Parlamentskorrespondenz Nr. 686 vom 21.11.2000

ABKOMMEN ZUR EU-RASSISMUS-STELLE ABERMALS VERTAGT

Statut Internationaler Gerichtshof; Initiative zu Fairem Handel

Wien (PK) – In der heutigen Sitzung des Außenpolitischen Ausschusses wurde das am 4. Oktober mit den Stimmen der Regierungsfraktionen vertagte Amtssitzabkommen für die Europäischen Stelle zur Beobachtung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit, die am 7. April 2000 in Wien eröffnet worden war, abermals mit F-V-Mehrheit vertagt .(272 d.B.)

Grund dafür war, dass die Leiterin dieser Institution, Beate Winkler, der Einladung zu einem Gedankenaustausch mit den Mitgliedern des Ausschusses aufgrund der Terminverschiebung des Ausschusses vom 14. auf 21. November nicht Folge leisten konnte. In einem Schreiben an den Nationalratspräsidenten hat Winkler jedoch ihre grundsätzliche Bereitschaft zum Ausdruck gebracht, die Arbeit der Rassismus-Stelle den Abgeordneten vorzustellen.

Die F-V-Mitglieder hatten Anfang Oktober die Vertagung des Abkommens damit argumentiert, dass man zwar keinerlei Einwände dagegen habe, man sei aber irritiert über Aussagen, welche Winkler im Zusammenhang mit den Sanktionen der EU-14 gegen Österreich getroffen haben soll. Daher sei es sinnvoll, mit ihr vor der Spezialdebatte über das Abkommen in einen Dialog einzutreten. Die Oppositionsabgeordneten hatten sich gegen diese Vorgangsweise ausgesprochen. Ihre Befürchtung ging dahin, es könnte der Eindruck entstehen, dass hier von österreichischer Seite ein Junktim gesetzt und man die Finanzierung des EUMC in Frage stellen würde.

Diese Diskussion setzte sich heute fort, nachdem Abgeordneter Karl Schweitzer (F) den Antrag auf weitere Vertagung gestellt hatte. Die Opposition kritisierte daraufhin scharf die von den Regierungsfraktionen beabsichtigte Vorgangsweise, da sie diese als eine unzulässige Verknüpfung der Ratifikation des Abkommens mit einem sachlichen Informationsgespräch über die Arbeit dieser Institution betrachteten. Überdies würde dem Ansehen Österreichs ein internationaler Imageschaden entstehen.

Die Grün-Abgeordnete Ulrike Lunacek sprach von einem „völlig absurden und schändlichen Trauerspiel“ und meinte, dass eine abermalige Vertagung die Situation weiter verschärfe. Terezija Stoisits (G) vermutete dahinter einen „absurden Unterwerfungsmechanismus“, dem sich Abgeordneter Josef Cap (S) insofern anschloss, als er meinte, dass eine Optik der Rachsüchtigkeit in der Außenpolitik fehl am Platz sei. Politik könne sich nicht von solchen Gefühlen leiten lassen, da sonst Fehler passieren. Cap versuchte damit klar zu stellen, dass auch seiner Ansicht nach der Entschluss, bei der Eröffnung der EU-Rassismus-Stelle keinen offiziellen Vertreter der Regierung einzuladen, falsch gewesen, eine Vermengung mit der Zustimmung zum Abkommen jedoch unzulässig sei und keinen politischen Gewinn für Österreich bringe. Abgeordnete Lunacek (G) versuchte die Situation mit einem Beispiel zu verdeutlichen, indem sie die Frage stellte, ob man eventuell auch die Verlängerung des Amtssitzabkommens mit der OPEC von einer Senkung der Rohölpreise abhängig machen werde.

Auch die S-Abgeordneten Caspar Einem, Walter Posch, Kurt Heindl und Inge Jäger schlossen sich dieser Argumentation an, indem sie darauf hinwiesen, dass es bei allen Emotionen Aufgabe sei, Österreich keinen Schaden zuzufügen bzw. einen bereits bestehenden Schaden nicht zu vergrößern. Vorsitzender Peter Schieder (S) sprach davon, dass eine weitere Verzögerung des Abkommens durch eine derartige unzulässige Verknüpfung dem EU-Geist widerspreche.

Für die freiheitliche Fraktion beteuerten die Abgeordneten Helmut Haigermoser und Karl Schweitzer, dass man auf keinen Fall ein Junktim beabsichtige. Es sei auch ihrer Auffassung nach positiv, dass sich diese Stelle in Österreich befindet und man wolle diese daher auch unterstützen. Es gehe einzig und allein darum, mit Winkler ein Gespräch darüber zu führen, auf welche Informationen ihre Handlungsweise bei der Eröffnung der Beobachtungsstelle zurückzuführen sei, auf welchen Informationen ihre bisher getätigten Aussagen beruhen und wie sie den Beginn ihrer Arbeit erlebt habe. Außerdem wolle man über die Arbeit dieser Institution allgemein einen Gedankenaustausch führen.

Die V-Abgeordneten Martin Spindelegger und Edeltraud Gatterer argumentierten die Unterstützung des Antrages auf Vertagung damit, dass sich Winkler ja grundsätzlich bereit erklärt hatte, der Einladung Folge zu leisten und nur eine Terminverschiebung ausschlaggebend für das heutige Nichterscheinen war. Wie die F-Mitglieder des Ausschusses, unterstrich Abgeordnete Gatterer (V), dass es sich auch für den nächsten Termin um eine Einladung von Winkler als Gast und nicht um eine Vorladung handle.

Bundesministerin Benita Ferrero-Waldner nahm daraufhin zu dem in Diskussion stehenden Abkommen kurz Stellung und berichtete, dass sie dieses am 4. Juli dem Ministerrat vorgelegt und die Bundesregierung den Wunsch nach einer ehestmöglichen Ratifikation geäußert habe. Jede darüber hinaus gehende Interpretation ihrer Haltung bezeichnete die Ressortchefin als unzulässig. Die Behörde könne derzeit jedoch auch aufgrund des EU-Protokolls funktionieren. Um eine Beschlussfassung des Abkommens noch vor Weihnachten zu ermöglichen, zeigte sie sich bereit, ihren dichten Terminkalender zu durchforsten und bot den Mitgliedern des Ausschusses zwei mögliche Termine noch im Dezember an.

Vorsitzender Schieder (S) bekräftigte, dass er zu jedem Termin bereit sei, einen Ausschuss anzusetzen. Er werde das Angebot der Ministerin an die Präsidiale weiterleiten, die dann über die Festsetzung eines Ausschusses befinden solle.

Er, Schieder, werde auch dem Präsidenten mitteilen, dass nach Befragung der Ausschussmitglieder die Abgeordneten der Regierungsfraktionen dafür eingetreten seien, Frau Winkler abermals zur Behandlung des Amtssitzabkommens einzuladen. Ebenso werde er dem Präsidenten berichten, dass sich sowohl SozialdemokratInnen als auch Grüne aus den genannten Gründen dagegen ausgesprochen haben.

Der Antrag auf Vertagung des Tagesordnungspunktes auf die nächste Sitzung des Ausschusses wurde schließlich mit den Stimmen von ÖVP und FPÖ angenommen.

STATUT DES INTERNATIONALEN STRAFGERICHTSHOFES PASSIERT AUSSCHUSS

Auch der zweite Punkt der Tagesordnung betraf ein wichtiges internationales Thema, nämlich das Statut des Internationalen Strafgerichtshofes. Dieses Tribunal soll Jurisdiktion über die schwersten internationalen Verbrechen ausüben, und zwar über Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen (196 d.B.) Die Vorlage wurde einstimmig angenommen.

Die Mitglieder des Ausschusses vertraten einhellig die Auffassung, dass es sich um einen wesentlichen Fortschritt im Interesse des Friedens handle, und man nicht mehr auf „Ad hoc-Tribunale“ angewiesen sei. Abgeordnete Terezija Stoisits (G) sprach von einem wesentlichen Anliegen, Abgeordneter Walter Posch (S) zeigte sich froh über diese unabhängige und weisungsfreie Instanz. Er unterstrich, dass auch Staats- und Regierungschefs nicht von der Verfolgung ausgenommen sind. Abgeordneter Gerhard Kurzmann (F) schloss sich der positiven Beurteilung an, da es erstmals international einheitliche Spielregeln auf diesem Gebiet gebe. Er räumte jedoch ein, dass es sich bei diesem Statut um einen unvollständigen Kompromiss handle und der springende Punkt die tatsächliche globale Durchsetzung sei.

Bundesministerin Benita Ferrero-Waldner betonte das Engagement der österreichischen Delegation bei der Erarbeitung des Statuts und informierte die Abgeordneten, dass bislang 22 Staaten, darunter fünf EU-Staaten, ratifiziert hätten, zum Inkrafttreten seien jedoch 60 Ratifikationen notwendig.

AUSSCHUSS SETZT INITIATIVEN FÜR DEN FAIREN HANDEL 

Zwei wortgleiche Initiativen von SPÖ gemeinsam mit den Grünen auf der einen Seite und ÖVP gemeinsam mit der FPÖ auf der anderen Seite betreffend die Förderung des Fairen Handels standen als nächste Punkte auf der Tagesordnung. Darin wird die Bundesregierung aufgefordert, den Fairen Handel mit Entwicklungsländern als leitendes Prinzip der österreichischen Entwicklungspolitik zu verankern und auch auf internationaler Ebene Schritte in diese Richtung zu setzen. (309/A[E] und 310/A[E]).

 

Bereits vor dem Ausschuss waren Regierungsfraktionen und Opposition übereingekommen, hier gemeinsam vorzugehen. In einem von nun allen Parteien unterstützten Abänderungsantrag wird zusätzlich festgelegt, dass die Bundesregierung zur Förderung des Fairen Handels alle Möglichkeiten prüfen solle, inwieweit in der Gesetzgebung, im Budget und im öffentlichen Beschaffungswesen die Förderung des Fairen Handels angemessen berücksichtigt werden kann, und dem Außenpolitischen Ausschuss des Nationalrates bzw. dessen Unterausschuss zu Fragen der Entwicklungshilfe im Laufe des Jahres 2001 über die Ergebnisse dieser Prüfung zu berichten.

Bei der Abstimmung fand der abgeänderte Entschließungsantrag 310/A die Zustimmung aller, Antrag 309/A wurde zurückgezogen.

Die Abgeordneten zeigten sich zufrieden darüber, dass eine gemeinsame Initiative gelungen ist. Abgeordnete Inge Jäger (S) unterstrich, dass alle Handelbeziehungen unter dem Aspekt des Fairen Handels zu betrachten seien. Außerdem sei der Faire Handel auch ein gutes Beispiel dafür, dass Produkte umweltfreundlich und sozial gerecht erzeugt werden. Abgeordnete Edeltraud Gatterer (V) machte auf die Wichtigkeit der Bewusstseinsbildung in diesem Bereich aufmerksam.

Eine Diskussion darüber, auf welche Weise die im Abänderungsantrag erwähnte Prüfung stattfinden solle, ergab sich zwischen Abgeordneter Ulrike Lunacek (G) und Gerhard Fallent (F). Lunacek nannte trotz ihrer Zustimmung zur nun gewählten Formulierung zwei darüber hinausgehende Punkte, die ihr wichtig gewesen wären: Einerseits müsste man prüfen, ob gesetzgeberische Maßnahmen notwendig seien, um den Fairen Handel auch tatsächlich unterstützen zu können, andererseits hält sie eine Studie als Grundlage für den genannten Bericht für notwendig. Sie gehe auch davon aus, dass eine solche Studie erstellt werde. Jedenfalls sei dies übereinstimmende Auffassung im Unterausschuss gewesen. Demgegenüber meinte Abgeordneter Fallent, dass eine Studie zu weit gehe, man es aber dem Ministerium überlasse, die geeignete Vorgangsweise zu wählen.

Bundesministerin Ferrero-Waldner stellte daraufhin klar, dass man gemeinsam mit den anderen Ministerien sowie mit neutralen Fachleuten die Voraussetzungen für die Förderung des Fairen Handels prüfen werde. Da der Handel Gemeinschaftsrecht sei, werde man auch mit der Kommission über die österreichische Mission in Brüssel Gespräche darüber aufnehmen. Grundsätzlich werde der Faire Handel bereits durch Co-Finanzierungen unterstützt.

PRODUKTIONSPHASE DER ARIANE-TRÄGER WIRD VERLÄNGERT

Im Anschluss daran stimmten die Ausschussmitglieder der von den europäischen Regierungen ausverhandelten Verlängerung der Gültigkeitsdauer der mit Ende 2000 auslaufenden Erklärung über die Produktionsphase der Ariane-Träger bis Ende 2001 einstimmig zu.

(295 d.B.)

Die Frist soll dazu genutzt werden, Konsultationen für eine weitere, mehrjährige Verlängerung zu führen. Die Erklärung regelt die kommerzielle Vermarktung der im Rahmen der ESA-Entwicklungsprogramme konzipierten Träger-Raketen durch die Firma Arianespace. Arianespace verhandelt derzeit mit der Industrie über das zweite Los von 20 Ariane-5 Trägern, wobei sie eine Senkung der Produktionskosten verlangt. Die österreichischen Firmen haben ihre Angebote 1999 abgegeben. (Schluss)