Parlamentskorrespondenz Nr. 243 vom 28.03.2001

NATIONALRAT DEBATTIERT SPORT- UND FAMILIENBERICHT

Für Ministerin Gehrer bedeutet Erziehen Vereinbaren statt Anordnen

Wien (PK) - Nicht nur der Sport kommt in der heutigen Nationalratssitzung zu Wort, sondern es wird auch eine Änderung des Suchtmittelgesetzes beschlossen, die eine härtere Vorgangsweise gegenüber Drogenbossen bringt. Dealer, die eine größere Anzahl von Menschen mit großen Mengen von Drogen versorgen, sollen in Hinkunft zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt werden können. Erleichterungen bringt hingegen die Novelle zum Passgesetz: Überall in Österreich soll in Hinkunft ein Pass oder ein Personalausweis beantragt werden können.

Vor der Diskussion über den 16. Sportbericht kam es zu einer Geschäftsordnungsdebatte in Bezug auf den von Präsident Dr. Fischer zugewiesenen Antrag 412/A, mit dem die Regelung der Ambulanzgebühren repariert werden soll.

Abgeordneter Dr. VAN DER BELLEN (G) wies darauf hin, dass das Verfassungsgerichtshofurteil, mit dem die Einführung der Ambulanzgebühren aufgehoben wird, bis heute nicht vorliege. Informationen darüber habe man lediglich aus einer Pressekonferenz des Präsidenten und des Vizepräsidenten des VfGH vom 20. März. Dies sei jedoch keine juristische Basis für eine Debatte im Ausschuss. Van der Bellen protestierte auch ausdrücklich dagegen, den Antrag bereits am Montag im Plenum zu beschließen.

Abgeordneter Dr. KOSTELKA (S) schloss sich dieser Kritik an und sprach sich vehement dagegen aus, ein Gesetz ohne jegliche Begutachtung in einer "Angst- und Panikreaktion" durchzupeitschen. Dies stünde im Widerspruch zur Aussage der Vizekanzlerin, die versprochen hatte, gesetzliche Neuregelungen in Hinkunft gut vorbereiten zu wollen. Die SPÖ habe nach erster Durchsicht abermals verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Neuregelung, so der S-Klubobmann. Kostelka ersuchte den Präsidenten, für eine ordnungsgemäße Beratung zu sorgen, und wollte in der Präsidiale klären, wie eine ordnungsgemäße Gesetzwerdung sichergestellt werden könne.

Abgeordneter Dr. KHOL (V) wies seine Vorredner darauf hin, dass der Verfassungsgerichtshofpräsident sowie der -vizepräsident klargestellt hätten, die Aufhebung sei auf Grund eines reinen formalen Mangels erfolgt. Diese Mitteilung müsse für eine rasche Reparatur genügen. Khol ergriff auch die Gelegenheit, die auf Indiskretion beruhende vorzeitige Veröffentlichung anzuprangern.

Abgeordneter Ing. WESTENTHALER (F) bezeichnete diese Debatte als eine "Show von der Opposition", da sich diese vor dem Wiener Wahltag ständig auf das Urteil bezogen hätte, nun aber feststellte, dieses nicht zu kennen. Bei einem Gesetz von zweieinhalb Seiten sei davon auszugehen, dass man es innerhalb von sechs Tagen lesen und studieren könne, weshalb die Aufregung nur eine "künstliche Empörung" darstelle. Außerdem, so Westenthaler, habe man erst in der gestrigen Präsidiale die Vorgangsweise erörtert.

Präsident Dr. FISCHER stellte daraufhin fest, dass er strikt zwischen politischer und rechtlicher Argumentation einerseits und geschäftsordnungsmäßiger Vorgangsweise andererseits trennen müsse. Seine Pflicht sei es, einen vorliegenden und ordnungsgemäß eingebrachten Initiativantrag einem Ausschuss zuzuweisen, und darüber könne auch kein Zweifel bestehen. Über die weiteren Schritte zu diskutieren, würde in den noch zu führenden Debatten Gelegenheit bestehen, eine politische Erörterung sei allen Fraktionen unbenommen.

Präsident Fischer gab im Anschluss daran bekannt, dass S-Abgeordnete Mag. Kuntzl eine dringliche Anfrage an den Bundesminister für Justiz betreffend FP-Spitzelaffäre eingebracht habe.

 

16. SPORTBERICHT

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Abgeordneter BROSZ (G) lobte den Sportbericht als ein ausführliches und gutes Nachschlagewerk. Als Gründe für seine Ablehnung nannte er die Tatsache, dass darin über die Verwendung der Hälfte des Sportbudgets, nämlich ca. 500 Mill. S, keine Angaben gemacht würden, und dem Behindertensport nur ein sehr dünnes Kapitel gewidmet sei. Unter Hinweis auf die Ankündigung der Vizekanzlerin, Parteipolitik aus dem Sport zu nehmen, kritisierte er die Anwesenheit so vieler Regierungsmitglieder bei der Ski-WM in St. Anton. Brosz beschäftigte sich auch mit dem Doping-Problem, das für ihn unter anderem im Zusammenhang mit der Medienlandschaft und der Sportförderung steht. Denn Spitzensport sei ohne Doping fast nicht mehr möglich. Er sprach sich daher dafür aus, den Sport mehr als körperlichen Ausgleich und Freizeitbetätigung zu sehen und seine Vorbildwirkung nicht nur im Spitzensport anzusiedeln. Daher sollten die Sportanlagen für den Breitensport geöffnet werden. Abschließend erteilte er dem übertriebenen Patriotismus eine klare Absage.

Abgeordneter GRABNER (S) zog für das Jahr 1999 eine erfolgreiche Sportbilanz. Österreich habe auch in diesem Jahr seine Fähigkeit, Großsportveranstaltungen durchführen zu können, unter Beweis gestellt. Spitzensport bewirke nicht nur internationale Aufmerksamkeit, sondern habe auch Vorbildfunktion für die Jugend, weshalb er unserer Aufmerksamkeit bedürfe. Die Ausgliederung der Bundessporteinrichtungen sei von Erfolg gekrönt gewesen, die Nächtigungs- und Betriebszahlen konnten gesteigert werden, und es seien nicht nur die wirtschaftlichen Vorgaben übertroffen, sondern auch die Förderungsaufgaben erfüllt worden. Grabner würdigte zudem die Bemühungen der Sportorganisationen zur Schaffung von Arbeitsplätzen und bedankte sich ausdrücklich für die Arbeit der ehrenamtlichen FunktionärInnen, deren Leistung man mit rund 40 Mrd. S bewerten könne, geht man von einer fiktiven Entlohnung von 100 S aus. Der Redner ging dann kurz auf die Steigerung der Einnahmen bei der Sporthilfe und auf die Mittel aus dem Toto ein und sprach die Hoffnung aus, dass es auch nach Auslaufen des Gesetzes weiterhin Mittel für die Sportförderung der besonderen Art geben werde.

Abgeordneter Mag. KOGLER (G) wollte die Frage der Sportförderung unter Hinweis auf entsprechende Rechnungshofberichte "nicht so rosig" sehen wie sein Vorredner. Er setzte sich für eine zielorientiertere Förderung ein, wobei natürlich der Breitensport nicht vergessen werden dürfe. Kogler trat dafür ein, an den Sport auch unter einem kulturellen Aspekt heranzugehen, und befasste sich als Beispiel dafür mit dem Frauenfußball. Dieser habe in Österreich keinen Stellenwert und werde auch in seiner Entwicklung behindert. Die Tatsache, dass es dafür keine Förderungsmittel gibt, führte der Mandatar auf noch immer vorhandene klare gesellschaftliche Strukturen zurück.

Für wichtig hält er es auch, antirassistische Initiativen in den Fußballstadien seitens der Sportpolitik zu unterstützen. Angesichts der zahlreichen Ausländer im Fußball regte er an, auch in anderem gesellschaftlichen Kontext AusländerInnen und AsylwerberInnen mit mehr Wertschätzung gegenüberzutreten. Er zog dabei einen Bogen zum Wiener Wahlkampf der FPÖ, den er als "grenzüberschreitend" qualifizierte, da dabei Tabubrüche begangen worden seien. Auch in Hinblick auf das heutige Fußballmatch Österreich gegen Israel fragte er die Vizekanzlerin, ob sie nicht "die Größe habe", ein paar distanzierende Worte zu diesem Wahlkampf zu finden.

Abgeordneter Dr. GROLLITSCH (F) wies den Vorwurf fremdenfeindlicher Äußerungen im Wiener FP-Wahlkampf zurück und bekräftigte, dass so eine Haltung auch im Sport keinen Platz habe. In Bezug auf die besondere Sportförderung schloss er sich der Kritik von Brosz an, erklärte aber gleichzeitig, dass es seit Jahren einen Vertrag mit der BSO gebe, wonach das Bundeskanzleramt einfach einen Betrag überweise, womit sich die Verwendung der Gelder der Kontrolle des BKA entzögen. Er richtete daher die Bitte an die Vizekanzlerin, diesen Vertrag zu ändern. Grollitsch sprach sich auch für eine klare Kompetenztrennung zwischen Bund und Ländern sowie für die Reduzierung des "unseligen Einflusses" von BSO und Dachverbänden aus. Das vom ehemaligen Staatssekretär Wittmann erarbeitete Weißbuch beinhalte zwar eine gute Analyse der Ist-Situation, man habe aber keine Therapie daraus entwickelt. Was die Ehrenamtlichkeit der FunktionärInnen betreffe, so hätten auch diese fachliche Grenzen, meinte Grollitsch.

Nachdem Grollitsch behauptet hatte, auch andere S-Funktionäre seien in St. Anton gewesen, dementierten dies in einer tatsächlichen Berichtigung die Abgeordneten LEIKAM und BRIX (beide S).

Auch Abgeordneter LEXER (V) äußerte sich positiv über den vorliegenden Sportbericht und zeigte sich erfreut, dass die "Geheimniskrämerei" endgültig vorbei sei. Der Sport sei ein wesentlicher Teil der lebendigen Gesellschaft, wobei der Spitzensport viele zu eigener Aktivität motiviere, viele aber auch wegen der Unerreichbarkeit der dargebotenen Leistungen demotiviere. Lexer brach eine Lanze für den Breitensport, forderte nähere und leistbare Sportstätten sowie den Bau von Sportstätten in Wohnsiedlungen. Er schlage daher vor, einen Teil der Wohnbauförderungsmittel für Fitness und Sport zu binden. Des weiteren sollte auf den Behindertensport zukünftig mehr Bedacht genommen und steuerliche Anreize für Unternehmungen geschaffen werden, um Projekte auszuarbeiten und umzusetzen. Auch in der Ausbildung von LehrerInnen sieht der Redner noch Verbesserungsbedarf. Die Sportvereine seien seiner Ansicht nach auch ein wichtiger Teil der Bürgergesellschaft. Lexer erteilte ebenfalls nationalistischen Gefühlen im Sport eine klare Absage.

Vizekanzlerin Dr. RIESS-PASSER nahm am Beginn ihrer Ausführungen eine Richtigstellung zu einer Aussendung von Abgeordnetem Leikam nach der Fragestunde vor. Die Projektunterlagen für das Stadion Klagenfurt müssten noch präzisiert werden, außerdem sei abzuwarten, ob man den Zuschlag für die EM bekomme. Das Stadion in Graz-Liebenau sei nicht erweiterbar. Bezug nehmend auf die WM in St. Anton meinte die Ressortchefin, dass sie dort als Sportministerin eine Funktion zu erfüllen gehabt habe und es außerdem auch nicht an sozialistischer Prominenz gefehlt habe. Die Politik aus dem Sport herauszunehmen heiße, den parteipolitischen Einfluss in der Sport- und Verbandspolitik zu eliminieren. Die Dachverbände hätten Wichtiges geleistet, ihre parteipolitische Färbung sei jedoch abzulehnen.

Als wichtige sportliche Zielsetzungen bezeichnete sie die weitere Förderung des Spitzensportes, wo für Österreich "noch mehr drinnen sein könnte", die Unterstützung des Nachwuchssportes durch geeignete Rahmenbedingungen, etwa durch Kompetenzzentren, und die Herbeiführung der Chancengleichheit für den Behindertensport. In diesem Zusammenhang übte sie Kritik an der Haltung der BSO, die die Behinderten bei der Mittelzuteilung nicht berücksichtige. Sie werde sich daher für eine Änderung einsetzen. Ein besonderes Anliegen sei ihr die Offenlegung der Gebarung der Dach- und Fachverbände. Davon erhoffe sie sich auch gewisse Lenkungsmöglichkeiten, um Sportarten wie etwa dem Frauenfußball mehr Mittel zukommen zu lassen. Neben der Transparenz der Sportförderung habe sie vor, die besondere Sportförderung neu zu gestalten, die Basisförderung sicherzustellen und die Kooperation der Verbände im Interesse eines zielgerichteten Einsatzes der Mittel zu verbessern. Die Bedeutung des Sports müsse auch auf EU-Ebene stärker betont werden. Riess-Passer versprach den Abgeordneten auch, den Sportbericht 2000 so bald wie möglich vorzulegen.

Abgeordneter Dr. KRÄUTER (S) wandte sich dann dem Thema Forststraßen und Mountain-Biking zu. Er kritisierte, dass tonnenschwere Fahrzeuge Forststraßen selbstverständlich benutzen dürfen, Radfahrer aber nicht - und das, obwohl diese Straßen aus Bundesmitteln mit finanziert würden. Er verwies zum einen auf die positiven Erfahrungen mit "Rad fahren in der Natur" in der Schweiz und zum anderen auf den entsprechenden Antrag seiner Fraktion. Er äußerte allerdings die Befürchtung, der zum Thema eingesetzte Unterausschuss würde für den Antrag zu einem "Begräbnis 1. Klasse" werden.

Das Sportjahr 1999 werde in positiver Erinnerung bleiben, meinte Abgeordneter ORTLIEB (F), gratulierte den Sportlern und Funktionären zu ihren Erfolgen und Leistungen und sah in der Förderung des Sports eine Aufgabe, der sich die Vizekanzlerin verpflichtet fühle. Er ging dann auf einzelne Kapitel und Förderungspositionen im Sportbericht 1999 ein und verwies auf die Bedeutung des Sports im Kampf gegen Drogen.

Trotz seiner hohen sozialen Bedeutung habe der Sport wenig Lobby, beklagte V-Abgeordneter MIEDL. Er bemängelte, dass mit dem Sportbericht 1999 "uralte Sportpolitik" diskutiert werde, und sprach sich dafür aus, in Zukunft aktuellere Berichte zu debattieren. Sport sei die beste Prävention gegen Drogen und gegen Gewalt, führte der Mandatar aus, und außerdem ein Mittel der Integration. Der Vizekanzlerin dankte er dafür, dass erstmals seit langem Sportpolitik erkennbar sei.

S-Abgeordneter BRIX hingegen lobte die Sportpolitik des früheren Staatssekretärs Wittmann, die eine gute Grundlage für Verbände und Funktionäre geschaffen habe. Brix nannte die Schaffung der Doping-Kontrollstelle in Seibersdorf und die Novelle des Glückspielgesetzes, die möglich gemacht habe, Mittel auch jenen Verbänden zuzuwenden, die nicht so sehr im Licht der Öffentlichkeit stehen. Kritisch setzte er sich mit der Einbürgerungspraxis bei Sportlern auseinander. Mit Blick auf das heute Abend stattfindende WM-Qualifikationsspiel Österreich gegen Israel forderte Brix Vizekanzlerin und Sportministerin Riess-Passer auf, sich "von den antisemitischen Äußerungen Jörg Haiders in Ried" zu distanzieren und sich dafür bei der israelischen Bevölkerung und den israelischen Fußballern zu entschuldigen.

Der Sportbericht 1999 sei das Abbild der Förderpolitik der SPÖ, skizzierte Abgeordneter Mag. HETZL (F) seine Position. Er bemängelte das Fehlen von Parametern für die Förderungswürdigkeit und wandte sich gegen Beamte, die als Vereinsfunktionäre die Hand aufhielten, was auch vom Rechnungshof kritisiert worden sei. Er begrüßte eine entsprechende Gesetzesinitiative, die mehr Transparenz schaffen werde, und mahnte einen sorgsamen Umgang mit Steuermitteln ein.

Die sozialdemokratische Abgeordnete SCHASCHING lobte den Sportbericht als informativ und aufschlussreich und wandte sich dann dem Thema Frauen und Sport zu. Der Sport habe in eine aufgeklärte Frauenpolitik noch nicht Einzug gehalten, sagte Schasching und sprach sich für einen entsprechenden Frauenförderplan aus. An die Vizekanzlerin appellierte sie, den Frauenförderplan umzusetzen und die Mittel dafür zu erhöhen.

Dem Thema Behindertensport wandte sich dann F-Mandatar BÖHACKER zu. Wenn der Behindertensport die auf ihn zukommenden Herausforderungen bestehen wolle, sei ein Bündel von Maßnahmen nötig: Die örtlichen Sportvereine müssten sich dem Behindertensport stärker öffnen, die Verbindung zwischen Behindertensportvereinen und Schulen müsste verbessert, die finanziellen Ressourcen müssten mittel- und langfristig sichergestellt werden. Neben dem Breiten- müsse es auch im Behindertensport den Spitzensport geben, betonte der Abgeordnete und appellierte an die Medien, dem Behindertensport mehr Bedeutung beizumessen.

Abgeordnete PFEFFER (S) nahm auf die Neuorganisation der Bundessporteinrichtungen Bezug und stellte im Zusammenhang mit den Sportheimen eine entscheidende Verbesserung der Infrastruktur fest. Sie begrüßte die Ausgliederung, sprach sich aber gegen eine Privatisierung dieser Einrichtungen aus.

Für Unruhe unter den Mandataren vor allem der Opposition und Beifall in den Reihen seiner Fraktionskollegen sorgte dann Abgeordneter SCHEUCH (F) mit in Richtung des Grünen Abgeordneten Mag. Kogler gerichteten Bemerkung, er hoffe, dass Kogler "einen etwaigen Torschuss oder einen Torerfolg der österreichischen Mannschaft beim heutigen Länderspiel nicht auch noch antisemitisch kommentieren würde". Mit der Marke Kärntensport sei ein neuer Weg beschritten worden, führte Scheuch dann aus. Er bescheinigte dem Sponsoring eine große Zukunft und sprach sich für Steuererleichterungen in diesem Bereich aus. Ausgehend von einer positiven Bewertung der Leistungssportzentren regte Scheuch dann die Schaffung von einschlägigen Akademien an.

Abgeordneter Dr. PILZ (G) meldete sich aufgrund der "Entgleisung" seines Vorredners zu Wort. Er könne nicht akzeptieren, dass man vor der Wahl in Wien Juden beschimpft und nach der Wahl ein wunderbares Fußballspiel mit Israel genießt. "Wenn Sie als Vorsitzende einer antisemitischen Partei" nicht zu einer Entschuldigung in der Lage sind, dann sollten sie an diesem Abend wenigstens zu Hause bleiben", forderte Pilz die Vizekanzlerin auf.

Für den an die Vizekanzlerin gerichteten Ausdruck, "Vorsitzende einer antisemitischen Partei" zu sein, erhielt Pilz von Präsident DI PRINZHORN einen Ordnungsruf.

Wenn es hier eine Entgleisung gegeben hat, die gerügt gehört, dann ist es sicher die von Ihnen, meinte V-Abgeordneter KOPF in Richtung des G-Mandatars Pilz. Heute Abend findet in Wien ein Fußballspiel statt, das sicher nicht wie jedes andere ist, erklärte der Redner, da es zwischen zwei Ländern stattfindet, wo es durchaus eine sensible Situation gibt. Es müsse alles daran gesetzt werden, dass sich die Situation entspannt, damit Fußballspiele - zwischen welchen Ländern auch immer - Fußballspiele sein können.

Dem Abgeordneten Pilz gelinge es anscheinend immer, einen Ordnungsruf zu bekommen, sagte Abgeordneter Mag. SCHWEITZER (F), da sein einziges Ziel sei, zu diffamieren. Wenn sich Pilz schon mit dem Antisemitismus auseinandersetze, dann solle er lieber die Aussagen eines "hochrangigen Funktionärs Ihrer Freunde" in den Mittelpunkt seiner Ausführungen stellen. Dieser habe vor kurzem in einem Interview etwa von zionistischen Extremisten, Brandstiftern und Kinderschändern gesprochen und eine wüste Hetzrede gegen Israel gehalten.

Abgeordneter Mag. Schweitzer erhielt von Präsident DI PRINZHORN einen Ordnungsruf, da er den Abgeordneten Pilz als "Diffamierer" bezeichnet hat.

In einer tatsächlichen Berichtigung stellte Abgeordneter Dr. PILZ mit Nachdruck fest, dass sich seine Fraktion sehr wohl in einem entsprechenden Antrag von den antisemitischen Äußerungen des Herrn Blecha distanziert habe.

Wenn der Vizekanzlerin etwas am Zusammenführen von zwei Nationen liege, dann solle sie sich beim Land Israel für die antisemitischen Äußerungen des Landeshauptmanns von Kärnten entschuldigen, forderte Abgeordneter BRIX (S) Riess-Passer noch einmal auf. Das österreichische Parlament müsse sich gegen jede Art von Antisemitismus aufs Schärfste verwehren, unterstrich er.

Bei der Abstimmung wurde der 16. Sportbericht mit den Stimmen von SPÖ, FPÖ und ÖVP  zur Kenntnis genommen.

V-F- ANTRAG BETREFFEND ERZIEHUNGSVEREINBARUNGEN DER SCHULPARTNER * G- ANTRAG BEZÜGLICH ÄNDERUNG DES SCHULORGANISATIONSGESETZES * BÜRGERINITIATIVE NR. 6 BETREFFEND "SICHERSTELLUNG UND GESETZLICHE VERANKERUNG DER TÄTIGKEIT DER SCHÜLERBERATER/INNEN AN BERUFSSCHULEN"

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Abgeordneter Dr. ANTONI (S) wies eingangs darauf hin, dass einige wichtige Anträge den Weg ins Plenum bedauerlicherweise nicht gefunden haben. Dazu gehören Initiativen der Sozialdemokraten betreffend ein Sondermaßnahmenpaket für die Ausbildung von Experten im IT-Bereich sowie die Konsumentenerziehung. Ein zweites Mal vertagt wurde leider auch der Antrag hinsichtlich der Ausweitung der Schülermitbestimmungsmöglichkeiten, bemängelte Antoni. Negativ stand der Redner dem Entschließungsantrag der Regierungsfraktionen gegenüber, der Erziehungsvereinbarungen der Schulpartner vorsieht. Er halte dies für einen völlig überholten pädagogischen Ansatz, der nicht die Konfliktlösung in den Mittelpunkt stellt, sondern ein "law and order"-Klima in den Schulen schaffen wird.

Abgeordneter Mag. SCHWEITZER (F) erachtete es für positiv, wenn die Schulpartner die Möglichkeit erhalten, verbindliche Erziehungsvereinbarungen festzulegen. Auch internationale Experten sprechen sich für ein solches Modell aus, da immer weniger Jugendliche sich an vorgegebene Regelungen halten und viele Lehrer unter dem Burn-out-Syndrom leiden. In einigen wenigen Schulen gebe es bereits derartige interne Vereinbarungen, weil die Schülervertretung darum gebeten hat, betonte Schweitzer, und weil die Schüler einen klar definierten Ablaufrahmen wollen.

Abgeordneter BROSZ (G) konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, dass es beim Entschließungsantrag der Regierungsparteien ausschließlich um Erziehungsvereinbarungen und nicht um Konfliktlösung gehe, da einseitige Disziplinierungsmaßnahmen der Schüler im Vordergrund stehen. Es gebe auch Alternativen zu diesem Modell, meinte Brosz, der auf eine internationale Studie hinwies, die sich für ein Konfliktlösungsmodell, das von den Schülern selbst umgesetzt werde, ausspreche. Mit Bedauern konstatierte der G-Redner auch die Ablehnung des Antrags auf Absenkung der Klassenschülerhöchstzahlen, da dies eine wichtige Maßnahme wäre, um die Qualität der Ausbildung zu verbessern. Ebenso sollte seiner Auffassung nach der fächerübergreifende Unterricht, wie z.B. in den skandinavischen Ländern, wo die technische Ausbildung viel besser sei, forciert werden.

Seiner Meinung nach sei es notwendig, gemeinsame Verhaltensvereinbarungen in den Schulen zu treffen, argumentierte Abgeordneter AMON (V). Unablässlich sei dabei, dass Verstöße gegen derartige Vereinbarungen auch Konsequenzen, die von den Schulpartnern individuell festgelegt werden können, nach sich ziehen. Regelwerke des Zusammenlebens können auch positive Effekte auf die Ausbildung haben, urteilte er, weshalb es unfair sei, wenn die Opposition von pädagogischen Steinzeitkonzepten spreche. Ablehnend stand Amon der Forderung von Brosz nach Absenkung der Klassenschülerhöchstzahlen gegenüber, da Österreich im europäischen Vergleich sehr gut liege und diese Maßnahme auch absolut nicht finanzierbar sei.

Abgeordnete HEINISCH-HOSEK (S) lehnte den Antrag bezüglich der Erziehungsvereinbarungen ab, da ihrer Auffassung nach durch diese "schwarze Pädagogik" die Rahmenbedingungen massiv verschlechtert werden. Dies bedeute, dass Gericht gehalten wird über unliebsame Schüler und dann Disziplinierungsmaßnahmen angeordnet werden. Die Schule ist nicht nur der Ort, wo Wissen vermittelt wird, sondern ein Lebensraum für Kinder, für Konfliktbewältigung und Konfliktbegegnung. Sollte es zu Problemen kommen, dann müssen natürlich Mediationsmöglichkeiten angeboten werden. Sie verstehe jedoch nicht, warum nicht auf bereits bestehende alternative Projekte, die gut funktionieren, zurückgegriffen werde.

Mit den vorliegenden Anträgen werden ganz wichtige Schulthemen besprochen und diskutiert, meinte eingangs Bundesministerin GEHRER. Was die Klassenschülerhöchstzahlen betrifft, so solle man die Kirche im Dorf lassen und sich die reale Situation in den Schulen anschauen, forderte die Ministerin. Denn der österreichweite Schnitt sehe folgendermaßen aus: 19,8 Schüler in der Volksschule, 22,9 in der Hauptschule, 26,8 in der AHS-Unterstufe, 21,8 in der AHS-Oberstufe, 22,4 in den berufsbildenden mittleren Schulen und 25 in den berufsbildenden höheren Schulen. Dazu kommt noch eine Reihe von zusätzlichen Maßnahmen, die zu einer Teilung der Klassen führen. Als Beispiele nannte sie u.a. die Teilung in bestimmten Fächern, Reifeprüfungsprojekte, Übungsfirmen, Begleit- und Stützlehrer und die Leistungsgruppen in den Hauptschulen.

Die zur Diskussion stehenden Verhaltensvereinbarungen sehe sie als weiteren Schritt in Richtung einer neuen Schulkultur, wo Vereinbaren statt Anordnen im Mittelpunkt steht. Die einzelnen Schulen sind nicht dazu verpflichtet, sie können aber schuleigene Vereinbarungen festlegen. Das sei für sie gelebte Schulautonomie, gelebter Föderalismus und gelebte Eigenständigkeit der Schulen. Zudem könne ein Gremium eingerichtet werden, das u.a. zur Beratung von Erziehungsfragen, zur Hilfestellung in Konfliktfällen sowie zur Konfliktlösung und Mediation dient. Erziehen heiße für sie, Vorbild sein, Freund sein, Sicherheit geben und Vereinbaren statt Anordnen, unterstrich Gehrer abschließend.

Unter Bezugnahme auf die Rede von Dr. Pilz schlug Abgeordnete Dr. PAPHAZY (F) all jenen, die sich einer Sprache bedienen, die nicht in Ordnung sei, vor, sich die Broschüre des Bildungsministeriums "Macht und Sprache" näher zu Gemüte zu führen. Sodann kam sie auf die vorliegenden Anträge zu sprechen und meinte einleitend, dass sich der Bildungsbereich geänderten Anforderungen gegenüber sieht. Meist sind beide Elternteile berufstätig, die Erziehung werde mehr und mehr der Schule übertragen und die Lehrer müssen verstärkt Erziehungsaufgaben wahrnehmen. Als Reaktion darauf werden neue zeitgemäße Rahmenbedingungen geschaffen, die dazu dienen, Kinder und Jugendliche auf das berufliche und soziale Leben optimal vorzubereiten. Ein wichtiges Anliegen war ihr, die Vermittlung von wirtschaftlichen Fähigkeiten zu forcieren, wie z.B. im Rahmen von Übungs- und Juniorfirmen. Für wichtig erachtete sie die Möglichkeit, Verhaltensvereinbarungen in den Schulen zu treffen, weil damit die Eigenverantwortung gestärkt und ein wichtiges erzieherisches Frühwarnsystem etabliert werde.

Abgeordneter ÖLLINGER (G) sprach die Befürchtung aus, dass durch Erziehungsvereinbarungen jene pädagogischen Vorstellungen wieder in den Vordergrund drängen, die er selbst vor Jahrzehnten in seiner Schulzeit erlebt habe. Angesichts einer konkreten Vereinbarung, in der etwa das Kaugummikauen untersagt wird, fühlte sich Öllinger an ehemalige Nazi-Lehrer erinnert, die den Kaugummi als Inbegriff amerikanischer Lebensart verteufelt und verboten haben. Von den Schulpartnern getroffene Erziehungsvereinbarungen, die auf "Ordnung und Befehl" setzten, ignorierten den erzieherischen Einfluss der Gleichaltrigen auf die Jugendlichen und entsprächen nicht dem aktuellen Stand der Pädagogik. Öllinger gehe es darum, die Jugendlichen als Gleichberechtigte ernst zu nehmen und sie dazu anzuregen, Konflikte selbständig aufzuarbeiten.

Abgeordnete Dr. BRINEK (V) widersprach ihrem Vorredner, indem sie daraufhin wies, dass die Schülervertreter in die Erziehungsvereinbarung einbezogen seien. Das Lehrer-Schüler-Verhältnis sei tatsächlich kein Verhältnis zwischen Gleichberechtigten, weil die Lehrer bei der Vermittlung von Wissen einen Vorsprung haben.

Die Kritik der SPÖ führte Brinek auf deren Unbehagen gegenüber dezentralen Lösungen zurück, sie habe offenbar Angst davor, dass in den Schulen individuelle Qualitäten entstehen. Außerdem setze die SPÖ nach wie vor auf Konfliktvermeidung, in der Erziehung gehe es aber um die Lösung von Konflikten, sagte die Rednerin und machte darauf aufmerksam, wie sehr die Lehrer über Belastungen durch auffälliges Verhalten von Schülern klagen.

Abgeordneter RIEPL (S) befasste sich mit der Arbeit der Schulberater an Berufsschulen und mit der diesbezüglichen Bürgerinitiative von Berufsschullehrern. Er unterstützte deren Wunsch, die Schülerberatung an Berufsschulen gesetzlich zu verankern und sicherzustellen, und zeigte Verständnis für die Sorgen der Lehrer wegen der "Sparwut" der Bundesregierung. Der Abgeordnete machte darauf aufmerksam, dass an den Berufsschulen sehr wenig Zeit für die Beratung der Schüler zur Verfügung stehe, an einer Wiener Berufsschule etwa nur fünf Stunden pro Woche für 900 Schüler. Professionelle Beratung der Schüler sei aber sehr wichtig, weil es oftmals um gesundheitliche oder persönliche Probleme, um Schwierigkeiten am Arbeitsplatz oder Rechtsfragen gehe, die bei der Justiz enden können. Jede Beratungsstunde sei eine gute Investition, jede benötigte, aber nicht gewährte Beratung ziehe in der Regel ein Vielfaches der Beratungskosten nach sich. 

Abgeordnete WOCHESLÄNDER (F) wies auf die Klagen vieler Lehrer hin, die am "Kampfplatz Schule" auf "Ego-Monster" und "Schlaraffenland-Kinder" stoßen. Fruchtbare Erziehungsarbeit setze Regeln voraus, die viele Schüler zu Hause nicht mehr vermittelt bekommen. Daher plädierte die ehemalige Pädagogin für Erziehungsvereinbarungen, denn ein guter Pädagoge könne umso besser arbeiten, wenn er sein fachliches und didaktisches Wissen in einer gut disziplinierten Klasse problemlos zur Verfügung stellen kann.

Abgeordnete Mag. MUTTONEN (S) entgegnete, sie habe in langen Jahren als Lehrerin keine "Ego-Monster" oder "Schlaraffenland-Kinder" kennen gelernt, konzentrierte sich in ihren Ausführungen dann aber auf die Beratung von Schülern in den Berufsschulen und unterstützte das Anliegen der Beratungslehrer, ihre Tätigkeit gesetzlich zu verankern. Immerhin gehe es darum, den Berufs- und Bildungsweg zu planen und Jugendlichen in einer schwierigen Lebensphase Orientierungshilfe zu geben. Zweifel äußerte die Rednerin an Berichten aus den Bundesländern, sie hätten keinen Bedarf an Beratungslehrern.

Abgeordneter SEVIGNANI (F) bekannte sich nachdrücklich zur verstärkten Zusammenarbeit von Schülern, Eltern und Lehrern in Fragen der Erziehung und unterstrich die Notwendigkeit von Erziehungsvereinbarungen. Denn die Schule brauche Instrumente, um ihrem Erziehungsauftrag nachkommen und die vielen Kinder berufstätiger Eltern, die zur Erziehung in der Schule abgegeben werden, zu verantwortungsvollen Mitgliedern der Gesellschaft heranbilden zu können.

Abgeordneter DDr. NIEDERWIESER (S) wies den Vorwurf zurück, die Sozialdemokraten bevorzugten zentralistische Lösungen und machte auf immer häufigere Klagen von VP-Landeshauptleuten über den Zentralismus der blau-schwarzen Bundesregierung aufmerksam. Den Koalitionsparteien warf der Redner vor, die wichtige Jugendarbeit durch die Verschlechterung des Zivildienstes zu behindern, da soziale Vereine auf die Mitarbeit von Zivildienern angewiesen seien. Eine gute Schule setze Teamarbeit der Lehrer und Zeit für die Kinder voraus. Statt die Mauern zwischen den Klassen zu beseitigen und dafür zu sorgen, dass die Kinder nicht zu früh in den Konkurrenzkampf hineingehetzt werden, sollen nun Erziehungsvereinbarungen getroffen werden, die nicht mehr als neue Depressionen schaffen werden - das sei kein Antrag, der das Schulklima verbessere, schloss Niederwieser.

Abgeordneter BROSZ (G) unterstrich gegenüber Abgeordneter Wochesländer seine Forderung auf Senkung der Klassenschülerhöchstzahlen. Mindestens sollte die Ministerin mit der Überschreitung der Klassenschülerhöchstzahlen Schluss machen. 

Bei der Abstimmung wurde der VP-FP-Entschließungsantrag 352/A(E) betreffend Erziehungsvereinbarung der Schulpartner mit der Mehrheit der Regierungsparteien verabschiedet. Der (negative) Bericht über den G-Antrag 233/A betreffend Änderung des Schulorganisationsgesetzes wurde mit VP-FP-Mehrheit zur Kenntnis genommen. Die Ausschussentschließung zum Thema Schülerberatungen an Berufsschulen erhielt die Stimmen aller Abgeordneten.

FAMILIENBERICHT 1999

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Abgeordnete Dr. PETROVIC (G) leitete ihre Kritik an der Familienpolitik der vorigen und der jetzigen Bundesregierung mit der Feststellung ein, dass Österreich im internationalen Vergleich zwar die zweithöchsten Leistungen in der Familienpolitik aufweise, aber bei der Arbeitslosigkeit der Frauen und geschlechtsspezifischen Einkommensunterschieden sehr schlechte Ränge einnehme und bei der Geburtenrate an letzter Stelle liege. Von einem Erfolgsmodell könne also keine Rede sein.

Junge Frauen wünschen sich mehrheitlich zwei bis drei Kinder, wegen der Nichtvereinbarkeit von Beruf und Familie seien sie aber häufig gezwungen, auf die Realisierung ihres Kinderwunsches zu verzichten. Die neue Regierung verstärke diesen Trend, indem sie die teuren und ineffiziente Familienpolitik der Vergangenheit verstärkt fortsetze. 

Moderne Frauen und Männer wollen in Familien leben, gleichzeitig aber ihre Eigenständigkeit bewahren oder ausbauen. Sie wollen eine Familie im Sinne von Partnerschaft an Stelle eines ökonomischen Zwangsverbandes, sagte Petrovic. Dem widerspreche die Familienpolitik der Regierung. Sie ignoriere, dass die Frauen den überwiegenden Teil der unbezahlten Arbeit leisten und dafür mit niedrigeren Löhnen und Pensionen bestraft werden. "Die Regierung verhöhne Menschen, die Betreuungsarbeit leisten", sagte Petrovic und wies den Anspruch der Regierung zurück, durch eine 18-monatige Anrechnung der Erziehungszeit auf die Pension einen Fortschritt zu erzielen. "Wollte eine Frau eine damit eigenständige Pension erreichen, müsste sie zehn Kinder großziehen", sagte Petrovic pointiert.

Abgeordnete Dr. MERTEL (S) warf den Regierungsparteien vor, eine Familienpolitik zu betreiben, die den Empfehlungen der Experten, die den Familienbericht 1999 verfassten, entgegengesetzt sei. Sie erinnerte an die Kürzung des Familienzuschlages, die Einführung von Ambulanzgebühren und die Erhöhung der Rezeptgebühren und warf der Regierung vor, den Wiedereinstieg von Müttern in das Berufsleben zu erschweren. Während Fachleute für kurze Unterbrechungen des Erwerbslebens und gegen den Ausstieg aus dem Beruf eintreten, forciere die Regierung den Ausstieg der Frauen aus dem Beruf, reduziere die Wiedereinstiegshilfe, schaffe die Bildungskarenz ab und spare das AMS kaputt. Wo Experten auf Teilzeitkarenz setzen, streiche die Regierung den Kündigungsschutz und verkaufe dies als Wiedereinstiegshilfe.

Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie sei von der neuen Regierung eindeutig erschwert worden, weil sie die Kindergartenmilliarde gestrichen habe und es verabsäume, Betreuungseinrichtungen zur Verfügung zu stellen, kritisierte Mertel.

Abschließend setzte sich die Familiensprecherin der SPÖ mit dem geplanten Erziehungsgeld auseinander, von dem niemand wisse, ob es 13 Mrd. S, 16 Mrd. S, 18 Mrd. S oder 24 Mrd. S kosten werde. 6.000 S seien nicht existenzsichernd, die Frage einer besonderen Berücksichtigung der Alleinerzieherinnen sei nach wie vor offen. Mertel vermisste auch Maßnahmen, um die Armutsgefährdung der Familien durch Arbeitslosigkeit zu vermindern.

Abgeordneter ÖLLINGER (G) griff einen Vorschlag aus dem Familienbericht auf, wonach die Länder die infrastrukturellen Leistungen für Familien übernehmen, der Bund sich hingegen prioritär auf Geldleistungen konzentrieren solle. Das wird seiner Meinung nach mit der Familienpolitik der Regierung aber nicht erreicht. Einzelne Länder werden auch nach Einführung des Kinderbetreuungsgelds ihre Zuschussleistungen aufrechterhalten, "da jeder Landeshauptmann selbst gerne Geld verteilt", vermutet Öllinger, andere Länder werden diese Leistungen streichen, um mit dem Nulldefizit zurechtzukommen. Was sicher nicht passiere, sei aber, dass die Länder dieses Geld für den Ausbau von Infrastruktureinrichtungen nutzen werden. Das geplante Kinderbetreuungsgeld trägt nach Ansicht Öllingers außerdem nichts zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie bei; er forderte ein Recht auf Teilzeitarbeit von Männern und Frauen mit Betreuungspflichten.

Abgeordnete HALLER (F) wies Aussagen ihrer VorrednerInnen zurück, wonach in Österreich Kinderbetreuungsplätze fehlten. Im Familienbericht sei festgehalten, dass es mehr Betreuungsplätze in Kindergärten gebe als angenommen würden, unterstrich sie.

Bedauert wurde von Haller der "gewaltige" Geburtenrückgang in Österreich. Im Schnitt würden nur noch 1,34 Kinder pro Frau zur Welt kommen. Partnerschaft, Ehe und Familie seien aber nach wie vor die wichtigsten Lebensformen der ÖsterreicherInnen. Die neue Regierung werde durch die Umsetzung des Familienpakets nicht nur den durch die beiden Sparpakete der alten Regierung verursachten Realkürzungen für Familien Einhalt gebieten, betonte Haller, sondern den Familien zusätzliche Mittel zur Verfügung stellen. "Das Kinderbetreuungsgeld wird die große Innovation im Bereich der Familienpolitik werden", prophezeite sie.

Abgeordnete Mag. LUNACEK (G) zeigte sich über eine Passage im Familienbericht erfreut, wonach gleichgeschlechtliche Beziehungen eine wachsende gesellschaftliche Akzeptanz hätten. Zwischen Anspruch und Alltag würden aber Welten klaffen. Insbesondere was die rechtliche Realität betreffe, lebten Lesben und Schwule nach wie vor im 19. Jahrhundert, klagte Lunacek und machte dafür ÖVP und FPÖ verantwortlich. Dem gegenüber gebe es bereits in elf EU-Staaten Gleichstellungsgesetze, die Lesben und Schwulen erlaubten, Lebensgemeinschaften einzugehen, unter anderem auch im "katholischen Portugal".

Abgeordnete STEIBL (V) hielt fest, der Familienbericht zeige eindrucksvoll den Stellenwert der Familie in Österreich. Drei Viertel der Österreicher meinten, dass man die Familien brauche, über die Hälfte der 20- bis 40-Jährigen fände es ideal, wenn Mütter in den ersten Lebensjahren des Kindes zu Hause bleiben könnten.

In diesem Sinn wertete es Steibl als positiv, dass die langjährige Forderung der ÖVP nach "Karenzgeld für alle" nunmehr mit dem neuen Regierungspartner umgesetzt werden kann. Die Koalition habe ein finanzierbares, sozial gerechtes und machbares Familienpaket vorgelegt, mit dem Österreich zum kinderfreundlichsten Land Europas werde, sagte sie. Mit dem Kinderbetreuungsgeld würde außerdem die Wahlfreiheit von Frauen bzw. Eltern in Bezug auf Beruf und Kinderbetreuung gewährleistet. Erneuert wurde von Steibl die ÖVP-Forderung nach einem Steuerfreibetrag für Kinderbetreuung.

Abgeordnete PFEFFER (S) befasste sich mit dem Thema Armut in den Familien. Sie sieht es als wesentlichen Widerspruch, dass Österreich einerseits mit den Ausgaben für Familien im Spitzenfeld liege, andererseits bestimmte Gruppen von Familien - etwa Haushalte mit AlleinverdienerInnen in Niedriglohnbranchen oder AlleinerzieherInnen-Haushalte - dennoch besonders armutsgefährdet seien. Da, wie Studien zeigten, eine Erwerbsarbeit beider Elternteile das Armutsrisiko jedoch spürbar verringere, ist Pfeffer zufolge für die SPÖ die Vereinbarkeit von Familie und Erwerbsarbeit eine wichtige gesellschaftspolitische Forderung. Sie verlangte in diesem Zusammenhang u.a. ein Recht auf Teilzeitarbeit für Eltern mit Betreuungspflichten, verbesserte Wiedereinstiegshilfen und den Ausbau öffentlicher Sach- und Dienstleistungen für Familien.

Sozialminister Mag. HAUPT machte geltend, dass gerade in jenen Bundesländern, in denen die SPÖ Verantwortung trage, nämlich in Wien und im Burgenland, die Geburtenrate am niedrigsten sei. Er führt das darauf zurück, dass es gerade dort offenbar keine entsprechenden Rahmenbedingungen für Familien gebe. Auch das von SPÖ und Grünen behauptete Missverhältnis zwischen notwendigen und vorhandenen Kinderbetreuungseinrichtungen wird laut Haupt durch den Familienbericht nicht belegt. 76 % der Eltern seien nämlich mit den bestehenden Kinderbetreuungseinrichtungen und den Öffnungszeiten zufrieden, die Hauptkritik der anderen betreffe vor allem die Schließung in Ferienzeiten.

Was das geplante Kinderbetreuungsgeld betrifft, versicherte Haupt, dass der Zuschuss von 2.500 S für AlleinerzieherInnen bestehen bleiben wird. Zudem wies er auf die in Aussicht genommenen Verbesserungen bei der Zuverdienstgrenze hin. Zur Kindergartenmilliarde merkte der Minister an, man dürfe nicht vergessen, dass die Verfassungslage der Republik eindeutig sei und Kinderbetreuungseinrichtungen Länderangelegenheit wären.

Abgeordneter WEINMEIER (F) beurteilte den Familienbericht 1999 als äußerst gute und aussagekräftige Analyse über die Situation der österreichischen Familien sowie als wichtige Grundlage für familienpolitische Entscheidungen. Seiner Meinung nach ist die Einführung des Kinderbetreuungsgeldes die richtige Antwort auf die im Familienbericht aufgezeigten Probleme von Familien. Weinmeier verwies darüber hinaus auf einige im Familienbericht angeführte Daten und Fakten und bedauerte etwa das Absinken der Geburtenrate. Zudem gebe es spätere Heiraten, spätere Mutterschaft und mehr Scheidungen.

Abgeordneter Dr. BRUCKMANN (V) setzte sich mit der Stellung der Senioren in der Gesellschaft auseinander und gab zu bedenken, dass weniger als 4 % der über 60-Jährigen betreuungsbedürftig seien. Der Rest könne eine positive und konstruktive Rolle im Familienverband wahrnehmen. Als positiv qualifizierte es Bruckmann, dass die Regierung bereits einige Wünsche von Senioren erfüllt habe, beispielsweise die Zusammenführung der Bereiche Familie, Jugend und Senioren in einem Ministerium und die Gleichstellung des Seniorenrats mit den Interessenvertretungen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern in allen Fragen, die Senioren betreffen. 

Abgeordnete BINDER (S) sprach von einem Bedeutungsverlust der Ehe und meinte, logische Konsequenz sei es, die unterschiedlichen Lebensformen zu akzeptieren. Einzig relevant müsse die Qualität des Zusammenlebens sein. Die Rednerin ortete aber auch großen Handlungsbedarf bei der Schaffung von Rahmenbedingungen für die Entscheidung, Kinder in die Welt zu setzen. Angesprochen seien dabei, wie sie meinte, Betreuungsmöglichkeiten, einkommensabhängiges Karenzgeld und familienfreundliche Arbeitszeitmodelle.  

Abgeordneter DOLINSCHEK (F) unterstrich die Bedeutung von Maßnahmen, die zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie beitragen,und begrüßte in diesem Zusammenhang das Kinderbetreuungsgeld. Bei Arbeitszeitmodellen und atypischen Beschäftigungsverhältnissen müssten familienpolitische Aspekte stärker berücksichtigt werden, forderte er weiters. 

Abgeordneter PRINZ (V) hielt fest, Untersuchungen in der österreichischen Bevölkerung zeigten, welche Bedeutung der Familie beigemessen werde. Er findet es bemerkenswert, dass 75 % der Österreicher sagten, dass Familie gebraucht werde, um glücklich zu sein. Volkswirtschaft und Gesellschaft profitieren seiner Ansicht nach gleichermaßen von verantwortungsbewusster Familienpolitik. Für besonders notwendig erachtet es Prinz, dem Geburtenrückgang entgegenzusteuern. Mit der Einführung des Kinderbetreuungsgeldes würden die Weichen in die richtige Richtung gestellt.

Abgeordnete Mag. PRAMMER (S) wandte sich gegen das ihrer Meinung nach überholte Familienbild der Koalitionsparteien und wies darauf hin, dass es viele Formen von Familie gebe. Was eine Familie sei, müsse jeder für sich selbst definieren. Kritik übte Prammer darüber hinaus am geplanten Kinderbetreuungsgeld. Die Koalition verweise zwar immer auf die Zuverdienstgrenze, sage aber nicht dazu, dass gleichzeitig die Teilzeitkarenz abgeschafft werde, beklagte sie. Auch eine Überversorgung mit Kinderbetreuungseinrichtungen kann sie nicht erkennen.

Abgeordnete ZIERLER (F) erklärte, die Menschen in Österreich hätten gerne Kinder, für sie sei Familie kein inhaltsleeres Schlagwort. Familie, Partnerschaft und Elternschaft seien geschätzte Werte. Zierler zufolge sind die Familien in den letzten Jahren aber von der SPÖ im Stich gelassen worden. Die SPÖ habe Kinder im Wesentlichen zur Privatsache erklärt.

Abgeordneter ELLMAUER (V) unterstrich, alle würden von den Leistungen der Familien profitieren. Man müsse stolz auf die Familien und ihre Arbeit sein. Allen Unkenrufen zum Trotz bestätige auch der Familienbericht 1999, dass der Stellenwert von Ehe und Familie nach wie vor sehr hoch sei. Ellmauer urgierte Maßnahmen zur Steigerung der Geburtenrate, da man nur so im Sinne des Generationenvertrages in eine gesicherte Zukunft blicken könne. Gleichzeitig sieht er die Notwendigkeit, verstärkt Anstrengungen zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu unternehmen.

Abgeordneter DONABAUER (V) führte aus, die Familie sei einem ungemein großen Wandel unterlegen. Was eine Familie sei, sei nicht mehr klar definiert. Insgesamt habe die Familie aber nicht an Bedeutung verloren. Zum Kinderbetreuungsgeld merkte Donabauer an, dieses bringe nicht nur eine wirtschaftliche Stärkung der Familien und führe zu einer besseren sozialen Absicherung vor allem der Frauen, sondern könnte auch dazu führen, dass die Erziehungsarbeit in eine neue Verantwortung gestellt und neu verteilt werde.

Sozialminister Mag. HAUPT beantwortete in einer kurzen Stellungnahme offene Fragen und teilte u.a. mit, dass sein Ressort demnächst einen Ratgeber für Stieffamilien herausgeben werde. Für die Wiedereinstiegshilfe sind seiner Auskunft nach im kommenden Jahr 1,5 Mill. Euro veranschlagt.

Abgeordneter KAMPICHLER (V) befasste sich mit den öffentlichen Leistungen für Familien und der wirtschaftlichen Lage von Familien. Dem Familienbericht sei zu entnehmen, dass die öffentliche Hand beträchtliche Mittel für Familien ausgebe, bekräftigte er. Im weitesten Sinn könnten 340 Mrd. S an Ausgaben als familienrelevant eingestuft werden. Trotz dieser "gewaltigen Summe" zeige der Bericht aber, so Kampichler, dass für Eltern mit Kindern zunehmend die Gefahr bestehe, dass sie vom Wohlstand ausgeschlossen würden. Positiv bewertete Kampichler das geplante Kinderbetreuungsgeld.

Abgeordneter KNERZL (F) konstatierte, mit der Einführung des Kinderschecks setze die FPÖ neue Maßstäbe in der Familienpolitik Österreichs. Die Bedeutung des Schecks geht seiner Auffassung nach weit über die vorgesehene finanzielle Zuwendung hinaus. So könnten Eltern in Zukunft frei entscheiden, ob sie nach der Geburt des Kindes weiter arbeiten gehen oder ihr Kind selbst betreuen wollten. Außerdem bringe der Kinderscheck eine Kaufkrafterhöhung in den Regionen und trage somit zur Schaffung von Arbeitsplätzen bei. Dies zeigten entsprechende Pilotprojekte.

Der Familienbericht 1999 wurde mehrheitlich zur Kenntnis genommen.

(Fortsetzung)