Parlamentskorrespondenz Nr. 567 vom 13.10.2000

WIRTSCHAFTSAUSSCHUSS: AUFHEBUNG DES STICKEREIFÖRDERUNGSGESETZES

SP verlangt Konzepte für Elektrizitätsunternehmen

Wien (PK) - Im weiteren Verlauf seiner Sitzung hob der Wirtschaftsausschuss auf Antrag der Koalitionsparteien das nicht mehr zeitgemäße Stickereiförderungsgesetz einstimmig auf. Dieses Gesetz werde, so der Vorarlberger VP-Abgeordnete Karlheinz Kopf, im vollen Konsens mit den Vertretern der Stickereien außer Kraft gesetzt.

Ein Antrag der Grünen auf Anhebung der Ausgleichstaxe für Betriebe, die ihrer Verpflichtung nicht nachkommen, Behinderte einzustellen, wurde vertagt, nachdem Ausschussobmann Puttinger formale Mängel im Text des Antrages festgestellt hatte. Über die tatsächliche Höhe der Arbeitslosigkeit unter behinderten Menschen herrschten gravierende Differenzen zwischen Antragstellerin Theresia Haidlmayr und Arbeitsminister Martin Bartenstein. Über die Verwendung der "Behinderten-Milliarde" werden Gespräche mit Vertretern der Behinderten geführt werden, kündigte der Minister an.

Vertagt wurde auch ein F-V-Antrag auf Beseitigung der zwingenden 51%-Beteiligung der öffentlichen Hand an Elektrizitätsversorgungs-Unternehmen. Abgeordneter Georg Oberhaidinger (S) signalisierte Bereitschaft, über dieses Anliegen zu verhandeln, wenn konkrete Konzepte für die E-Wirtschaft vorliegen.

Ein Antrag der Grünen auf Einführung einer Preisauszeichnungspflicht für Dienstleistungen wurde von Abgeordneter Evelin Lichtenberger mit dem Tarif-Chaos auf dem Handy-Markt begründet, von Abgeordnetem Helmut Haigermoser (F) aber als obsolet kritisiert, da Minister Bartenstein Problemlösungen im Verordnungsweg ankündigte. Die Initiative fand die Unterstützung der Sozialdemokraten, blieb aber in der Minderheit.

KURZDEBATTE ZUR BEHINDERTENBESCHÄFTIGUNG

Die Grünen beantragten, die Ausgleichstaxe nach dem Behinderteneinstellungsgesetz anzuheben, um es Unternehmen schwerer zu machen, sich ihrer Verpflichtung zu entziehen, auch Behinderten Arbeitsplätze zu geben. Die Antragsteller argumentierten zudem mit beschäftigungspolitischen Effekten.

Nachdem Ausschussobmann Puttinger sachliche Widersprüche im Text des Antrages festgestellt hatte, beantragte Abgeordneter Oberhaidinger (S) eine schließlich mit S-F-V- Mehrheit beschlossene Vertagung der Debatte. Die Ausschussmitglieder kamen aber überein, eine kurze Grundsatzdebatte über die Behindertenbeschäftigung abzuhalten.

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (G) machte darauf aufmerksam, dass die Arbeitslosenrate bei den Behinderten zuletzt stark angestiegen sei und im August 43 % erreicht habe. Sie wies auf besondere Probleme behinderter Schulabgänger auf dem Arbeitsmarkt hin und begründete die Anhebung der Ausgleichstaxe mit der Notwendigkeit, ein Ansteigen der Arbeitslosigkeit unter den Behinderten auf bis zu 80 % zu verhindern.

Bundesminister Bartenstein wies die von Abgeordneter Haidlmayr genannten Zahlenverhältnisse als falsch zurück, weil sie nicht zwischen Personen mit Vermittlungshemmnissen im Sinne des AMS und begünstigten Behinderten unterscheide. Die Zahl arbeitsloser Behinderter betrage nicht 40.000 sondern 3.500. Die behauptete Negativentwicklung sei nicht eingetreten. Der Antrag der Grünen verlange eine Verzehnfachung der Ausgleichstaxe, führte der Minister aus und kündigte an, die Interessen bei der Behinderteneinstellung sorgfältig abzuwägen. Die Einstellung von Behinderten scheitere oft an den Kündigungsschutzbestimmungen. Die Behindertenmilliarde will der Minister für Maßnahmen einsetzen, die die Beschäftigungschancen von Behinderten verbessern, insbesondere von jungen Behinderten. Die konkreten Überlegungen über die Verwendung der Behindertenmilliarde - ein Gespräch mit Vertretern der Behindertenorganisationen gemeinsam mit Sozialministerin Sickl ist geplant - seien aber noch nicht so weit gediehen, dass er darüber Auskunft geben könne.

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (F) bezeichnete die Ausgleichstaxe als zu gering, hielt es aber auch für angebracht, neue Wege beim Kündigungsschutz zu gehen. Die Arbeitslosigkeit der Behinderten sei seiner Information nach absolut stabil.

G-ANTRAG AUF PREISAUSZEICHNUNGSPFLICHT FÜR DIENSTLEISTUNGEN ABGELEHNT

Dann erläuterte G-Abgeordnete Evelin Lichtenberger den Entschließungsantrag ihrer Fraktion, im Zuge der Novellierung des Gesetzes über die Preisauszeichnung auch bei Bankdienstleistungen sowie für Apotheker, Fluglinien und Telekom-Anbieter eine Preisauszeichnungspflicht vorzusehen.

Während Lichtenberger argumentierte, dass das Tarif-Chaos auf dem Handymarkt dem Konsumenten eine Information über die Angebote nicht ermögliche, was der Idee einer freien Wirtschaft widerspreche, setzte Bundesminister Bartenstein, mit Unterstützung des Abgeordneten Helmut Haigermoser (F), auf Regelungen im Verordnungsweg statt auf eine Gesetzesänderung. Der Antrag blieb in der Minderheit der Oppositionsparteien und wurde abgelehnt.

STICKEREIFÖRDERUNGSGESETZ EINSTIMMIG ZUR AUFHEBUNG EMPFOHLEN

Die ÖVP will das ihrer Meinung nach unzeitgemäß gewordene Stickereiförderungsgesetz, das de facto nur für Vorarlberg gilt, aufheben. Ein entsprechender Initiativantrag sieht vor, die noch vorhandenen Fondsmittel mit Übergangsregeln im Sinne des ursprünglichen Gesetzes für die Förderung der Stickereiwirtschaft zu verwenden. - Nach erläuternden Ausführungen von Berichterstatter Karlheinz Kopf (V), der darauf aufmerksam machte, dass die Vertreter der Stickereiwirtschaft die Abschaffung dieses Gesetzes einhellig befürworten, wurde der Antrag mit Zustimmung aller Ausschussmitglieder verabschiedet.

SPÖ: ZUSTIMMUNG ZUR AUFHEBUNG DER ÖFFENTLICHEN MEHRHEIT AN ENERGIE-VERSORUNGSUNTERNEHMEN NUR AUFGRUND KONKRETER KONZEPTE 

Als letzten Punkt der Tagesordnung nahmen die Ausschussmitglieder einen Antrag der Regierungsparteien zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Elektrizitätswirtschaft in Verhandlung. FPÖ und ÖVP wollen jenes Bundesgesetz aufheben, das verfassungsgesetzlich einen Mindestanteil des Bundes an der Verbundgesellschaft festschreibt.

Berichterstatter Abgeordneter Kopf begründete den Vorstoß der Koalitionsparteien mit den sich rasch verändernden Verhältnissen auf dem Strommarkt, die es notwendig machen, Kooperationen einzugehen und neue Eigentumskonstellationen herbeizuführen. Um die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Unternehmen zu erhöhen, sei die Zeit gekommen, die Klausel für eine zwingende 51-%-Beteiligung der öffentlichen Hand an EVU zu beseitigen.

Abgeordneter Oberhaidinger (S) zeigte sich grundsätzlich bereit zu einer solchen Entscheidung, nicht bereit sei die SPÖ aber, dem Minister einen "Blankoscheck" zu geben. Oberhaidinger verlangte konkrete Konzepte als Voraussetzung für diesbezügliche Verhandlungen.

Abgeordneter Maximilian Hofmann (F) hielt es für sinnvoll, in Vorgesprächen jene Fragen zu klären, die der SPÖ wichtig sind und beantragte daher eine Vertagung des Antrages.

Abgeordneter Reinhard Firlinger (F) beschwor das traditionell gute Klima bei der Behandlung energiepolitischer Fragen und drängte auf einen Durchbruch zur Liberalisierung des Strommarktes. Er befürwortete initiative Gespräche mit der SPÖ, warnte aber davor, das Problem auf die lange Bank zu schieben.

Auch Abgeordnete Lichtenberger sprach die Hoffnung auf konstruktive Gespräche aus, die sie auch im Lichte der Ereignisse in Temelin führen möchte. (Schluss)