Parlamentskorrespondenz Nr. 768 vom 13.11.2001

AKTUELLE AUSSPRACHE IM LANDWIRTSCHAFTSAUSSCHUSS

Molterer verteidigt geplante Saatgut-Gentechnik-Verordnung

Wien (PK) - Die heutige Sitzung des Landwirtschaftsausschusses begann zunächst mit einer aktuellen Aussprache, die von den Oppositionsparteien beantragt wurde. Im Mittelpunkt der Diskussion stand vor allem die geplante Saatgut-Gentechnik-Verordnung sowie der aktuelle Stand der WTO-Verhandlungen.

Die Abgeordneten Wolfgang Pirklhuber (G) und Heinz Gradwohl (S) kritisierten mit Nachdruck, dass der als erster Punkt auf der Tagesordnung stehende "Grüne Bericht 2000" im Ausschuss enderledigt werden soll.

Weiters befassten sich die Ausschussmitglieder noch mit dem Bericht über Maßnahmen für die Land- und Forstwirtschaft im Jahr 2002, der Regierungsvorlage betreffend die Errichtung der Österreichischen Agentur für Ernährungssicherheit sowie Entschließungsanträgen der Grünen (BSE- bzw. TSE-Vorsorgeprogramm) und der SPÖ (grundlegende Neuausrichtung des Agrarsystems).

Er verstehe nicht, warum ein so wichtiger Bericht, der viele Fragen aufwerfe, nicht im Nationalrat behandelt werden soll, monierte Abgeordneter Wolfgang Pirklhuber (G). Der Grüne Bericht mache u.a. darauf aufmerksam, dass ein massiver Rückgang bei den Beschäftigtenzahlen in der Landwirtschaft feststellbar sei und die Agrarquote derzeit 4 % betrage. Was bedeuten diese Fakten für die Zukunft der österreichischen Agrarpolitik und welche Konsequenzen werden daraus gezogen, fragte er den Minister.

Weiters kam Pirklhuber noch auf die AMA zu sprechen. Welche Konsequenzen werden aus den Gütesiegelturbulenzen gezogen, fragte er. Derzeit sei es nämlich so, dass die Konsumenten das AMA-Gütesiegel mit einem Biosiegel gleichsetzen. Genauere Auskünfte wünschte er sich zudem hinsichtlich der geplanten Seentransaktion der Österreichischen Bundesforste.

Abgeordneter Heinz Gradwohl (S) schloss sich den Ausführungen seines Vorredners an und wies darauf hin, dass viele Themen des Grünen Berichts von öffentlichem Interesse seien. Als Beispiele nannte er die Einkommenssituation der Bauern sowie  den Einsatz der Fördermittel.

Abgeordnete Ulrike Sima (S) kam insbesondere auf die geplante Saatgut-Gentechnik-Verordnung zu sprechen, die einen Toleranzwert für Verunreinigungen mit gentechnisch veränderten Substanzen in der Höhe von 0,5 % vorsieht. Sie lehnte diesen Entwurf ab und fragte sich, warum man nicht statt der Einführung von Grenzwerten das Monitoring-System weiter ausbaue. Zudem gab sie zu bedenken, dass jene drei Maissorten, für die es derzeit ein Importverbot gibt, dann weiter angebaut werden können. Nach Auskunft von Experten sei es auch überhaupt nicht gewährleistet, dass die Nachweisgrenzen überprüft werden können, da die quantitativen Analysen noch in den Kinderschuhen stecken und Ungenauigkeiten zwischen 20 % und 50 % aufweisen. Kritisch betrachtete sie auch, dass zwei Grenzwerte eingeführt werden sollen und keine Sanktionsmaßnahmen vorgesehen sind.

Auch Abgeordneter Wolfgang Pirklhuber (G) stand der Verordnung negativ gegenüber, da sie ein Vorpreschen auf europäischer Ebene darstelle. Auch die Bauern legen Wert darauf, sauberes Saatgut zu beziehen, führte der G-Mandatar aus, und verweis auf eine diesbezügliche Umfrage, bei der sich 69 % der Befragten gegen diesen Vorschlag aussprechen.

Weitere Fragen der Abgeordneten betrafen folgende Themen: Stand der WTO-Verhandlungen (Abgeordnete Anna Elisabeth Achatz, F, und Hermann Schultes, V), die Ergebnisse der Konferenz mit den Landwirtschaftsministern der EU-Beitrittsländer (Abgeordnete Anna Elisabeth Achatz, F) sowie die Grundwasserschwellenwert-Verordnung (Abgeordneter Kurt Gassner, S).

Primäres Ziel der österreichischen Agrarpolitik sei es, erklärte eingangs Bundesminister Wilhelm Molterer, eine flächendeckende Bewirtschaftung durch bäuerliche Familienbetriebe zu gewährleisten. Seit vielen Jahrzehnten habe jedoch ein Strukturwandel stattgefunden, auf den mit entsprechenden Maßnahmen reagiert wurde (z.B. Quotenregelung, Sockelbetrag für Bergbauernförderung etc.). Im Vordergrund stehe zudem, dass sowohl bei der Land- als auch bei der Forstwirtschaft mit großer ökologischer Verantwortung vorgegangen wird.

Was die WTO-Verhandlungen und die Position der Europäischen Union anbelangt, so sei er der Auffassung, dass die zweite Säule ausgebaut werden soll und im Bereich der Direktzahlungen stärker in Richtung Flächenbindung und Abhängigkeit von der Größe der Betriebe gegangen werden müsse. Die Verhandlungen befinden sich gerade in einer Schlüsselphase, berichtete Molterer, der Vorsitzende hat ein viertes Kompromisspapier angekündigt. Die Kernfragen drehen sich um die Anerkennung der "non-trade-concerns", die Exporterstattungen und um den Bereich Handel und Umwelt, wo ein gewisser Fortschritt möglich sei.

Zur Saatgut-Gentechnik-Verordnung führte Molterer aus, dass Österreich vor dem Problem stehe, dass im Inland zwar keine gentechnisch veränderte Sorte zugelassen bzw. produziert werde, aber rund um Österreich diese Sorten zugelassen sind. Aus diesem Grund könne eine Verunreinigung mit gentechnisch veränderten Konstrukten nicht zu 100 % ausgeschlossen werden, gab er zu bedenken. Auch in der EU laufe derzeit eine Diskussion zu diesem Thema, wobei über drei Grenzwerte (0,3 %; 0,5 % und 0,7 %) debattiert wird. Er wolle, dass in Österreich Rechtssicherheit herrsche, betonte Molterer, falls eine EU-Regelung kommt, werden natürlich Adaptionen vorgenommen. Es sei richtig, dass nur zwischen zugelassenen und nicht zugelassenen Sorten unterschieden werde, denn Verunreinigungen können nur bei den zugelassenen entstehen. Was die Überprüfung der Nachweisgrenzen betrifft, so haben ihm seine Mitarbeiter versichert, dass dies möglich ist.

Zur Frage der Abgeordneten Achatz merkte Molterer an, dass die Rieder Konferenz mit den Landwirtschaftsministern der Beitrittsstaaten sehr erfolgreich war. Die Länder hätten sich zum europäischen Modell der Landwirtschaft bekannt, unterstützen die Position der EU bei den WTO-Verhandlungen und treten dafür ein, dass es "keine zwei Geschwindigkeiten" gibt. Offen sind aber noch die Übergangsregelungen, die Bewertung der Quoten und Referenzmengen sowie die Übernahme der Konsumentenschutz- und Lebensmittelstandards.

Abgeordnetem Gassner teilte der Minister mit, dass eine Grundwasserverordnung in Begutachtung sei, die u.a. neue Schlüssel bei der Bewertung der Untersuchungsergebnisse sowie eine geänderte Gebietskulisse bringen wird. Im Bereich der AMA soll es eine jährliche Kontrolle aller Gütesiegel-Betriebe, eine Verschärfung der Absetzfrist beim Medikamenteneinsatz sowie eine Verbesserung im Futtermittel- und Tierhaltungsbereich geben. Zudem kündigte Molterer an, dass zwei Bio-Kampagnen durchgeführt werden sollen.

Zum Themenbereich Österreichische Bundesforste teilte Molterer mit, dass der Wert der Seen auf rund 800 Mill. S geschätzt wurde. Ingesamt habe sein Ressort jedoch 3 Mrd. S zu erbringen, wobei in zwei Etappen vorgegangen wird (2001: 1,5 Mrd. S, 2002: 1,5 Mrd. S). Außerdem soll jede einzelne Fläche hinsichtlich ihrer Geschichte untersucht werden.

(Schluss Aktuelle Aussprache/ Forts. Landwirtschaftsausschuss)