Parlamentskorrespondenz Nr. 501 vom 27.06.2001

KINDERBETREUUNGSGELD: ÖFFENTLICHES HEARING IM FAMILIENAUSSCHUSS

Experten beurteilen Gesetz unterschiedlich

Wien (PK) - Mit einem öffentlichen Hearing starteten heute Vormittag die Beratungen des Familienausschusses über den Gesetzentwurf der Regierung zum Kinderbetreuungsgeld. Dabei wurden die gesetzlichen Bestimmungen von den anwesenden ExpertInnen unterschiedlich beurteilt. Während etwa Helmuth Schattovits vom Österreichischen Institut für Familienforschung durch die Einführung des Kinderbetreuungsgeldes einen grundlegenden Paradigmenwechsel in der Familienpolitik ortet und diesen ausdrücklich begrüßte, meinte Sonja Brauner von den Österreichischen Kinderfreunden, Eltern bräuchten keine Geldgeschenke, sondern Rahmenbedingungen zur Unterstützung der Erziehung ihrer Kinder. Insbesondere kritisierte sie, dass aufgrund der Zuverdienstgrenze qualifizierte Teilzeitarbeit neben der Kinderbetreuung künftig nicht mehr möglich sei und es durch die Regelung des Kündigungsschutzes für Väter noch schwieriger werde, in Karenz zu gehen.

Dem hielt Veronika Seitweger, die maßgeblich an der Entwicklung des Kindergeld-Modells in Kärnten mitgearbeitet hat, entgegen, dass das Kinderbetreuungsgeld den Gestaltungsspielraum und die Flexibilität von Frauen verbessere. Zudem wies sie auf die erwarteten wirtschaftlichen Impulse durch das Kinderbetreuungsgeld hin. Anneliese Erdemgil-Brandstätter kritisierte generell die Familienpolitik der Regierung, da sie ihrer Meinung nach nicht auf die Erreichung einer Chancengleichheit von Männern und Frauen gerichtet ist.

Seitens der einzelnen Fraktionen kritisierte SPÖ-Familiensprecherin Ilse Mertel, dass 50 Prozent der Karenzgeldbezieherinnen aufgrund des Entfalls der Familienzuschläge in Hinkunft weniger Geld erhielten. Ihrer Ansicht nach ist das Kinderbetreuungsgeld außerdem arbeitsrechtlich nicht abgesichert, da der zweite Elternteil, wenn er das Kind im dritten Lebensjahr betreuen wolle, weder Anspruch auf Karenz noch Kündigungsschutz habe. Durch lange Arbeitspausen werde der Wiedereinstieg in die Arbeitswelt erschwert.

Abgeordnete Ridi Steibl (V) sah Österreich hingegen mit diesem Modell auf dem richtigen Weg und nannte das Kinderbetreuungsgeld einen wichtigen Schritt zur Armutsbekämpfung. Abgeordnete Edith Haller (F) vertrat die Ansicht, der Entwurf komme den Frauen entgegen und werde von diesen auch begrüßt.

Abgeordnete Madeleine Petrovic (G) sprach sich für einen generellen Wegfall der Zuverdienstgrenze aus und wertete den im Gesetz enthaltenen Einkommensbegriff als verfassungswidrig.

Bundesminister Herbert Haupt verwies auf die Einkommensverbesserung durch das Kinderbetreuungsgeld und zeigte sich zuversichtlich, dass damit die soziale Situation der Familien nachhaltig zum Besseren gewendet werde. Auch Bundesminister Martin Bartenstein ortete eine klare Verbesserung gegenüber dem Status Quo und nannte die ins Auge gefasste Lösung einen wichtigen Meilenstein.

Eingeleitet wurde das Hearing durch eine Stellungnahme von Sonja Brauner (Österreichische Kinderfreunde). Sie wies darauf hin, dass die österreichische Familienförderung in Form von Geldleistungen im internationalen Vergleich bereits jetzt sehr hoch sei, während es bei Sachleistungen -  etwa Kinderbetreuungseinrichtungen - Defizite gebe.

Was den vorliegenden Gesetzentwurf betrifft, fürchtet Brauner, dass die Vereinbarkeit von Beruf und Familie für berufsorientierte Eltern schwieriger wird als bisher. Begründet wurde dies von ihr u.a. damit, dass durch die Zuverdienstgrenze in Zukunft qualifizierte Teilzeitarbeit neben der Kinderbetreuung nicht mehr möglich sei. Besser verdienende Frauen müssten entweder auf das Kinderbetreuungsgeld verzichten oder aus ihrem Beruf aussteigen. Für Väter werde es durch die Regelung des Kündigungsschutzes nahezu unmöglich, in Karenz zu gehen. Zudem hält Brauner einen Zukauf von Kinderbetreuung für schwierig, wenn es an entsprechenden Kinderbetreuungseinrichtungen mangle. Kein Verständnis zeigte sie schließlich für die Streichung der Notstandshilfe.

Zur Frage der Anspruchsberechtigung merkte die Expertin an, es sei wichtig, dass etwa Bäuerinnen oder Studierende, die ein Kind bekommen, soziale Unterstützung erhielten, es sei aber die Frage, ob diese Unterstützung aus dem Familienlastenausgleichsfonds finanziert werden solle, dessen Mittel schließlich zu 70 Prozent von unselbständigen Erwerbstätigen stammten. Sie ortet darüber hinaus eine Diskriminierung von Alleinerziehenden durch das Gesetz.

Die Steuerberaterin Veronika Seitweger, die maßgeblich an der Entwicklung des Kindergeldes in Kärnten mitgearbeitet hat, unterstrich dem gegenüber, dass das Kinderbetreuungsgeld den Gestaltungsspielraum und die Flexibilität von Frauen erhöhen werde. Frauen könnten künftig selbst entscheiden, ob sie sich parallel zur Kinderbetreuung in die Arbeitswelt eingliedern, oder ob sie einen bestimmten Lebensabschnitt frei ihren Kindern widmen wollten. Ein Wiedereinstieg ins Berufsleben wird ihrer Ansicht nach durch die gesetzlichen Bestimmungen erleichtert, da es etwa künftig die Möglichkeit gebe, während der Karenz 13 Wochen lang zu arbeiten, ohne den Kündigungsschutz zu verlieren. Weiters wies Seitweger auf die erwarteten wirtschaftlichen Impulse hin, die von der Einführung des Kinderbetreuungsgeldes ausgehen würden.

Allgemein gab die Steuerberaterin zu bedenken, dass es aufgrund der demographischen Entwicklung künftig zu einem Arbeitskräftemangel kommen werde. Sie glaubt, dass von der größeren Nachfrage auch Frauen profitieren werden.

Helmuth Schattovits (Österreichisches Institut für Familienforschung) sieht mit dem Kinderbetreuungsgeldgesetz einen grundlegenden Paradigmenwechsel in der österreichischen Familienpolitik verbunden. Man stelle nicht mehr die Eltern in den Mittelpunkt der Überlegungen, sondern das Bedürfnis von Kinder nach Betreuung, betonte er. Dies ist ihm zufolge umso erfreulicher, als Kinder ohnehin tendenziell Gefahr liefen, unter die Räder zu kommen.

Das Kinderbetreuungsgeld wurde von Schattovits mit der Einführung des Pflegegeldes verglichen. Man hätte, statt das Pflegegeld einzuführen, auch die Pensionen erhöhen oder mehr Alters- und Pflegeheime bauen können, sagte er, habe sich aber dann für die entsprechende Geldleistung entschieden, um nicht an den vielfältigen Lebenssituationen vorbeizugehen. Gleiches gelte für das Kinderbetreuungsgeld, mit dem man der Vielfalt der Lebenswirklichkeiten von Eltern und Kindern gerecht werde. Eine Erhöhung der Familienbeihilfe oder ein flächendeckender Ausbau von Kinderkrippen für Kinder unter drei Jahren hätte ihm zufolge nicht denselben Effekt gebracht.

Nicht einverstanden zeigte sich Schattovits mit der Zuverdienstgrenze. Diese wäre vom Konzept des neuen Paradigmas her nicht erforderlich, meinte er. Er zeigte aber Verständnis für die Vorgehensweise der Regierung, das Projekt Kinderbetreuungsgeld Schritt für Schritt umzusetzen. 

Anneliese Erdemgil-Brandstätter (Netzwerk Österreichischer Frauen- und Mädchenberatungsstellen) beklagte, Politiker würden im Zusammenhang mit der Einführung des Kinderbetreuungsgeldes "Heilsbotschaften" verbreiten, die einer sachlichen Information in keiner Weise dienlich seien. Ihrer Auffassung nach wäre es zudem notwendig, verstärkt über die Aufteilung der Kinderbetreuungsarbeit zwischen Männern und Frauen zu debattieren. Hier ortet Erdemgil-Brandstätter aber große Defizite seitens der Regierung. Es fehlten politische Programme zur Herstellung einer Chancengleichheit zwischen Männern und Frauen, kritisierte sie, auch sei die Geschlechterpolitik der Regierung dezidiert keine Gleichstellungspolitik.

Erdemgil-Brandstätter hält den ihrer Meinung nach herrschenden wirtschaftlichen Neoliberalismus aber für insgesamt katastrophal für Frauen, da er zum einen nach einer traditionalistischen Geschlechterrolle der Frau als Mutter, andererseits aber auch nach einer jungen, flexiblen und mobilen, Beruf, Familie und selbstbestimmtes Leben unter einen Hut bringenden Powerfrau verlange. Gleichzeitig würden öffentliche Angebote zurückgedrängt.

Im Rahmen der Diskussion stellte Ausschussobfrau Ilse Mertel seitens der SPÖ die positive Darstellung des Kinderbetreuungsgeldes durch Helmut Schattovits in Frage. Sie gab zu bedenken, dass 50 Prozent der Karenzgeldbezieherinnen durch den Entfall der Familienzuschläge künftig weniger Geld erhielten. Auch dem Argument, Kinder würden künftig in den Mittelpunkt der Überlegungen gestellt, konnte sie nichts abgewinnen, da, wie sie anmerkte, im Gegensatz zum Erhalt des Karenzgeldes die überwiegende Betreuung des Kindes keine Anspruchsvoraussetzung für den Erhalt des Kinderbetreuungsgeldes sei.

Besondere Kritik übte Mertel darüber hinaus daran, dass das Kinderbetreuungsgeld arbeitsrechtlich nicht abgesichert sei. Sie skizzierte in diesem Zusammenhang, dass jener Elternteil, der im dritten Lebensjahr des Kindes das Kinderbetreuungsgeld in Anspruch nehmen wolle, weder Anspruch auf Karenz noch auf Kündigungsschutz habe. Zudem erschwere das Kinderbetreuungsgeld den Wiedereinstieg in die Arbeitswelt und benachteilige AlleinerzieherInnen.

Abgeordnete Madeleine Petrovic (G) trat dafür ein, die vorgesehene Zuverdienstgrenze gänzlich zu streichen. Sie hält den im Gesetz festgelegten Einkommensbegriff ohnehin für verfassungswidrig, da es aufgrund der "kryptischen" Formulierung für Betroffene unmöglich zu eruieren sei, ob ihr jeweiliges Einkommen unter die Zuverdienstgrenze falle oder nicht. Zusätzlich seien jene Personen, die kein 13. oder 14. Monatsgehalt bekommen, benachteiligt. Durch das Gesetz sind Petrovic zufolge außerdem bestimmte Ausländerinnen diskriminiert. Generell urgierte sie einen geschlechtergerechten Sprachgebrauch in Gesetzesvorlagen.

Abgeordnete Edith Haller (F) nannte das Modell frauenfreundlich und zeigte sich überzeugt davon, dass diese künftig mehr Zeit für die Kinder haben würden als bisher. Die Kritik der von der SPÖ nominierten Expertin konnte Haller nicht nachvollziehen.

Abgeordneter Franz Riepl (S) wollte die Meinung des Experten Schattowits zur Kritik des Katholischen Familienverbandes an dem in Rede stehenden Modell wissen. Abgeordneter Karl Öllinger (G) ortete eine terminologische Unschärfe: weder sei dies ein Kindergeld, weil nicht alle Kinder gleich darin behandelt würden, noch ein Kinderbetreuungsgeld, weil es nicht an die Betreuung gebunden sei. Es sei auch nicht ein "Karenzgeld für alle", weil ab einem gewissen Einkommen kein Geld mehr ausbezahlt werde. Ziel und Zweck dieser Vorlage seien also äußerst unklar, und das lasse Komplikationen erwarten. Überdies bestehe die Gefahr, dass die Anbieter von Kinderbetreuungseinrichtungen auf diese Maßnahmen zum Nachteil der Leistungsnehmer reagieren werden, wodurch die Wahlfreiheit wegfallen könnte. Schließlich vermisste Öllinger Anreize für eine partnerschaftliche Kinderbetreuung.

Abgeordnete Ridi Steibl (V) sah Österreich hingegen auf dem richtigen Weg und meinte, das Kinderbetreuungsgeld sei ein wichtiger Schritt zur Armutsbekämpfung. Um allfällige Unklarheiten, die hinsichtlich dieser Maßnahme noch vorhanden sein sollten auszuräumen, ersuchte sie die anwesenden Minister, die Eckpunkte dieses Gesetzes noch einmal darzulegen. Angeordneter Sigisbert Dolinschek (F) erklärte, man sei nun zu einer Subjektförderung übergangen, die Wahlmöglichkeiten seien jedoch weiterhin gegeben. Die damit in Zusammenhang stehenden konkreten Fragen müssten innerhalb des Familienverbandes geregelt werden. Dolinschek sah in dieser Vorlage einen familienpolitischen Meilenstein, der sozialrechtlich richtungweisend sei.

Abgeordnete Barbara Prammer (S) hingegen thematisierte den undurchschaubaren Paragraphendschungel dieses Entwurfs und kritisierte, dass die Männer hier nicht in die Pflicht genommen würden. Dem Entwurf fehlten Möglichkeiten zur Flexibilität, generell mangle es an Kinderbetreuungsplätzen. Gemäß der europäischen Empfehlung sollten 15 % aller Kinder unter drei Jahren einen solchen Betreuungsplatz haben, in Österreich gebe es drei Prozent, und diese befänden sich fast gänzlich in Wien, sodass dieser Entwurf in Summe eine eindeutige Verschlechterung darstellen würde. Die V-Abgeordneten Walter Tancsits, Matthias Ellmauer und Franz Kampichler konnten sich der Ansicht ihrer Vorrednerin nicht anschließen. Sie betonten den Aspekt der Armutsbekämpfung, die mit dieser Regelung erreicht werde, und die positiven Auswirkungen auf die Wirtschaft, die sich nicht zuletzt in einem Steuerrückfluss manifestieren würden. Die ventilierte Frage nach dem Kündigungsschutz stellte nach Ellmauers Ansicht insoferne kein Problem dar, weil eine Kündigung an dieser Stelle als Motivkündigung verstanden werden müsse, die bekanntermaßen nicht statthaft ist. Auch die F-Mandatare Ilse Burket und Anton Knerzl unterstrichen den Aspekt der Armutsbekämpfung.

Genau dieser Ansatz wurde von den S-Abgeordneten Heidrun Silhavy und Gerhard Reheis in Frage gestellt. Es gebe ungenügende Übergangsregelungen, das Modell sei mit einer vernünftigen Teizeitkarenz nicht kompatibel, generell könne also nicht von einem Meilen-, vielmehr müsse von einem Mühlstein gesprochen werden.

In der Antwortrunde der Experten problemtisierte Erdemgil-Brandstätter die Frage der Verteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit. Sie monierte ein regulierendes Eingreifen des Staates in dieser Frage, insbesondere hinsichtlich des Arbeitsmarktes und der Betreuungseinrichtungen. Es gehe um das Recht der Frau, in Würde, Freiheit und ohne Gewalt leben zu können. Die Situation der Frauen müsse verstärkt Berücksichtigung finden, wie dies auch in zahllosen internationalen Erklärungen immer wieder urgiert werde.

Schattovits rekurrierte auf den Themenkomplex Paradigmenwechsel und meinte, es gehe darum, die Interessen des Kindes in den Mittelpunkt zu stellen und die Armut zu verringern. Das Kinderbetreuungsgeld wirke wie ein zweites Einkommen und habe somit Auswirkungen auf die Armutssituation. In Tirol würden etwa zwei Drittel der jetzt Armutsgefährdeten nicht mehr in diese Kategorie fallen. Von besonderer Wichtigkeit sei weiterhin, dass Mütter, die bislang vom Karenzgeldbezug ausgeschlossen waren, jetzt in den Genuss des Kinderbetreuungsgeldes kämen, was ebenfalls armutverringernd wirke. Generell soll das Kinderbetreuungsgeld Auswahlmöglichkeiten zum Wohl des Kindes schaffen. Hinsichtlich der Partnerschaftlichkeit merkte Schattovits an, dies bedeute ja nur, dass die Entscheidung so getroffen wird, das beide Elternteile damit einverstanden sind. Die Einschätzung, diese Maßnahme komme auch der Wirtschaft zugute, hielt Schattovits für zutreffend, zumal gerade junge Familien dazu neigten, ihre Einkünfte primär in den Konsum zu investieren.

Seitweger hielt eine partnerschaftliche Erziehung für wünschenswert, sprach sich aber gegen diesbezügliche Verordnungen aus. Der Entwurf sei jedenfalls keine Schlechterstellung gegenüber dem Ist-Zustand, auch Männer hätten alle Möglichkeiten, da sehr wohl flexible Gestaltungen möglich seien. Sonja Brauner hingegen befürchtete, dass dieses Modell die Männer nicht ermutigen werde, denn der Einkommensentfall wäre zu hoch. Väter könnten es sich einfach nicht leisten, in Karenz zu gehen. Auch der Umstand, dass der Kündigungsschutz nicht durchgehend gestaltet wurde, schaffe Unsicherheit. Die Expertin nannte weitere konkrete Verschlechterungen gegenüber der bisherigen Regelung und hielt den Entwurf generell für undurchschaubar, was sich schon an den Auffassungsunterschieden unter den Experten zeige, was noch größere Unsicherheiten bei den Normunterworfenen erwarten lasse.

Bundesminister Herbert Haupt hielt eingangs fest, dass Verbesserungen bei den Betreuungseinrichtungen Voraussetzungen für allfällige Förderungen seien, wie dies das Beispiel Kärnten gezeigt habe. Das Kind stehe im Mittelpunkt, und dem dienten auch die Einkommensverbesserungen, die das Kinderbetreuungsgeld mit sich brächte. Der Minister zeigte sich optimistisch, dass ausreichend Teilzeitarbeitsplätze vorhanden sein werden. Der Schutz vor Motivkündigung schließe die Lücke beim Kündigungsschutz, für Männer verschlechtere sich die Lage nicht, vielmehr sei das neue Modell hier substantiell attraktiver. Gegenwärtig befänden sich nur zwei Prozent der Männer in der Kinderbetreuung, künftig sollte diese Zahl wesentlich steigen. Verstärktes Augenmerk werde man der Aufklärung der Bevölkerung widmen, um sicherzustellen, dass die Familien fristgerecht über alle Möglichkeiten informiert sind. Das Kinderbetreuungsgeld werde den Familien zum Vorteil gereichen und die Armut wirkungsvoll bekämpfen. Auch hinsichtlich des Wiedereinstiegs von Frauen sollte sich kein Nachteil ergeben, flankierende Maßnahmen hiezu würden durch das Wirtschaftsministerium gesetzt.

Bundesminister Martin Bartenstein fasste nochmal die wesentlichen Errungenschaften dieses Entwurfes zusammen. Allein schon, dass die Kinderbetreuung nunmehr pensionsbegründend sein werde, könne als wichtiger Meilenstein angesehen werden. Die Mehrkosten des neuen Modells beliefen sich zwar auf 9 Milliarden, doch zum Wohle der Familien setze die Regierung diese Mittel gerne ein. Auch jene zehn Prozent - Schüler- und Studentinnen, Hausfrauen und Bäuerinnen - , die bislang kein Karenzgeld bekommen hätten, profitierten von der neuen Regelung, ebenso wie Alleinerzieherinnen. Hinsichtlich des Prozentsatzes der Männer in der Kinderbetreuung rechnete auch Bartenstein mittelfristig mit einem zweistelligen Anteil. Bislang sei das Karenzgeld einem Berufsverbot gleichgekommen, nunmehr böten sich bessere Möglichkeiten, sodass das Kinderbetreuungsgeld in allen Punkten deutliche Verbesserungen gegenüber dem Status Quo bringe, hielt der Minister resümierend fest.

Zentraler Punkt der Regierungsvorlage ist die Einführung eines Kinderbetreuungsgeldes in der Höhe von monatlich 436 Euro (6.000 S), welches das Karenzgeld ersetzt, im Gegensatz zu diesem aber an alle Mütter bzw. Väter unabhängig von einer vorangegangen Erwerbstätigkeit ausbezahlt wird. Das Kinderbetreuungsgeld kann bis zum Ablauf des dritten Lebensjahres des Kindes bezogen werden, wobei ein Elternteil aber maximal 30 Monate Anspruch darauf hat. Voraussetzung für den Bezug von Kinderbetreuungsgeld ist außerdem, dass das jährliche Einkommen 14.600 Euro brutto (200.900 S) nicht übersteigt.

BezieherInnen von Kinderbetreuungsgeld sind krankenversichert, zudem werden ihnen 18 Monate des Kinderbetreuungsgeldes als Beitragszeiten in der Pensionsversicherung angerechnet. Für ArbeitnehmerInnen gilt, dass sie wie bisher Anspruch auf Karenz bis zum Ablauf des zweiten Lebensjahres des Kindes haben, wobei allerdings, um die volle Karenzzeit auszuschöpfen, diese nicht mehr mit dem Partner/der Partnerin geteilt werden muss. In Kraft treten soll das Gesetz mit 1. Jänner 2002, für Geburten vor diesem Zeitpunkt sind Übergangsbestimmungen vorgesehen.

(Fortsetzung)