Parlamentskorrespondenz Nr. 638 vom 01.10.2001

KRIMINALITÄTSSTATISTIK GIBT AUFSCHLUSS ÜBER SICHERHEIT IN ÖSTERREICH

Sicherheitsbericht über das Jahr 2000 liegt Parlament vor

Wien (PK) - Noch detaillierter und umfassender als bisher ist der Sicherheitsbericht (III-116 d.B.) für das Jahr 2000, den die Bundesregierung dem Parlament vorgelegt hat, ausgefallen. Auf rund 770 Seiten wird die innere Sicherheit dargestellt.

KRIMINALITÄTSBERICHT

Bekannt geworden sind in Österreich vom Feber bis Dezember 2000 516.929 strafbare Handlungen, davon waren 42.733 Delikte im Straßenverkehr. Die Gesamtzahl der Verbrechen belief sich auf 104.489 (Aufklärungsquote 35 %), die Gesamtzahl der Vergehen 412.440 (Aufklärungsquote 52,2 %). Die gesamtösterreichische Aufklärungsquote betrug 48,7 %; am höchsten war sie in Vorarlberg mit knapp 60 %, am niedrigsten in Wien mit etwa 37 %.

14,4 % aller gerichtlich strafbaren Handlungen wurden von 14- bis unter 19-Jährigen, 19,6 % von 19- bis 25-Jährigen, 36,1 % von 25- bis 40-Jährigen und 29,9 % von Personen ab 40 Jahre begangen.

Österreichweit wurden gegen Leib und Leben 92.932 (davon 441 Verbrechen), gegen fremdes Vermögen 353.385 (davon 96.894 Verbrechen) und gegen die Sittlichkeit 3.642 (davon 1.517 Verbrechen) strafbare Handlungen gesetzt.

Neu aufgenommen in diesem Bericht ist die Täter - Opfer-Beziehung bei den strafbaren Handlungen: 5.600 strafbare Handlungen gegen Leib und Leben gehen auf familiäre Beziehungen in Hausgemeinschaft, über 8.000 auf ein Bekanntschaftsverhältnis und knapp 3.000 auf eine Zufallsbekanntschaft zurück. Das Bekanntschaftsverhältnis spielt auch bei den strafbaren Handlungen gegen die Freiheit und gegen die Sittlichkeit eine besondere Rolle, gehen doch über 1.000 strafbare Handlungen gegen die Freiheit und 580 strafbare Handlungen gegen die Sittlichkeit auf das Bekanntschaftsverhältnis zurück; familiäre Beziehungen in Hausgemeinschaft waren bei 715 strafbare Handlungen gegen die Freiheit und bei 356 strafbaren Handlungen gegen die Sittlichkeit ausschlaggebend.

Vom Feber bis Dezember 2000 wurden in Österreich nicht ganz 42.240 fremde Tatverdächtige festgestellt. Davon waren knapp 15 % Jugoslawen, 13 % Türken, 10 % Deutsche und 9 % Personen aus Bosnien-Herzegowina.

EXTREMISMUS UND TERRORISMUS

Die kurdische terroristische Organisation PKK stand im Jahr 2000 ganz im Zeichen der neuen Linie der Organisation, die Gewaltverzicht, Frieden, Demokratie und Freiheit für Öcalan propagierte. Obwohl Veranstaltungen und Schulungen durchgeführt wurden, um auch die Basis von der neuen politischen Linie zu überzeugen, konnte unter den PKK-Anhängern ein abnehmendes Interesse an der Organisation festgestellt werden, heißt es im Bericht.

Hinsichtlich des islamischen Extremismus war die Situation gegenüber den Vorjahren im Wesentlichen unverändert. Die meisten der etwa 300.000 in unserem Land aufhältigen Moslems sind Anhänger eines gemäßigten Islam und respektieren die österreichischen Gesetze.

Aufgrund der Eskalation der Gewalt in Israel und in den Palästinensergebieten ab September 2000 war auch bei uns eine zunehmende Emotionalisierung innerhalb der palästinensischen Szene zu erkennen. Aber seit dem 27.12.1985 (Anschlag auf den Flughafen Wien-Schwechat im Bereich des Abfertigungsschalters der israelischen Fluggesellschaft EL AL) wurde kein weiterer Anschlag der palästinensischen Terrorszene verübt; es gibt derzeit auch keine Hinweise auf das Bestehen von Strukturen palästinensischer Terrororganisationen in Österreich. - Es kann aber nicht ausgeschlossen werden, ist dem Bericht zu entnehmen, dass so genannte "Schläfer" einer radikalen Terrororganisation auf "Abruf" bereitstehen.

Die Sicherheitslage in Bezug auf die serbische und kosovarische Diaspora in Österreich entspannte sich nach dem Ende des Kosovo-Krieges im Jahr 1999 deutlich. Im Verlauf des Jahres 2000 fanden kaum mehr Demonstrationen oder sonstige politische Aktivitäten der beiden Volksgruppen statt.

Im Zusammenhang mit der Bekämpfung rechtsextremer Aktivitäten wurden im Jahr 2000 bundesweit 450 Anzeigen (1999: 717) erstattet.

Die Zahl der strafbaren Handlungen von radikalen und gewaltbereiten Tierschützern nahm im Jahr 2000 zwar weiter ab, aber es wurde ein beträchtlicher Sachschaden verursacht.

SUCHTMITTELKRIMINALITÄT

In unserem Land wurden 17.568 Anzeigen wegen Zuwiderhandlung gegen die Strafbestimmungen des Suchtmittelgesetzes für Suchtgifte an die Justizbehörden erstattet; dies stellt gegenüber 1999 einen Anstieg um 2 % dar. Während in Vorarlberg, Kärnten, Steiermark und Oberösterreich ein Rückgang der Anzeigen registriert werden konnte, war in den übrigen Bundesländern ein Anstieg zwischen knapp 10 % und 40 % zu verzeichnen.

Sichergestellt wurden: 1.560 kg Cannabiskraut, 244 kg Cannabisharz, 231 kg Heroin, 20 kg Kokain, 865 LSD-Trips und 162.100 Stück Ecstasy.

Es gab 227 Drogenopfer (1999: 174). Davon waren 183 männlichen (1999: 126), 44 weiblichen (1999: 48) Geschlechts. In der Altersgruppe der unter 20-Jährigen waren 32 % der Opfer weiblich.

ORGANISIERTE KRIMINALITÄT

Internationale Kfz-Verschiebungen sind nach wie vor ein wesentliches Betätigungsfeld organisierter Tätergruppen. Im Jahr 2000 wurden insgesamt 6.514 Kfz-Entfremdungen angezeigt, wovon 3.505 Fahrzeuge nicht wieder aufgefunden wurden.

ROTLICHTBEREICH

Im Bundesgebiet wurden 589 Lokale erfasst, in denen Prostitution ausgeübt wurde, 2.408 Frauen waren offiziell als Prostituierte registriert. Verschiedene Indikatoren wie die Kontaktanzeigen in einschlägigen Magazinen und in Tageszeitungen sowie die stichprobenartigen Kontrollen bordellartiger Betriebe weisen aber darauf hin, dass es mehr als drei- bis viermal so viele Geheimprostituierte gibt. In Wien arbeiten etwa 1.000 nicht registrierte Animiermädchen in solchen Lokalen, aber auch auf dem so genannten "Babystrich", davon 40 % bis 60 % aus dem Ausland.

SCHLEPPEREI

Von den österreichischen Sicherheitsdienststellen wurden 2000 18.495 Aufgriffe registriert; dies entspricht einem Anstieg um 2.699 Amtshandlungen gegenüber dem Jahr 1999. Im Zuge der Amtshandlungen wurden an Österreichs Grenzen bzw. im Bundesgebiet 45.730 Personen, Organisatoren, Schlepper, Beitragstäter, Geschleppte sowie illegale Grenzgänger, angehalten.

Von den Aufgegriffenen kamen knapp 15.000 Menschen über Binnengrenzen, insbesondere aus Italien, nach Österreich. Dabei handelt es sich vorwiegend um rumänische und ukrainische Staatsangehörige.

Die Herkunftsländer der illegalen Migranten sind Rumänien, Ukraine, Afghanistan, Jugoslawien, Irak, Iran, Moldawien, Indien, Polen und China. Die Abwanderung aus diesen Regionen erfolgte - wie schon in den Jahren zuvor - zu je einem Drittel aus wirtschaftlichen und persönlichen Gründen (Familienzusammenführung). Weitere Gründe bildeten politische Verfolgung, Flucht aus Kriegsgebieten und Strafverfolgung im Heimatland.

NUKLEARKRIMINALITÄT

In Österreich gab es im Jahr 2000 7 Verdachtsfälle wegen des illegalen Handels mit nuklearen oder radioaktiven Materialien.  International gab es 52 Fälle von illegalem Handel mit Kernmaterialien oder anderen radioaktiven Quellen, welche durch das IAEO-Meldeverfahren im Rahmen des Programms "Illicit Trafficking" registriert wurden. Der Hauptschwerpunkt der Nuklear-Schmuggelfälle liegt in Russland, in Osteuropa und im Baltikum.

FALSCHGELDKRIMINALITÄT

Im Berichtsjahr wurde ein Ansteigen von Kopierfälschungen österreichischer Banknoten verzeichnet mit einer Gesamtsumme von 1,3 Mill. S. Echte Druckfälschungen von österreichischen Banknoten wurden nicht registriert.

KFZ-ENTFREMDUNGEN

Bei den Kfz-Entfremdungen ist seit 1999 ein Anstieg zu verzeichnen. Über 6.500 Kfz-Entfremdungen sind im EKIS aufgenommen; 3.500 Fahrzeuge konnten bis dato nicht aufgefunden werden. Der Anstieg bei den Fahrzeug-Diebstählen ist - wird im Bericht vermutet - auf eine relativ oft gelungene Überwindung der elektronischen Wegfahrsperren bei den Marken Audi und VW zurückzuführen.

DNA-DATENBANK

Mit Einführung der DNA-Analyse wurde die Effizienz der Erhebungen und die Schnelligkeit der Verbrechensaufklärung gesteigert. Im Zeitraum 1.10.1997 bis 31.12.2000 wurden insgesamt 32.334 Mundhöhlenabstriche bei erkennungsdienstlichen Behandlungen abgenommen und 6.617 Tatortspuren gesichert, ausgewertet und in den DNA-Datenbanken erfasst. Der Datenabgleich ergab Hinweise auf 747 Tatverdächtige, denen mehr als 1.040 Delikte zuzurechnen sind.

VON EKIS, AGIS, GREKO UND AIS

Das Elektronische Kriminalpolizeiliche Informationssystem (EKIS) verzeichnete eine bedeutende Zunahme der Anfragen. Gab es 1996 noch knapp 18,5 Millionen Anfragen, stieg die Zahl im vergangenen Jahr auf 50,1 Millionen.

Im Rahmen des AGIS (Automationsunterstütztes Grenzinformationssystem) wurden von den Finanzlandesdirektionen und den Grenzkontrollen, der Bundesgendarmerie und Bundespolizei die erzielten Fahndungserfolge statistisch festgehalten. Waren 1992 noch 443.200 Anfragen zu verzeichnen, gab es 1996 bereits über 2 Millionen und im Berichtsjahr über 14 Millionen.

Von den im AGIS registrierten Anfragen wurden 10,2 Millionen Anfragen durch Grenzkontrollstellen (GREKO) gestellt.

Im AIS-Asylwerberinformationssystem - darin sind Informationen über die Asylwerber gespeichert - waren mit Stand 31.12.2000 2.886 bundesbetreute Personen gespeichert.

ASYLWESEN

18.284 Fremde stellten im Jahr 2000 einen Antrag auf Gewährung von Asyl. Die Asylwerber stammten aus 97 Ländern, die meisten Anträge (4.205) stellten Afghanen, gefolgt von Iranern (2.559) und Indern (2.441).

Mit Stand 31.12.2000 wurden 3.233 Personen (Asylwerber und Konventionsflüchtlinge) betreut. Sie waren in den Betreuungseinrichtungen des Bundes in Traiskirchen, Vorderbrühl, Reichenau, Bad Kreuzen, Thalham und in der Wiener Nussdorferstraße sowie in 75 privaten Beherbergungsunternehmen untergebracht.

STAATSBÜRGERSCHAFTS- UND PASSWESEN

24.645 Fremden wurde im Jahr 2000 die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen.

Ausgestellt wurden 1,3 Millionen Reisepässe und 83.860 Personalausweise.

UNFALL- UND VERKEHRSSTATISTIK

Bei 42.126 Verkehrsunfällen mit Personenschaden wurden 54.929 Personen verletzt und 976 Personen getötet. Wie in den Vorjahren war die nicht angepasste Fahrgeschwindigkeit (36 %) die Hauptursache der tödlichen Verkehrsunfälle. Eine Alkoholisierung hat es bei 5,5 % der Unfälle gegeben.

Die tödlichen Verkehrsunfälle wurden zu 63,5 % von Pkw-Lenkern, zu 11 % von Motorradlenkern, zu 5 % von Radfahrern und zu knapp 4 % von Mopedlenkern verursacht.

42 % aller tödlichen Verkehrsunfälle ereigneten sich auf Bundes-, 26 % auf Landesstraßen, über 15 % auf Autobahnen und Schnellstraßen und über 16 % auf Gemeinde-, Bezirks- und sonstigen Straßen.

129.670 Atemluftalkoholuntersuchungen wurden von der Exekutive durchgeführt; das sind um 6 % mehr als 1999. In 42.500 Fällen wurde Anzeige wegen Lenkens eines Pkw in alkoholbeeinträchtigtem Zustand erstattet; 24.750 Führerscheine wurden vorläufig abgenommen.

Für rund 25.500 Interventionen bei Straßenverkehrsunfällen mit Sachschaden haben die Exekutivbeamten bundesweit Kostenersätze in der Höhe von 14 Mill. S eingehoben.

KRIMINALITÄT IM SPIEGEL DER STRAFRECHTSPFLEGE

Die Staatsanwaltschaften haben im Berichtsjahr 62.898 Straffälle gegen bekannte und 91.045 gegen unbekannte Täter erledigt. 154.685 Anzeigen waren neu angefallen und 8.807 anhängig übernommen worden.

Von den österreichischen Gerichten wurden 41.624 Personen rechtskräftig verurteilt; das bedeutet gegenüber dem Jahr 1999 einen Rückgang um knapp ein Drittel.

Einen leichten Rückgang verzeichneten auch die Verurteilungen von Jugendlichen. Im Berichtsjahr 2000 wurden 3.720 14- bis 19-Jährige rechtskräftig verurteilt. Von den Verurteilungen der Jugendstraftäter betraf etwas weniger als die Hälfte strafbare Handlungen gegen fremdes Vermögen; der Anteil der Verurteilungen wegen Körperverletzung sank leicht.

Insgesamt wurden 6.477 Strafgefangene aus dem Strafvollzug bedingt oder unbedingt entlassen, davon 1.104 aufgrund einer gerichtlichen bedingten Entlassung.

5 Männer mit lebenslanger Freiheitsstrafe sind auf Probe entlassen worden; 4 von ihnen hatten zwischen 10 und 20 Jahren, einer mehr als 20 Jahre in Strafhaft zugebracht. (Schluss)