Parlamentskorrespondenz Nr. 564 vom 13.10.2000

AUSGLIEDERUNG VON HOFREITSCHULE UND PIBER PASSIERT AUSSCHUSS

Opposition signalisiert mögliche Zustimmung

Wien (PK) - Im Anschluss an die aktuelle Aussprache wandten sich die Mitglieder des Landwirtschaftsausschusses der geplanten Ausgliederung der Spanischen Hofreitschule und des Bundesgestüts Piber zu. Dazu hatte es bereits im Vorfeld eine breite und kontroversielle öffentliche Diskussion gegeben, die sich auch in den Ausschussverhandlungen fortsetzte.

Hauptinhalt des Entwurfes für ein "Spanische Hofreitschule-Gesetz" ist die Umwandlung des Bundesgestüts und der Hofreitschule - bislang nachgeordnete Dienststellen des Landwirtschaftsministeriums - in eine Gesellschaft namens "Spanische Hofreitschule - Bundesgestüt Piber". Alleingesellschafter ist der Bund, seine Rechte werden vom Landwirtschaftsminister wahrgenommen. Organe der Gesellschaft sind eine aus zwei Mitgliedern bestehende Geschäftsführung und ein sechsgliedriger Aufsichtsrat. Dazu kommt für jede der beiden Einrichtungen ein ehrenamtliches Komitee zur Unterstützung. Die Hofreitschule wird auch in Zukunft Repräsentationsaufgaben für den Bund wahrzunehmen haben. Es soll auch ein internationales Register reinrassiger Lipizzaner angelegt und eine Chronik zur Geschichte der berühmten Pferde verfasst werden. Gesetzlich geregelt werden ferner alle Details der Vermögensübertragung und die Fragen der Rechtsnachfolge. Die Bediensteten werden von der neuen Gesellschaft unter Wahrung ihrer Rechte und Pflichten übernommen. (282 d.B.)

Seitens der Regierungsfraktionen brachte Abgeordnete Anna Elisabeth Achatz (F) einen Abänderungsantrag ein, der einige wichtige Klarstellungen enthält, um den geäußerten Befürchtungen hinsichtlich des Fortbestands der beiden Institutionen Rechnung zu tragen. So ist darin rechtlich einwandfrei sichergestellt, dass es sich um eine Gesellschaft öffentlichen Rechts handelt, die zu 100 % im Eigentum des Bundes bleibt, der für die dauerhafte Erhaltung der Hofreitschule und des Gestüts zuständig ist. Die Gesellschaft wird, wie auch Bundesminister Molterer ausdrücklich betonte, nicht schutzlos entlassen, da der neuen Gesellschaft bis zum Jahr 2004 eine finanzielle Ausstattung in der Höhe von 182 Mio. S zugesichert wird. Dazu komme eine Investitionsvorsorge von 30 Mio. S für das Gestüt Piber und 80 Mio. S für die Spanische Hofreitschule. Einen Puffer sollen die Immobilien im Wert von ca. 135 Mio. S darstellen. Für die Organe wird eine klare Struktur mit Geschäftsführung, Aufsichtsrat und Fachbeirat festgeschrieben. Auf eine Frage des S-Abgeordneten Werner Kummerer, der besorgt die Zeit nach 2004 angesprochen hatte, versicherte der Minister, dass sich der Bund selbstverständlich seiner Pflicht bewusst sei und man hier auch einen längeren budgetären Zeitraum ins Auge gefasst habe. 

Die Opposition (S-Abgeordnete Sophie Bauer und Ludmilla Parfuss  sowie G-Abgeordneter Wolfgang Pirklhuber) hob die Bedeutung des Gestüts und der Hofreitschule als Aushängeschild Österreichs und Identifikationsmerkmal hervor und vertrat die Auffassung, das hier eine sensible Vorgangsweise notwendig wäre. So aber gäbe es eine breite Verunsicherung in der Belegschaft und die Sorge namhafter Experten, dass nur mehr wirtschaftliche Aspekte im Vordergrund stünden, die auf Kosten der Qualität gingen. Abgeordnete Parfuss wandte sich dagegen, Tierschutz und Tradition wegen eines Nulldefizits aufs Spiel zu setzen.

Man bezweifelte die Notwendigkeit der Ausgliederung, um den bestehenden Missständen, die von niemandem im Ausschuss geleugnet wurden, entgegenzuwirken. Solche wurden insbesondere von Abgeordneter Bauer (S) im Hinblick auf die zu geringe Anwesenheit des derzeitigen Direktors und die Nicht-Nachbesetzung von Posten thematisiert. Grün-Mandatar Pirklhuber sprach auch den zu geringen Tierbestand an und vermisste auf Grund ineffizienter Führung eine Strategie für die Weiterführung des Gestüts.  Abgeordneter Heinz Gradwohl (S) meinte, dass man dies schon längst hätte abstellen können.

Bundesminister Molterer antwortete, dass es eben das enge Dienstrecht des Bundes gewesen sei, das verhindert hätte, hier einzugreifen. Der Bund habe einen Aufnahmestopp verfügt, der für die Gesellschaft öffentlichen Rechts nicht gelte. Mit der neuen wirtschaftlichen Form könne den berechtigt geäußerten Kritikpunkten entgegengewirkt werden. Er zeigte sich auch überzeugt, dass, sobald klare Rechtsnormen vorhanden seien, es auch unter der Belegschaft breite Zustimmung geben werde. Notwendig sei auf alle Fälle ein Entwicklungs- und Ausbildungskonzept.

Im Hinblick auf die Bedeutung des Gestüts Piber und der Spanischen Hofreitschule betonte der Minister ausdrücklich die Verantwortung des Bundes, die sich darin ausdrückt, dass man nicht vollständig privatisiere wie dies Abgeordneter Johannes Schweisgut (V) für möglich gehalten hatte. Das Gesetz, so der Ressortchef, verfolge zwei Ziele, nämlich die Erhaltung der Reittradition und die Qualität der Zucht und dafür müsse man dem Unternehmen, das in Hinkunft eine Einheit darstellt, die nötige wirtschaftliche Flexibilität geben. Mit Hilfe von Tochtergesellschaften könnten darüber hinaus auch Angebote für den Tourismus geschaffen werden, so der Minister. Jedenfalls liege zum ersten Mal eine umfassende gesetzliche Grundlage vor, wo Aufgaben definiert würden. Er sei davon überzeugt, dass man damit den richtigen Schritt setze, denn auch die Verselbständigung von Schönbrunn sowie vom Tiergarten habe zu einer eindeutigen Qualitätsverbesserung geführt.  

Trotz ihrer Kritik signalisierten die Abgeordneten beider Oppositionsparteien eine eventuelle Zustimmung im Plenum des Nationalrates. Sie hätten jedoch nicht ausreichend Zeit gehabt, den Abänderungsantrag genau zu prüfen, deshalb würden sie die Vorlage im Ausschuss zunächst ablehnen. 

Abgeordneter Jakob Auer (V) beantragte eine Ausschussfeststellung, die sich auf eine genaue Vorgabe der Erstellung der Eröffnungsbilanz bezieht. Sie wurde mit den Stimmen der Regierungsfraktionen beschlossen.

Der Gesetzentwurf, mit dem die Spanische Hofreitschule und das Bundesgestüt Piber rechtlich verselbständigt werden, wurde unter Berücksichtigung der beantragten Änderungen mit F-V-Mehrheit im Ausschuss angenommen. (Schluss)