Parlamentskorrespondenz Nr. 425 vom 07.06.2001

3 NEUE VOLKSANWÄLTE: ROSEMARIE BAUER, PETER KOSTELKA, EWALD STADLER

Grüne fordern "neues, demokratisches und faires" Bestellverfahren

Wien (PK) - Nächster Punkt der Tagesordnung war der

BERICHT DES HAUPTAUSSCHUSSES BETREFFEND DIE ERSTATTUNG EINES GESAMTVORSCHLAGES FÜR DIE WAHL DER MITGLIEDER DER VOLKSANWALTSCHAFT

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Am Beginn der Debatte über die Wahl der drei neuen VolksanwältInnen nutzte der Vorsitz führende Dritte Nationalratspräsident Dr. FASSLABEND die Gelegenheit, den scheidenden VolksanwältInnen Ingrid Korosec, Christa Krammer und Horst Schender "ein herzliches Danke" für deren geleistete Arbeit zu sagen.

Im Anschluss daran kündigte Abgeordneter Dr. WITTMANN (S) die Zustimmung der SPÖ zum vorliegenden Gesamtvorschlag des Hauptausschusses - er lautet auf Rosemarie Bauer, Peter Kostelka und Ewald Stadler - an, zeigte aber gleichzeitig seitens seiner Fraktion die Bereitschaft, den Bestellmodus für die Volksanwaltschaft zu überdenken.

Die Bestellung der Volksanwälte sei in der Verfassung geregelt, erläuterte er, es obliege den drei mandatsstärksten Parteien des Nationalrats, ein Mitglied für die Volksanwaltschaft namhaft zu machen. Das hat seiner Ansicht nach nichts, wie des öfteren behauptet, mit der Festschreibung eines Proporzes zu tun, schließlich stamme diese Regelung aus einer Zeit der sozialdemokratischen Alleinregierung. Vielmehr habe man damals auch die Oppositionsparteien in die Bestellung der VolksanwältInnen einbeziehen wollen. Sollte man den Bestellmodus also ändern, müsste man, so Wittmann, jedenfalls gewährleisten, dass die Oppositionsparteien weiterhin einen Volksanwalt bestellen könnten. Der Abgeordnete vertrat außerdem die Auffassung, dass ein Volksanwalt ein Politiker sein müsse, da er als Mittler zwischen Bevölkerung und Exekutive agiere.

VP-Klubobmann Dr. KHOL unterstrich, seine Fraktion unterstütze den Gesamtvorschlag, der vom Hauptausschuss des Nationalrates erstellt worden sei. Er erinnerte daran, dass man sich bei der Einrichtung der Volksanwaltschaft bewusst für drei VolksanwältInnen und auch bewusst für den bestehenden Wahlvorgang entschieden habe. Dies habe nichts mit Proporz zu tun.

Khol betonte, die ÖVP werde alle drei nominierten Kandidaten "ohne jeden Vorbehalt und mit bestem Wissen und Gewissen" unterstützen. Schließlich umfasse der Vorschlag drei Persönlichkeiten, die jeder im Haus kenne. Rosemarie Bauer sei, so der ÖVP-Klubobmann, als Frauenpolitikerin seiner Partei und als Bundesrätin bzw. Nationalratsabgeordnete den BürgerInnen immer sehr nahe gestanden. Für ihn ist aber auch der von der FPÖ nominierte Ewald Stadler sehr gut für das Amt eines Volksanwaltes geeignet. "Er wird ein scharfer Volksanwalt werden."

Besonders ging Khol auf seinen Noch-Amtskollegen Peter Kostelka ein, der von den Sozialdemokraten für die Volksanwaltschaft nominiert worden ist. Kostelka werde für die Volksanwaltschaft wirklich ein Zugewinn sein, meinte er, er bedauere aber, dass Kostelka aus dem Nationalrat ausscheide. Khol verwies u.a. auf die "brillante Sachkunde und die tiefe Kenntnis der Geschäftsordnung und des Verfassungsrechts" Kostelkas. "Wir waren nicht immer einer Meinung, ich habe aber Respekt vor einer sachorientierten Partnerschaft", streute er dem scheidenden SPÖ-Klubobmann Lob.

Abgeordneter Dr. PILZ (G) ortet im Gegensatz zu seinen beiden Vorrednern im Bestellmodus für die Volksanwaltschaft sehr wohl einen Drei-Parteien-Proporz und sprach in diesem Sinn von einer "Verpolitisierung der Volksanwaltschaft". Er stellte in Frage, ob die nominierten KandidatInnen tatsächlich die Besten seien, die "in der Republik Österreich" für diese Funktionen gefunden werden konnten. Es spreche vieles dafür, meinte Pilz, dass zumindest manche von den dreien nicht die Schlechtesten seien, viele hoch qualifizierte JuristInnen abseits der Parteipolitik seien aber nicht einmal in Betracht gezogen worden. "Wollen wir Parteianwälte oder Volksanwälte?" fragte Pilz.

Der Abgeordnete forderte ein "neues, demokratisches und faires" Bestellungsverfahren für die Volksanwaltschaft. Er brachte dazu einen Entschließungsantrag ein, der folgende Punkte enthält: Wahl der Mitglieder der Volksanwaltschaft nach dem Vorbild des Rechnungshofpräsidenten durch den Nationalrat in geheimer Abstimmung, Entfall des Nominierungsrechtes für die drei mandatsstärksten Parteien und Abhaltung eines Hearings mit den BewerberInnen. Zum von der FPÖ aufgestellten Kandidaten Ewald Stadler merkte Pilz an, warum solle jemand plötzlich in der Lage sein, die Interessen jener Menschen zu vertreten, die er früher angegriffen habe. Für ihn ist Stadler einer der wichtigsten Scharfmacher der FPÖ und eine zentrale Figur in der Spitzelaffäre.

Abgeordneter Dr. KRÜGER (F) stellte in Richtung seines Vorredners fest, der Entschließungsantrag der Grünen disqualifiziere sich von selbst. Bei konsequenter Auslegung der Forderungen könnte in Hinkunft die Mehrheit des Nationalrates alle drei VolksanwältInnen bestimmen. Die Opposition würde ihr Nominierungsrecht hingegen verlieren. Zum Vorwurf des Proporzes sagte Krüger, Proporz bedeute im Zusammenhang mit der Wahl der Volksanwaltschaft nichts anderes als Verhältnismäßigkeit. Krüger selbst sieht daher auch keine Notwendigkeit, den Bestellmodus für die Volksanwaltschaft zu ändern.

Den freiheitlichen Landesrat Ewald Stadler als Schlüsselfigur in der Spitzelaffäre zu bezeichnen, verstößt nach Auffassung Krügers massiv gegen die Unschuldsvermutung. Einen solchen Vorwurf zu machen, sei "wirklich eines Abgeordneten unwürdig". Krüger hält Stadler für einen besonders scharfsinnigen Juristen und daher für eine bestens geeignete Persönlichkeit für die Volksanwaltschaft. Er werde sein Ohr in der Bevölkerung haben. Krüger sprach aber auch Peter Kostelka seine persönliche Wertschätzung aus und zeigte sich überzeugt, dass Rosemarie Bauer eine sehr volksverbundene Volksanwältin sein werde. "Insgesamt ein sehr homogener Vorschlag", erklärte der Abgeordnete.

Abgeordnete Mag. STOISITS (G) wandte sich mit dem Ersuchen an die neuen VolksanwältInnen, kritisch und fordernd gegenüber dem Nationalrat zu sein. Nur so wäre es möglich, Forderungen auch durchzusetzen.

Allgemein sprach sich Stoisits für eine Änderung des Bestellmodus der Volksanwaltschaft aus, damit diese vom Nimbus der Proporzbestellung und der Vergabe von Versorgungsposten wegkomme. Die Grünen würden schon seit Jahren nicht nur in Bezug auf den Bestellmodus, sondern auch hinsichtlich der Ausweitung der Kompetenzen der Volksanwaltschaft Anträge im Nationalrat einbringen, skizzierte sie, diese seien jedoch stets ignoriert worden.

Ausführlich setzte sich Stoisits mit den nominierten KandidatInnen auseinander und betonte, sie kenne Rosemarie Bauer und Peter Kostelka lange genug, um deren Qualifizierung für die Volksanwaltschaft keinesfalls in Frage zu stellen. Zwar habe sie in frauen- und familienpolitischen Fragen oft eine andere Meinung vertreten als Bauer, nichtsdestotrotz habe sie den Einsatz Bauers immer sehr geschätzt und sei überzeugt, dass diese sich für die BürgerInnen einsetzen werde. Zur fachlichen Qualität von Kostelka etwas zu sagen, wäre so als würde man "Eulen nach Athen tragen", sagte die Abgeordnete. Sie wünsche sich, dass Kostelka seine Kompetenz, seine Sachlichkeit und sein Geschick zur Durchsetzung von Anliegen künftig für die BürgerInnen, die sich hilfesuchend an ihn wenden, einsetze. Zum freiheitlichen Kandidaten Ewald Stadler meinte Stoisits, seine juristische Qualifikation sei nicht in Frage zu stellen, es sei jedoch zu bezweifeln, dass jemand, der in so einer Art und Weise polarisierend vorgehe wie Stadler, für die Volksanwaltschaft geeignet sei.

Die Wahl der neuen VolksanwältInnen Rosemarie Bauer, Peter Kostelka und Ewald Stadler erfolgte mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP und FPÖ. In der Minderheit blieb der Entschließungsantrag der Grünen betreffend Wahl der VolksanwältInnen. Unter Applaus der Abgeordneten erhielten Rosemarie Bauer und Peter Kostelka von ihren FraktionskollegInnen Blumen überreicht.

EURO-UMSTELLUNGSGESETZ-SCHULRECHT

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Beim Euro-Umstellungsgesetz-Schulrecht gehe es nicht nur um formalrechtliche Anpassungen, sondern auch um schülerbeihilfenrechtliche Adaptierungen, erläuterte Abgeordneter GAAL (S). Er brachte einen Entschließungsantrag ein, in dem die Unterrichtsministerin u.a. aufgefordert wird, die Schülerbeihilfen anzupassen, den BezieherInnenkreis auf die 9. Schulstufe auszuweiten, die Vergabe ausschließlich von sozialen Kriterien abhängig zu machen und die Fahrtkostenbeihilfe umzugestalten.

Abgeordnete Rosemarie BAUER (V) bedankte sich zunächst bei ihren Kollegen für die Wahl zur Volksanwältin. Sie betrachte es als "Abschiedsgeschenk", dass heute das Kinderbetreuungsgeld beschlossen wurde und somit der Familienlastenausgleichsfonds wieder den Familien und den Kindern gehöre.

Das Euro-Umstellungsgesetz-Schulrecht wurde einstimmig angenommen; der S-Entschließungsantrag fand hingegen keine Mehrheit.

ÄNDERUNG DES MINDERHEITEN-SCHULGESETZ ES FÜR KÄRNTEN

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Abgeordnete Mag. MUTTONEN (S) begrüßte es, dass das Minderheiten-Schulgesetz für Kärnten heute einstimmig geändert werden soll. Ab Beginn des Schuljahre 2001/2002 soll in den zweisprachigen Volksschulen nunmehr auch in der vierten Schulstufe der Unterricht in deutscher und slowenischer Sprache stattfinden. Bedenklich sei jedoch die Entwicklung, dass Leitungspositionen an zweisprachigen Schulen nicht mehr mit Personen besetzt werden, die beide Sprachen beherrschen. 

Abgeordneter Dr. ZERNATTO (V) befasste sich mit den historischen Entwicklungen und wies darauf hin, dass bereits 1848 in Kärnten die Möglichlichkeit geschaffen wurde, Kinder zweisprachig zu unterrichten. Er war der Auffassung, dass in Kärnten vor allem ein Punkt noch überwunden werden müsse, nämlich dass die Anmeldung zum zweisprachigen Unterricht gleichzeitig ein ethnisches Bekenntnis darstelle. 

Abgeordneter SEVIGNANI (F) erinnerte daran, dass der Verfassungsgerichtshof im Vorjahr Teile des Minderheiten-Schulgesetzes für Kärnten aufgehoben hat. Mit der zur Diskussion stehenden Regierungsvorlage soll nun nicht nur das Erkenntniss des VfGH korrekt umgesetzt werden, sondern auch weitere Verbesserungen für das zweisprachige Schulwesen erreicht werden. Als Beispiel führte Sevignani den Einsatz von zusätzlichen Teamlehrern an. Kärnten sei ein offenes Land, in dem die Volksgruppe gut aufgehoben ist, schloss Sevignani.

Abgeordnete Mag. STOISITS (G) wies darauf hin, dass Anfang der neunziger Jahre der Kampf der Kärntner Schüler für das Recht auf einen zweisprachigen Unterricht auch über die Volksschule hinaus begonnen hat. Damit haben wieder einmal Bürger und Bürgerinnen etwas ins Rollen gebracht, was Politiker nicht geschafft haben. Sie wünschte sich, dass in Zukunft die Politik offensiv für die Zweisprachigkeit eintritt, weil damit eine große Chance nicht nur für die zweisprachigen Regionen, sondern für ganz Österreich verbunden sei.

Bundesministerin GEHRER zeigte sich erfreut darüber, dass heute das Minderheiten-Schulgesetz für Kärnten gemeinsam novelliert werde. Sie informierte darüber, dass derzeit 1.770 Kinder zweisprachig unterrichtet werden. Unter Einbeziehung von Experten, Politikern und Interessenvertretern wurde ein Vorschlag ausgearbeitet, der sicherstellt, dass nunmehr auch in der vierten Volksschulklasse der zweisprachige Unterricht angeboten wird. Weiters ist ein flexibler Einsatz der Lehrer und eine Änderung im Benotungsteil vorgesehen, erläuterte sie. Das Land Kärnten habe auch zugesagt, dass die notwendigen qualifizierten Lehrer zur Verfügung stehen. Dieses Gesetz sei ein Beispiel dafür, dass Bildungspolitik von allen getragen werden soll, und sie hoffe, dass auch bei anderen Schulmaterien dieser konstruktive Geist im Vordergrund stehe.

Abgeordneter Mag. POSCH (S) machte ebenfalls darauf aufmerksam, dass der Verfassungsgerichtshof das Minderheiten-Schulgesetz für Kärnten aufgehoben hat. Nunmehr werde das Sprachangebot auf die vierte Klasse ausgeweitet und der Einsatz von zusätzlichen Teamlehrern ermöglicht, hob Posch positiv hervor. Er bezeichnete es jedoch als kleinen Schönheitsfehler, dass es erst des Erkenntnisses des VfGH bedurfte und dieses Problem nicht von vornherein politisch gelöst wurde.

Wenn man sich die Reden der Abgeordneten der Grünen anhört, dann frage man sich, ob sie überhaupt wissen, was das Wort Volksgruppenkonsens bedeutet, gab Abgeordneter Ing. SCHEUCH (F) zu bedenken. Er sei davon überzeugt, dass Kärnten unter freiheitlicher Führung einen vorbildlichen Meilenstein gesetzt habe.

Abgeordneter Mag. BROSZ (G) befasste sich in seiner Wortmeldung mit der Bestellung von Schulleitern an zweisprachigen Schulen. Er wies darauf hin, dass sich Landeshauptmann Haider weigere, Direktoren für diese Schulen zu bestellen, die auch wirklich zweisprachig sind. Aus diesem Grund brachte er einen diesbezüglichen Entschließungsantrag ein. In einem weiteren Antrag wollte Brosz sichergestellt wissen, dass der Slowenisch-Unterricht nur von entsprechend qualifizierten Lehrkräften durchgeführt wird.

Abgeordneter JUNG (F) qualifizierte in einer kurzen Stellungnahme die Ausführungen von Abgeordneter Stoisits in Bezug auf den Kärntner Landeshauptmann Haider als unerträglich.

Die Änderung des Minderheiten-Schulgesetzes für Kärnten wurde vom Nationalrat einstimmig verabschiedet. Sowohl der G-S-Entschließungsantrag betreffend Leiter zweisprachiger Schulen in Kärnten als auch der Entschließungsantrag der Grünen blieben in der Minderheit. (Fortsetzung)