Parlamentskorrespondenz Nr. 710 vom 29.11.2000

THEMA NATURSCHUTZ IM UMWELTAUSSCHUSS

Opposition verlangt Bundeskompetenz - Koalition dagegen

Wien (PK) - Ein Maßnahmenpaket für den Naturschutz forderte Grün-Abgeordnete Eva Glawischnig in der heutigen Sitzung des Umweltausschusses. Internationale Naturschutz-Verpflichtungen seien wegen der Kompetenzzersplitterung zwischen Bund und Ländern einerseits und wegen sehr unterschiedlicher Regelungen in den einzelnen Bundesländern schwer umzusetzen, argumentierte die Umweltschutzsprecherin der Grünen. Daher ging es ihr um die Ausarbeitung eines Bundesrahmengesetzes für den Naturschutz. Dazu kam der Vorschlag, das Konzept "Natura 2000" mit Mitteln des Programms für die Entwicklung des ländlichen Raumes und mit Hilfe der Ziel-2-Strukturfondsprogramme der EU zu finanzieren. Außerdem drängten die Grünen auf die Einrichtung eines Naturschutzbeirats für die ländliche Entwicklung.

Demgegenüber wies Abgeordneter Matthias Ellmauer (V) auf den föderalen Aufbau Österreichs hin und verteidigte die bestehende Kompetenzlage. Gemeinsam mit Abgeordnetem Fallent (F) brachte Abgeordneter Karlheinz Kopf (V) einen Entschließungsantrag der Regierungsparteien ein, mit dem Bundesregierung und Umweltminister aufgefordert werden, "das bestehende österreichische Programm für die ländliche Entwicklung, insbesondere das ÖPUL 2000 im Rahmen ihrer Zuständigkeit auf die Möglichkeit zur Finanzierung von Managementmaßnahmen in land- und forstwirtschaftlich genutzten Natura 2000-Flächen zu überprüfen". Außerdem "soll sich der ÖPUL-Evaluierungsbeirat, dem Vertreter der Landesnaturschutzbehörden und Naturschutzorganisationen angehören, auch mit naturschutz- und umweltrelevanten Fragen und Auswirkungen des österreichischen Programms für die ländliche Entwicklung befassen", heißt es in der letztlich mit FP-VP-Mehrheit verabschiedeten Entschließung des Umweltausschusses. 

Abgeordnete Glawischnig lehnte diese Entschließung als ungenügend ab und blieb bei ihrer Forderung nach Überwindung der Kompetenzzersplitterung im Naturschutz und nach einer Naturschutz-Rahmenkompetenz des Bundes. Ihr Hauptargument lautete, dass viele naturschutzrelevante Gesetze und Verordnungen nicht EU-konform seien und eine Verurteilung Österreichs wegen Nichteinhaltung internationaler Verpflichtungen drohe. Die Bundeskompetenz sei darüber hinaus notwendig, um die Finanzierung von Natura 2000-Projekten sicherzustellen. "Österreich sollte eine positive Rolle im internationalen Naturschutz spielen und sich dafür einsetzen, dass das Natura 2000-Konzept nicht auf der Strecke bleibt", sagte Abgeordnete Glawischnig.

Abgeordnete Ulrike Sima (S) schloss sich den Ausführungen Glawischnigs an und unterstrich die sehr unterschiedliche Umsetzung internationaler Naturschutzverpflichtungen in den einzelnen Bundesländern. Als Folge internationaler Vertragsverletzungsverfahren drohten daher Strafzahlungen für Österreich.

Abgeordneter Johann Bauer (S) betonte die unterschiedlichen Zugänge der Bundesländer zum Programm Natura 2000 und die zahlreichen Missverständnisse bei der Beurteilung der einzelnen Nominierungen für Naturschutzflächen. Bauer trat für eine flächendeckende Natura 2000-Regelung in Österreich ein und verlangte dafür eine eigene Finanzierungsschiene, wobei er Teilfinanzierungen über das ÖPUL für richtig hielt.

Bundesminister Wilhelm Molterer räumte ein, dass die Situation des Naturschutzes in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich sei. Daher habe er in seinem Ressort eine Plattform zur Verbesserung der Kohärenz im Naturschutz eingerichtet. Hinsichtlich der Finanzierung wies Molterer darauf hin, dass sowohl das Programm für die ländliche Entwicklung als auch das Umweltprogramm ÖPUL für den Naturschutz geöffnet werden und der Bund Life-Projekte ohnehin finanziere. Als "Vertreter des Bundes" hielt Molterer gegenüber Abgeordnetem Bauer aber fest, dass die Naturschutzkompetenz bei den Ländern bleibe. Denn eines hielt Molterer nicht für möglich, "dass die Länder die Gebiete beschließen und der Bund zahlt".

Eingangs seiner Sitzung hatte der Umweltausschuss SP-Abgeordnete Ulrike Sima einstimmig zur Ausschussobmann-Stellvertreterin gewählt. Die Wahl war nach dem Ausscheiden von Abgeordnetem Peter Keppelmüller aus dem Umweltausschuss notwendig geworden. (Schluss)