Parlamentskorrespondenz Nr. 543 vom 06.07.2001

KURZDEBATTEN ÜBER MINISTERBÜROS

Fristsetzungsantrag ohne Mehrheit

Wien (PK) - In den Nachmittagsstunden befasste sich der Nationalrat nach der ASVG-Debatte in  einer von den Grünen beantragten Kurzdebatte mit der Beantwortung der Anfrage der Sozialdemokraten 2342/J durch den Sozialminister sowie in einer weiteren Kurzdebatte mit dem Antrag der Sozialdemokraten, dem Verfassungsausschuss für ihren Antrag betreffend Privilegienwirtschaft in den Ministerbüros eine Frist bis 25. September zu setzen.

KURZDEBATTE ANFRAGEBEANTWORTUNG

Abgeordneter Werner Kogler (G) erinnerte daran, dass der Abgeordnete Brix, der auch Mitglied des ständigen Unterausschusses des Rechnungshofausschusses war, die vorliegende Anfrage gestellt habe. Seit Februar habe dieser Unterausschuss die Aufgabe gehabt, die Privilegien in den Ministerbüros zu prüfen. Es habe sich jedoch gezeigt, dass sich die Regierung - trotz Vorliegens eines Rechnungshofberichtes - weigere, zu einer umfassenden Aufklärung beizutragen. Obwohl sich die Verdachtslage von Tag zu Tag verdichte, führte Kogler weiter aus, wurde es nicht zugelassen, dass beispielsweise die ehemalige Kabinettschefin Fabel im Ausschuss aussagt. Aufklärungsbedürftig seien seiner Auffassung nach vor allem die Art und die Umstände der Leihverträge, die Überstundenvergütungen, die Belohnungen und Prämien sowie die Zusatzbeschäftigungen.

Bundesminister Herbert Haupt teilte eingangs mit, dass es ihm aufgrund der Terminplanung im Parlament nicht möglich war,  gleichzeitig an der Sitzung des Unterausschusses sowie am Sozialausschuss teilzunehmen. Es sei daher unfair, wenn nun der Regierung vorgeworfen werde, dass sie nicht an einer Aufklärung interessiert sei. Zudem machte er darauf aufmerksam, dass der Rechnungshofbericht festgestellt hat, dass prinzipiell nichts gegen Leihverträge einzuwenden sei. Der Rechnungshof habe auch konstatiert, dass für die Beschäftigung in den Ministerbüros besondere Anforderungsprofile gelten.

Es sei richtig, dass in seinem Hause sehr viele Überstunden anfallen, erklärte er. Man werde sich daher einmal die Frage stellen müssen, ob man diese Überstunden in weitere Dienstposten umwandeln oder wie bisher abgelten soll. Er stehe jedoch dazu, dass geleistete Überstunden, die nicht durch Freizeit ausgeglichen werden können, auch zu bezahlen sind. Was die Belohnungen betrifft, so habe seine ehemalige Kabinettschefin keinen Schilling aus diesem Titel erhalten, unterstrich er.

Grundsätzlich vertrete er die Auffassung, dass die Tätigkeit im Büro einer Politikerin oder eines Politikers nur relativ kurze Zeit ausgeübt wird, wobei eine über das übliche Maß hinausgehende Verfügbarkeit erforderlich sei. Zudem sei ein besonderes Vertrauensverhältnis notwendig. Unter diesen Voraussetzungen sei es nahezu unmöglich, ausreichend qualifizierte Mitarbeiter zu finden und zugleich auf Überlassungsverträge gänzlich zu verzichten. Außerdem müsse man die ausgewiesenen Bruttobeträge tatsächlich auf das reduzieren, was sie wirklich sind, nämlich Beamtengehälter in der Stufe A4 bis A6.

Abgeordneter Günther Kräuter (S) erinnerte daran, dass Bundeskanzler Schüssel noch vor eineinhalb Jahren verkündet habe, dass "bei uns gespart werde und nicht beim kleinen Mann". Nun stelle sich heraus, dass in den Ministerbüros Gehälter jenseits der 100.000 S-Grenze bezahlt werden und die Kabinettchefin Fabel sogar mehr als 200.000 S verdient hat. Er frage sich, wie man es dann gleichzeitig verantworten könne, dass ein Unfallrentner um 6.000 S weniger monatlich an Pension erhält.

Es sei schon eigenartig, wenn sich nun der Abgeordnete Kräuter beschwere, dass er zu wenig Information erhalte, erklärte Abgeordneter Gilbert Trattner (F). Denn im letzten Unterausschuss zum Rechnungshofausschuss habe er die Sitzung verlassen, obwohl kompetente Auskunftspersonen geladen waren. Kräuter habe die Angelegenheit anscheinend nicht ernst genommen, da er keine einzige Frage, weder an die Experten des Verfassungsdienstes des BKA, des Rechnungshofes noch an Staatssekretär Finz oder Justizminister Böhmdorfer gerichtet habe.

Sozialminister Haupt stellte klar, dass der Belohnungstopf in der Höhe von 14,8 Mill. S sämtlichen Mitarbeitern seines Hauses, das sind über 2.900 Beamte, zur Verfügung stehe.

Die Situation, wie sie sich heute in den Ministerien darstelle, sei eine Fortschreibung der erfolgreichen Praxis in der Vergangenheit, argumentierte Abgeordneter Josef Trinkl (V). Zudem habe der Rechnungshof festgestellt, dass er grundsätzlich keine rechtlichen Bedenken gegen die Beschäftigung von Leiharbeitskräften in Ministerien habe. Diese Debatte biete jedoch die Gelegenheit aufzuzeigen, wie ernst die Opposition, die an manchen Sitzungen gar nicht teilnehme, die Arbeit im Unterausschuss nehme.

Obwohl schon mehrmals Anfragen zu diesem Thema gestellt wurden, habe man immer sehr unterschiedliche Auskünfte erhalten, bemängelte Abgeordneter Karl Öllinger (G). Die Informationen differieren nicht nur in Bezug auf die Lohnsummen, sondern auch hinsichtlich der sonstigen Entschädigungen und der Budgetansätze. Das lasse daher nur den Schluss zu, dass die Regierungsparteien in ihren Ministerbüros "etliches zu verstecken haben". Schließlich stellte er noch den Antrag, die Anfragebeantwortung durch den Bundesminister nicht zur Kenntnis zu nehmen.

Bei der Abstimmung wurde der von Öllinger eingebrachte Antrag abgelehnt.

FRISTSETZUNGSDEBATTE

Seit dem Amtsantritt dieser Regierung sei zwar Sparen angesagt, aber in den Ministerbüros sehe es offensichtlich anders aus, sagte Abgeordneter PENDL (S). Er frage sich, wie sich die Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes, die Einsparungen in Kauf nehmen müssen, fühlen, wenn sie hören, was die Kabinettsmitarbeiter verdienen. Im Interesse der Bundesregierung, des Parlamentes, der österreichischen Bevölkerung und des Budgets müssen all diese Fragen, wie etwa jene der Leiharbeitsverträge, so rasch wie möglich geklärt werden, forderte er. Er appellierte daher an die Abgeordneten, dem Fristsetzungsantrag zuzustimmen.

Abgeordneter Karl Dobnigg (S) warf der Koalition vor, auf der einen Seite laufend die Österreicher und Österreicherinnen zu belasten, auf der anderen Seite aber "Supergagen" an Leiharbeitskräfte in den Kabinetten der eigenen Minister zu vergeben. "Das ist aufklärungsbedürftig". Dobnigg appellierte an die Koalitionsparteien, Kontrollaktivitäten des Parlaments nicht zu behindern. Wenn alles in Ordnung sei, bräuchten ÖVP und FPÖ ohnehin keine Angst zu haben.

Abgeordnete Beate Hartinger (F) entgegnete, die Vorwürfe der SPÖ entbehrten jeglicher Grundlage. Parlamentarische Kontrolle sei für die Freiheitlichen immer ein wichtiges Thema gewesen, wies sie Aussagen, die Koalition würde "mauscheln und vertuschen", zurück. Nach Meinung Hartingers war sowohl die Zahl der Mitarbeiter früherer sozialdemokratischer Minister als auch deren Entlohnung höher als die Mitarbeiterzahl freiheitlicher Minister und deren Entlohnung. "Wir haben nichts zu verbergen."

Abgeordneter Nikolaus (V) lehnte den Fristsetzungsantrag der SPÖ ab, da, wie er sagte, die Gebarung der Ministerbüros ohnehin vom Unterausschuss des Rechnungshofausschusses geprüft werde. Die Koalition habe bereits Termine für weitere Sitzungen angeboten, die SPÖ müsse nur zur entsprechenden Mitarbeit bereit sein. Prinz wies darüber hinaus auf die hohe Mitarbeiterzahl des früheren sozialdemokratischen Bundeskanzlers Viktor Klima hin.

Abgeordneter Werner Kogler (G) hielt der Koalition "Kontrollverweigerung" vor und machte geltend, dass beim ersten Termin des Unterausschusses des Rechnungshofausschusses überhaupt keine Auskunftspersonen da gewesen seien. Später habe man Minister geladen, bei denen es nichts zu überprüfen gebe. Kogler vertrat die Auffassung, dass noch nie zuvor "so sehr in die Privilegienkiste gegriffen worden ist" wie für die Mitarbeiter der FPÖ-Minister.

Der Antrag der SPÖ, dem Verfassungsausschuss zur Beratung des SP-Entschließungsantrages 464/A(E) betreffend sofortige Abstellung der Privilegienwirtschaft in den Ministerbüros der blau-schwarzen Bundesregierung eine Frist bis zum 25. September 2001 zu setzen, blieb bei der Abstimmung in der Minderheit.

(Schluss Kurdebatten/Forts. NR)