Parlamentskorrespondenz Nr. 49 vom 26.01.2001

RECHNUNGSHOFAUSSCHUSS PRÜFT VERGABEPRAXIS IM BUNDESHOCHBAU

SP-Kritik an Absenz Bartensteins, RH-Chef Fiedler ortet Sparpotenzial

Wien (PK) - Nachdem sich der Rechnungshofausschuss mit Auftragsvergaben im Bundesstraßenbau beschäftigt hatte, wandten sich die Abgeordneten im zweiten Teils der Sitzung dem Bundeshochbau zu. Anlass für das Prüfersuchen des ehemaligen Wirtschaftsministers Farnleitner an den Rechnungshof vom 4. Mai 1998 waren auch hier gerichtliche Schritte gegen Bauunternehmungen wegen illegaler Preisabsprachen gewesen.

Auf dem Verhandlungstisch lag der erste Teilbericht mit Ergebnissen von Überprüfungen, die der Rechnungshof zwischen September 1998 und April 1999 in den Bundesländern Niederösterreich, Burgenland und Salzburg sowie bei der Bundesgebäudeverwaltung II für Linz und Salzburg erhoben hat. Insgesamt waren 72 Vergaben untersucht worden, wobei der Rechnungshof Verstöße gegen Rechtsvorschriften beanstandete. "Teilweise" sei "die notwendige Transparenz des Vergabeverfahrens nicht mehr gegeben" gewesen und der Zuschlag an Bieter erteilt worden, "die nicht die Bestbieter waren", kritisierte der Rechnungshof.

In 16 Hochbauvorhaben bezeichneten die Prüfer das Leistungsverzeichnis als "so mangelhaft, dass ein wesentlicher Teil der Leistungen nicht oder in anderem Umfang ausgeführt wurde"... "Gemeinsam mit stark unterschiedlich angebotenen Einheitspreisen habe dies zur Folge gehabt, dass bei diesen Vorhaben ein an zweiter Stelle oder noch weiter hinten gereihter Bieter die im Leistungsverzeichnis enthaltenen Leistungen billiger abgerechnet hätte" als der jeweilige Billigstbieter. Die Mehrkosten infolge Vergabe- und Abrechnungsmängeln schätzte der Rechnungshof bei den überprüften Hochbauvorhaben auf insgesamt 19,8 Mill. S. Hochgerechnet auf alle Auftragsvergaben der geprüften Stellen im Prüfungszeitraum bezifferte Rechnungshofpräsident Fiedler das Einsparungspotential mit 50 Mill. S.

Vor Beginn der Verhandlung kritisierten die Abgeordneten Otmar Brix  und Günther Kräuter (beide S), dass Wirtschaftsminister Martin Bartenstein, mit dem der heutige Ausschusstermin abgestimmt worden sei, nicht selbst im Ausschuss erschien, sondern durch Staatssekretärin Mares Rossmann vertreten wurde.

Das Ergebnis einer diesbezüglichen Fraktionsführerbesprechung fasste Ausschussobmann Werner Kogler wie folgt zusammen: Das von den Abgeordneten Gilbert Trattner (F) und Wolfgang Großruck (V) ins Treffen geführte Recht des Ministers, sich durch die Staatssekretärin vertreten zu lassen, werde nicht in Frage gestellt, man habe sich aber darauf geeinigt, dass Absenzen von Ministern künftig 24 bis 48 Stunden vor der Ausschusssitzung bekannt gegeben werden.

In der Debatte wies Abgeordneter Christian Faul (S) darauf hin, dass  die beschränkte Ausschreibung für die Schwachstromanlage in der Justizanstalt Eisenstadt durchaus der ÖNORM entsprochen habe.

Abgeordneter Reinhold Lexer (V) machte darauf aufmerksam, dass gerichtliche Auseinandersetzungen auf dem Bausektor insgesamt häufiger würden und regte an, schon vor der Anbotseröffnung Rechtssicherheit zu schaffen, der rechtlichen Beratung größeres Augenmerk zu schenken und die Beamtenschaft entsprechend zu schulen.

Abgeordneter Hermann Böhacker (F) befasste sich im Detail mit der mangelhaften Qualität der Leistungsverzeichnisse beim Umbau der "Alten Residenz" in Salzburg, wo der Rechnungshof ein Einsparungspotential von 2,1 Mill. S festgestellt hat und erkundigte sich nach Vorkehrungen gegen derartige Belastungen der Steuerzahler.

Abgeordneter Kurt Gaßner (S) kritisierte, dass Schlampereien, Rechenfehler und mangelhafte Ausschreibungen in Niederösterreich dazu geführt haben, dass nicht der Bestbieter zum Zug gekommen sei und erkundigte sich nach rechtlichen Konsequenzen von Seiten der geschädigten Firmen. Dann sprach der Abgeordnete die offensichtliche Doppelverrechnungen bei Bautischlerarbeiten im Landesgericht Krems sowie den Verdachts der Manipulation einer Niederschrift an.

Abgeordnete Edeltraud Lentsch (V) forderte Vorkehrungen, um die vom Rechnungshof aufgezeigten Vergabefehler künftig zu vermeiden.

Abgeordneter Werner Kogler (G) stellte fest, dass die Summe des Einsparungspotentials im Straßenbau höher sei, man beim Hochbau aber wesentlich öfter auf Formfehler stoße als beim Straßenbau. Kogler interessierten insbesondere die Praxis der Auslagerung von Ausschreibungen an Ziviltechnikerbüros und die Reaktion der vorgesetzten Abteilungen.

Alfred Denk (Amt der Salzburger Landesregierung) wies hinsichtlich des Umbaus der Alten Residenz auf unterschiedlich hohe Planungsrisken bei Neu- und Umbauten hin, vor allem dann, wenn es sich um Altstadtsanierungen handle. Abweichungen wären nicht nur beim Bestbieter, sondern auch beim Zweit- und Drittbieter zu berücksichtigen gewesen. Das Bundesland reagiere auf Probleme bei Ausschreibungen mit einer Intensivierung der Kontrolltätigkeit und der Stichproben.

Johann Fertl (Amt der Bgld. Landesregierung) führte Mehrkosten bei der Justizanstalt Eisenstadt auf Arbeiten zurück, die bei Gefahr im Verzug wegen unerwarteter Korrosionsschäden notwendig geworden waren. Sonderfachleute seien für Ausschreibungen und Bauaufsicht herangezogen worden, weil infolge zahlreicher Grenzbauten Personalmangel geherrscht habe. Das Land habe die Schulung der Beamten hinsichtlich der ÖNORM verbessert.

Für das Bundesland Niederösterreich teilte die zuständige Auskunftsperson mit, dass die Vergabepraxis durch neue Anbotsformulare, obligatorische Korrekturlisten und ein grundsätzliches Korrekturverbot verbessert worden sei. Beim Landesgericht Krems habe es keine nachträgliche Manipulation gegeben; die Abrechnung des Bestbieters sei günstiger als jene des Zweitbieters.

Staatssekretärin Mares Rossmann unterstrich ihr Eintreten für die verstärkte Schulung der Beamten im Vergaberecht und hielt es für sinnvoll, Ziviltechniker heranzuziehen, wenn bei Ausschreibungen Personalmangel herrsche oder die immer stärkere Spezialisierung in dieser Branche dies erforderlich mache. Die Staatssekretärin hielt aber fest, dass die Behörden bei den Ziviltechnikern auf entsprechende Qualifikationen zu achten und sie zu kontrollieren haben.

Die Vorkommnisse bei den Baumeisterarbeiten am Arbeitsamt Baden haben den Rechnungshof veranlasst, eine Strafanzeige zu erheben. Forderungen gegenüber der Firma haben zu einer Gegenklage geführt. Das Verfahren sei noch nicht abgeschlossen, teilte die Staatssekretärin mit.

Rechnungshofpräsident Franz Fiedler unterstrich seinerseits, dass Mängel in der Vertragsgestaltung häufig Ausgangspunkte für nachfolgende Prozesse darstellten und hielt Schulungsmaßnahmen zur Verbesserung der rechtlichen Kenntnisse für sinnvoll. Die Vergabe von Subaufträgen sei ein Phänomen, das typisch für den Straßenbau, im Hochbau aber kaum anzutreffen sei.

Dass bei Arbeiten am Landesgericht Eisenstadt aus Gründen der  Geheimhaltung eine beschränkte Ausschreibung zulässig gewesen sei, räumte der Rechnungshofpräsident ein, blieb aber bei seiner Auffassung, man hätte doch eine größere Zahl von Firmen zur Angebotslegung einladen können, um günstigere Preise zu erzielen.  

Auf eine diesbezügliche Frage des Abgeordneten Brix stellte der Rechungshofpräsident fest, es sei eine grundsätzliche Frage, wie Unternehmen behandelt werden sollen, die Fehler gemacht haben. Er sei der Auffassung, dass dieses Problem viel zu wenig geregelt sei. Fiedler erinnerte daran, dass der frühere Bundeskanzler Klima dem Rechnungshof den Auftrag erteilt hat, eine Expertise hinsichtlich der Vermeidung von Korruption in Vergabefällen zu erstellen. Darin sei der Vorschlag enthalten, ein Ratingsystem (A,B,C...) einzuführen, erläuterte Fiedler. Werde ein Unternehmen "heruntergeratet", dann sollte man Auftragssperren aussprechen können. Fiedler regte daher an, dieses Modell zu diskutieren, da es derzeit so gut wie keine Möglichkeiten gebe, um entsprechende Vorkehrungen zu treffen.

Schließlich wurde Bericht mit V-F-Mehrheit zur Kenntnis genommen. (Schluss)