Parlamentskorrespondenz Nr. 267 vom 04.04.2001

SOZIALDEBATTE IM SCHATTEN EINER PERSONALDISKUSSION

Haupt-Stellungnahme zum Fall seiner Kabinettchefin

Wien (PK) - Auf der Tagesordnung der Plenarsitzung des Nationalrats am fünften und letzten Sitzungstag zum Budget 2001 stand der Haushalt des Sozialressorts. Die Debatte stand zunächst aber im Schatten einer Personalfrage: Bundesminister Haupt gab zu Beginn der Sitzung eine Stellungnahme zur Causa seiner - mittlerweile ehemaligen - Kabinettchefin Ute Fabel ab, auf die zahlreiche Redner Bezug nahmen. Am Nachmittag wurden die Budgetkapitel Soziale Sicherheit und Generationen (15), Sozialversicherung (16), Gesundheit (17) sowie Jugend, Familie und Senioren (19) mit Mehrheit angenommen - nach insgesamt 81 Wortmeldungen, davon 19 tatsächliche Berichtigungen und 8 Wortmeldungen von der Regierungsbank.

Am Beginn der Sitzung gab Präsident FISCHER zunächst bekannt, dass die Sozialdemokratische Fraktion eine Fristsetzung zur Behandlung ihres Antrages 387/A betreffend rückwirkende Aufhebung der Unfallrentenbesteuerung mit 9. Mai 2001 beantragt habe. Die Kurzdebatte darüber findet um 15 Uhr statt.

Sozialminister HAUPT berichtete vor Eingang in die Debatte, dass Universitätsprofessor Dr. Schilcher ihm gegenüber am 1. April die Vermutung geäußert habe, Frau Fabel habe ihr akademisches Studium nicht abgeschlossen. Er selbst habe sie am nächsten Tag damit konfrontiert und sie gebeten, ihm die Urkunde ihrer Sponsion zu übermitteln, was sie für den 3. April in Aussicht gestellt habe. Am frühen Morgen dieses Tages sei jedoch die persönliche Kündigung von Frau Fabel auf seinem Tisch gelegen und auf seine diesbezügliche Frage habe sie ihm gestanden, dass ihr eine Prüfung fehle. Daher habe er sofort die Kündigung angenommen, die Innenrevision mit der Prüfung betraut und sowohl die Rechtsabteilung als auch die Präsidialsektion gebeten, eine rechtliche Bewertung durchzuführen.

Seiner weiteren Darstellung zufolge hat der Minister seine spätere Büroleiterin in Kärnten kennen und schätzen gelernt und sie daher auch am 16. März 2001 als Vertragsbedienstete übernommen. Der Präsidialabteilung habe sie versprochen, die fehlenden Unterlagen in der Osterwoche nachzubringen. Wie Haupt weiter ausführte, sei Frau Fabel auch auf der Adressenliste des Amtes der Kärntner Landesregierung als Magistra geführt worden. Er müsse nun zur Kenntnis nehmen, dass ihr zwei entscheidende Prüfungen fehlen. Der Minister betonte abschließend nochmals, dass die Angelegenheit von den zuständigen Abteilungen seines Ressorts umfassend geprüft werde und er dann die Ergebnisse übermitteln werde.

Abgeordneter NÜRNBERGER (S) ging auf die Darstellung der Vorgänge durch den Minister kritisch ein und erinnerte an dessen Wortmeldung am 20. März, als bekannt geworden war, dass Frau Fabel ein Gehalt von 200.000 S pro Monat bezieht. Er warf dem Minister vor, es verabsäumt zu haben, die Qualifikationen seiner Mitarbeiterin zu prüfen, zumal ja auch das AMS nur 149 S pro Tag Arbeitslosengeld an diese bezahlt hatte und die Zahlungen des AMS nur aufgrund der Qualifikationen erfolgten. Daher halte er fest, dass Haupt am 20. März von der Regierungsbank aus die Unwahrheit gesagt habe. Er, Nürnberger, hoffe nicht, dass die Revision beauftragt worden sei, einen schuldigen Beamten zu finden. "Für Ihre Büroleiterin sind Sie persönlich verantwortlich", hielt der Redner dem Minister entgegen.

Nürnberger richtete in weiterer Folge einige Fragen in dieser Causa an den Minister. Wie sei es möglich gewesen, dass Frau Fabel durch einen Arbeitsleihvertrag vom Ring Freiheitlicher Wirtschaftstreibender ins Ministerium gekommen sei? Weiters wollte er wissen, ob Haupt bereits Rückforderungsansprüche gegen den RFW und Frau Fabel gestellt habe, und ob er bereits eine Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet habe, denn es liege der Verdacht auf Betrug vor. "Sie haften für diesen Schaden, den sie der Republik zugefügt haben, persönlich", so Nürnberger, "sorgen Sie für Schadenersatz". Der "Sumpf der freiheitlichen Freunderlwirtschaft" müsse jetzt trockengelegt werden, verlangte der Redner.

Bundesminister HAUPT versicherte, dass er es sich nicht leicht mache, und die rechtlichen Angelegenheiten von der Innenrevision, der Rechtsabteilung und der Präsidialsektion überprüft würden, und meinte weiters, es handle sich um einen Rechtsbereich, der im Verwaltungsrecht zu ahnden sei. Im Übrigen hätte Abgeordneter Nürnberger seiner Meinung nach sofort von seinem Wissen aufgrund von AMS-Daten Mitteilung machen müssen. Daraufhin stellte NÜRNBERGER in einer tatsächlichen Berichtigung fest, dass er nichts vom fehlenden Studienabschluss Frau Fabels gewusst habe, jedoch die Vermutung vorliege, dass das AMS genau geprüft habe und man daraus Schlüsse ziehen könne.

Abgeordneter FEURSTEIN (V) nahm den Minister in Schutz und unterstrich, dass dieser korrekt reagiert und geantwortet habe. Den Vorwurf an den Ressortchef, die Unwahrheit gesagt zu haben, wies er scharf zurück und zeigte sich überrascht, dass ein Gewerkschaftler ein menschliches Drama für politische Zwecke missbrauche.

Feurstein wandte sich dann der Sozialpolitik zu und skizzierte die Unterschiede in den Grundpositionen zwischen ÖVP und SPÖ, die sich bereits in den letzten zehn bis fünfzehn Jahren der gemeinsamen Regierungsarbeit herauskristallisiert hätten. Die ÖVP trete für eine gerechte Verteilung der Lebenschancen ein, das Erreichte könne aber nicht immer das Gleiche sein. Die Bildung von Eigentum sei für sie eine wesentliche Komponente der Sozialpolitik. Der Redner unterstrich die wichtige Rolle der Sozialpartnerschaft und wertete die Einigung beim Arbeitnehmerschutzgesetz als ein deutliches Zeichen für die zukünftige Zusammenarbeit. Die ÖVP verlange neben Solidarität auch Subsidiarität im Sozialsystem, denn der Einzelne müsse auch für sich selbst und für die Mitmenschen Verantwortung übernehmen. Der Staat könne nicht immer als Lückenbüßer auftreten.

Feurstein trat einmal mehr für Reformen im Sozialbereich ein und hob als positives Beispiel die Anhebung des Frühpensionsalters hervor. Auch die Ambulanzgebühren seien ein notwendiger Schritt, die Krankenversicherung zu sanieren. Abschließend sprach sich Feurstein für eine starke Selbstverwaltung in den Sozialversicherungen aus, räumte jedoch ein, dass deren Organe auch ihrer Verantwortung nachkommen müssten, mit den Beiträgen sparsam umzugehen.

Abgeordneter ÖLLINGER (G) vermisste im aktuellen Fall die Redlichkeit des Ministers, die er bislang geschätzt habe. Der Fall Fabel und sämtliche Begleitumstände manifestierten ein "Sittengemälde der blau-schwarzen Regierungsübernahme" und insbesondere des Ressorts, und sprach in diesem Zusammenhang von "kriminellen Vorgängen".

Öllinger kritisierte, dass es im Büro des Ministers und des Staatssekretärs im Dezember 2000 insgesamt 21 MitarbeiterInnen gegeben habe, eine nie da gewesene Aufblähung, für die 2,7 Mill. S an Gehältern ausbezahlt worden seien. Der Minister habe im Rahmen von Anfragebeantwortungen völlig unterschiedliche Aussagen zu den Personalkosten getroffen. Das, was jetzt über die Causa bekannt sei, sei nur ein knapper Teil dessen, was das Parlament zu beschäftigen habe. Frau Fabel sei im Dezember 1999 in die Kärntner Landesregierung aufgenommen worden und bei Landesrat Reichhold für Kindergärten und Horte sowie für das Kindergeld zuständig gewesen. Gleichzeitig habe sie eine ehrenamtliche Funktion in einem Kindergarten innegehabt und habe sich trotzdem geringfügig beschäftigen lassen. Der Kindergarten habe nach einigen Monaten nicht einmal mehr die Gehälter der Kindergärtnerinnen auszahlen können, der Fall liege derzeit beim Arbeits- und Sozialgericht. Ihr Dienstvorgesetzter Reichhold, der sich jetzt "vertschüsst" habe, habe Frau Fabel trotz dieser Umstände an Haupt weiterempfohlen. "Das ist die Realität von Kärnten", wetterte Öllinger.

Mit besonderem Interesse müsse man jedoch die Tatsache betrachten, dass Frau Fabel als ehemalige Mitarbeiterin im Amt der Kärntner Landesregierung nun im Wege eines Arbeitsleihvertrages im Sozialministerium aufgenommen worden sei, wobei als Überlasser der RFW fungiere. Dies sei nun, nach der Affäre Rosenstingl, vermutlich der zweite Kriminalfall im Zusammenhang mit dem RFW. Öllinger warf Haupt auch vor, freiheitliche FunktionärInnen in den Abteilungen seines Ressorts unterzubringen, gleichzeitig aber gegen eine grüne Kandidatin für die Wiener Gemeinderatswahl ohne sachlichen Grund im Zuge von Revisionen vorgegangen zu sein.

Bundesminister HAUPT nahm auch zu diesen Vorwürfen sofort Stellung und führte aus, dass der Rechnungshof die Möglichkeit von Überlassungsverträgen nie bezweifelt habe. Die unterschiedlichen Anfragebeantwortungen seien auf unterschiedliche Fragestellungen zurückzuführen. Er gehe nicht gegen jemanden vor, nur weil die Person einer anderen politischen Fraktion angehöre. Im konkreten, von Öllinger angesprochenen Fall einer Mitarbeiterin des Ressorts, die gleichzeitig auch grüne Kandidatin war, sei die allgemeine Revision routinemäßig erfolgt, die spezielle Revision untersuche eine besondere Mittelvergabe, die auch abteilungsintern umstritten sei. Was die Vorgeschichte seiner ehemaligen Büroleiterin in Kärnten betreffe, so habe es auch dort eine Revision gegeben, auf Grund derer keine Beanstandungen festgestellt werden konnten. Er werde sich aber nach den ihm bisher unbekannten Vorwürfen, welche von Abgeordnetem Öllinger dargelegt worden waren, nochmals umfassend informieren, versprach der Minister.

Abgeordneter DOLINSCHEK (F) führte aus, auch er würde sich wünschen, dass jeder Österreicher alle ärztlichen Leistungen ohne Selbstbehalt und zum Nulltarif in Anspruch nehmen könne. Tatsächlich sei aber ein Abgang der Krankenkassen in der Höhe von 4 Mrd. S abzudecken. Dem diesbezüglichen Vorschlag der SPÖ, die Beiträge um 0,3 % zu erhöhen, erteilte Dolinschek eine klare Absage, da dies die sozial Schwächsten mehr belasten würde als die Ambulanzgebühren, da die Österreicher im Durchschnitt nur einmal in fünf Jahren eine Ambulanz aufsuchten. Außerdem seien für sozial Schwache Ausnahmen von der Ambulanzgebühr beschlossen worden, unterstrich Dolinschek. - Den Ausdruck "Diplom für Menschenverhetzung", den er gegenüber Abgeordnetem Öllinger verwendet hatte, zog Abgeordneter Dolinschek auf Veranlassung von Nationalratspräsident Fischer zurück. Für den Vorwurf parteilicher Vorsitzführung erhielt Abgeordneter Mag. Schweitzer einen Ordnungsruf.

Abgeordnete SILHAVY (S) zeigte sich enttäuscht von VP-Sozialsprecher Feurstein und seinem Versuch, die Sozialpolitik dieser Regierung zu rechtfertigen. Vor allem kritisierte sie seine Aussage über die Verpflichtung von Arbeitslosen, jede Arbeit anzunehmen. Die Freiheitlichen wiederum betrieben eine Günstlings- und Freunderlwirtschaft und diskriminierten Arbeitslose durch Maßnahmen wie die Kürzung der Familienzuschläge. Diese Koalition betreibe eine Politik, die gerade den Menschen das Geld aus der Tasche ziehe, die es am dringendsten brauchen, schloss Silhavy.

Abgeordneter Dr. LEINER (V) befasste sich mit den aus seiner Sicht großen Einsparungspotentialen im Gesundheitswesen, die realisiert werden können, ohne die medizinische Versorgung der Bevölkerung zu beeinträchtigen. Leiner nannte die Entlastung der Spitalsambulanzen durch Stärkung des extramuralen Bereichs, er sprach von Auslagerungen im stationären Bereich, wobei er festhielt, dass dies die Einrichtung von Gruppenpraxen, Tageskliniken und die Erhöhung der Anzahl der Vertragsärzte voraussetze. Leiner setzte auch auf eine verbesserte geriatrische Versorgung und wies schließlich darauf hin, dass private Kureinrichtungen wesentlich billiger arbeiten als öffentliche.

Abgeordneter Dr. GRÜNEWALD (G) warnte davor, Gesundheitspolitik ausschließlich von monetären Gesichtspunkten aus zu betrachten. "Erzählen Sie den Menschen nicht länger das Märchen von der Kostenexplosion im Gesundheitswesen. Österreich verfügt bei einem überdurchschnittlichen Leistungsangebot über eine sehr günstige Kostenstruktur", sagte Dr. Grünewald in Richtung Koalitionsparteien. Falsch sei auch die Behauptung des Abgeordneten Dolinschek, die Patienten würden nur sehr selten Ambulanzen aufsuchen. In Wahrheit besuchten jährlich 5,7 Millionen Menschen die Ambulanzen, wo 15,6 Millionen medizinische Leistungen pro Jahr erbracht werden. Wie diese Leistungen in den niedergelassenen Bereich gelenkt werden sollen, wo ebenfalls gespart werden soll, müsse die Regierung erst erklären. Grünwald schloss mit den Vorwurf an die ÖVP, eine doppelbödige Politik zu betreiben und forderte ihren Gesundheitssprecher Rasinger auf, "mit offenen Karten zu spielen". 

Abgeordneter Dr. PUMBERGER (F) kritisierte Abgeordneten Nürnberger, der eine "Hasstirade" gehalten habe, ohne mit einem Wort auf die Sozialpolitik einzugehen. Pumberger erinnerte Nürnberger an seine persönliche Verantwortung für die Wiener Gebietskrankenkasse, die ein Defizit von 1,13 Mrd. S zu verantworten habe. Dass es auch anders gehe, zeige die Oberösterreichische Krankenkasse, die auf Grund vernünftiger Sparmaßnahmen im Jahr 2000 einen Überschuss von 13 Mill. S erzielt habe. Zu Pumbergers Vorwürfen zählte auch die Aussage, die Frau des ehemaligen Bundeskanzlers Vranitzky sei auf Kosten der Wiener Gebietskrankenkasse zu einer Spitalsbehandlung nach Hannover geflogen worden. Pumberger unterstützte die Maßnahmen zur Entlastung der Krankenkassen und wies die Behauptung der Opposition, die Regierung belaste die Kassen, entschieden zurück. 

In einer tatsächlichen Berichtigung stellte Abgeordneter Dr. GRÜNEWALD (G) klar, dass der Überschuss der Oberösterreichischen Krankenkasse nicht auf Einsparungen zurück gehe. Der Überschuss resultiere aus einer unterschiedlichen Einnahmenstruktur.

Abgeordneter LACKNER (S) unterstrich die ausgezeichnete internationale Position des österreichischen Gesundheitswesens. Die WHO reihe Österreich weltweit an neunter und an zweiter Stelle in der EU. Die SPÖ tritt entschieden dafür ein, den freien Zugang zum Gesundheitswesen zu garantieren und dafür zu sorgen, dass niemand von medizinischer Behandlung ausgeschlossen werde. Die Ambulanzgebühren, die die Regierungsparteien am Montag beschlossen haben, werden die Ärmsten treffen, klagte Lackner. Auch warf er der Koalition vor, den Weg von der Sozialversicherung zur Privatversicherung und damit den Weg von der solidarischen Gesundheitsvorsorge zur Zwei-Klassen-Medizin zu gehen.

In tatsächlichen Berichtigungen machten die Abgeordneten FEURSTEIN (V) und PUMBERGER (F) auf die Ausnahmen aufmerksam, die bei den Ambulanzgebühren gelten. Sie nannten Kinder, Personen, die von der Rezeptgebühr befreit sind, sozial Bedürftige sowie Krebs- und Dialysepatienten.

In einer weiteren tatsächlichen Berichtigung verlas Abgeordneter NÜRNBERGER (S) ein Schreiben der Wiener Gebietskrankenkasse, aus dem hervorging, dass die Kasse keine Flugkosten für die Frau des ehemaligen Bundeskanzler Vranitzky übernommen habe.

Abgeordnete STEIBL (V) unterstrich das Engagement der Bundesregierung für die Familien, da ihr bewusst sei, dass Jugend, Familien und Senioren die Zukunft Österreichs darstellen. Steibl listete die familienpolitischen Leistungen in den Bereichen Sozialversicherung, Schülerfreifahrten und Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen auf. Dem Vorschlag der Abgeordneten Prammer, der Staat sollte die Alimente übernehmen erteilte sie eine Absage. "Wir wollen den Müttern helfen, zugleich aber auch die Unterhaltsverpflichtung der Väter einfordern", sagte Steibl. Sie unterstützte die Einrichtung von Kinderschutzzentren, das Kinderbetreuungsgeld und die Erhöhung der Familienbeihilfen und plädierte für eine integrative Familienpolitik, die auch die Infrastruktur und die Wohnungspolitik umfassen soll. 

Abgeordnete Dr. PETROVIC (G) mahnte die Verantwortung des Ministers bezüglich seiner Kabinettchefin ein. Haupt hätte bei seiner Mitarbeiterin die selbe Sorgfalt anwenden müssen, die er bei der Kontrolle der Förderungen an regierungskritische Vereine und Frauenorganisationen walten lässt, sagte sie. Petrovic fühlte sich durch den Vorfall in ihrer kritischen Haltung gegenüber Personalleihverträgen bestätigt, in denen sie eine Umgehung des rigiden öffentlichen Dienstrechtes sah. Die Kabinettchefin habe durch ihren exzessiven Vertrag jedenfalls in einem Monat soviel verdient, wie Frauen nach dem Kindergeldmodell der Regierung in einem ganzen Jahr dazu verdienen dürfen, gab die Rednerin zu bedenken.

Sozialminister Mag. HAUPT bezeichnete es als seinen Fehler, dass er das Vorliegen des akademischen Grades nicht überprüft hatte, meinte jedoch, der Titel sei nicht Voraussetzung für die Tätigkeit gewesen. Die Leistungen seiner Kabinettchefin, die, wie Haupt betonte, nicht der FPÖ angehört, hätten seiner Zufriedenheit entsprochen. Haupt appellierte ferner an die Vertreter der Opposition, die Causa nicht zum Anlass zu nehmen, die Mitarbeiter seines Ministeriums nun zu verunglimpfen.

Abgeordnete HALLER (F) sprach der SPÖ unter Hinweis auf die Affären Euro-Team, Klima und Lucona jegliche Berechtigung ab, der FPÖ heute "Freunderlwirtschaft" vorzuwerfen.

Die Frauenpolitik der SPÖ qualifizierte Haller als antiquiert. Den Sozialdemokraten sei es nie um die Frauen, sondern bloß um Ideologie gegangen. Sie hätten den fleißigen Hausfrauen Minderwertigkeitskomplexe eingeredet und dazu noch die Leistungen für die Frauen durch Sparpakete gekürzt, bemerkte Haller.

Abgeordnete Dr. MERTEL (S) erinnerte Haupt an seine Pflicht, als Behördenleiter für die Überprüfung der behaupteten Qualifikationen seiner Mitarbeiter zu sorgen, und warf dem Minister mangelnde Sorgfalt vor. Die Affäre um die Kabinettchefin füge sich nahtlos in den Dilettantismus dieser Regierung, meinte Mertel. Die Rednerin forderte Klarheit über die Finanzierung und konkrete Ausgestaltung des Kinderbetreuungsgeldes und fügte kritisch an, das Kindergeld werde auch an jene ausbezahlt, die es aufgrund ihrer sozialen Lage gar nicht brauchen. Im übrigen erklärte sich Mertel einer Meinung mit der Kritik des Kärntner Landeshauptmannes Haider an der Sozialpolitik der Koalition.

Abgeordnete Rosemarie BAUER (V) ortete ideologische Barrieren zwischen der VP-Frauenpolitik und jener der SPÖ. Forderungen der ÖVP auf Anrechnung der Kindererziehungszeiten als pensionsbegründend, Karenzgeld für alle, Abbau von Hürden für den Wiedereinstieg, Lockerung des Arbeitszeitkorsetts, Beseitigung des Arbeitsverbots während der Karenz oder nach besserem Zugang zur Eigenpension von Frauen seien am Widerstand der SPÖ gescheitert. Nun sei es aber möglich, diese Punkte gemeinsam mit der FPÖ zu verwirklichen, meinte Bauer, die von einem Quantensprung in der Frauenpolitik sprach.

Abgeordnete Mag. LUNACEK (G) befasste sich kritisch mit der Förderung von Frauengruppen und zeigte sich verwundert darüber, dass nach den Förderungsrichtlinien des Ministeriums die Frauenorganisationen das Gleichbehandlungsgesetz einhalten müssen. Auch werde durch die Vorgaben Haupts das Ziel der Sockelförderung nicht gewährleistet. Frauenkulturzentren, Frauengesundheitszentren, frauenspezifische Medien oder Organisationen von Migrantinnen würden im Frauenförderungskonzept des Ministeriums gar nicht aufscheinen. Lunacek forderte Haupt auf, die Förderungsrichtlinien gemeinsam mit den Fraueninstitutionen auszuarbeiten und darüber hinaus das gesamte Budget auf seine Auswirkungen auf die Frauen zu überprüfen.

In einer persönlichen Erwiderung stellte Abgeordnete Dr. MERTEL (S) gegenüber der Abgeordneten Haller fest, sie habe nicht die Unwahrheit gesagt. Im Profil vom 2. April sei auf Seite 27 nachzulesen, dass Haller gedroht habe, im Plenum gegen das Kinderbetreuungsgeld zu stimmen.

Abgeordnete ZIERLER (F) wies eingangs ihre Vorrednerin darauf hin, dass die Abgeordnete Haller nie mit dem Profil gesprochen habe. Bei der Diskussion zum Kapitel Soziales habe sie manchmal den Eindruck gehabt, sich in einer Märchenstunde zu befinden, führte die Rednerin weiter aus. Denn was hätten die Oppositionsredner heute gesagt, gäbe es den Fall Fabel nicht? Zierler betrachtete die Frauenpolitik der Sozialdemokraten als gescheitert, da sie jahrzehntelang in ein Ghetto eingesperrt war und die Frauen hauptsächlich als Sozialwesen mit Sondercharakter behandelt wurden. Nach wie vor klaffe die Einkommensschere zwischen Männern und Frauen auseinander, sei die Vereinbarkeit von Beruf und Familie nicht gewährleistet und Frauen in Führungspositionen (z.B. in den Medien) kaum zu finden. Die neue Bundesregierung werde dafür sorgen, dass jene Rahmenbedingungen für Frauen geschaffen werde, die ein eigenes, freies und selbständiges Leben ermöglichen und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie garantieren.

Durch die Rede von Abgeordneter Bauer wurde klar gestellt, wer in den letzten 13 Jahren die Frauenpolitik verhindert habe, erklärte Abgeordnete Mag. PRAMMER (S). Die neue Bundesregierung habe zwar viele Maßnahmen - wie das Gender-Mainstreaming, "Halbe-Halbe", bezahlte Weiterbildungsmöglichkeiten, Absicherung der Frauenprojekte - angekündigt, umgesetzt werde jedoch nichts. Dafür werde aber eine Männerabteilung eingeführt, ein Verfassungsbruch riskiert (Pensionsalter der Frauen) und die Schwächeren belastet (Ambulanzgebühren). Kritisch äußerte sie sich auch hinsichtlich der gemeinsamen Obsorge und des neuen Unterhaltsrechtes , weil den Frauen damit "ein weiterer Rucksack umgehängt" werde. Weiters warf sie der Regierung vor, ein Objektivierungsgesetz, das das Gleichbehandlungsgesetz aushöhle, durchzudrücken. Massive Zweifel hegte sie auch an den positiven Auswirkungen des Kinderbetreuungsgeldes, da mit der Gießkanne Gelder ausgeschüttet und viele Frauen ausgeschlossen werden.

Bundesminister Mag. HAUPT wies darauf hin, dass die Opposition aufgrund der Einführung des Kinderbetreuungsgeldes mit Mehrkosten in der Höhe von 16 bis 24 Mrd. S gerechnet habe. Er frage sich, wie da jemanden etwas weggenommen werden könne. Außerdem habe diese Bundesregierung das Gender-Mainstreaming eingeführt; es befinde sich bereits in der Umsetzungsphase. Bezüglich der Frauenförderungsmaßnahmen informierte Haupt darüber, dass Rückantworten aus dem Bundesministerium für Äußeres und für Finanzen in einem zufriedenstellenden Umfang vorliegen. Als Grundlagen für die Unterstützung von Frauenprojekten gelten die Vorschläge des Frauennetzwerkes sowie die Ansuchen der Bundesländer, erläuterte Haupt, wobei erstmalig eine flächendeckende Förderung vorliege.

Abgeordneter Dr. MITTERLEHNER (V) befasste sich mit der Pensionsversicherung und machte darauf aufmerksam, dass 2003 schon wieder ein Zuschuss von 15 Mrd. S erforderlich sei. Es sei daher zynisch, wenn angesichts eines VfGH-Urteils, das sich nur auf Formalfehler bezieht, von der Opposition eine Reform in Abrede gestellt werde. Auch im Gesundheitsbereich sei Handlungsbedarf gegeben, da die Einnahmen um rund 3 % steigen, die Ausgaben jedoch um etwa 6,4 % steigen. Er plädiere für eine sachliche Diskussion in diesem Bereich, da es aufgrund der unterschiedlichen Strukturen nicht sehr hilfreich sei, eine Krankenkasse gegen die andere auszuspielen. Grundsätzlich müsse die Frage beantwortet werden, ob man in Richtung eines staatlichen Gesundheitssystems gehen wolle oder ob man bei einem System der Selbstverwaltung bleiben wolle, das zwar reformiert gehört, aber seiner Ansicht nach bürgernäher und besser an den Kosten orientiert sei.

Abgeordnete HAIDLMAYR (G) zeigte sich sehr enttäuscht über die Behindertenpolitik des Sozialministers, der früher zwar die Kürzung des Taschengeldes von behinderten und pflegebedürftigen Menschen kritisiert, diese Regelung aber immer noch nicht geändert habe. Aus diesem Grund brachte sie einen entsprechenden Entschließungsantrag ihrer Fraktion ein, in dem die Rücknahme der 50 %igen Kürzung des Taschengeldes bis zum 31.7.2001 gefordert wird. Außerdem frage sie sich, wer den Minister daran hindere, die Unfallrentenbesteuerung zu revidieren und eine Anhebung der Ausgleichstaxen vorzunehmen. Haidlmayr befürchtete, dass die "Behinderten-Milliarde" ein Desaster werde und bemängelte, dass der Behinderteneinstellungspflicht in den Ministerien nicht nachgekommen werde.

Bundesminister Mag. HAUPT führte in Richtung seiner Vorrednerin aus, dass in seinem Ressort die Behinderteneinstellungsregelungen um das Vierfache übererfüllt wurden und in seinem Büro drei Personen mit schweren Erkrankungen beschäftigt sind.

Abgeordneter STAFFANELLER (F) erinnerte daran, dass im Wahlkampfjahr 1999 Gelder, die für die Arbeitsvermittlung von behinderten Menschen eingesetzt werden sollten, für zweifelhafte Jugendprojekte des Bundeskanzlers Klima (z.B. Euroteam) verwendet wurden. Dies habe dazu geführt, dass über 40.000 behinderte Menschen keine Beschäftigung finden konnten, ohne dass die Frau Sozialministerin dagegen etwas unternommen hätte. Die neue Bundesregierung werde die Versäumnisse der letzten Jahre wettmachen und mit der "Behinderten-Milliarde" eine Beschäftigungsoffensive starten, kündigte Staffaneller an. Es werde eine breite Zusammenarbeit in den einzelnen Bundesländern geben, damit vor allem Jugendliche, ältere behinderte Menschen und Personen, mit besonderen Schwierigkeiten am Arbeitsmarkt eine neue Chance erhalten.

Sie habe den Eindruck, meinte Abgeordnete Mag. PLANK (S), dass unter "neu Regieren" verstanden werde, soziale Sicherheit für Schwindlerinnen und Günstlinge zu gewähren, aber keine soziale Sicherheit für Arbeitslose, Kranke, behinderte Menschen und Unfallrentnerinnen. Diese Menschen werden zu Budgetsanierern degradiert und zahlen damit für den viel propagierten schlanken Staat, bemängelte Plank. Minister Haupt teilte etwa nüchtern mit, dass für eine Valorisierung des Pflegegeldes keine budgetäre Deckung vorgesehen - "einfach ehrlich, einfach Herbert." Sie forderte den Minister auf, die Zahlungen in den Ausgleichstaxen zu erhöhen, die Stiftungsmillionäre etwas mehr zur Kasse zu bitten und das Steuersystem nach Schlupflöchern zu durchforsten.

Abgeordneter Dr. RASINGER (V) konzentrierte sich in seiner Wortmeldung auf den Gesundheitssektor und vertrat die Meinung, dass man sich grundsätzlich damit befassen müsse, welche Angebote im Spital und welche außerhalb zur Verfügung stehen sollen. "Wir brauchen dringend ein bench-marking", betonte er, um festzustellen, wie viele Ärzte im niedergelassenen Bereich nötig sind, welchen Bedarf es gibt und welche Reformen durchgeführt werden müssen. Es sei zudem Aufgabe der Kassen, dafür zu sorgen, dass etwa die Angebote im Bereich Kinderpsychiatrie oder Schmerztherapie ausgebaut werden.

Abgeordneter Mag. SCHENDER (F) kam auf die Causa Fabel zurück und sprach von der "schlichten Täuschung eines Ministers durch eine Mitarbeiterin". Besonders aufklärungsbedürftig wäre seiner Ansicht nach das Euroteam-Geflecht, wo mehr als 100 Mill. S unter einer sozialistischen Sozialministerin in den Sand gesetzt wurden. Fest steht für ihn auch, dass die roten Parteifreunde einander Steuergelder "zugeschoben" haben. Im Zusammenhang mit der Jugendpolitik verwies der Redner auf das Bundesjugendförderungs- und Bundesjugendvertretungsgesetz; beide Gesetzesmaterien betrachtete er als Meilensteine, die im letzten Jahr gesetzt wurden.

In einer tatsächlichen Berichtigung bestritt Abgeordneter Dr. WITTMANN (S) die Behauptung seines Vorredners, er hätte Parteifreunden Geld "zugeschoben".

Abgeordnete Dr. HLAVAC (S) befasste sich mit dem Themenkomplex Vereinbarkeit von Beruf und Familie und glaubt, dass mit dem Kindergeld ein Versuch unternommen wird, Frauen aus dem Beruf zu verdrängen und sie auf traditionelle Rollen festzulegen. Dies entspricht nicht der Vorstellung der Sozialdemokraten, strich sie heraus, kritisierte in ihren weiteren Ausführungen, dass der Minister seine Ankündigung, zusätzliche Frauenförderungsstellen einzurichten, nicht einlöst, und hob hervor, dass von der Bundesregierung Frauenpolitik mit Familienpolitik verwechselt werde.

Nach Ansicht von Abgeordnetem Dr. BRUCKMANN (V) dürfe eine ehrliche Politik die Augen nicht vor der Tatsache verschließen, dass es eine Solidargemeinschaft gibt, innerhalb der ein finanzieller Ausgleich erfolgen muss. Jeder Schilling, den ein Pensionist mehr erhält, muss gleichzeitig einem Aktiven weggenommen werden. Das gelte auch für die Gesunden und Kranken. Somit sei klar, dass kein Ambulanzbesuch gratis ist.

Abgeordnete BINDER (S) vertrat die Ansicht, dass die Familienförderung den geänderten Lebensbedingungen angepasst werden sollte. Für eine optimale Unterstützung von Kindern sind u.a. finanzielle Zuwendungen, Sachleistungen und der Ausbau des Dienstleistungsservice unverzichtbar. Bessere Bedingungen in der Gesellschaft, in der Wirtschaft und Arbeitswelt und in der Partnerschaft sind ihrer Ansicht nach gefragt.

Abgeordnete FREIGASSNER (F) plädierte dafür, Frauen finanzielle Sicherheit zu garantieren. Unverständlich ist der Rednerin, dass der "rote Betrieb" AMS so wenig für Frauen, vor allem für Wiedereinsteigerinnen tut. Im steirischen Landtag werden daher die Freiheitlichen einen Antrag auf Förderung frauenspezifischer IT-Ausbildung einbringen.

Abgeordneter DOBNIGG (S) befasste sich mit der "unsozialen Belastung" der Unfallrentner. Um die Probleme der Unfallrentner zu erkennen, braucht man nach Meinung des Abgeordneten kein Experte zu sein. Minister Haupt unterstellte er, nicht mehr in der Lage zu sein, die Probleme der kleinen Menschen zu erkennen, weil er schon zu weit von der Basis entfernt ist. FPÖ und ÖVP forderte er auf, die "unsozialste aller unsozialen Maßnahmen" rückwirkend aufzuheben.

Abgeordnete GATTERER (V) knüpfte an die Wortmeldung ihres Vorredners an und gab bekannt, dass man diesen gemachten Fehler schnellstens ausmerzen wolle. Weiters wies Gatterer darauf hin, dass die Arbeitslosigkeit in Österreich niedrig ist, während sie etwa in Deutschland bei 7,8 % liegt. Auch bemerkte sie, dass die Regierung keine neuen Schulden machen wolle, und gab bekannt, dass täglich 300 Mill. S an Zinsen bezahlt werden müssen. 100 Mill. S täglich könnte man, wäre das nicht der Fall, für Behindertenprojekte und Frauenförderungsprojekte verwenden, strich sie hervor.

Abgeordneter Mag. MAIER (S) sieht "Pleiten, Pech und Pannen" in der Regierung. Das kommt etwa in der unsozialen Unfallrentenbesteuerung, der verfassungswidrigen Ambulanzgebühr, einer Sozialversicherungsreform, die nicht zustande gebracht wird, und der Einführung der Studiengebühren zum Ausdruck. Ein S-Antrag befasst sich mit der Änderung des Suchtmittelgesetzes und der Erstellung eines umfassenden Drogenberichtes.

Abgeordnete Mag. HARTINGER (F) sprach frauenpolitische Initiativen von Minister Haupt an und verwies u.a. auf die Förderung von Vereinen und Projekten, den Arbeitskreis gegen Gewalt an Frauen und Kindern, Maßnahmen zur Hilfestellung von Migranten und die Förderung der Chancengleichheit.

Abgeordneter RIEPL (S) meinte, die Sparmaßnahmen der Regierung treffen nicht die, denen es gut geht, sondern jene, denen es nicht gut geht, etwa die Langzeitarbeitslosen, die Geschiedenen, die Alleinerzieherinnen, die Behinderten und die Kranken. Österreich neu regieren bedeute für arme Menschen Existenzgefährdung. Selbst die Caritas beklage die Politik, die "nicht sozial und nicht gerecht" ist. Soziale Kompetenz ist nicht Schwerpunkt, sondern Schwachpunkt dieser Regierung, meinte er abschließend.

Abgeordnete Mag. PECHER (V) glaubt, dass die neue Kindergeldregelung eine dramatische Verbesserung für die Frauen sein wird. Derzeit gebe es etwa kein Karenzgeld für jene, die sich auf einen Beruf vorbereiten würden, unterstrich sie. Auch kleine Gewerbetreibende oder Bäuerinnen würden vom Vorhaben der Koalition profitieren. Besonders positiv wertete Pecher, dass Frauen künftig bis zu 200.000 S pro Jahr dazu verdienen können und trotzdem das volle Karenzgeld bekommen. Als Verbesserung der Rahmenbedingungen für Frauen, die Karriere machen, wurde von ihr auch die geplante neue Au-Pair-Regelung begrüßt.

Abgeordnete HEINISCH-HOSEK (S) befasste sich mit Kinder- und Jugendpolitik und beklagte, die Regierungsbeschlüsse wirkten sich mitunter sehr negativ auf das Leben von Kindern und Jugendlichen aus. So fehlen ihr zufolge Mittel für Kinderbetreuungseinrichtungen, im Schulbereich müssten künftig weniger LehrerInnen mehr SchülerInnen unterrichten. "Vorlehrlinge" könnten als billige Hilfskräfte eingesetzt werden. Heinisch-Hosek wandte sich außerdem gegen die Studiengebühren und gegen die gemeinsame Obsorge, welche Kinder zu einem Spielball streitender Eltern zu machen drohe.

Abgeordnete BURKET (F) nahm zum Thema Frauenpolitik Stellung und zeigte sich darüber erfreut, dass die Regierung im Bereich des Gender-Mainstreaming ein Schwerpunktprogramm ausgearbeitet habe. Generell hielt sie fest, dass heute so viele Frauen wie nie zuvor von Alkoholsucht, Tablettensucht oder Magersucht betroffen seien. Burket führt das zu einem erheblichen Teil auf die "aggressive" Frauenpolitik von SPÖ und Grünen zurück. Frauen würden in ein falsches Rollenbild gedrängt und in eine Identitätskrise gestürzt. Statt partnerschaftliches Miteinander zu vermitteln, gingen SPÖ und Grüne nach dem Motto "Frauen rein, Männer raus" vor.

Abgeordneter Ing. KAIPEL (S) betonte, das Vertrauen der Bevölkerung in das österreichische Gesundheitssystem sei noch sehr hoch. Er sieht dieses System aber durch die Regierungspolitik in Gefahr. So entferne sich die Regierung mit der Einführung der Ambulanzgebühr wieder ein Stück mehr vom Solidargedanken. Kaipel selbst hält es für notwendig, Versorgungslücken im Gesundheitswesen zu schließen, Parallelstrukturen abzubauen und Kooperation und Kommunikation zu verstärken. Der Regierung warf der Abgeordnete u.a. vor, zunächst die Schwachen zu "schröpfen", um das Geld später an die eigene Klientel verteilen zu können.

Abgeordneter DONABAUER (V) erklärte, man könne auf Österreich stolz sein. Um kommende Herausforderungen zu bewältigen, stehe aber nicht nur die Regierung vor einer großen Aufgabe, auch die Opposition habe die Verpflichtung, konstruktiv mitzuarbeiten. Meinungsverschiedenheiten seien in entsprechender Form auszutragen. Österreich bewege sich nicht in ein soziales Chaos, versicherte Donabauer, sondern in eine vernünftige Richtung. Es sei aber nicht möglich, Geld auszugeben, ohne zu wissen, wer das bezahle.

Abgeordneter GRABNER (S) hielt dem entgegen, was die Regierung derzeit mache, sei eine Umverteilung, die die Ärmsten noch ärmer mache. Er schloss sich Aussagen des Kärntner Landeshauptmanns Haider an, wonach die schwarz-blaue Regierungspolitik nicht an den kleinen Mann denke, "schwachsinnige" Inserate schalte und Finanzminister Grasser falsche Gewichtungen vornehme. Besondere Kritik übte Grabner an der Abschaffung der beitragsfreien Mitversicherung von Frauen.

Abgeordneter Ing. WEINMEIER (F) meinte in Richtung SPÖ, Klassenkampf sei "out" und habe in der Familienpolitik nichts verloren. Er wies darauf hin, dass es immer mehr Paare gebe, die ungewollt kinderlos blieben. Eine medizinische Behandlung koste aber sehr viel Geld. Für Weinmeier ist es daher eine wichtige familienpolitische Entscheidung, dass die mit 1. Jänner 2000 eingeführte Kostenbeteiligung des Bundes an In-Vitro-Fertilisationen nunmehr verlängert wird. Damit würden auch in Zukunft die entsprechenden Kosten zu 35 % von der Sozialversicherung, zu 35 % vom Gesundheitsministerium und zu 30 % von den betroffenen Paaren getragen.

Abgeordnete Mag. WURM (S) meinte, die Regierung habe die offizielle Frauenpolitik in Österreich abgeschafft und setze "reaktionäre" Maßnahmen in diesem Bereich. Frauen würden als "Verschubmasse" gesehen, deren Platz hauptsächlich zu Hause sei. Nur wenn die Wirtschaft entsprechenden Bedarf habe, seien sie temporär im Berufsleben erwünscht. Ein Zeichen dafür, dass es der Regierung nicht um eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie gehe, sieht Wurm in der Streichung der Kindergartenmilliarde, obwohl ihr zufolge nach wie vor Kinderbetreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren und zur Nachmittagsbetreuung von SchülerInnen fehlten.

In Anlehnung an eine Wortmeldung von Abgeordnetem Maier brachte Wurm einen Entschließungsantrag ein, in dem die SPÖ von der Bundesregierung die jährliche Vorlage eines umfassenden Drogenberichts einfordert.

Abgeordneter PRINZ (V) wertete das Kinderbetreuungsgeld als europaweit vorbildhaft, auch wenn dessen Gegner sich noch so sehr bemühten, es schlecht zu machen. Kinderbetreuungsgeld sei künftig keine Versicherungsleistung mehr, erläuterte er, sondern eine Abgeltung für die Kinderbetreuung. Dadurch würden auch Studentinnen, Bäuerinnen und andere Bevölkerungsgruppen umfasst. Der Opposition wäre es am liebsten, wenn die Kinder gleich nach der Geburt in einen Hort kämen, dann in einen Ganztagskindergarten und dann in eine Ganztagsschule, vermutet Prinz.

Abgeordneter KNERZL (F) wies Aussagen seitens der SPÖ zurück, wonach der Kinderscheck auf Kosten der Frauen gehe. Er hält dessen Einführung nicht zuletzt auf Grund der zunehmenden Kinderlosigkeit für notwendig und bekräftigte, dass Kinderbetreuung eine Leistung von unschätzbarem Wert sei. Knerzl betonte, dass der Kinderscheck in Österreich auch gegen den Widerstand der Grünen und der SPÖ eingeführt werde.

Abgeordnete LENTSCH (V) führte aus, Kinderbetreuungsplätze fehlten nicht erst seit einem Jahr. Im Burgenland ist ihr zufolge jedoch eine flächendeckende Kinderbetreuung gesichert.

Abgeordnete HALLER (F) wandte sich dagegen, Familienpolitik in die Tagespolitik hineinzuziehen. Im Mittelpunkt ihres Debattenbeitrages stand das Kinderbetreuungsgeld, das der Motivation zur Elternschaft diene, welche nicht mit der Geburt enden dürfe. Kinder sollten nicht irgendwie untergebracht werden, meinte Haller. Das Kinderbetreuungsgeld soll, so die Rednerin, den Handlungsspielraum der Familien erweitern und keine Einzelmaßnahme, sondern ein Teil eines umfassenden Maßnahmenbündels sein. Es sei die Weiterentwicklung des Karenzgeldes und bringe dem gegenüber drei Vorteile: Kein Erwerbsverbot, Verlängerung der Spanne für die Wahlfreiheit der Eltern und die Auszahlung an alle Mütter und Väter. Haller kündigte an, dass dieses Maßnahmenbündel zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie sehr sorgfältig erarbeitet und rechtzeitig vor Ende dieses Jahres auf dem Tisch liegen werde.

In einer tatsächlichen Berichtigung merkte Abgeordnete Mag. WURM (S) an, dass laut Statistischem Zentralamt immer noch 100.000 Kinderbetreuungsplätze fehlten.

Abgeordnete ACHATZ (F) hält es für erschreckend, dass in den industrialisierten und reichen Ländern zunehmend mehr Kinder immer früher abgegeben würden, worunter Mütter und Babys litten. Ihrer persönlichen Meinung nach, die sie unabhängig vom Zeitgeist vertrete, sei der beste Platz für ein Kleinkind bei Mutter und Familie. Die Politik habe die Verpflichtung, den Schutz für Mutter und Kind zu gewährleisten. Achatz beschäftigte sich kurz in einer Replik auf den Abgeordneten Maier mit dem Konsumentenschutz und kritisierte die Arbeiterkammer, die noch immer daran festhalte, Fleisch von ausländischen Mastschweinen, die aber in Österreich geschlachtet worden waren, das "Austria"-Zeichen zu verleihen.

Abgeordneter KAMPICHLER (V) hat, wie er bekräftigte, seit 15 Jahren das Kindergeld vertreten, da es sich an den Bedürfnissen der Kinder orientiere. Er zeigte sich daher besonders erfreut, dass sein politisches Ziel nun realisiert und die Erziehung plötzlich als eine wertvolle Tätigkeit anerkannt werde. Auch er wies auf die verbesserte Wahlfreiheit für die Eltern hin und vertrat die Auffassung, dass es derzeit bei den Kindergärten bereits ein flächendeckendes Angebot gebe. Vom Kinderbetreuungsgeld gingen aber auch zusätzliche Impulse für die Wirtschaft und den ländlichen Raum aus, und endlich flössen Familiengelder wirklich an die Familien.

Darauf reagierte Abgeordnete JÄGER (S) in einer tatsächlichen Berichtigung und wiederholte, dass 100.000 Kinderbetreuungsplätze vor allem im Bereich für die unter Dreijährigen fehlten.

Abgeordnete WOCHESLÄNDER (F) stellte das Thema Frauen in den Mittelpunkt ihrer Rede und zeigte sich davon überzeugt, dass Bundesminister Haupt den diesbezüglichen Problemen sehr gewissenhaft sein Augenmerk schenke. Der SPÖ warf sie vor, dass es ihr trotz der Stärke in der Gewerkschaft nicht gelungen sei, die Einkommensschere zwischen Frauen und Männern zu schließen. Es könne keine Rede von Projekteinstellungen sein, beteuerte die Rednerin. Auch sie möchte die Frauenpolitik aus der Parteipolitik heraushalten. Hinsichtlich der Gesundheitspolitik meinte Wochesländer, die SPÖ habe die Notwendigkeit von Strukturmaßnahmen nicht erkannt.

Abgeordneter VERZETNITSCH (S) stellte in einer tatsächlichen Berichtigung fest, dass es keinen einzigen Kollektivvertrag gebe, der einen Unterschied zwischen den Geschlechtern mache.

Abgeordneter BROSZ (G) beklagte Verzögerungen bei der Vergabe von Förderungen nach dem Jugendförderungsgesetz. Bislang habe keine einzige Jugendorganisation Förderungsmittel bekommen.

Dank sagte der Abgeordnete dem Sozialminister für eine offen formulierte Anfragebeantwortung des Ministers, die Brosz für eine mögliche Grundlage zum Überdenkung der Drogenpolitik ansah. Darin werde nämlich festgehalten, dass 99,5% der Drogentoten in Österreich auf die legalen Drogen Alkohol und Tabak zurückzuführen seien und eine kontrollierte Abgabe von Heroin an Süchtige diskutiert werden sollte.

Abgeordnete LENTSCH (V) zeigte Freude darüber, dass die Budgetsanierung Hand in Hand mit Verbesserungen in der Familienpolitik gehe. Erstmals werden Eltern finanziell abgesichert, bis ihr Kind drei Jahre alt ist. Dazu komme die Anrechnung von 18 Monaten Erziehungszeit für die Pensionsbemessung. Die vorgesehenen Zuverdienstgrenzen machten es möglich, dass viele Mütter mit ihren Betrieben in Verbindung bleiben und die Betriebe ihre Erfahrungen in der Teilzeitbeschäftigung und bei Urlaubsvertretung nützen können. Das Kinderbetreuungsgeld bringe für viele Vorteile, für niemanden aber einen Nachteil. Lentsch sprach von einem Meilenstein in der Familien- und Frauenpolitik.   

Abgeordnete Dr. POVYSIL (F) trat dafür ein, in der Gesundheitspolitik das Verantwortungsbewußtsein jedes Einzelnen für seine Gesundheit zu stärken und begrüßte es daher, dass die Gesundheitsvorsorge im vorliegenden Budget höher dotiert wurde. Der SPÖ warf die Rednerin vor, jedes Umdenken und jede Reform verhindern zu wollen. Povysil setzte auf Gruppenpraxen und die Gewährleistung einer guten Facharztdichte, um die ambulante Behandlung sicherstellen. Denn der Bürger soll keine Angst haben müssen, ärztlich unversorgt zu bleiben.

Abgeordneter ÖLLINGER (G) reagierte in einer kurzen Wortmeldung auf die Rede der Abgeordneter Wochesländer und hielt ihr entgegen, die Freiheitlichen hätten in einem Jahr Regierungsbeteiligung mehr Postenschacher zu verantworten als die Sozialisten in all den Jahren davor.

Abgeordneter BRIX (S) warf den Freiheitlichen einen sorglosen Umgang mit Steuergeldern vor. "Sie betrachten die Geldbörsen der Bürger als Selbstbedienungsläden", sagte er pointiert und erinnerte daran, dass die freiheitlichen Minister die Empfehlung des Rechnungshofes ignorierten, ein eigenes Schema für Ministermitarbeiter einzuführen. Peronalausgaben würden als Sachausgaben verbucht, registrierte Brix und sagte: "Es ist ein Skandal, wie freiheitliche Minister in ihren Büros wirtschaften". Mittels Arbeitsleihverträgen würden Lobbyisten der Industrie in die Ministerbüros geholt, um Politik gegen Arbeiter und Angestellte zu machen - dagegen trete die SPÖ auf. "Wie kann eine Partei mit einem Einkommenslimit von 60.000 S einer Angestellten 200.000 S zahlen?" lautete die abschließende Frage des Abgeordneten Brix.

Abgeordneter Mag. MAIER (S) berichtigte Abgeordnete Achatz. Die Arbeiterkammer Salzburg und er selbst als Abgeordneter bekämpfe das Gütezeichen "Ja zu A" seit Jahren. 

Bei der Abstimmung wurde das Budget des Ressorts für Soziale Sicherheit und Generationen mehrheitlich angenommen.

Der G-Entschließungsantrag betreffend Rücknahme der Taschengeldkürzung für Heiminsassen wurde ebenso abgelehnt wie der S-Entschließungsantrag betreffend Suchtmittelgesetz-Novelle.

(Schluss Sozialbudget/Fortsetzung Finanzen)