistbegünstigung und der Inländergleichbehandlung, mit Ausnahme der Vorteile, die sich aus Integrationsmaßnahmen ergeben.

DOPPELBESTEUERUNGSABKOMMEN

 

Auch eine Reihe von Doppelbesteuerungsabkommen erzielte einhellige Beschlüsse des Finanzausschusses. Das Abkommen mit Finnland folgt im Wesentlichen dem von der OECD ausgearbeiteten Musterabkommen. Bei den Steuern vom Vermögen wendet Österreich die Befreiungsmethode unter Progressionsvorbehalt, Finnland hingegen die Anrechnungsmethode an. Den international anerkannten Grundsätzen des Fiskalausschusses der OECD folgt im größtmöglichen Umfang auch das Doppelbesteuerungsabkommen mit Russland, das an die Stelle des bisher angewendeten Abkommens mit der ehemaligen Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken treten soll.

Das Doppelbesteuerungsabkommen mit Aserbaidschan soll jene Rechtssicherheit gewährleisten, die ein wesentliches Entscheidungskriterium für unternehmerisches Engagement darstellt, und damit dem Ausbau der wirtschaftlichen Beziehungen dienen.

Das Doppelbesteuerungsabkommen mit der Schweiz wird abgeändert, um zu verhindern, dass Dividenden, die aus Österreich in die EU-Staaten abfließen, in Österreich keiner Quellensteuer mehr unterzogen werden dürfen, weil mittlerweile mehrere EU-Staaten mit der Schweiz für Konzerndividenden den Nullsteuersatz vereinbart haben.

ÖSTERREICH BETEILIGT SICH AN SCHULDENREDUKTION FÜR DIE ÄRMSTEN ENTWICKLUNGSLÄNDER

Dann nahm der Ausschuss die am 25.5.2000 vertagte Verhandlung über den österreichischen  Beitrag zur HIPC-Initiative (Heavily Indebted Poor Countries Initiative - Initiative zur Schuldenreduktion für die ärmsten Entwicklungsländer) wieder auf. IWF und Weltbank wollen alle bilateralen, multilateralen und kommerziellen Schulden armer, hauptsächlich afrikanischer Länder südlich der Sahara, reduzieren. Gemeinsam mit den multilateralen Institutionen und den bilateralen Gläubigern sowie unter der Voraussetzung eines nachhaltig wohlstandsfördernden wirtschaftspolitischen Kurses sollen bestimmten Ländern bis zu 90 % ihrer Schulden erlassen werden. Österreichs will seinen 168,4 Mill. S umfassenden Anteil am SCA-2, einem Wertberichtigungskonto, großteils für diese Entschuldungsinitiative zur Verfügung zu stellen. - Das diesbezügliche Bundesgesetz wurde vom Finanzausschuss einstimmig angenommen.

ERHÖHUNG DER PENDLERPAUSCHALE KOMMT MIT DEM BUDGETBEGLEITGESETZ

Die SP-Abgeordneten beantragten eine Änderung des Einkommensteuergesetzes. Sie wiesen auf die gestiegenen Benzin- und Dieselpreise, die geplante Verteuerung der Autobahnvignette und die Anhebung der Kfz-Steuer hin und verlangten eine Erhöhung der Pendlerpauschale um rund ein Drittel. Die auf maximal eine halbe Milliarde Schilling geschätzten Mehrkosten sollen aus dem zusätzlichen Umsatzsteuer-Aufkommen aufgrund der hohen Energiepreise bedeckt werden.

Abgeordneter Hermann Böhacker (F) meinte, der SP-Antrag gehe ins Leere, weil das Budgetbegleitgesetz, das die Regierung nächste Woche beschließen werde, eine rückwirkende Erhöhung der Pendlerpauschale enthalten werde.

Abgeordnete Hagenhofer (S) verlangte nachdrücklich, den Arbeitnehmern einen Teil der infolge gestiegener Treibstoffpreise erhöhten Umsatzsteuereinnahmen zurückzugeben, da sie durch hohe Benzin- und Dieselpreise, die Erhöhung der motorbezogenen Versicherungssteuer und die teurere Autobahnvignette belastet werden, von ihnen gleichzeitig aber ein immer höheres Maß an Mobilität verlangt werde.

Abgeordnete Lunacek (G) zeigte Verständnis für das Anliegen der SPÖ, lehnte den Antrag jedoch ab, weil er zu kurz greife. Die Grünen fordern vehement Maßnahmen für den öffentlichen Verkehr.

Abgeordneter Günter Stummvoll (V) plädierte dafür, Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Budget wie üblich in einem Budgetbegleitgesetz zusammenzufassen. Dort sei die Erhöhung der Pendlerpauschale und die Erhöhung der Heizkostenzuschüsse der Länder vorgesehen. Im übrigen hielt es Stummvoll für unfair, seitens des Staates mehr Geld auszugeben, als er habe.

Abgeordneter Edlinger (S) sorgte sich um die Glaubwürdigkeit des Finanzministers, der in seiner Antwort auf die heutige dringliche Anfrage ausgeführt habe, die Bezieher von Einkommen unter 30.000 S würden von Maßnahmen der Regierung nicht betroffen.

Finanzminister Grasser bestätigte die Absicht der Bundesregierung, die Pendlerpauschale rückwirkend für das Jahr 2000 anzuheben, wobei die Auszahlung im Jahr 2001 erfolgen werde. Außerdem sei die Verdoppelung der Heizkostenzuschüsse der Länder geplant. Gegenüber seinem Amtsvorgänger Edlinger hielt der Minister fest, er habe im Plenum gesagt, von den einkommensteuerlichen Maßnahmen im Gesamtumfang von 27 Mrd. S seien Einkommen unter 30.000 S bzw. Pensionen unter 20.000 S nicht betroffen.

Der Antrag der SPÖ erhielt keine Zustimmung über den Kreis der Antragsteller hinaus und wurde abgelehnt. (Schluss)