Parlamentskorrespondenz Nr. 526 vom 04.07.2001

NATIONALRAT REPARIERT PENSIONSREFORM

Opposition bleibt bei ihrer Kritik

Wien (PK) - Der Verfassungsgerichtshof hatte die Beamtenpensionsreform wegen eines Formalfehlers bei der Abstimmung im Nationalrat aufgehoben. In der heutigen Sitzung nun wurde das Gesetz, das als Antrag der FP und der VP eingebracht worden war und das u.a. die Hinaufsetzung des Pensionsalters für Beamte auf 61,5 Jahre und die Anhebung des Pensionsbeitrags um 0,8 Prozentpunkte vorsieht, mit den Stimmen der Regierungsfraktionen neuerlich beschlossen.

Abgeordnete Dr. MERTEL (S) kritisierte Verschlechterungen im Pensionsrecht und sprach von massiven Eingriffen in die Lebensplanung und Verlusten in der Lebensverdienstsumme. Mit Nachdruck lehnte Mertel die höheren Abschläge bei Frühpensionen, die Anhebung des Pensionsbeitrages sowie die Kürzungen der Witwenpensionen sowie des Bezugs von Schwerkranken ab.

Abgeordneter REINDL (F) wies auf die gestiegene Lebenserwartung hin und meinte, Reformen des Pensionssystems seien unter diesem Aspekt unabdingbar. Die Anhebung des Frühpensionsalters um eineinhalb Jahre erfolge aber nicht überfallsartig, sondern stufenweise. Der Redner erinnerte in diesem Zusammenhang daran, dass die SPÖ eine Anhebung um zwei Jahre geplant hätte.

Ein von Reindl eingebrachter Abänderungsantrag stellte klar, dass die Abschlagsregelung bei Erwerbsunfähigkeit nur in jenen Fällen zum Tragen komme, in denen das Ruhestandsverfahren ab dem 1.10.2000 eingeleitet wurde.

Abgeordnete Dr. PETROVIC (G) vermisste ein Gesamtkonzept der Novelle und sprach kritisch von einer Stückwerklösung, der die Grünen nicht zustimmen können. Sie verwies insbesondere auf die nach wie vor schlechteren Chancen von Frauen im öffentlichen Dienst und die daraus resultierenden Folgen bei der Alterssicherung. Neben einer Versicherungs- und einer Solidaritätskomponente müsste nach Meinung der Rednerin auch eine Anti-Diskriminierungskomponente in das Pensionssystem eingebaut werden.

Abgeordneter Dr. FEURSTEIN (V) warf Abgeordneter Mertel vor, eindeutig als Beamtin gesprochen zu haben und nicht die öffentlich Bediensteten in ihrer Gesamtheit betrachtet zu haben. Er lobte das Reformpaket, das u.a. bei der Fortzahlung des Entgelts bei Dienstverminderung, Krankheit und Unfall eine vernünftige Lösung und damit eine Annäherung zwischen Vertragsbediensteten und Beamten bringt. Grundsätzlich war Feurstein der Auffassung, dass die Pensionsreform in ihren Grundzügen richtig war, denn sie trage dazu bei, die Finanzierung der Pensionen zu sichern und eine gewisse Gleichheit zwischen den einzelnen Gruppen zu schaffen.

Auch Vizekanzlerin Dr. RIESS-PASSER zeigte sich überzeugt, dass die Pensionsreform zur Sicherung der Pensionen und des Generationenvertrages beitrage. Sie hielt es für sinnvoll, eine moderate und stufenweise Anhebung der Frühpensionen um 18 Monate vorzunehmen. Ausdrücklich berücksichtigt wurden auch jene, die Schwerstarbeit leisten und lange Versicherungszeiten haben. Die Bundesregierung sei zudem sehr stolz darauf, dass auf die besondere Situation von Frauen eingegangen wurde, was bei der Anrechnung der Kindererziehungszeiten zum Ausdruck komme. Überdies habe man die Wertsicherung mit Fixbeträgen festgelegt, wodurch gerade die kleinen Pensionen bessergestellt werden. Grundsätzlich müsse man im Sinne der Gerechtigkeit dafür sorgen, dass die einzelnen Pensionssysteme harmonisiert werden und damit "gleiche Spielregeln für alle gelten".

Abgeordnete SILHAVY (S) bezeichnete es als Zynismus, wenn die Vizekanzlerin von einer Harmonisierung der Pensionssysteme spreche. In der Praxis bedeute dies, dass eine Verschlechterung in der einen Gruppe auch bei der anderen nachvollzogen wird. Im besonderen kritisierte sie die Schlechterstellung von kranken Menschen. Man könne doch nicht glauben, dass die Menschen gesünder werden, wenn man ihnen Geld wegnehme.

Das oberste Prinzip dieser Novelle sei Solidarität, denn würde man mit dem derzeitigen System weiter fortfahren, bekämen die jungen Menschen keine Pensionen mehr, gab Abgeordneter MIEDL (V) zu bedenken. Ein besonderes Anliegen war ihm die Motivation der Beamten, weil völlig neue Herausforderungen auf sie zukommen würden. Erfreut zeigte er sich schließlich über die Änderungen für die Exekutivbeamten.

Auch Abgeordneter PENDL (S) befasste sich mit jenen Massnahmen, die die Exekutivbeamten betreffen. Die SPÖ habe diese Änderungen von Anfang an kritisiert, da in Einzelfällen mit einem Verdienstentgang von bis zu 40 Prozent zu rechnen war. Sodann brachte er zwei diesbezügliche Abänderungsanträge seiner Fraktion ein.

Es war allen klar, dass eine Veränderung beim Frühpensionsalter unbedingt erforderlich ist, meinte Abgeordneter KÖSSL (V). Es handle sich um ein Gesetz "mit Herz und Hirn", denn ohne diese Maßnahmen wäre das gute Pensionssystem und die relativ hohe Pensionsbemessung nicht weiter gesichert, gab sich der Redner überzeugt.

Abgeordnete BURES (S) erinnerte daran, dass der Verfassungsgerichtshof die ursprüngliche Vorlage zur Pensionsreform aufgehoben hat. Bedauerlicherweise wurde jedoch die Chance nicht genützt, um neben den formalen auch die inhaltlichen Fehler zu korrigieren. Sie brachte daher einen Abänderungsantrag ein, der auf die Rücknahme der plötzlichen Anhebung des Pensionsalters und der Eingriffe des Pensionsrechts abzielt.

Die heutige Reparatur sei notwendig, da das letzte Gesetz verfassungswidrig war, nicht nur aus formalen, sondern auch aus inhaltlichen Gründen, zeigte Abgeordneter ÖLLINGER (G) auf. Er könne aber nicht erkennen, dass es sich nunmehr um ein Gesetz mit Herz handle, da die Schwerkranken bestraft werden.

Bei der Abstimmung wurde das Pensionsreformgesetz 2001 in der Fassung von F-V-Zusatz- und -Abänderungsanträgen angenommen, die S-Abänderungsanträge fanden nicht die erforderliche Mehrheit.

(Schluss Pensionsreform/Forts. NR)