Parlamentskorrespondenz Nr. 544 vom 06.07.2001

ÄRZTEGESETZ, PATIENTENCHARTA, APOTHKERKAMMERGESETZ

Nationalratsdebatte über Themen des Gesundheitsressorts

Wien (PK) - Im Anschluss an die beiden Kurzdebatten wandte sich der Nationalrat Materien aus dem Gesundheitsressorts zu. Auf der Tagesordnung standen die 2. Ärztegesetz-Novelle und ein S-Antrag zu diesem Thema, die Patientencharta mit dem Land Oberösterreich und das Apothekerkammergesetz 2001.

ÄRZTEGESETZ MIT UMSTRITTENER MELDEPFLICHT

Abgeordneter LACKNER (S) unterstrich, nicht Fundamentalopposition oder Justamentstandpunkte hätten die SPÖ bewogen, die heute zur Beschlussfassung anstehende Novelle zum Ärztegesetz abzulehnen, vielmehr seien schwerwiegende Gründe dafür verantwortlich. Seiner Auffassung nach kommt die "inhumane, intolerante und rückwärtsgerichtete" Geisteshaltung der Koalition auch im Ärztegesetz zum Tragen. Besondere Kritik übte Lackner beispielsweise am künftigen Verbot von promovierten Flüchtlingen, ihren Arztberuf auszuüben. Auch ein von der Koalition in Aussicht gestellter Abänderungsantrag werde die Situation nicht wesentlich verbessern, zeigte er sich überzeugt. Der Abgeordnete wandte sich aber auch gegen die verschärfte Anzeigepflicht bei Kindesmissbrauch. Mit einem von ihm eingebrachten Abänderungsantrag soll den Bedenken der SPÖ Rechnung getragen werden.

Abgeordneter Dr. PUMBERGER (F) verteidigte hingegen die neuen gesetzlichen Bestimmungen in Bezug auf Kindesmissbrauch und bekräftigte mit Hinweis auf zahlreiche Einzelfälle, man dürfe Täter nicht schützen. Vielmehr sei ein verbesserter Opferschutz dringend erforderlich. Aus diesem Grund sieht die Gesetzesnovelle Pumberger zufolge die Wiedereinführung der Anzeigepflicht bei Kindesmissbrauch vor, es sei denn, es bestehe der Verdacht, dass es sich um Missbrauch von Familienmitgliedern handle.

Abgeordneter Dr. GRÜNEWALD (G) hielt fest, die Grünen stünden der Schaffung von Gruppenpraxen positiv gegenüber. Er fragte sich aber, warum man die im ursprünglichen Ministerialentwurf vorgesehene Bedarfsprüfung von eingerichteten Gruppenpraxen nach dreißig Jahren wieder zurückgenommen habe.

Negativ beurteilte Grünewald hingegen die Wiedereinführung der Anzeigepflicht bei Kindesmissbrauch. Der Regierung sei es offenbar "schnurzegal", was ExpertInnen, Fachbeiräte und Jugendanwaltschaften sagten, klagte er. Wie diese fürchtet auch Grünewald, dass sich aufgrund der Anzeigepflicht weniger Betroffene an die Beratungsstellen wenden würden. In der Frage der Berufsausübung von Asylanten, die Ärzte sind, brachte Grünewald einen Abänderungsantrag ein, da er die von der Koalition vorgesehene Regelung als zynisch erachtet.

Abgeordneter Dr. RASINGER (V) setzte sich zunächst mit der Frage der Anzeigepflicht bei Kindesmissbrauch auseinander und meinte, es sei der Bevölkerung nicht klar zu machen, dass man Delikte, die mit mehrjährigen Haftstrafen bedroht seien, unter den Tisch fallen lassen könne, wenn sich die Täter einer Therapie unterziehen. Die SPÖ habe eine falsche Vorstellung von "Täterromantik" und glaube, dass man alles ohne Polizei lösen könne, vermutet er. Damit würde man die Kinder aber nicht schützen.

Was die Ausübung des Arztberufs durch Flüchtlinge betrifft, merkte Rasinger an, es komme lediglich zu einer Gleichstellung von Flüchtlingen mit Österreichern. Kenntnis der deutschen Sprache und die Ablegung entsprechender Prüfungen müssten Voraussetzung zur Berufsausübung sein. Zur Klarstellung brachte Rasinger in diesem Zusammenhang einen Abänderungsantrag der Koalitionsparteien ein, der weiters redaktionelle Nachbesserungen enthält. Ausdrücklich begrüßt wurde vom Gesundheitssprecher der ÖVP die Einrichtung von Gruppenpraxen.

Abgeordnete HUBER (S) meinte, die Experten nähmen eine weit kritischere Haltung als ihr Vorredner zu den Inhalten der Vorlage ein und sprächen sich gegen die geplante Anzeigepflicht aus. Dies dürfe man nicht ignorieren. Die Lösung, die von der Regierung angeboten werde, sei unbefriedigend, die Expertenmeinungen sollten ernstgenommen werden.

Abgeordnete Mag. HARTINGER (F) sprach sich für die Neufassung des Ärztegesetzes aus und nannte die Einrichtung von Gruppenpraxen einen großen Fortschritt. Damit würden der Patient in den Mittelpunkt gerückt und die Abläufe beschleunigt. Die Vorlage sei damit zu begrüßen.

Abgeordnete HAIDLMAYR (G) wies auf die Probleme behinderter Menschen hin und forderte barrierefreie Zugänge zu den Praxen. Dass ein entsprechendes Versprechen nicht eingehalten wurde, sei bedauerlich, müssten doch behinderte Menschen nun weiterhin Ambulanzen aufsuchen und sohin die diesbezüglichen Gebühren entrichten. Weiters kritisierte die Rednerin die an dieser Stelle geplanten Regelungen bei Kindesmissbrauch.

Abgeordneter Dr. LEINER (V) sagte, die Ärzte hätten einen guten Ruf und seien kompetent. Und sie hätten die geplante Novellierung nicht nur nicht kritisiert, sondern sogar begrüßt. Auch die Verankerung der Gruppenpraxen sei ein Fortschritt im Interesse der Patienten.

Abgeordnete Mag. LAPP (S) unterstrich die Kritik ihrer Fraktion an den vorgesehenen Regelungen, namentlich hinsichtlich des Fehlens von barrierefreien Zugängen zu den Praxen und der Problematik der Anzeigepflicht. Die Regierung biete lediglich Scheinlösungen, denen man eine klare Absage erteilen müsse.

Abgeordneter SCHEUCH (F) nannte die vorliegende Gesetzesnovelle eine "sehr gescheite" und warf der Opposition vor, hier ideologisch motiviert zu argumentieren. Seine Fraktion sei auf der Seite jener, die Missbrauch erlitten, und daher fordere er volle Härte gegen die Täter.

Staatssekretär Dr. WANECK erläuterte die Intentionen der Novelle und warb um dessen Annahme. Besonders die Realisierung von Gruppenpraxen sei ein wichtiger und richtungweisender Fortschritt.

Abgeordnete Dr. POVYSIL (F) vertrat die Ansicht, man habe hier in den letzten Tagen viele wichtige Meilensteine geschaffen, im Ärztebereich sei dies die Schaffung der Gruppenpraxis, wofür man der Regierung und dem Staatssekretär Dank schulde. Auch die Wiedereinführung der Anzeigepflicht sei ein Fortschritt, betonte Povysil, man schaffe den bestmöglichen Schutz für die Kinder.

Die Novelle wurde in der Fassung von F-V-Zusatz- bzw. Abänderungsanträgen ebenso mehrheitlich angenommen wie der Bericht des Gesundheitsausschusses. Die Anträge der Opposition verfielen hingegen der Ablehnung.

PATIENTENCHARTA MIT DEM LAND OBERÖSTERREICH

Abgeordneter Dr. PUMBERGER (F) zeigte sich erfreut darüber, dass es nun gelungen sei, die Patientenrechte zu stärken und zu sichern. Hier werde langjährigen Bemühungen der FP Rechnung getragen und eine weitere Verbesserung im Gesundheitsbereich erzielt.

Abgeordneter PRINZ (V) äußerte ebenfalls Zufriedenheit über die Entwicklung bei den Patientenrechten. Es sei ein Maß für die Qualität einer Zivilgesellschaft, wie sie mit pflegebedürftigen Menschen umgehe, und hier sei Österreich vorbildlich. Mit dieser Charta werde ein wichtiges Zeichen gesetzt, so Prinz, der auf die Erfolge in den Bundesländern verwies.

Abgeordneter Dr. GRÜNEWALD (G) signalisierte die Zustimmung seiner Fraktion zu dieser Charta, in der viel Positives enthalten sei. Allerdings sei dies kein Grund zur Euphorie, vielmehr würde Selbstverständliches jetzt endlich realisiert, wobei weitere Verbesserungen wünschenswert seien.

Abgeordnete WOCHESLÄNDER (F) analysierte die Problemlage von Patienten und meinte, die vorliegende Charta trage den Bedürfnissen der Betroffenen Rechnung, weshalb sie zu begrüßen sei.

Der Entwurf wurde einstimmig angenommen.

APOTHEKERKAMMERGESETZ 2001

Abgeordneter LACKNER (S) meinte, der Entwurf habe die damit zu erreichenden Zielsetzungen verfehlt, weshalb seine Fraktion ihm die Zustimmung versagen müsse. Dies erläuterte der Redner anhand konkreter Beispiele und brachte sodann einen Abänderungsantrag seiner Fraktion ein, in dem die wesentlichen Alternativvorstellungen der SPÖ festgeschrieben sind.

Abgeordnete Mag. HARTINGER (F) begrüsste den Entwurf als zweckdienlich. Es sei dies ein weiterer wichtiger Baustein zu einer zeitgemässen Neugestaltung des Gesundheitsbereichs, mit dem wichtige Verbesserungen für die Bevölkerung einhergingen.

Abgeordneter Dr. GRÜNEWALD (G) räumte zwar ein, dass dieses Gesetz positive Änderungen enthalte, er könne aber nicht die Benachteiligung der Angestellten durch den Wahlmodus akzeptieren. Denn obwohl 1.000 Selbständigen 3.000 Angestellte gegenüberstünden, seien beide Gruppen im gleichen Ausmaß vertreten. Daher lehnten die Grünen dieses Gesetz ab.

Abgeordneter Dr. LEINER(V) argumentierte wiederum, dass 87 Prozent der ApothekerInnen diesem Gesetz zugestimmt hätten. Er verstehe daher auch nicht, dass die SPÖ gegen die Verfassungsbestimmung sei. Wichtig ist ihm, dass die Apothekerkammer in Zukunft Maßnahmen zur Qualitätssicherung setzen könne und die Aus- und Weiterbildung forciere.

Abgeordneter Dr. RASINGER (V) griff folgende Punkte als wesentlich heraus: Einerseits die verpflichtende Weiterbildung, andererseits die Tatsache, dass nicht nur ApothekerInnen sondern auch Angestellte zum Präsidenten gewählt werden können. Auch er zeigte kein Verständnis für die Ablehnung der Weisungsfreiheit der Disziplinarkommission durch die SPÖ, weshalb die dafür nötige Zweidrittelmehrheit nicht zustande komme.

Der Abänderungsantrag der SPÖ blieb in der Minderheit. Der Gesetzesentwurf wurde mehrheitlich von den Regierungsfraktionen angenommen.

(Schluss Gesundheit/Forts. NR)