Parlamentskorrespondenz Nr. 803 vom 21.11.2001

KONSENS BEI INTERNATIONALEN VERTRÄGEN, DISSENS BEI ROHSTOFFABBAU

Opposition sieht Bürgerinteressen und -rechte geschmälert

Wien (PK) - Einstimmig hat der Nationalrat drei internationale Verträge angenommen. Es handelt sich um ein Grenzabkommen mit Italien , ein Grenzabkommen mit Deutschland sowie über ein Abkommen mit Weißrussland bezüglich Rechtsfragen bei Unfällen im Straßenverkehr. Abgeordneter Dr. KURZMANN (F) äußerte sich zustimmend zu allen drei Regierungsvorlagen und meinte insbesondere, Grenzverträge hätten heute in der EU ihre politische Brisanz verloren.

Ebenfalls einstimmig angenommen wurde dann das 2. Protokoll zum Schutz von Kulturgut bei bewaffneten Konflikten.

Abgeordnete Mag. MUTTONEN (S) strich in der Debatte die Rolle der Unesco beim Schutz bedrohter Kulturgüter heraus und meinte, die Achtung fremder Kulturgüter sei eine wichtige Voraussetzung zur Verhinderung von Konflikten.

Abgeordnete Dr. POVYSIL (F) begrüßte das Abkommen und stellte fest, nur mit Hilfe von Verbündeten werde es möglich sein, den Kampf der Kulturen zu vermeiden und den Dialog der Kulturen zu finden.

Abgeordnete GATTERER (V) unterstützte ebenfalls das Abkommen und meinte, Angriffe auf die Kulturgüter seien Angriffe auf die Identität eines Volkes.

Abgeordnete Mag. LUNACEK (G) schloss sich den Wortmeldungen ihrer Vorrednerinnen an, gab aber zu bedenken, ohne den Schutz der Menschen bleibe auch der Schutz der Kulturgüter in Kriegszeiten marginal.

Abgeordneter Dr. KURZMANN (F) erinnerte an die Zerstörung von Kulturgütern im ehemaligen Jugoslawien und in Afghanistan und betonte, gerade vor diesem Hintergrund sei dieses Abkommen besonders wichtig.

UMSTRITTENE NOVELLIERUNG DES MINERALROHSTOFFGESETZES

Abgeordneter EDER (S) kritisierte, dass die 300-Meter-Schutzzone aufgeweicht und das Mitspracherecht der Gemeinden reduziert wurde, und zog das Fazit, die Schotterlobby habe sich bei diesem Gesetz durchgesetzt.

Abgeordneter Dr. GROLLITSCH (F) zeigte kein Verständnis für die Kritik der Opposition und erinnerte daran, dass die Gesetzesänderung auch von der Gewerkschaft und von Grün-Organisationen unterstützt wurde.

Abgeordnete Dr. PETROVIC (G) beklagte hingegen eine weitgehende Aufweichung der erkämpften Schutzbestimmungen und bemerkte, die Versprechungen, die im Gefolge des Lassing-Unglücks gemacht wurden, zählten für die Regierungsparteien heute offenbar nicht mehr. Von Bürgerbeteiligung und Mitsprache sei jedenfalls in diesem Gesetz keine Rede.

Abgeordneter KOPF (V) verteidigte die Lockerung der 300-Meter-Grenze und argumentierte, nun werde auf die tatsächliche Belastung, und nicht mehr auf Meter abgestellt. Im Übrigen repariere das Gesetz überzogene Bestimmungen, die anlässlich der Lassing-Katastrophe "passiert" waren.

Abgeordnete Mag. SIMA (S) sah durch dieses Gesetz Anrainerrechte und Umweltstandards gefährdet. Heftige Kritik übte sie an der Lockerung der Schutzgrenzen. Die Novelle verfolgt nach den Worten Simas den Grundsatz: Deregulierung um jeden Preis auf Kosten der Lebensqualität der Betroffenen.

Abgeordneter HAIGERMOSER (F) bezeichnete das Gesetz im Gegensatz zu seiner Vorrednerin als modern, praktikabel und umweltschonend. Mit Nachdruck stellte er fest, dass bei der Novelle sämtliche Umweltstandards eingehalten wurden.

Abgeordneter Mag. GASSNER (S) ortete Widersprüche zur Verwaltungsreform und verwies auf die zentrale Zuständigkeit des Ministers. Bürgernähe bedeute überdies bei diesem Gesetz, dass die Schottergruben durch die Aufweichung der Schutzzonen nun näher an die Bürger rücken, stellte Gassner pointiert fest.

Wirtschaftsminister Dr. BARTENSTEIN verteidigte die Aufhebung der 300-Meter-Grenze mit dem Argument, die neue Bestimmung sei eine Verbesserung im Sinne der Bürger. Künftig stelle das Gesetz darauf ab, wie viel Lärm oder wie viel Staub der Bürger von der Schottergrube zu erwarten habe. Bartenstein unterstrich darüber hinaus, dass in Hinkunft weiter die Bezirkshauptmannschaften für Schottergruben zuständig sein werden.

Abgeordneter SCHWARZENBERGER (V) erinnerte daran, dass mit der seinerzeitigen Beschlussfassung des Mineralrohstoffgesetzes die Rechtslage für den österreichischen Bergbau massiv geändert worden sei. In der Praxis hätten sich einige Bestimmungen des Gesetzes als kompliziert und lückenhaft erwiesen, zudem habe sich gezeigt, dass sie einen hohen Verwaltungsaufwand erforderten. Schwarzenberger erachtet daher eine Novellierung des Gesetzes für erforderlich.

Abgeordneter Ing. GARTLEHNER (S) warf der Regierung vor, durch verwaltungsvereinfachende Maßnahmen Bürgerrechte zu reduzieren. Er sei skeptisch, dass sich die im Mineralrohstoffgesetz vorgesehenen Liberalisierungen zum Wohle der Bürger auswirken werden, sagte er. Daher werde die SPÖ das Gesetz ablehnen.

Abgeordneter DI HOFMANN (F) kann in der Novellierung des Mineralrohstoffgesetzes kein Entgegenkommen für die "Schotterlobby" erkennen. Seiner Ansicht nach kommt es durch die im Gesetz vorgesehene flexiblere Handhabung zu keiner Verschlechterung für die Anrainer. Insgesamt wertete Hofmann die Novelle als volkswirtschaftlich sinnvoll.

Abgeordneter DI KUMMERER (S) kritisierte, durch die seinerzeitige Abschaffung der Bergbehörde sei nunmehr der Wirtschaftsminister in weiten Bereichen des Mineralrohstoffgesetzes "One-Stop-Shop-Minister". Gegen Bescheide des Bundesministers gebe es aber keine Einspruchsmöglichkeit, es bleibe nur der Gang zum Verwaltungsgerichtshof.

Abgeordneter Mag. KOGLER (G) meinte, man könne ihm die Liberalisierung des Mineralrohstoffgesetzes nicht als umwelt- und bürgerfreundlich verkaufen. Seiner Ansicht nach wäre es außerdem nicht notwendig gewesen, vor drei Jahren das Mineralrohstoffgesetz als "Husch-Pfusch-Gesetz" zu verabschieden. Schotterabbau und Anrainerrechte hätten auch in anderer Form in ein "vernünftiges Lot" gebracht werden können.

Die Mineralrohstoffgesetznovelle 2001 wurde vom Nationalrat mehrheitlich verabschiedet. Auch die dem Ausschussbericht zum Mineralrohstoffgesetz beigedruckte Entschließung erhielt mehrheitliche Zustimmung.

EURO-UMSTELLUNGEN, NOVELLE DES VERSORGUNGSSICHERUNGSGESETZES, ÄNDERUNG DES ENERGIELENKUNGSGESETZES SOWIE DES ERDÖL-BEVORRATUNGS- UND MELDEGESETZES

Abgeordneter OBERHAIDINGER (S) wies darauf hin, dass das Energielenkungsgesetz und das Erdöl-Bevorratungs- und Meldegesetz in Bezug auf die Euroumstellung angepasst werden müssten. Darüber hinaus hätten sich durch EU-Richtlinien einige Rahmenbedingungen geändert, die in den Gesetzesnovellen Berücksichtigung fänden. Da die SPÖ, so Oberhaidinger, rechtzeitig und ausführlich über die Änderungen informiert worden sei und damit Gelegenheit gehabt habe, mitzudiskutieren, werde sie den Gesetzesänderungen zustimmen.

Abgeordneter HAIGERMOSER (F) erläuterte, es gehe im Wesentlichen darum, das Versorgungssicherungsgesetz, das Energielenkungsgesetz und das Erdöl-Bevorratungs- und Meldegesetz nicht wie bisher um zwei, sondern um fünf Jahre zu verlängern. Darüber hinaus nehme man im Patent-, Marken- und Musterrecht die erforderliche Euro-Umstellung vor.

Abgeordnete Dr. BAUMGARTNER-GABITZER (V) wertete die von Abgeordnetem Haigermoser angesprochene Verlängerung der so genannten Krisengesetze auf fünf Jahre für notwendig.

Abgeordneter Mag. KOGLER (G) kündigte die Zustimmung der Grünen zu den Gesetzen an, merkte aber kritisch an, hätte man in den letzten Jahren "grüne" Energiepolitik verfolgt, wäre die Abhängigkeit von Energieimporten heute geringer.

Abgeordnete lic.oec. HSG SCHÖTTEL-DELACHER (F) äußerte sich ebenfalls positiv zu den Gesetzesänderungen, gab aber der Hoffnung Ausdruck, dass man die Gesetze nie anwenden müsse.

Abgeordneter ORTLIEB (F) hielt fest, die Gesetzesnovellierungen seien ein weiterer Schritt in Richtung Unabhängigkeit von internationalen Erdölmultis.

Sämtliche Gesetzentwürfe wurden einstimmig beschlossen.

(Forts. NR)