Parlamentskorrespondenz Nr. 109 vom 20.02.2002

VIER-PARTEIEN-LÖSUNG FÜR DIE FINANZMARKTAUFSICHT

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Wien (PK) - Im Rahmen der umfangreichen Tagesordnung, die der Finanzausschuss in seiner heutigen Sitzung erledigte, verabschiedeten die Ausschussmitglieder einstimmig auch eine Regierungsvorlage (924 d.B.), die die Tätigkeit von E-Geld-Instituten und deren Aufsicht regelt. Da die Umsetzung der diesbezüglichen EU-Richtlinie nicht nur ein E-Geldgesetz, sondern auch Änderungen im Bankwesengesetz und im Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz notwendig machte, nutzte Abgeordnete Cordula Frieser (V) die Gelegenheit zur Vorlage eines Vier-Parteien-Abänderungsantrages der Abgeordneten Rudolf Edlinger (S), Hermann Böhacker(F), Günter Stummvoll (V) und Werner Kogler (G), der der Reparatur des Finanzmarktaufsichtsbehördengesetzes (FMABG) dient, das der Verfassungsgerichtshof mit seinem Erkenntnis vom 12.12.2001 aufgehoben hatte. Bei den Bestimmungen, mit denen der Bundes-Wertpapieraufsicht eigene Rechtspersönlichkeit zugesprochen und die Leitungsfunktion oberster Organe eingeschränkt worden sei, hatte der VfGH eine Überschreitung der verfassungsrechtlichen Grenzen für die Betrauung ausgegliederter Einrichtungen gesehen.

DAS NEUE VERFASSUNGSGEMÄSSE MODELL DER FINANZMARKTAUFSICHT

Die verfassungskonforme Lösung, die Abgeordnete Frieser im Namen aller vier Fraktionen vorgelegt hat, sieht die Einrichtung einer "wirklich unabhängigen Aufsichtsbehörde" und "die erforderlichen Regeln zur Gewährleistung der parlamentarischen Kontrolle" vor. Dazu zählt ein Bericht, den die Finanzmarktaufsicht dem Nationalrat über jedes Kalenderjahr vorlegen wird. Die Ressortverantwortlichkeit des Finanzministers bleibt grundsätzlich erhalten, ohne dass er auf einzelne Verfahren der unabhängigen Aufsichtsbehörde Einfluss nehmen kann. Dieses Modell einer operativen und budgetären Unabhängigkeit der Aufsichtsbehörde entspreche den internationalen Standards der Finanzmarktaufsicht, die verfassungsgesetzliche Verankerung des Modells den klaren und grundsätzlichen Aussagen des VfGH, führten die Antragsteller zur Erläuterung ihres Vorschlages aus.

Änderungen im Bereich des Bankwesengesetzes stellen sicher, dass ausschließlich die Österreichische Nationalbank im Sinne der bewährten Kooperation im Bereich der Bankenaufsicht mit Prüfungen im Bereich der Markt- und Kreditrisken beauftragt werden kann. Darüber hinaus kann die OeNB auch mit anderen Vorortprüfungen beauftragt werden, wenn dies zur Verfahrensvereinfachung oder -beschleunigung dient.

Abgeordneter Reinhard Firlinger (F) sprach von einer guten Lösung für die Finanzmarktaufsicht und von einem positiven Signal für den Finanzplatz Wien. "Aufsicht mit Biss" werde nun in allen Bereichen wirksam werden, sagte Firlinger und dankte der Opposition, insbesondere auch dem ehemaligen Finanzminister Edlinger, für die konstruktive Haltung im Sinne gemeinsamer Verantwortung für den Finanzplatz Österreich. Positiv sah Firlinger auch eine beantragte Ausschussfeststellung, die auf eine Vorortprüfung von Finanzkonglomeraten abzielt, wobei der Ausschuss davon ausgeht, dass auch hiebei die Prüfungssystematik und die Aufgabenteilung zwischen Finanzmarktaufsichtsbehörde und OeNB zum Tragen kommen und die Ressourcen der OeNB im Bereich der Bankenaufsicht künftighin auch für die Beaufsichtigung der Finanzkonglomerate genutzt werden.

KARLHEINZ GRASSER: EIN QUANTENSPRUNG IN DER FINANZMARKTAUFSICHT

Abgeordneter Günter Stummvoll (V) zeigte sich ebenfalls froh über die Vierparteienlösung im Interesse des Finanzplatzes Österreich und zollte seinerseits Respekt für die Abgeordneten Edlinger und Kogler, die an der gefundenen Lösung konstruktiv mitgewirkt haben.

Abgeordneter Rudolf Edlinger (S) erinnerte daran, dass es stets ein Anliegen der SPÖ gewesen sei, eine weisungsfreie Finanzmarktaufsicht zu entwickeln. Um dieses Ziel zu erreichen, haben sich alle bewegen müssen, sagte Edlinger, der seine Erleichterung über die gefundene Lösung zum Ausdruck brachte. "Man kann bei der Finanzmarktaufsicht keine Wähler gewinnen, man kann dort aber viele verlieren, wenn etwas passiert".

Abgeordneter Werner Kogler (G) erinnerte an die schon vor dem letzten Sommer intensiv geführten Verhandlungen zur Reform der Finanzmarktaufsicht und begrüßte die Bewegung, die der Verfassungsgerichtshof durch sein Erkenntnis in die Sache gebracht habe.

Finanzminister Karlheinz Grasser sprach von einem "Quantensprung in der Finanzmarktaufsicht", erläuterte die organisatorische, personelle und budgetäre Unabhängigkeit der neuen Finanzmarktaufsicht und sah seinerseits ein günstiges Signal für den Finanzplatz Österreich. "Denn überall dort, wo es um Geldanlage geht, ist Vertrauen und damit Kontrolle wichtig - daher brauchen wir mehr Qualität in der Finanzmarktaufsicht".

Eine Frage des Abgeordneten Hermann Schultes (V) nach der Entwicklung der E-Geldinstitute beantwortete der Ressortleiter mit seiner Einschätzung, dass dieser Sektor in Zukunft sehr viel Dynamik entwickeln werde.

Bei der Abstimmung wurden die Regierungsvorlage, der Abänderungsantrag und die Ausschussfeststellung einstimmig verabschiedet. (Fortsetzung)