Parlamentskorrespondenz Nr. 563 vom 13.10.2000

MOLTERER VERTEIDIGT WALDVERKAUF DER BUNDESFORSTE

Aktuelle Aussprache im Landwirtschaftsausschuss

Wien (PK) - Durch den geplanten Verkauf von Wäldern durch die Bundesforste sei weder die wirtschaftliche Ertragsfähigkeit noch die Funktion der Bundesforste als Leitbetrieb gefährdet. Das betonte Landwirtschaftsminister Wilhelm Molterer heute bei einer Aussprache über aktuelle Themen im Landwirtschaftsausschuss des Nationalrates. Da der gesamte Wald unter dem Schutz des Forstgesetzes steht, wird sich seiner Ansicht nach der Verkauf auch nicht negativ auf den Zustand der Wälder auswirken.

Wie groß letztendlich der Beitrag der Bundesforste zur Budgetsanierung sein wird, darauf wollte sich Molterer ebenso wenig festlegen wie auf den Umfang jener Waldflächen, die die Bundesforste verkaufen werden müssen. Das hängt ihm zufolge einerseits vom Wert der Seegrundstücke ab, deren Nutzung den Bundesforsten übertragen wird, und zum anderen vom Wert der Verkaufsgebiete. Die Bundesforste seien jedenfalls aufgefordert, eine Grundverkaufsstrategie zu erarbeiten.

Hinsichtlich der mehrfach erhobenen Forderung, die Wälder vorrangig an Bauern zu verkaufen, gab Molterer zu bedenken, je enger man definiere, was und wie verkauft werden dürfe, desto größer würde der Druck auf die Fläche. Er will aber entsprechende Vorschläge ebenso prüfen wie den Vorschlag der steirischen Landeshauptfrau Klasnic, den Ländern ein Vorverkaufsrecht einzuräumen.

Insgesamt sicherte der Minister zu, Einwände, die in der Begutachtung gegen den Gesetzentwurf gemacht wurden, noch zu berücksichtigen. Die Frage der Wassernutzung sieht er durch den geplanten Waldverkauf nicht berührt. Sowohl die SPÖ als auch die Grünen hatten zuvor massive Bedenken gegen die Pläne der Regierung geäußert und ein Expertenhearing im Landwirtschaftsausschuss verlangt.

Eingeleitet wurde die aktuelle Aussprache mit einer Wortmeldung von Abgeordnetem Wolfgang Pirklhuber (G). Er bedauerte, dass die Novelle zum Bundesforstegesetz in das Budgetbegleitgesetz verpackt werden soll und damit einer umfassenden Diskussion entzogen werde. Pirklhuber sieht den Waldverkauf als Beitrag zur Sanierung des Budgets, ohne dass man die damit verbundenen Probleme und Gefahren ausreichend berücksichtige. Er befürchtet beispielsweise, dass die Bundesforste durch den notwendigen Verkauf von 10 - 15 % ihrer Wirtschaftsfläche künftig nicht mehr in der Lage sein werden, die Schutzwälder so wie bisher zu bewirtschaften. Auch erwartet er sich negative Auswirkungen auf die Holzpreise, da die Bundesforste, die ihren Holzeinschlag in den letzten Jahren verringert hätten, diesen nunmehr wieder erhöhen müssten. Schließlich müssten die Bundesforste Pirklhuber zufolge auf Grund strengerer Auflagen im Bundesforstegesetz ihre Wälder naturnäher bewirtschaften.

Abgeordneter Heinz Gradwohl (S) fasste die Bedenken der SPÖ zusammen und hielt fest, der Staatswald werde in einer Art und Weise zum Verkauf angeboten, die befürchten lasse, dass er nicht in den Besitz von Bauern und Bäuerinnen kommen werde. Vielmehr würden aufgrund der Größe der zu verkaufenden Flächen und dem dadurch notwendigen finanziellen Aufwand wohl eher andere Interessenten zum Zug kommen. Wie sein Vorredner bezweifelt auch Gradwohl, dass die Bundesforste künftig in der Lage sein werden, so wie bisher die Schutzwälder über die gesetzlichen Auflagen hinaus zu pflegen, wenn sie inklusive Zinsendienst 4 Mrd. S aufbringen müssten. Seiner Ansicht nach wird durch den Waldverkauf zudem die Substanz der Bundesforste geschwächt, was auch zu einer Verringerung der Holzeinschläge und damit des Ertrags führen werde.

Der Kritik Gradwohls schlossen sich auch seine Fraktionskollegen Rainer Wimmer, Otmar Brix, Werner Kummerer, Ludmilla Parfuss und Sophie Bauer an. Abgeordneter Wimmer kündigte an, die SPÖ werde alle Hebel in Bewegung setzen, um großflächige Verkäufe zu verhindern. Er klagte darüber hinaus, dass die an und für sich durch eine Zweidrittelmehrheit im Nationalrat gesicherte Substanzerhaltung der Bundesforste von der Koalition nunmehr "salopp umgangen wird". Abgeordneter Brix sprach von einem "Verscherbeln" des österreichischen Waldes. Er sieht den freien Zugang zu den Wäldern in Gefahr. Abgeordneter Kummerer äußerte die Befürchtung, dass die jetzigen Verkäufe nur ein erster Schritt seien.

Abgeordneter Robert Wenitsch (F) hielt den Bedenken der Opposition entgegen, auch die Bauern würden den Wald ordentlich pflegen. Schließlich seien bereits derzeit viele Wald- und Quellgebiete nicht in Bundesbesitz.

Abgeordneter Hermann Schultes (V) erinnerte daran, dass es in der Vergangenheit oftmals Kritik an der Bewirtschaftung der Bundesforste gegeben habe, da ihre Wirtschaftsweise weniger naturnah und weniger Mischwald-orientiert gewesen sei als jene der privaten Waldbesitzer. Die Sicherung der Wasserressourcen wertete er als gemeinsames Anliegen aller.

ÖVP-Abgeordneter Jakob Auer machte geltend, dass der Waldzustand in Österreich EU-weit der beste sei, nur zwei andere Staaten würden annähernd an Österreich herankommen. Das zeigt für ihn, dass auch Private den Wald "ordentlich bewirtschaften". Ausschussobmann Georg Schwarzenberger (V) ergänzte, die kleinen Waldbesitzer hätten durchaus Interesse, dass die Bundesforste als Leitbetrieb erhalten blieben.

Landwirtschaftsminister Wilhelm Molterer bat um Verständnis dafür, heute noch nicht alle Fragen beantworten zu können, da noch kein fertiger Gesetzentwurf vorliege. Sein Ressort wolle die im Zuge der Begutachtung des Budgetbegleitgesetzes eingegangenen Stellungnahmen noch berücksichtigen, sagte er.

Allgemein hielt Molterer fest, dass der österreichische Wald derzeit zu 80 % von privaten Waldbesitzern bewirtschaftet werde und nur zu 15 % von den Österreichischen Bundesforsten, 5 % befänden sich in Gemeinde- oder Landesbesitz. Der gesamte Wald stehe unter dem Schutz des Forstgesetzes, unabhängig von der Eigentumsstruktur. Molterer zufolge ist der österreichische Wald insgesamt in einem guten Zustand, Probleme wie saure Böden würden unabhängig von der Art des Eigentums bestehen. Er äußerte die Sorge, dass durch die derzeitige Diskussion in der Öffentlichkeit der Eindruck entstehe, wonach nur öffentlicher Wald guter Wald sei. Dagegen wolle er sich massiv aussprechen. Auch der Schutzwald unterliege, so Molterer, gesetzlichen Regelungen, und zwar unabhängig davon, wem er gehöre.

Verwundert zeigte sich der Minister über das uneingeschränkte Lob für die Bundesforste und meinte, er verstehe nicht, warum plötzlich alles "heilig" sein solle, was die Bundesforste gemacht haben, während in der Vergangenheit immer wieder Kritik angebracht worden sei.

Welche Flächen genau verkauft werden, dazu könne er, unterstrich Molterer, heute nicht Stellung nehmen. Die Bundesforste seien aufgefordert, eine Grundverkaufsstrategie zu entwickeln. Er ging aber davon aus, dass Nationalparkflächen nicht vom Verkauf betroffen sein werden.

Für den Verkauf werden nach Auskunft Molterers die jeweiligen Grundverkehrsgesetze der Länder gelten. Er gab im Zusammenhang mit immer wieder aufgestellten Forderungen, wonach sich die Verkäufe auf Bauern beschränken sollen, aber zu bedenken, dass, je enger die Grenzen des Grundverkehrs seien, also je genauer festgelegt werde, was und wie verkauft werden dürfe, der Druck auf die Fläche umso größer würde.

Zum kolportierten Budgetbeitrag der Bundesforste in der Höhe von 3 Mrd. S und den genannten 50.000 ha Verkaufsumfang merkte der Minister an, er habe nie Zahlen genannt. Beide Zahlen würden davon abhängen, wie hoch der Wert der Seegrundstücke, die an die Bundesforste zur Bewirtschaftung übertragen werden, letztendlich sei, und welchen Wert die zum Verkauf stehenden Flächen hätten. Den von der steirischen Landeshauptfrau Klasnic vorgebrachten Vorschlag, den Ländern ein Vorverkaufsrecht einzuräumen, wertete Molterer als "interessanten Gedankengang".

Im Gegensatz zur Opposition befürchtet der Landwirtschaftsminister nicht, dass die geplanten Waldverkäufe die Substanz der Österreichischen Bundesforste beeinträchtigen werden. Er rechnete vor, dass im Jahr 1969 823.000 ha im Bundeseigentum gestanden seien, derzeit seien es 862.000 ha. Daran zeige sich, dass die Bundesforste in den letzten Jahren Flächen zugekauft hätten. Durch den geplanten Verkauf werde weder die wirtschaftliche Ertragsfähigkeit geschmälert noch die Frage der Beschäftigungsmöglichkeiten in den Bundesforsten berührt, bekräftigte Molterer. Auch an der Funktion des Leitbildes der ÖBF werde sich nichts ändern. Mit der angestrebten Lösung leiste man einen Beitrag zur Reduktion der Schulden und stelle gleichzeitig die Kernaufgaben der Bundesforste sicher, zeigte sich der Minister überzeugt. Begrüßt wurde von ihm die Strategie der Bundesforste, neben ihren Kernaufgaben in andere Bereiche wie den Tourismus "hineinzugehen".

Molterer glaubt im Übrigen nicht, dass mit der Einschlagsmenge bei Holz Preispolitik gemacht werden kann, wie dies Abgeordneter Pirklhuber vorgebracht hatte. Über die Frage, ob die Bundesforste oder private Wälder naturnäher seien, ließe sich ihm zufolge "trefflich streiten".

Die Frage der Wasserressourcen ist laut Molterer durch den geplanten Waldverkauf nicht berührt. Er wies in diesem Zusammenhang auf das geltende Wasserrechtsgesetz hin und machte darauf aufmerksam, dass beispielsweise die dritte Wiener Wasserleitung von Grund komme, der Privaten gehöre. Er wolle jedenfalls, so der Minister, sicherstellen, dass die Verfügungsrechte über das Wasser in Österreich verbleiben.

Zum Streit zwischen dem Bund und dem Land Salzburg über bestimmte Gebiete der Bundesforste sagte Molterer, der Bund vertrete hier eine andere Rechtsmeinung als das Land, das behaupte, es sei 1920 lediglich zu einer provisorischen Übertragung der Flächen gekommen. Seiner Meinung nach besteht kein Anspruch des Landes Salzburg.

Weitere Themen der aktuellen Aussprache waren die Biomasseförderung, die Zusammenlegung land- und forstwirtschaftlicher Bundesanstalten sowie die Zuckermarktordnung. Minister Molterer teilte auf eine Frage von Abgeordneter Anna Maria Achatz (F) mit, dass es zwei Fördertöpfe für Biomasseförderung gebe. Einerseits kämen der Topf für ländliche Entwicklung und andererseits der Topf für betriebliche Umweltförderung infrage. Dadurch sei es möglich, flexibel zu reagieren.

Zur Zuckermarktordnung, ein Thema, das die Abgeordneten Robert Wenitsch (F) und Hermann Schultes (V) angesprochen hatten, merkte Molterer an, es gebe derzeit zwei Vorschläge der Europäischen Kommission. Der eine sehe vor, die Zuckermarktordnung im Wesentlichen die nächsten zwei Jahre unverändert zu lassen, was Österreich zwar grundsätzlich begrüße, allerdings für eine längere Dauer eintrete.

Zum zweiten gibt es nach Auskunft Molterers den Vorschlag, für die am wenigsten entwickelten Länder der Welt einen Zugang zum europäischen Markt zu schaffen. Diese Länder würden zum Teil auch Zucker produzieren. Österreich habe die Sorge, dass über Drittverträge dieser Länder auch andere Länder von dieser Zutrittserleichterung profitieren könnten, und sei daher in dieser Frage "sehr, sehr vorsichtig". Molterer strebt eine Lösung an, die keine Nachteile für die österreichische Zuckerproduktion bringt. Schultes hatte zuvor vor einer dramatischen Bedrohung der österreichischen Zuckerwirtschaft gewarnt.

Hinsichtlich der land- und forstwirtschaftlichen Bundesanstalten kündigte Molterer eine umfassende Reorganisation an. Es gebe prinzipiell keinen Bereich, der nicht betroffen sein werde.

Weiterer Tagesordnungspunkt im Landwirtschaftsausschuss war die Ausgliederung der Spanischen Hofreitschule. (Siehe PK-Meldung Nr. 564) (Schluss)