Parlamentskorrespondenz Nr. 339 vom 10.05.2001

PATIENTENCHARTA, MEDIZINHAFTUNG, TIERTRANSPORTE, PESTIZIDE

Nationalrat debattiert Gesundheits-, Agrar- und Umweltthemen

Wien (PK) - Themen aus den Bereichen Medizin bzw. Gesundheitspolitik, Landwirtschaft und Umweltschutz standen im Mittelpunkt der Debatte des Nationalrats am Donnerstag Nachmittag und Abend.

PATIENTENCHARTA

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Es war schon immer ein Anliegen der Sozialdemokratie, Patientenrechte zu garantieren und auszubauen, leitete Abgeordneter LACKNER (S) seine Ausführungen ein. Die nunmehrige 15a-Vereinbarung enthalte Bestimmungen wie das Recht auf Behandlung und Pflege, das Recht auf Achtung der Würde sowie auf Selbstbestimmung. Was die besonderen Regelungen für Kinder anbelangt, so sei ihm dabei das Recht auf die Mitnahme einer Bezugsperson zu "schwammig" ausgefallen, merkte er an. Die SPÖ stehe der Patientencharta positiv gegenüber, auch wenn man eine bundeseinheitliche Vereinbarung für sinnvoller erachtet hätte. Dringenden Handlungsbedarf gebe es seiner Meinung nach im Bereich der Ersatzansprüche von Patienten. Damit nicht die Patienten für die Fehler der Ärzte aufkommen müssen, sollte eine verschuldens-unabhängige Medizinhaftung eingeführt werden, forderte er.

Abgeordneter Dr. PUMBERGER (F) zeigte sich erfreut über den Abschluss der Patientencharta, die vom Kärntner Landeshauptmann als erster unterzeichnet wurde. Nunmehr habe sich auch das Burgenland angeschlossen und weitere werden folgen, führte er aus. In Wien gebe es leider noch nicht die geringste Intention, dass dieser Vertrag zustande komme. Die Charta gewährleiste u. a. den gleichen Zugang zu allen notwendigen medizinischen Leistungen, sichere das Recht auf Achtung der Würde und Integrität, stärke das Recht der Kinder und garantiere eine bessere Information und Aufklärung der Patienten.

Abgeordneter Dr. GRÜNEWALD (G) räumte ein, dass die Patientenrechte eine Querschnittsmaterie darstellen und auf verschiedenste Gesetze verteilt sind. Er könne sich aber nicht damit abfinden, dass vor dieser Schwierigkeit kapituliert und keine bundeseinheitliche Regelung mehr angestrebt werde. Er betrachte die Charta als eine Notlösung, die vielen Bereiche nicht berücksichtigte, denn so wurden etwa dem Thema "menschenwürdiges Sterben" nur vier Zeilen gewidmet, bemängelte er.

Abgeordnete Dr. POVYSIL (F) bezeichnete die zur Diskussion stehende Regierungsvorlage als ein wichtiges Papier, das die Patientenrechte sicherstellen soll. Ihrer Ansicht nach sei es aber nicht notwendig, ein neues Gesetz dafür zu schaffen, sondern es sei ausreichend, wenn die Bundesländer bilaterale Verpflichtungen eingehen und dies durch 15a-Vereinbarungen fixieren.

Abgeordnete HAIDLMAYR (G) hätte sich von einer Patientencharta wesentlichere Aussagen erwartet. Eine derartige Vereinbarung sollte etwa enthalten, dass die Krankenanstalten zur Gänze barrierefrei gestaltet und dass die Nasszellen in den Bettenstationen benutzerfreundlich eingerichtet werden müssen. Zudem hätte man die Verbesserung der Kommunikation mit gehörlosen Menschen festschreiben sollen, forderte sie.

Die gesundheitspolitische Agenda werde derzeit von einem Thema beherrscht, nämlich der Finanzierungsfrage, erklärte Abgeordnete HARTINGER (F). Sie zeigte sich überzeugt davon, dass die Stellung der Patienten gestärkt werden müsse, und dazu könne die Patientencharta wesentlich beitragen. Nunmehr hätten fast alle Bundesländer diese Charta abgeschlossen und sie hoffe, dass auch das "rote Wien" nicht parteiideologisch denkt, sondern für die Patienten arbeitet.

Staatssekretär Dr. WANECK wies darauf hin, dass der angesprochene Gesundheitsbericht einen Zeitraum betreffe, für den die letzte Bundesregierung zuständig war. Er wolle es daher vermeiden, inhaltlich darauf einzugehen. Sein Ressort habe jedoch versucht, Mängel aufzudecken und Verbesserungen vorzunehmen, führte er weiter aus. Dies gelte etwa für den Bereich der Patientenrechte, sagte Waneck und zeigte sich daher erfreut darüber, dass weitere Bundesländer beabsichtigen, die Charta zu unterzeichnen. Nunmehr habe auch Wien den Wunsch geäußert, der Vereinbarung beizutreten, informierte er. Durch entsprechende Überzeugungskraft sei es gelungen, den größten gemeinsamen Nenner zu finden.

Abgeordneter SCHEUCH (F) sprach von einem Meilenstein, der u.a. das Recht auf Behandlung und Pflege festlegt. Besonders hervorgehoben werde auch die Bedeutung der Schmerztherapie, wodurch die Lebensqualität der Patienten enorm verbessert bzw. ein würdevolles Sterben sichergestellt werden könne. Niedergeschrieben wurde auch die Forderung, dass das Personal, das sich vorwiegend mit Kindern beschäftigt, besonders geschult werden sollte.

Bei der Abstimmung wurde die Patientencharta einstimmig angenommen.

G-ANTRAG 140/A(E) BETREFFEND EINFÜHRUNG EINER VERSCHULDENS-UNABHÄNGIGEN MEDIZINHAFTUNG * S-ANTRAG 225/A(E) BEZÜGLICH ENTSCHÄDIGUNGEN FÜR DIE HEPATITIS-C-OPFER DER PLASMAPHERESEFIRMEN * G-ANTRAG 271/A(E) BETREFFEND ENTSCHÄDIGUNGSFONDS FÜR DURCH PLASMASPENDEN MIT HEPATITIS-C-INFIZIERTE PERSONEN

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Abgeordnete SILHAVY (S) befasste sich zunächst mit dem Antrag betreffend Entschädigungen für die Hepatitis C-Opfer und beklagte, dass Staatssekretär Waneck im Ausschuss viele Antworten schuldig geblieben sei. So blieben etwa die Fragen offen, in welcher Höhe die Entschädigungen ausfallen bzw. welche Ergebnisse die Verhandlungen mit den Pharmakonzernen gebracht haben. Bedauerlich sei auch, dass der Gesundheitsbericht im Ausschuss enderledigt und nicht mehr öffentlich diskutiert werde. Wahrscheinlich solle deshalb nicht darüber geredet werden soll, weil der Bericht belegen würde, dass früher eine Gesundheitspolitik für die Menschen und nicht - wie heute - gegen die Menschen gemacht wurde, vermutete sie.

Abgeordnete Dr. POVYSIL (F) bezeichnete die Einführung einer verschuldensunabhängigen Patientenentschädigung als wesentlichen Fortschritt für den PatientInnen. Der Betroffene erhalte erstmalig eine einmalige finanzielle Hilfe, und zwar unabhängig von der Verschuldensfrage bzw. der nicht geklärten Haftungsfrage. Weitere wichtige Reformen, die von Staatssekretär Waneck initiiert wurden, seien die Einrichtung eines Hepatitis-C-Fonds sowie die Patientencharta.

Abgeordneter Dr. GRÜNEWALD (G) hielt die derzeitige Situation im Bereich der sogenannten ärztlichen Kunstfehler für unbefriedigend, da 90 % der Klagen von Patienten abgewiesen werden. Als Gründe dafür führte Grünewald die überlange Verfahrensdauer, die hohe Kostenbelastung, die oft entstehenden Gutachterkriege, die schwere Beweisführung, die falsche Schadensallokation sowie das Problem der öffentlichen Rufschädigung an. Die Grünen fordern daher eine völlig verschuldens-unabhängige Medizinhaftung.

Abgeordneter Dr. RASINGER (V) kam auf den Vorschlag der Grünen zu sprechen, der nach Berechnungen zwischen 600 Mill. S und 800 Mill. S kosten würde. Es sei unseriös, Forderungen aufzustellen, ohne dass die Finanzierungsfrage geklärt werde. Außerdem gehe es darum, dass Gesundheitssystem so optimal zu gestalten, dass möglichst wenig Fehler auftreten. Die drei wesentlichsten Faktoren, die für die Fehler verantwortlich zeichnen, seien mangelndes Können, mangelnde Erfahrung und mangelnde Zeit; und hier müsse auch angesetzt werden.

Abgeordneter Ing. KAIPEL (S) erinnerte daran, dass zwischen den 60er und 80er Jahren zahlreiche Menschen, die Plasmaspender oder Plasmaempfänger waren, mit Hepatitis C infiziert wurden. Es gebe zwar laufende Absichtserklärungen von Seiten des Gesundheitsressorts, aber bis dato liegen noch keine konkreten Ergebnisse vor, kritisierte er.

Abgeordnete WOCHESLÄNDER (F) erklärte, endlich tue sich etwas in der Gesundheitspolitik. Sie wies in diesem Zusammenhang zum einen auf die Patientencharta hin, zum anderen darauf, dass es nunmehr erstmals auch Hilfe für Plasma-Empfänger gebe. Das lasse auf Problembewusstsein der Regierung schließen. Unter SPÖ-Gesundheitsministern habe es hingegen, so Wochesländer, Missstände und Lücken gegeben.

Abgeordnete HUBER (S) führte aus, Abgeordneter Grünewald habe klar aufgezeigt, welche Vorteile eine verschuldens-unabhängige Medizinhaftung hätte. Ihrer Auffassung nach wäre auch Geld für eine solche Lösung da. So könnte man Huber zufolge etwa Pharma-Firmen oder Erzeuger medizinisch-technischer Geräte in die Finanzierung einbinden.

Abgeordneter Dr. PUMBERGER (F) hielt fest, die Koalitionsparteien hätten alle drei vorliegenden Oppositionsanträge abgelehnt, nicht weil sie inhaltlich so schlecht gewesen wären, sondern weil die Regierung offenbar schneller gearbeitet als die Opposition Anträge gestellt habe. Für Pumberger sind praktisch alle drei Anträge hinfällig, weil erledigt.

Abgeordnete BAUER (S) wandte sich der Vorsorgemedizin zu und wies auf die Notwendigkeit betrieblicher Gesundheitsvorsorge hin. Es sei Tatsache, dass die Belastung am Arbeitsplatz immer mehr steige, sagte sie. Schüssels Aussage, wonach man künftig generell bis zum 65. Lebensjahr arbeiten solle, hält Bauer nicht nur für zynisch und herzlos, sondern auch für unverantwortlich vor allem jenen gegenüber, die durch jahrzehntelange schwere Arbeit mit Gesundheitsproblemen zu kämpfen hätten.

Abgeordnete HEINISCH-HOSEK (S) unterstrich, Gesundheitspolitik habe sehr viel mit Vertrauen und Verlässlichkeit zu tun. Das Zusammenspielen der Kräfte im Gesundheitsbereich funktioniere derzeit zwar gut, bekräftigte sie, trotzdem gebe es Verbesserungsmöglichkeiten. So wäre die Einführung einer verschuldens-unabhängigen Medizinhaftung Heinisch-Hosek zufolge im Sinne der Patienten und Patientinnen.

Abgeordnete Mag. PLANK (S) bedauerte, dass es ÖVP und FPÖ abgelehnt hätten, den Gesundheitsbericht im Plenum des Nationalrats zu diskutieren. Dieser zeige nämlich, welche verantwortungsvolle Gesundheitspolitik unter Ministerin Hostasch gemacht worden sei. Der Koalition warf Plank vor, sich zu wenig an Patienten-Interessen zu orientieren.

Staatssekretär Dr. WANECK wies darauf hin, dass seitens der Regierung die verschuldens-unabhängige Patientenentschädigung ins Leben gerufen worden sei, nachdem man zuvor jahrelang darüber diskutiert habe. Auch hinsichtlich der Ausbildung von Gesundheitspersonal bereitet die Regierung ihm zufolge Gesetze vor. So werde demnächst ein Sanitäterhilfegesetz vorgelegt, auch das Heilmasseurgesetz sei praktisch fertig. In Planung sind außerdem ein neues MTD- und MTA-Gesetz.

Abgeordnete Dr. HLAVAC (S) meinte dem gegenüber, die Maßnahmen, die die Regierung treffe, seien nur "halbe Sachen" bzw. gingen zum Teil überhaupt in die falsche Richtung. Die Koalition gehe in vielen Bereichen von der bewährten Politik ab. Als Beispiel nannte Hlavac die Drogenpolitik.

Die negativen Berichte des Gesundheitsausschusses über die Anträge der Opposition wurden vom Nationalrat mehrheitlich zur Kenntnis genommen.

G-ANTRAG 59/A(E) BEZÜGLICH MASSNAHMENPAKET FÜR DEN NATURSCHUTZ

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Abgeordneter Dr. BAUER (S) wies auf die Wichtigkeit von Naturschutz hin und meinte, jeder spüre die Verpflichtung, mehr für Naturschutz zu tun. Hinsichtlich der "Natura 2000" erklärte er, Niederösterreich habe eine realistische Größenordnung von Flächen gemeldet, und zwar ohne Qualitätsverlust für den Naturschutz, andere Länder seien aber säumig. Bauer hält es deshalb für notwendig, im Naturschutz Bundesverantwortung wahrzunehmen, auch wenn die grundsätzliche Kompetenz bei den Ländern bleiben sollte.

Abgeordneter Ing. WEINMEIER (F) hielt fest, Naturschutz sei Ländersache, das sei richtig so und solle im Wesentlichen auch so bleiben. Die FPÖ habe daher den vorliegenden Antrag der Grünen abgelehnt. Zur "Natura 2000" merkte Weinmeier an, mit deren Umsetzung seien auch massive betriebswirtschaftliche Nachteile für Bauern und Gewerbetreibende verbunden. Niederösterreich solle daher seinen "Fehler", viele Flächen zu melden, raschest korrigieren.

Abgeordnete Dr. GLAWISCHNIG (G) machte geltend, dass Griechenland wegen der Nicht-Umsetzung einer EU-Richtlinie im Umweltschutzbereich zur Zahlung von 20.000 Euro pro Tag verurteilt worden sei, das wären auf ein Jahr hochgerechnet immerhin 100 Mill. S. Sie habe nichts dagegen, wenn die Länder die Naturschutzkompetenzen innehätten, sagte Glawischnig, wenn sie aber nicht in der Lage seien, einen EU-konformen Rechtszustand herzustellen, müsse man sich überlegen, ob man nicht dem Bund die Grundsatzgesetzgebung in diesem Bereich einräumen solle. Ihr zufolge sind im Naturschutzbereich über 20 Verfahren bei der EU gegen Österreich anhängig.

Abgeordneter HORNEK (V) wies darauf hin, dass Österreich zum jetzigen Zeitpunkt nicht weniger als 160 Gebiete bzw. 16 % des Landes als "Natura 2000"-Flächen genannt habe und damit zu einem der ambitioniertesten EU-Länder in diesem Bereich zähle. Er verteidigte darüber hinaus die herrschende Kompetenzlage im Naturschutz. Seiner Meinung nach ist es verständlich, dass in den Ländern die Wogen im Zusammenhang mit der Fauna-Flora-Habitat- und mit der Vogelschutzrichtlinie hochgegangen seien, da es zu wenig Dialog gegeben habe. Naturschutz sei für alle bedeutsam, unterstrich Hornek, könne aber nur mit den betroffenen Menschen umgesetzt werden.

Abgeordnete PFEFFER (S) machte darauf aufmerksam, dass die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie zum Ziel habe, ein zusammenhängendes Netzwerk schützenswerter Flächen in ganz Europa zu schaffen. Es gehe nicht darum, neue Naturschutzgebiete zu schaffen, sondern bestehende Flächen zu vernetzen. Eine Lösung forderte Pfeffer hinsichtlich der Trassenführung der B 50 im Burgenland ein, wobei sie sich überzeugt zeigte, dass der Bau ohne Beeinträchtigung der Umwelt möglich ist.

Abgeordneter Ing. FALLENT (F) verwies darauf, dass es in der Landwirtschaft mit dem ÖPUL-Programm und im Rahmen des Programms für die ländliche Entwicklung zahlreiche Initiativen in Bezug auf Nachhaltigkeit gebe. Naturschutzmaßnahmen müssen seiner Auffassung nach aber nicht nur ökologisch sinnvoll, sondern auch sozial und wirtschaftlich tragfähig sein. Es könne und dürfe nicht sein, erklärte Fallent, dass über die Köpfe der Menschen hinweg Entscheidungen gefällt würden, die wesentliche Nutzungseinschränkungen und Wertverluste mit sich brächten. Durch ein solches Vorgehen erweise man dem Naturschutz keinen guten Dienst.

Abgeordneter WIMMER (S) skizzierte, bis heute trete man bei der Umsetzung der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie in Wirklichkeit auf der Stelle. Die Idee, die dahinter stecke, sei gut, sagte er, bei der Umsetzung des Projektes sehe es aber düster aus. Kein Umweltminister habe es seit 1995 geschafft, die FFH- und die Vogelschutzrichtlinie umzusetzen. Wimmer erachtet es für eine beschämende Situation, dass Österreich säumig ist. Als eine Ursache dafür sieht er die unterschiedliche Landesgesetzgebung.

Abgeordneter AUER (V) bekräftigte, er bekenne sich zum Naturschutz, die Vorgangsweise, die im Zusammenhang mit "Natura 2000" in einigen Bundesländern gewählt worden sei, sei jedoch abzulehnen. Naturschutz könne nur im Dialog mit den Betroffenen umgesetzt werden, er habe nur eine Chance, wenn er nicht in Form von Enteignungsmethoden durchgesetzt werde. Man müsse auch Auswirkungen auf die Betroffenen berücksichtigen, forderte Auer.

Landwirtschaftsminister Mag. MOLTERER gab zu bedenken, dass Österreich gegenüber der EU eine gesamtstaatliche Verpflichtung im Bereich des Naturschutzes habe. Er hält es jedoch für richtig, dass Naturschutz Ländersache bleibt, da unterschiedliche Gegebenheiten berücksichtigt werden müssten. Die "Natura 2000" habe gezeigt, dass überall dort, wo mit den Menschen geredet werde, es letztlich zu guten Lösungen komme, unterstrich Molterer. Hinsichtlich der Vertragsverletzungsverfahren ist der Bund laut Auskunft des Ministers in intensivem Kontakt sowohl mit der EU als auch mit den Ländern.

Der negative Bericht des Umweltausschusses über den Entschließungsantrag der Grünen wurde mehrheitlich zur Kenntnis genommen. Ebenfalls Stimmenmehrheit erzielte die dem Ausschussbericht beigedruckte Entschließung.

G-ANTRAG 232/A(E) BETREFFEND VERBOT DES FERNTRANSPORTES VON LEBENDEN TIEREN

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Abgeordnete PARFUSS (S) zeigte sich über die Einigung auf einen gemeinsamen Antrag zum Thema Tiertransporte im Landwirtschaftsausschuss erfreut. Sie hofft, dass damit endlich Lebendtiertransporte im großen Stil abgestellt werden könnten. Massiv sprach sich Parfuss für ein bundeseinheitliches Tierschutzgesetz aus. Die unterschiedlichen Länderregelungen seien weder zeitgemäß noch sinnvoll.

Abgeordnete ACHATZ (F) meinte zu ihrer Vorrednerin, eine Vereinheitlichung in manchen Bereichen des Tierschutzes sei sicher sinnvoll. Zum Tiertransport merkte sie an, jährlich würden 32 Millionen Tiere hochsubventioniert durch die EU "gekarrt". Das sei ruinös für die Umwelt, den Verkehr und für die Bauern, vor allem würden aber auch die Tiere leiden. Achatz begrüßte daher den gemeinsamen Antrag.

Abgeordnete Dr. PETROVIC (G) führte aus, es sei wichtig, dass der Vier-Parteien-Antrag betreffend Tiertransporte zu Stande gekommen sei, auch wenn die Grünen einen weiter reichenden Antrag eingebracht hätten. Besonders wichtig erachtet sie die Aufforderung an Landwirtschaftsminister Molterer, sofort Bemühungen zu starten, dass EU-Förderungen für Lebendtiertransporte eingestellt werden. Langfristiges Ziel ist für Petrovic eine regionale Produktion und regionale Kreisläufe, ohne weite Transportstrecken.

Abgeordneter AUER (V) pflichtete seiner Vorrednerin Petrovic bei und verwies darauf, dass Minister Haupt in dieser Sache bereits einen entsprechenden Erlass erarbeite. Er freue sich, wenn es hier im Rahmen eines Vierparteienantrages möglich werde, sich in der EU für eine einheitliche Tiertransportrichtlinie einzusetzen.

Das österreichische Muster sei beispielgebend, und an ihm sollte man sich orientieren. Der Redner wies auf die besondere Situation des heimischen Agrarmarktes hin und meinte, man brauche EU-einheitliche Standards und keine einseitigen österreichischen Belastungen, die niemandem nützten. Österreichs Tiertransportregelung sei wie die heimische Agrarpolitik ein Vorzeigemodell, weshalb sie ein Beispiel für Europa sein sollte.

Abgeordnete Dr. LICHTENBERGER (G) forderte eine immer steigende Kontrolldichte, bis es sich nicht mehr lohne, hier zu unlauteren Praktiken zu greifen, wobei sie konkrete Beispiele für eine solche Vorgangsweise nannte. Ein "solcher Wahnsinn" müsse sofort gestoppt werden, forderte die Rednerin, dabei entsprechende Massnahmen einmahnend.

Abgeordneter HORNEGGER (F) bedauerte den Umstand, dass in vielen Ländern Europas eine Agrarindustrie entstanden sei, die sich von natürlichen Rahmenbedingungen entfernt habe und Tiere zur Ware degradiere, wobei diese Praktiken auch noch im Steigen begriffen seien. Dies dürfe nicht hingenommen werden, weshalb es erfreulich sei, dass der gegenständliche Entschließungsantrag die Zustimmung aller Parteien finde. Es sei höchst notwendig, die Zeichen der Zeit zu erkennen, unterstrich Hornegger, und entsprechend zu reagieren, wobei ein Umdenken zusätzlich positive wirtschaftliche Effekte hätte.

Abgeordneter SCHWEISGUT (V) ging auf den Unterschied zwischen Schlachtvieh- und Zuchtviehtransporten ein und meinte, man solle sich nicht gegen Tiertransporte an sich aussprechen, sondern nur gegen Missbräuche, wie es ja auch im Vierparteienantrag zum Ausdruck komme.

Abgeordneter Dr. GROLLITSCH (F) zeigte sich dankbar für die hier vorliegende Entschliessung zum Thema Ferntransporte, die die Unterstützung aller Parteien finde und zuversichtlich darüber, hier zu einer gemeinsamen Lösung auch im Rahmen der EU zu finden.

Abgeordneter WENITSCH (F) äußerte sich ebenfalls erfreut, dass hier eine langjährige F-Forderung umgesetzt werde. Die neue Koalition habe hier eine wichtige Frage erfolgreich bewältigt, was hoffentlich auch die EU endlich zum Umdenken bewegen werde.

Abgeordneter ZELLOT (F) unterstrich die Aussagen seiner Fraktionskollegen und bezeichnete die Vorlage als einen "Sieg der Vernunft", der auch auf die Politik der EU entsprechend wirken möge.

Bundesminister Mag. MOLTERER referierte die Entwicklung auf EU-Ebene zu diesem Thema ein und meinte, dieser Entschließungsantrag sei richtig und zielorientiert, wobei er sich für die breite Unterstützung in dieser Frage bedankte. Diese politische Linie gebe die richtigen Zielsetzungen vor und sollte sich auch innerhalb der EU durchsetzen.

Der Ausschussbericht wurde mehrheitlich zur Kenntnis genommen, die beigedruckte Entschliessung fand einhellige Zustimmung.

G-ANTRAG 192/A(E) BEZÜGLICH MASSNAHMEN ZUR REDUZIERUNG DES PESTIZIDVERBRAUCHS * G-ANTRAG 193/A(E) BETREFFEND IN-VERKEHR-BRINGEN VON SAATGUT ZUR ERHALTUNG DER PFLANZENGENETISCHEN RESSOURCEN * G-ANTRAG 194/A(E) BEZÜGLICH FORSCHUNGSSCHWERPUNKT FÜR DIE HERSTELLUNG VON BIOLOGISCHEM SAATGUT * G-ANTRAG 191/A(E) BETREFFEND ÄNDERUNG DES LANDWIRTSCHAFTSGESETZES

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Abgeordneter GRADWOHL (S) beklagte, dass diese Anträge, die sich allesamt mit biologischer Landwirtschaft befassten, geschlossen im Ausschuss abgelehnt worden seien. Damit sei eine Chance zur Ökologisierung der Landwirtschaft und zur Verbesserung ihrer Marktchancen vertan worden. Dennoch gebe er die Hoffnung nicht auf, die nötigen Veränderungen im Agrarbereich doch noch ins Werk zu setzen.

Abgeordneter ZELLOT (F) meinte, man müsse, ehe man sich mit einem Soll-Zustand befasse, zunächst den Ist-Zustand der heimischen Landwirtschaft analysieren, zumal sich die heimische Landwirtschaft unverschuldet in einer prekären Lage befinde und dennoch international ein Vorbild sei, dessen Regelungen hervorragend seien. Andere Staaten würden noch lange brauchen, um diese Standards zu erreichen. Österreichs Produkte seien international im Spitzenfeld, und dies sei ein Verdienst der heimischen Landwirte, denen man Zeit lassen solle, etwas Atem zu holen.

Abgeordneter DI PIRKLHUBER (G) bezeichnete die gegenständlichen Anträge als ein "Maßnahmenbündel zur Neuorientierung der heimischen Landwirtschaft". Diese seien vor dem Hintergrund der bisherigen Entwicklung eine Notwendigkeit, um die Position des ökologischen Landbaus als eine Strategie der Zukunft auszubauen. Vorrang für den Biolandbau bedeute Zukunftssicherung, meinte der Redner. Dies sei eine Chance, die man nützen sollte.

Abgeordneter SCHWARZENBERGER (V) erinnerte daran, dass das ÖPUL-Programm das grösste Pestizidreduzierungsprogramm in der ganzen EU sei. Auch bei den Herbiziden und Fungiziden habe es keine Steigerungen gegeben, bei den Insektiziden habe es eine nennenswerte Reduktion gegeben, man sollte diese Bemühungen daher auch entsprechend anerkennen. Sodann befasste sich der Redner mit dem Landwirtschaftsgesetz, das seines Erachtens doch auch die Zustimmung der Grünen finden müsste. Schon unter Landwirtschaftsminister Riegler sei die ökosoziale Agrarwirtschaft konzipiert worden, und diese Leitlinie sei weiterhin zukunftweisend, sodass keine Notwendigkeit zu einer Novellierung bestehe.

Bundesminister Mag. MOLTERER sagte, in Österreich gebe es keinen Fall von BSE, keinen Fall von MKS, und hinsichtlich seiner Strukturen sei Österreich vorbildlich. Dies gelte auch für die ökologischen Standards, für die Österreich von anderen EU-Staaten beneidet würde. Dies seien die Fakten, auf die man stolz sein könne. Man solle daher auch den Bauern das Signal geben, dass sie richtig gehandelt hätten.

Es sei durchaus "gescheit, über Strategien zu diskutieren. Aber dann über die richtige". So sollte es in Europa einheitliche Standards geben, damit kein Wettbewerbsnachteil entstehe. In dieser Hinsicht nannte das Regierungsmitglied sodann einige konkrete Beispiele. Einzelne, Sinn stiftende Massnahmen dürften nicht den Blick auf die Gesamtstrategie verstellen, meinte Molterer.

Abgeordneter WIMMER (S) sprach sich dafür aus, den biologischen Landbau im Landwirtschaftsgesetz festzuschreiben. Dieser werde stiefmütterlich behandelt und erfreue sich nicht derselben Chancen, weshalb er entsprechend gefördert werden müsse, sei er doch eine Wirtschaftsform der Zukunft. Konkret sprach sich Wimmer gegen einen "Verkauf von Wald und Wasser" aus und meinte, dieser Weg sei der falsche.

Abgeordneter WENITSCH (F) sagte, in Österreich gebe es die strengsten Erzeugerrichtlinien, weshalb die Grünen die Konsumenten nicht verunsichern, sondern vielmehr diese davon überzeugen sollten, welch nennenswerte Qualität die ökologisch agierenden Erzeuger hervorbringen würden. Die Opposition sei mithin gut beraten, ihre bisherige Position, die der heimischen Landwirtschaft real einen Schaden zufügen würde, zu überdenken.

Abgeordneter DI KUMMERER (S) hoffte, dass Österreich auf dem richtigen Kurs einer Ökologisierung der Landwirtschaft bleibe. Deshalb dürfe man nicht auf den alten Geleisen fortfahren, sondern müsse sich die neuesten Entwicklungen zu Eigen machen, so Kummerer. Konkret gehe die Änderung der Förderungspolitik zu zögerlich, merkte der Redner an.

Abgeordneter GAHR (V) unterstrich, Österreich sei mit seiner "verantwortungsvollen und nachhaltigen" Agrarpolitik erfolgreich. Österreich habe den höchsten Anteil biologisch wirtschaftender Betriebe innerhalb der EU und sei damit Vorreiter in Europa. Auch gehe die österreichische Landwirtschaft sparsam mit dem Einsatz von Spritzmitteln und Dünger um. Der Antrag der Grünen, ökologischen Landbau ausdrücklich im Landwirtschaftsgesetz zu verankern, ist Gahr zufolge gut gemeint, "bringt uns insgesamt aber nicht weiter". Man könne konventionell und biologisch arbeitende Betriebe nicht sektoral auseinanderdividieren, sagte er, man brauche beide, um die vielseitigen Anforderungen des Marktes zu erfüllen.

Abgeordneter Dr. BAUER (S) meinte, es sei der falsche Weg, immer nur auf die Vorreiterrolle Österreichs innerhalb der EU hinzuweisen. Man werde keinen Schritt weiter kommen, wenn man so tue, als würde es keine Verbesserungsmöglichkeit geben. Bauer sieht eine Reihe von notwendigen Schritten und nannte u.a. ein bundeseinheitliches Tierschutzgesetz. Auch ist es für ihn nicht die richtige Vorgangsweise, im Bereich der Pestizide Grenzwerte hinaufzusetzen, wenn bestehende Grenzwerte nicht erfüllt werden könnten.

Abgeordneter PISTOTNIG (F) hielt fest, "Vorrang für Bio" sei gut und schön, es stelle sich aber die Frage, ob die Konsumenten bereit seien, die teurere Produktion auch zu bezahlen. In Richtung Abgeordnetem Pirklhuber erklärte er, Österreich solle sich nicht schlechter machen, als es sei. Österreich habe eines der strengsten Landwirtschaftsgesetze, ein strenges Pestizidgesetz, strenge Tiertransportrichtlinien, das Grundwasser sei einigermaßen in Ordnung und auch der Wald sei sauber. "Seien wir stolz auf die Errungenschaften und auf die Bauern", forderte Pistotnig.

Abgeordneter DI KEPPELMÜLLER (S) erklärte, wenn Österreich Musterschüler sein wolle, müsse es sich immer wieder bemühen, die Situation zu verbessern. Gerade im Bereich der Pestizide gibt es seiner Auffassung nach "ein bisschen eine Grauzone", die Statistiken seien hier nicht so zuverlässig, wie sie sein sollten. So ist es Keppelmüller zufolge möglich, dass zwar insgesamt weniger Pestizide eingesetzt werden, dafür die verwendeten Wirkstoffe giftiger sind.

Abgeordneter Ing. FALLENT (F) skizzierte, würde Abgeordneter Pirklhuber regieren, würde sich der Pestizidverbrauch dramatisch reduzieren, aber nicht, weil so viel ökologischer gewirtschaftet würde, sondern weil die Bauern massiv sterben würden. Fallent zufolge spielt die Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Landwirtschaft bei den Maßnahmen, die die Regierung setzt, eine große Rolle.

Abgeordneter ZWEYTICK (V) sagte zur Forderung von Abgeordnetem Pirklhuber, Pestizide weiter zu reduzieren, Österreich habe den niedrigsten Pestizidverbrauch in ganz Europa. Dazu habe das ÖPUL-Programm wesentlich beigetragen. Zweytick erachtet es in der Landwirtschaftspolitik außerdem für notwendig, auch wirtschaftliche Kriterien zu berücksichtigen.

Die negativen Berichte des Landwirtschaftsausschusses über die Anträge der Grünen wurden mit Stimmenmehrheit zur Kenntnis genommen.

(Schluss TO, Forts. Dringlicher Antrag)