Parlamentskorrespondenz Nr. 518 vom 02.07.2001

DISKRIMINIERUNGSFALLEN FÜR FRAUEN IM JAHR 1999

Themenschwerpunkte: Gleichbehandlung, sexuelle Belästigung

Wien (PK) - Im Jahr 1999 hatten sich bei der Regionalanwältin in Wien und in Innsbruck 772 Personen (627 Frauen und 145 Männer) zur Beratung gemeldet. Themenschwerpunkte waren: Gleichbehandlung (283), sexuelle Belästigung (142) und öffentlicher Dienst (89).

TENDENZEN IN DEN EINZELNEN DISKRIMINIERUNGSBEREICHEN

Wiederholt hat sich laut Bericht über die Vollziehung des Gleichbehandlungsgesetzes (III - 86 d.B.) im Berichtsjahr 1999 gezeigt, dass Frauen selbst dann, wenn sie ihre Kompetenz und ihr Können in einem Betrieb schon unter Beweis stellen konnten, noch immer gravierenden Benachteiligungen ausgesetzt sind, wenn es darum geht, ihnen eine fixe oder unbefristete Anstellung zu geben. Das bedeutet, dass Frauen zwar als freie Mitarbeiterinnen, Werkvertragsnehmerinnen, Praktikantinnen oder Aushilfskräfte willkommen sind, dass aber ArbeitgeberInnen auch nach einem längeren Zeitraum der Bewährung zu keiner längerfristigen Bindung an weibliche Beschäftigte durch regulären Dienstvertrag bereit sind. Dies wird von den Betroffenen speziell dann als Diskriminierung empfunden, wenn ein Mann, der von außen kommt, das betriebliche Gefüge nicht kennt und seine Fähigkeiten nicht im gleichen Ausmaß unter Beweis gestellt hat, einen freiwerdenden Posten erhält. Für Frauen bedeutet dies eine sozial und finanziell kaum bis gar nicht abgesicherte Situation und fortgesetzten Druck, neue Einkommensmöglichkeiten zu suchen.

Als eine neue Diskriminierungsfalle für Frauen hat sich die Einführung von geänderten Gehaltsschemata in Betrieben heraus kristallisiert. Die rechtlich einwandfreie Möglichkeit von Stichtagsregelungen wird oft umgangen, um auf Kosten der Frauen sparen zu können. So werden beispielsweise Kriterien für die Umstufung nicht transparent gemacht, sondern willkürlich angewandt. Ähnliches gilt für die betriebliche Pensionsvorsorge. Frauen können nicht damit rechnen, unter Zugrundelegung gleichbehandlungskonformer Kriterien in Pensionskassensysteme einbezogen zu werden. Um anzurechnende Dienstzeiten müssen sie wesentlich häufiger kämpfen als männliche Kollegen.

Die Verweigerung von Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten wird zunehmend als bewusste Strategie eingesetzt, um weiblichen Mitarbeitern künftige Karriereschritte und das Eindringen in Männerdomänen zu verwehren. Die Teilnahme an Schulungs- und Fortbildungsveranstaltungen stellt regelmäßig ein innerbetriebliches Steuerungsmittel zur Karriereplanung der MitarbeiterInnen dar und kann daher von der Unternehmensleitung gezielt eingesetzt werden.

Immer wieder zeigt sich auch, dass Frauen, sobald sie innerbetrieblich Beschwerden wegen vermuteter Ungleichbehandlung, Änderungswünsche hinsichtlich ihrer Arbeitsbedingungen oder sonst wie ihre Unzufriedenheit äußern, Gefahr laufen, ihren Arbeitsplatz sehr schnell zu verlieren. Auch im Zusammenhang mit Schwangerschaft, Mutterschutz und der Inanspruchnahme von Karenzzeiten kommt es vermehrt zu Versuchen, Frauen aus dem Arbeitsverhältnis hinaus zu drängen.

Wie aus dem Bericht weiter hervorgeht, betraf ein Drittel aller Erstkontakte das Thema sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz. In den meisten Fällen werden sexuelle Anzüglichkeiten durch eine frauenabwertende Atmosphäre, die vom Betriebschef geduldet oder gar selbst betrieben wird, ermöglicht. Auch bei Meldung von massiven sexuellen Attacken neigen Arbeitgeber eher dazu, sich vom Lehrling als vom "verdienten Facharbeiter" zu trennen.

Erstmals sind auch Männer an die Gleichbehandlungsanwaltschaft herangetreten, die sich zu Unrecht von Frauen der sexuellen Belästigung beschuldigt fühlten und von der Gleichbehandlungsanwaltschaft vertreten werden wollten.

DIE KOMMISSIONSARBEIT DER GLEICHBEHANDLUNGSANWALTSCHAFT

Seit der Einrichtung der Gleichbehandlungsanwaltschaft 1991 bis Ende 1999 wurden in der Gleichbehandlungskommission insgesamt 133 Überprüfungsverfahren eingeleitet. 80 Verfahren hat die Gleichbehandlungskommission aufgrund eines Antrages der Anwaltschaft für Gleichbehandlungsfragen durchgeführt.

Im Berichtsjahr wurden insgesamt 16 Anträge bei der Gleichbehandlungskommission eingebracht, 9 davon durch die Gleichbehandlungsanwaltschaft. Diese neuen Anträge umfassten vor allem die Diskriminierungsvermutungen Entgeltfestsetzung, sexuelle Belästigung und Arbeitsbedingungen.

(Schluss)