Parlamentskorrespondenz Nr. 631 vom 09.11.2000

AUSSCHUSS DURCHLEUCHTET DIE EINZELNEN BUDGETKAPITEL 2001

Schüssel legt Bekenntnis zum öffentlich-rechtlichen ORF ab

Wien (PK) - Im Budgetausschuss wurde heute die Spezialdebatte über das Bundesfinanzgesetz für das Jahr 2001 eröffnet. Als erste Beratungsgruppe standen die Kapitel Bundeskanzleramt und Kunst zur Debatte. Wie aus dem Spezialbericht hervorgeht, sind für das BKA Ausgaben von rund 3,942.900 Mill. S - das ist um 237.300 Mill. S mehr als im laufenden Jahr - vorgesehen. An Einnahmen werden 302.100 Mill. S erwartet, was eine Verminderung gegenüber 2000 um 19.100 Mill. S bedeutet.

Für die Kunst stehen Gesamtausgaben von 3,005.000 Mill. S zur Verfügung, also um 20.000 Mill. S mehr als für das Jahr 2000. Bei den Einnahmen wird mit einer Erhöhung auf 39.000 Mill. S gerechnet.

Eine Vielzahl von Anfragen wurde im Budgetausschuss vorerst an Regierungschef Schüssel gestellt. So erkundigte sich Abgeordneter Pendl (S) nach den Mehrkosten für die Kabinettschefin des Kanzlers bzw. nach dem zusätzlichen Aufwand für die Mitarbeiter des Kabinetts. Das Zwangsarbeiterentschädigungsgesetz und dessen Vollzug hinterfragte F-Abgeordneter Krüger. Mit der Datenschutzkommission, der Novellierung des Datenschutzgesetzes und mit EU-Vertragsverletzungsverfahren befasste sich Abgeordneter Maier (S) und F-Abgeordneter Bösch kam auf die Strukturreform des Staates zu sprechen. Volksgruppenfragen standen im Mittelpunkt der Beiträge der Abgeordneten Baumgartner-Gabitzer (V), Stoisits (G) und Posch (S), der auch etwas über die Pläne mit dem Bundespressedienst erfahren wollte. Die Reduzierung der Landtage war ein Anliegen des F-Abgeordneten Reindl. Für die Vorbereitungsarbeiten für die Volkszählung interessierte sich S-Abgeordneter Gaßner.

Medienpolitische Fragen brachten die Abgeordneten Cap (S), Kukacka (V), Krüger und Paphazy (beide F). Während Cap die Streichung der Refundierung von 600 Mill. S für die Gebührenbefreiung als Bestrafungsaktion für den ORF ansah, sprach Kukacka von einer breiten Zustimmung zum großen ORF-Reformpaket. Da kein Unterschied mehr zwischen einem privaten Sender und dem ORF bestehe, müsse es sich der ORF gefallen lassen, dass nach anderen Möglichkeiten gesucht werde, meinte Krüger. Daran anschließend interessierte sich Paphazy für die Schaffung und die Kompetenzen der neu zu gründenden unabhängigen Medienbehörde.

Bundeskanzler Schüssel stellte einleitend fest, dass die Budgetsanierung "Toppriorität" habe, vor allem in einer Zeit, in der es erstklassige Konjunkturdaten und eine Rekordbeschäftigung gibt. Das reale Wachstum liege heuer über 3 % und werde nächstes Jahr fast 3 % betragen. Im heurigen Jahr habe die Beschäftigung um 1 % zugenommen und im nächsten Jahr wird ein Zuwachs um 0,8 % erwartet.

Über die Strukturreform wurde mit den Ländern hart verhandelt, meinte der Regierungschef und sprach in diesem Zusammenhang von einem beachtlichen Finanzausgleich. Der Beitrag der Länder zum laufenden Budget betrage 29,5 Mrd. S, 0,5 Mrd. S werden für die Zwangsarbeiterentschädigung aufgebracht. Außerdem wurde mit den Ländern vereinbart, eine Strukturreform in der Verwaltung durchzuführen. Der Finanzausgleich werde demnächst im Ministerrat eingebracht und dann dem Parlament vorgelegt werden. Insgesamt erhalten die Länder um etwa 10 Mrd. S mehr, allerdings sinkt der prozentuelle Anteil an den Gesamteinnahmen des Bundes, strich Schüssel heraus.

Von einer unveränderten Situation im Kabinett des BKA sprach der Kanzler und wies darauf hin, dass auch Klima 10 Referenten hatte. Die derzeitigen Spitzenbezüge seien deutlich niedriger als früher.

Für Informationen zur Pensionsreform und zum Budget wurden bisher 6,8 Mill. S ausgegeben.

Im Zusammenhang mit der Thema Zwangsarbeiterentschädigung machte der Bundeskanzler darauf aufmerksam, dass ein Rechtssicherheitsabkommen mit den amerikanischen Anwälten und der amerikanischen Administration erzielt wurde. Bis auf einen Anwalt haben alle ihre Klagen zurückgezogen. Die amerikanische Regierung hat dem amerikanischen Gericht signalisiert, dass kein Interesse an der Weiterführung von Prozessen bestehe.

Für die Zwangsarbeiterentschädigung sind heuer im Budget 100 Mill. S enthalten; 5,9 Mrd. S seien noch offen. Schüssel ersuchte die Ausschussmitglieder, Anträge, die eine Ausfallhaftung der Republik fixieren, im Rahmen der Schlussabstimmung zu billigen.

Den Volksgruppenradios wurde eine Starthilfe im Ausmaß von 40 Mill. S gegeben. Dr. Schüssel sprach davon, dass der ORF den Volksgruppenradios Programmteile zur Verfügung stellen oder eine Senkung der laufenden Kosten herbeiführen könnte.

An eine Aufstockung des Personals im Datenschutzrat sei nicht gedacht. Auch eine Novelle zum Datenschutzgesetz stehe nicht an.

Sieben EU-Vertragsverletzungsverfahren - davon betreffen drei Bundesländer - gibt es derzeit.

Der Regierungschef bekannte sich zur öffentlichen Parteienförderung und zur Transparenz und sah keinen Grund, das Parteiengesetz zu ändern.

Die Abschaffung der Landtage würde ein weniger an Demokratie bedeuten und keine Verbesserung bringen, betonte Schüssel. Als überlegenswert sah er an, manche Bereiche, etwa die Raumplanung oder das Gesundheitsmanagement, länderübergreifend zu machen.

Für die Volkszählung - Stichtag ist der 15. Mai 2001 - sind 516 Mill. S vorgesehen. Die Anzahl der Fragen wurde von 70 auf 30 reduziert, wodurch sich auch der Druckkostenaufwand verringert.

Der Bundespressedienst werde reformiert, weil die Informationsarbeit im BKA konzentriert werden soll. Die Entscheidung sei noch offen, ob es eine Gesamtausgliederung geben werde oder nicht.

Ich möchte, sagte Schüssel, dass der ORF ein öffentlich-rechtliches Radio und Fernsehen produziert. Dazu gehörten ein hoher österreichischer Wertschöpfungsanteil und die notwendige Sensibilität in der Umsetzung des öffentlich-rechtlichen Auftrages. Die Redakteure müssten ohne Druck von außen arbeiten können. Als gut erachtete der Kanzler, dass sich die beabsichtigte ORF-Reform etwas verzögert.

Es gehe laut Schüssel nicht an, dass der ORF sich eine weitere Einnahmequelle aus dem Staatsbudget durch die Refundierung der 600 Mill. S für die Gebührenbefreiungen schafft, hat doch der ORF ein weit höheres Aufkommen aus Werbeeinschaltungen als je zuvor.

Staatssekretär Morak sah die Verschiebung der ORF-Reform auch im Zusammenhang mit dem Privat-TV-Gesetz, das spätestens Mitte nächsten Jahres ausgearbeitet sein werde. Zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk werde es eine Enquete geben, gab er bekannt.

(Fortsetzung)