Parlamentskorrespondenz Nr. 718 vom 01.12.2000

AMTSSITZABKOMMEN ZUR EU-RASSISMUS-STELLE PASSIERT AUSSCHUSS

Abgeordnete und Direktorin Winkler wollen in Kontakt bleiben

Wien (PK) - Der Außenpolitische Ausschuss hat heute unter dem Vorsitz seines Obmannes Peter Schieder und in Anwesenheit von Außenministerin Benita Ferrero-Waldner das Amtssitzabkommen zwischen der Republik Österreich und der Europäischen Stelle zur Beobachtung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit einstimmig dem Plenum zur Ratifikation empfohlen. Die Beratungen über dieses Abkommen waren auf Antrag von FPÖ und ÖVP zuletzt zweimal vertagt worden.

Dem nunmehr positiven Beschluss des Ausschusses ging eine Aussprache mit der Leiterin der Europäischen Stelle zur Beobachtung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit (EUMC), Beate Winkler, voran. Vorsitzender Schieder dankte Frau Winkler namens des Ausschusses für ihre Bereitschaft zu dieser Aussprache und sicherte ihr ausdrücklich zu, dass zwischen der Ratifizierung des Amtssitzabkommens und der Einladung der Direktorin des EUMC keinerlei Verbindung bestehe.

Dr. Beate Winkler dankte für die Gelegenheit, den Außenpolitischen Ausschuss über das EUMC zu informieren und bekundete ihre Absicht, die Abgeordneten in einem konstruktiven Dialog von der Wichtigkeit dieser Stelle für Europa und für Österreich zu überzeugen. Der leider negative Name ihrer Stelle habe besonders in der deutschen Sprache sehr schwierige Konnotationen, sagte Winkler. Tatsächlich habe ihre Stelle den viel breiteren, positiveren Ansatz, Informationen zu sammeln, die für die Zukunft Europas von außerordentlicher Bedeutung seien. Denn es gehe um kulturelle, religiöse und ethnische Vielfalt, ohne die eine europäische Integration nicht denkbar sei.

Das EUMC baue ein europäisches Informationsnetzwerk auf und arbeite dabei mit Forschung, NGOs und offiziellen Statistikstellen zusammen. Schon jetzt seien in fast allen EU-Mitgliedstaaten runde Tische eingerichtet, an denen Experten und NGOs zusammengeführt werden. Dazu komme die Dokumentation des Datenmaterials, Schwerpunktforschungen und Medienanalysen. Entscheidend sei die Ausarbeitung verlässlicher Kriterien für Fremdenfeindlichkeit und Rassismus, sei dieses Thema doch deshalb so schwierig zu behandeln, weil es durch Angst und Gefühle bestimmt sei und die Menschen oft meinten, mit Schuldvorwürfen konfrontiert zu werden.

Beate Winkler skizzierte dann den kürzlich vorgestellten Jahresbericht der EUMC, der über alle Aktivitäten in den EU-Mitgliedsstaaten berichtet und vom Europäischen Parlament bereits positiv aufgenommen worden sei. Zu seinen Hauptaspekten zähle das erschreckende Phänomen, dass die Opfer von Diskriminierung und Verfolgung oft Angst haben, sich zu melden. Zudem sei das statistische Material noch nicht zuverlässig. Die vorhandenen Daten zeigten aber an, dass das gesamte Feld der Fremdenfeindlichkeit gewalttätiger geworden sein, ohne das man deshalb sagen könnte, die EU-Mitgliedsländer seien fremdenfeindlicher geworden. Besonders betroffen von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit seien Roma und Flüchtlinge aus dem afrikanischen und arabischen Raum. Erschreckend sei auch die Entwicklung im Internet, wo sich Rassismus, vor allem auch im Bereich der Musik, etabliert habe. Als Hintergrund für Rassismus und Fremdenfeindlichkeit ortete Dr. Winkler die Angst der Menschen vor kultureller Überfremdung und vor dem Verlust ihrer Identität. Demgegenüber versuche ihre Stelle, über positive Entwicklungen zu berichten und den Mitgliedsstaaten Vorschläge für eine Antidiskriminierungsgesetzgebung zu unterbreiten, wie sie auch auf dem Gipfel in Nizza zur Debatte stehen werde. Europa hat sich zu einer Wertegemeinschaft entwickelt, stellte die Direktion des EUMC abschließend fest, eine entscheidende Rolle bei der Überwindung von Fremdenfeindlichkeit und Rassismus kommt für Beate Winkler den politischen Parteien zu.

Abgeordneter Michael Spindelegger (V) sagte, seine Fraktion sei an einem konstruktiven Dialog mit der Beobachtungsstelle interessiert, eine gute Zusammenarbeit mache es aber notwendig, miteinander aufzuarbeiten, was in der aufgeheizten Atmosphäre dieses Jahres passiert sei. Ihn habe etwa die Kritik Winklers an einem Gerichtsurteil über Prof. Pelinka gestört, zumal dieses Urteil in einem Zusammenhang mit der Bestellung eines Justizministers gestellt und solcherart die Unabhängigkeit der österreichischen Justiz in Frage gestellt worden sei.

Abgeordneter Caspar Einem (S) dankte für den Bericht von Frau Winkler und sprach sich für einen regelmäßigen Kontakt zwischen dem Ausschuss und Beate Winkler aus. Das Pelinka-Urteil habe nicht nur sie kritisiert, sagte Einem, zumal es nicht in Übereinstimmung mit der Rechtssprechung des EuGH stand. Einem wies auf die Optik hin, die dadurch entstanden sei, dass der Justizminister früher Anwalt von Jörg Haider und anderer Funktionäre der FPÖ gewesen sei. Daran Kritik zu üben, müsse zulässig sein.

Abgeordneter Karl Schweitzer (F) meinte, es wäre für alle Beteiligten sinnvoll gewesen, hätte man gleich zu Beginn miteinander gesprochen, und den Kontakt zwischen der EUMC und dem Parlament hergestellt. Schweitzer berichtete von dem Eindruck einer Vorverurteilung der Bundesregierung, ohne dass diese eine Chance gehabt hätte, zu zeigen, dass die Kritik an ihr nicht berechtigt sei. Außerdem erinnerte Schweitzer an seinen Eindruck, Frau Winkler wolle Einfluss auf den Inhalt des Weisenberichtes nehmen.

Unglücklich habe er es auch empfunden, wie die Eröffnung des Amtssitzes begangen wurde, da nicht einzusehen war, warum an die Vertreter der Bundesregierung keine offizielle Einladung ergangen sei. "Das hat mir als Österreicher wirklich weh getan", sagte Schweitzer.

Wir werden dieses Abkommen ratifizieren, weil wir diese Stelle für wichtig und richtig halten. Es gibt keinen einzigen Vorbehalt gegen die Einrichtung dieser Stelle von Seiten der Fraktionen, die diese Bundesregierung unterstützen, es sei aber notwendig gewesen, mit ihrer Leiterin ins Gespräch zu kommen. Als den idealen Ort, den ständigen Kontakt mit Beate Winkler zu institutionalisieren, bezeichnete Schweitzer den Menschenrechtsausschuss.

Abgeordnete Ulrike Lunacek (G) unterstrich den Wunsch des Ausschusses nach einem regelmäßigen Kontakt mit der Direktorin des EUMC. Sie bedauerte die Vorgangsweise der Ausschussmehrheit in den letzten beiden Sitzungen. Für sie sei klar, dass das EUMC seine Besorgnis über das Urteil gegenüber Prof. Pelinka zum Ausdruck bringen könne. Lunacek erbat konkrete Auskunft über die Maßnahmen der Stelle zur Forcierung des Antidiskriminierungsgesetzes, unterstrich die Bedeutung der Zusammenarbeit mit NGOs und betonte die Bedeutung bewusstseinsfördernder Maßnahmen sowie von Bildung- und Ausbildung.

Abgeordneter Walter Posch (S) hielt es für wichtig, dass es die Beobachtungsstelle gibt und unterstrich im Hinblick auf das Pelinka-Urteil das Recht eines Wissenschaftlers, politische Urteile zu fällen, ohne sich der Gefahr auszusetzen, juristisch belangt zu werden. Auch Posch trat für einen institutionalisierten Dialog des Ausschusses mit der Beobachtungsstelle ein.

Abgeordneter Wolfgang Jung (F) gab den Eindruck der österreichischen Bevölkerung wieder, die Rassismusstelle sei errichtet worden, um Österreich zu beobachten. Diesem Eindruck gelte es entgegenzuwirken. Österreich brauche keine Kritik fürchten, die auf Fakten beruht, es werde schwierig sein, Fremdenfeindlichkeit in Österreich aufgrund von Fakten nachzuweisen. Ausdrücklich zurückzuweisen sei es, wenn Argumentationen gegen die Doppelstaatsbürgerschaft als Hinweis für Fremdenfeindlichkeit qualifiziert werde, denn es gebe gute Gründe, auf die Probleme hinzuweisen, die durch doppelte Loyalität entstehen können.

Beate Winkler ging umfassend auf die an sie gerichteten Fragen ein und schickte voraus, dass auch sie einen regelmäßigen und konstruktiven Dialog mit den Abgeordneten, sei es im Menschenrechtsausschuss, sei es in diesem Ausschuss, für wünschenswert halte. Auch sagte sie gerne zu, über sensible Fragen frühzeitig zu informieren. Der zitierte Brief an das Europäische Parlament zum Thema Pelinka-Urteil sei im Auftrag des Europäischen Parlaments verfasst worden, wobei sie keine persönliche Meinung über die Unabhängigkeit der Justiz in Österreich abgegeben, sondern die Meinungen anderer wiedergegeben habe.

Der Wahlkampf der FPÖ habe ihre Stelle mit Besorgnis erfüllt, da er eine Banalisierung der Fremdenfeindlichkeit bedeutet habe. Dieser Wahlkampf war gegen die Prinzipien der EU-Charta über eine nicht rassistische Gesellschaft, sagte Beate Winkler. Sie sei aber auch die erste gewesen, sagte Beate Winkler, die gesagt habe, dass diese Regierung keine fremdenfeindlichen Initiativen gestartet habe. Diese Aussage sei erfolgt, bevor noch die drei Weisen ihre Arbeit aufgenommen haben. Die Zusammenarbeit mit den drei Weisen war sehr eng, sagte Beate Winkler, "wir unterstützen ihren Bericht in allen Dimensionen voll".

Die Eröffnungsveranstaltung sei ein Ereignis gewesen, das nachgewirkt habe, sagte Beate Winkler, und erinnerte an einen unglaublich schwierige Entscheidung des Verwaltungsrates, für die unter anderem eine absolut irreführende Zitierung einer Aussage von Jean Kahn bei der Etablierung der Stelle maßgeblich gewesen sei. Respekt und Hochachtung brachte Beate Winkler für Außenministerin Benita Ferrero-Waldner zum Ausdruck, die diese für sie so schwierige Situation mit großer Würde gemeistert habe.

In ihren Antworten auf Detailfragen der Abgeordneten kündigte Beate Winkler Vorschläge ihrer Stelle für ein Antidiskriminierungsgesetz in Österreich an, unterstrich ihr Interesse an einer Erweiterung der Europäischen Union und betonte noch einmal die zentrale Bedeutung, die Gefühle im Zusammenhang mit Rassismus und Fremdenfeindlichkeit haben. Wahlkämpfe beobachte und kritisiere ihre Stelle nicht nur in Österreich, sondern auch in vielen anderen Ländern der EU, führte Direktorin Winkler schließlich aus, dabei müsse sie auch unangenehme Dinge sagen, dies liege aber im Interesse von Regierung und Gesellschaft.

Beate Winkler schloss dann mit dem Hinweis darauf, dass der Beitrag, den Österreich zur Stelle zur EUMC leiste, keine Einbahnstraße darstelle, von 4,7 Mill. Euro werden 4,1 Mill. Euro im Jahr 2000 in Österreich ausgegeben.

(Schluss)