Parlamentskorrespondenz Nr. 1 vom 02.01.2002

MASSIVE KÜRZUNGEN BEI DER KUNSTFÖRDERUNG

Kunstbericht 2000 liegt vor

Wien (PK) - Das angestrebte Nulldefizit wirkt sich auch auf die Kunst dramatisch aus. Rund 15 % Einbußen mussten Bildende Kunst, Literatur, Musik, Film und die anderen Kunstsparten im Jahr 2000 hinnehmen. Das geht aus dem Kunstbericht 2000 (III-125 d.B.) hervor, der seit kurzem dem Nationalrat vorliegt. Wurde die kulturelle Visitkarte Österreichs 1999 noch mit 1,22 Mrd. S gefördert, so gab es im Jahr 2000 gerade noch etwas mehr als eine Milliarde (exakt 1,06 Mrd. S).

Für Kunststaatssekretär Franz Morak konnte allerdings der "Kahlschlag im Bereich der Kunstförderung" verhindert werden: "Im Rahmen des Kunstbudgets 2000, das - verglichen mit den Ermessensausgaben anderer Ressorts - mit einer nur moderaten Kürzung gegenüber 1999 das Maximum des Möglichen erreicht hat, habe ich mich um kulturpolitische Schwerpunkte bemüht. "Er habe, heißt es in seinem Vorwort zum Kunstbericht 2000, erfolgreich versucht, "Entscheidungen so zu fällen, dass sie für die Künstlerinnen und Künstler, für die Kreativen und für die Kreativität in unserem Land ausgefallen sind."

Konkret wertet es Morak als positiv, dass es "keine Einschnitte bei den Stipendien oder Preisen" und "keine Einschnitte im Bereich der sozialen Zuwendungen" gab. Das Jahr 2000 habe für KünstlerInnen steuerliche Erleichterungen gebracht, die Künstler-Sozialversicherung geschaffen und den Sozialfonds für Schriftsteller gesetzlich verankert, betont Morak. Mittels eines eigenen Fonds gelangten überdies Zuschüsse zum Pensionsversicherungsbeitrag zur Verteilung, sodass dadurch 50 Mill. S zusätzlich für soziale Zwecke zur Verfügung stünden.

Diese Lösung bedeutet konkret, dass Künstler, die mindestens 48.912 S und maximal 270.000 S per anno verdienen, 12.000 S als Zuschuss für die Pensionsbeiträge erhalten, wobei die unteren Einkommensschichten ihre Beiträge voll kompensiert bekommen, während nach oben hin eine Deckelung vorgenommen wurde. Morak: "Das Gesetz wurde im Parlament mit den Stimmen der SPÖ, FPÖ und ÖVP angenommen und im Zuge der parlamentarischen Debatte als ein Schritt in die richtige Richtung bezeichnet. Dass es in der Umstellungsphase zu Missverständnissen bei der Interpretation des Gesetzes und zu heftigen Diskussionen kam, in denen die Probleme der Sozialversicherung auch mit Fragen der Steuerflucht vermischt wurden, kann am Gesamtfortschritt, den das Gesetz darstellt, nichts ändern."

Als weitere Erfolge im abgelaufenen Kulturjahr wertet der Staatssekretär das Gesetz über die Buchpreisbindung, die Galerien- und die Förderung der kulturellen Ausdrucksformen der Regionen. Dementsprechend zieht Morak für seine Tätigkeit eine zufrieden stellende Bilanz: "Im Jahr 2000 konnte das ... Kunstbudget konsolidiert werden; es wurden längst fällige gesetzliche Maßnahmen in den Bereichen Steuer und Soziales beschlossen; die direkte Förderung der Künstlerinnen und Künstler wurde verbessert; ein zeitgemäßes Gesetz zur Buchpreisbindung wurde verabschiedet und die kulturpolitischen und kulturellen Aktivitäten Österreichs im europäischen Kontext verstärkt. Alles in allem eine - wie ich glaube - solide Ausgangsbasis für die Arbeit in den kommenden Jahren."

DAS KUNSTBUDGET IM DETAIL

Erstmals seit 1995 wurden im Kunstbudget nicht mehr einzelne Kunstsparten gegenüber anderen benachteiligt - die massiven finanziellen Kürzung betreffen diesmal nämlich alle Bereiche mit Ausnahme der Bildenden Kunst. Diese erhielt 2000 insgesamt 77 Mill. S gegenüber 70,3 im Jahr zuvor. Doch Musik und Darstellende Kunst (536,2 Mill. S gegenüber 595,8 Mill. S 1999), Film (119,3 gegenüber 161,8), Literatur (129,2 statt 141,2) und Medienkunst (61,4 statt 70,4) erlebten substanzielle Einbußen. Besonders dramatisch wirkt sich diese Talfahrt für die Literatur aus, deren Budget seit 1996 um rund ein Sechstel gekürzt wurde.

Am wenigsten betroffen sind vom Sparkurs noch die Groß- und Mittelbühnen, auf die ein rundes Viertel des gesamten Kunstbudgets entfällt. Diese Zahl relativiert sich aber, wenn man in Rechnung stellt, dass auch die großen Subventionsbezieher wie Volkstheater, Theater der Jugend und Kammeroper Kürzungen hinnehmen mussten, während hingegen das Theater in der Josefstadt mit 106 Mill. S gefördert wurde, exakt 10 % des Gesamtbudgets, welches für Kunst zur Verfügung steht. Damit bekommt die Bühne von Helmut Lohner und Otto Schenk rund fünfmal so viel als alle österreichischen Kleinbühnen insgesamt, die 2000 neuerliche Einsparungen im Ausmaß von rund 8 Mill. S hinnehmen mussten. Besonders gut dotiert sind hingegen weiterhin die prestigeträchtigen Festspiele von Bregenz und Salzburg, die gemeinsam knapp 100 Mill. S erhielten, was allerdings ebenfalls eine Kürzung um rund 5 % bedeutete.

Die Kürzungen im Filmbereich treffen vor allem das Österreichische Filminstitut, welches 2000 nur noch 107,4 Mill. S gegenüber 146,5 Mill. S anno 1999 erhielt. Die massivsten Einschnitte betreffen hier wiederum die Referenzfilmförderung, die für kulturell wertvolle Streifen zur Verteilung gelangt, und die Nachwuchsförderung. Rund 54 Mill. S standen für die Filmherstellung zur Verfügung, wobei 11 Mill. S davon für die Verfilmung mit Elfriede Jelineks "Die Klavierspielerin" aufgewendet wurden. Weitere zehn Filme erhielten Zuschüsse zwischen 1 und 6 Mill. S.

EWIGES STIEFKIND LITERATUR

Neuerlich dramatisch gekürzt wurden die Mittel für die Literatur. Statt 141,2 Mill. S standen 2000 nur noch 129,2 Mill. S zur Verfügung. Primär betroffen von diesem Sparkurs waren die Verlage und die Buchpräsentationen, die fast 10 Mill. S weniger an Subvention als noch 1999 erhielten. Die Verlagsförderung wurde praktisch durch die Bank reduziert oder blieb im günstigsten Fall gleich. Manche Verlage, etwa Otto Müller oder Hermagoras, mussten ein Minus von bis zu 66 % zur Kenntnis nehmen, was durch ein minimales Plus bei der Personenförderung - das sich praktisch ausschließlich auf die Dramatiker beschränkte - nicht aufgewogen werden konnte. Leicht erhöht wurde aber auch die Summe für literarische Preise. Antonio Lobo Antunes erhielt 2000 den Österreichischen Staatspreis für europäische Literatur, Ruth Beckermann den Manes-Sperber-Preis 2000 und Klaus Schlesinger den Erich-Fried-Preis 2000.

Einen weiteren Rückgang gab es auch bei der Kinder- und Jugendliteratur, die mit nunmehr 11,66 Mill. S den niedrigsten Stand seit 1996 erreichte. Für diesbezügliche Verlagsaktivitäten standen 2000 gerade noch 3,26 Mill. S (gegenüber 4,71 Mill. S anno 1999) zur Verfügung, hingegen wurden entsprechende Projektstipendien um 0,15 Mill. S erhöht.

Ein Minus von 10 Mill. S verzeichnete auch der Bereich Architektur, Design und Mode, im Vorjahr noch als Schwerpunktgebiet der neuen Regierung bezeichnet, wobei diese Einsparungen jedoch primär das öffentliche Auftreten von Künstlern und die Unterstützung von Künstlergemeinschaften betraf. Bei der Biennale wurden diesmal monetär weit kleinere Brötchen gebacken als noch im Jahr zuvor, aber auch künstlerische Institutionen wie das "Forum Stadtpark" in Graz und die Kunsthalle Exnergasse mussten hinsichtlich ihres Jahresbudgets Einschnitte verkraften.

Die Ankündigung des Staatssekretärs, es sei der Regierung daran gelegen, die kulturellen Ausdrucksformen der Regionen zu fördern, muss wohl für das Jahr 2001 gelten, denn 2000 mussten auch die regionalen Kunstinitiativen den Verlust von rund 15 % der bisherigen Subventionen verschmerzen. Gab es 1999 noch 59 Mill. S für ihre Belange, so standen 2000 nur noch knapp 52 Mill. S zur Verfügung. Vor allem die Jahrestätigkeit der diversen Kulturgruppen sowie ihre Projekte waren von den Einsparungen z.T. massiv betroffen, dafür aber wurde die konkrete Personenförderung auf diesem Gebiet um rund 600.000 S erhöht.

Die bi- und multilateralen Kulturbeziehungen hatten 2000 eine Senkung der ihnen zur Verfügung stehenden Mittel um rund 25 % zu konstatieren, wobei auch hier in erster Linie die Ausrichtung von Festivals, Ausstellungen, Workshops und Symposien betroffen war.

Nach der so genannten Likus-Systematik, die seit 1997 zur besseren Übersichtlichkeit des Berichts angewandt wird, zeigt sich, dass trotz durchgängiger Kürzungen im Gesamtbereich manche Bereiche im Jahr 2000 in Relation dennoch profitiert haben. So verzeichnete die Darstellende Kunst insgesamt ein Plus von knapp 12 % innerhalb des geschrumpften Kunstbudgets, und auch die Festspiele erhielten 12,4 % Anteil mehr als noch 1999. Musik, Film und Kulturinitiativen hingegen sahen sich auch in dieser Hinsicht einem Minus gegenüber, während der Anteil der Literatur mit 9,5 % am Gesamtbudget der Kunst gleich blieb.

Betrachtet man die Fördernehmer im Einzelnen, so ergibt sich folgende Reihung: Gleich nach dem ÖFI (107,4 Mill. S) kommen die Josefstadt (106 Mill. S), die Salzburger Festspiele (80,5 Mill. S) und das Volkstheater (63 Mill. S). Die Bregenzer Festspiele (37,4 Mill. S), das Konzerthaus (37,2 Mill. S) und das Theater der Jugend (24 Mill. S) folgen auf den Plätzen. Erst an 12. Stelle findet sich die erste literarische Einrichtung, erhielt das Literaturhaus Wien doch 2000 eine Förderung von 12,7 Mill. S. Für die "Top 44" unter den Subventionsnehmern wurden insgesamt rund 714 Mill. S aufgewendet.

Erhellend und aufschlussreich sind auch die darauf folgenden Detailberichte nach der Likus-Systematik, die auch eine Art Res gestae der einzelnen Sparten aufweisen. Daran lässt sich ablesen, wie viel etwa die zentralen literarischen Institutionen des Landes - Österreichische Gesellschaft für Literatur, P.E.N.-Club, Literaturhaus Wien, Dokumentationsstelle für neuere österreichische Literatur etc. - für den kulturellen Ruf Österreichs trotz der bescheidenen Mittel, die ihnen staatlicherseits zur Verfügung gestellt werden, trotzdem leisten. Ähnliches gilt auch für die anderen Kulturbranchen.

Ein Serviceteil sowie ein Glossar zur Kunstförderung runden den Bericht ab. (Schluss)