Parlamentskorrespondenz Nr. 202 vom 21.03.2002

FINANZMINISTER GRASSER UND STAATSSEKRETÄR FINZ IN DER FRAGESTUNDE

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Wien (PK) - In der heutigen Fragestunde standen Finanzminister Mag. Grasser und Staatssekretär Dr. Finz den Abgeordneten Rede und Antwort.

Abgeordnete Mag. KUNTZL (S): Zu welchem Ergebnis sind die Finanzbehörden bei der Prüfung der Frage gekommen, ob Landeshauptmann Dr. Jörg Haider mit seiner Reise in den Irak das Außenhandelsgesetz verletzt hat?

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Bundesminister GRASSER berichtete, dass es dazu ein Ermittlungsansuchen seitens des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit gebe. Auch Landeshauptmann Haider habe in einem Brief das Finanzressort gebeten, die Angelegenheit überprüfen zu lassen. Das Abgaben- und Finanzstrafverfahren sei derzeit im Laufen und noch nicht abgeschlossen. Aus Gründen der Geheimhaltungspflicht könne er keine näheren Auskünfte geben, auch nicht über Ausfuhrgenehmigungen für die Hilfsgüter, nach denen Abgeordnete Kuntzl nachgefragt hatte.

Abgeordnetem Dr. PILZ (G) gegenüber meinte er, er persönlich habe kein Problem, das Ergebnis der Untersuchung an die UNO weiterzuleiten. Auch der Kärntner Landeshauptmann sei an Transparenz interessiert. Die Frage werde daher derzeit geprüft.

Abgeordneter Dr. STUMMVOLL (V): Welchen Einfluss wird die Zinsbelastung auf die Erreichung der von der Bundesregierung bis zum Jahr 2010 angestrebten Abgabenquote von 40 % haben?

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Finanzminister GRASSER bekräftigte das Ziel der Bundesregierung, die Abgabenquote bis 2010 in Etappen auf 40 % zu senken. Die Entlastung der SteuerzahlerInnen, soll nachhaltig und umfassend sein und eine Größenordnung von 18 Mrd. € erreichen, kündigte der Ressortchef an. Ein wesentlicher Aspekt dabei sei auch ein stärkeres Wachstum. Man werde sich in den nächsten Jahren auf ein konstantes Zinsniveau einpendeln können, stellte er in Aussicht. Die Zinsbelastung werde zwar nominell ansteigen, gemessen am BIP jedoch sinken. Grasser rechnet mit einer dauerhaften Entlastung im Zinsbereich von 110 Mill. € jährlich. Eine Senkung der Abgabenquote auf 40 % und darunter wäre bei einem nicht sanierten Budget unmöglich, stellte er dezidiert fest. Damit ging er auch auf die Zusatzfragen von Abgeordnetem Stummvoll sowie von den Abgeordneten Mag. KOGLER (G) und WIMMER (S) ein.

Nachdem sich Abgeordneter MÜLLER (F) nach Anpassungen im Budgetverfahren erkundigt hatte, um auch damit zur Senkung der Abgabenquote beizutragen, unterstrich Grasser seine Bemühungen, eine bessere Abstimmung der staatlichen Aufgaben mit den verfügbaren finanziellen Ressourcen herbeizuführen. Zu diesem Zweck plane er, das Budgetprogramm durch einen integrierten Aufgaben- und Finanzplan zu ersetzen, der nicht nur die beabsichtigte budgetäre Entwicklung anzeigt, sondern auch die politischen Prioritäten und ihre Finanzierung im Rahmen eines stabilen Staatshaushaltes vorlegt.

Abgeordneter Dr. PILZ (G): Sind Abfangjäger aus finanzieller Sicht leistbar?

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„Keine neuen Ausgaben ohne Gegenfinanzierung.“ Damit ging Bundesminister GRASSER auf die Frage des Grün-Mandatars ein. Er sehe seine Verantwortung darin, alles zu tun, um die Staatsausgaben stabil zu halten und zu reduzieren. Die Frage könne aber erst dann beantwortet werden, wenn alle Eckpunkte des Geschäfts vorlägen. Derzeit würden alle Angebote detailliert geprüft. Eine Stornoklausel, welche Pilz angeregt hatte, kenne er in keinem rechtsverbindlich abgeschlossenen Vertrag, so Grasser. Man strebe Gegengeschäfte in der Höhe von 150 bis 200 % des Kaufpreises an, informierte der Finanzminister die Abgeordneten weiter, die Entscheidung werde nach Evaluierung der Kosten und des wirtschaftlichen Nutzens und unter dem Aspekt der ökonomischen Verantwortbarkeit fallen. Auch die Beschaffung der Draken habe dem Standort genützt. Grasser reagierte damit auf eine Frage des Abgeordneten BÖHACKER (F). Abgeordnetem Dr. SPINDELEGGER (V) bestätigte er, dass Beschaffungsvorgänge über einen längeren Zeitraum die Regel seien. Bei den neuen Abfangjägern fasse man rund 9 Jahre ins Auge.

Abgeordneter BURES (S) widersprach Grasser heftig, nachdem sie  Kürzungen im Sozialbereich angeschnitten hatte, und wies auf die Erhöhung der Pensionen, auf das Kinderbetreuungsgeld und die Abfertigung Neu hin. Angesprochen auf seine Haltung zur Volksabstimmung über den geplanten Kauf, meinte er, dass er ein Fan der direkten Demokratie sei, man sich aber konkret überlegen müsse, wie ein Text und ein Gesamtzusammenhang zu solch einer Fragestellung  aussehen könnte, damit er auch Sinn mache.

Abgeordneter BÖHACKER (F): Welche Maßnahmen werden Sie im Zusammenhang mit den gestern beschlossenen gesetzlichen Bestimmungen zur nachhaltigen Bekämpfung der Schwarzarbeit setzen?

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Bundesminister GRASSER ging auf den gestrigen Beschluss zum Konjunkturbelebungsgesetz ein und hob vor allem die Maßnahmen zur Missbrauchs- und Betrugsbekämpfung hervor. Man wolle damit Dumpinglöhnen einen Riegel vorschieben und soziale Probleme hintanhalten. Grasser zeigte sich zufrieden darüber, dass für die Zukunft eine bessere Kontrolldichte sichergestellt werde könne, denn das bringe sowohl den MitarbeiterInnen als auch den Unternehmen Vorteile, weil es dadurch zu einem faireren Wettbewerb komme. Die Nachbarschaftshilfe beim Hausbau sei davon in keiner Weise betroffen, stellte der Minister ausdrücklich fest.

Abgeordneter LEXER (V) thematisierte nochmals konkret die Schattenwirtschaft, deren Anteil Grasser auf 7 bis 8 % des BIP schätzte. Dieser Prozentsatz sei im Vergleich zu anderen europäischen Staaten eher gering, so der Minister, weshalb er sich für die Steuermoral der österreichischen Bevölkerung bedankte. Für illegale Beschäftigung sollen Strafen erhöht werden, fuhr Grasser in Richtung Abgeordnetem Mag. KOGLER (G) fort und wehrte sich gegen den Vorwurf der Abgeordneten SILHAVY (S), im Bereich der Schattenwirtschaft lediglich Scheinaktivitäten zu setzen. Die Kontrollkapazität werde verdreifacht, sagte der Ressortchef, Steuer- und Zollverwaltung würden zusammengeführt. Man müsse nicht alle 300.000 Betriebe gleichzeitig prüfen, sondern man beabsichtige, dies bei bestimmten gefährdeten Branchen schwerpunktmäßig zu tun. Grasser nannte in diesem Zusammenhang in erster Linie die Bauwirtschaft.

Abgeordnete HAGENHOFER (S): Wie lautet der Finanzierungsplan für die budgetäre Bedeckung des Milliarden teuren Ankaufs von Abfangjägern, der von mehr als 75 Prozent der österreichischen Bevölkerung vehement abgelehnt wird?

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Bundesminister Grasser beteuerte, die Frage nicht beantworten zu können, da es bis jetzt keine Auswertungsergebnisse aus der Angebotserhebung gebe und weder der Zeitpunkt der Beschaffung noch die Höhe des Kaufpreises konkret feststünden. Er rechne mit einer Entscheidung im Mai oder Juni dieses Jahres. Abgeordneter STADLER (V) gegenüber wiederholte er das Ziel, Kompensationsgeschäfte im Wert von 150 bis 200 % des Kaufpreises zu erreichen, das wären 2,8 bis 3,6 Mrd. €. Der Bundesregierung liege besonders daran, Investitionen im F&E-Bereich sowie auf dem Sektor der Hochtechnologie zustande zu bringen.

Die Behauptung des Abgeordneten Dr. PILZ (G), dass konkrete Preise bereits vorlägen, wies Grasser mit der Feststellung zurück, auf dem Tisch des Finanzministers liege kein offizieller Akt. Derzeit erfolge eine technische Prüfung im Bundesministerium für Landesverteidigung, ein letztgültiges Angebot sei nicht vorhanden.

Abgeordnete Mag. FRIESER (V): Welche Zielvorstellungen verfolgt die Reform der Finanzverwaltung?

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Als Ziele der Reform er Finanzverwaltung nannte Bundesminister GRASSER Bürgernähe, Kundenorientierung, effiziente Abläufe, kostengünstigeres Arbeiten, Mitarbeiterorientierung, Eigenverantwortung und Verflachung der Hierarchien. Staatssekretär Dr. FINZ hielt ergänzend dazu fest, dass keine Finanzamtstandorte geschlossen würden. Die 80 Finanzämter würden jedoch in 43 Wirtschaftsräume zusammengefasst, sie blieben bestehen, sollten aber so zusammenwirken, als ob sie ein Finanzamt wären. Der Interneteinsatz werde forciert, durch Deregulierung sollten Gesetze vereinfacht werden, Masseverfahren plane man durch so genannte elektronische Finanzbeamte abzuwickeln, damit sich die MitarbeiterInnen in Spezialfälle vertiefen können. Vor allem soll sich dadurch die Beratung für die BürgerInnen und die Klein- und Mittelbetriebe verbessern. Derzeit liefen zwei Pilotversuche, ab 2003 wolle man dann mit der Reform beginnen und diese im Jahr 2005 abschließen. Finz erwartet sich dabei eine Ersparnis von rund 250 Mill. €.

Abgeordneter GRADWOHL (S) befürchtete eine schleichende Schließung von Finanzämtern, was Finz in Abrede stellte. Er kündigte in diesem Zusammenhang auch Änderungen des Dienstrechtes an, wodurch neben Leitungsfunktionen Fachkarrieren eingeführt werden sollen. Auch das Finanzberufungswesen beabsichtige man neu zu ordnen, wobei der Aspekt der Wertigkeit einen besonderen Stellenwert bekommen soll. Jedenfalls werde die Reform personalschonend durchgeführt, versprach Finz.

Abgeordnetem BÖHACKER (F) gegenüber versicherte er, dass nicht nur die nachgeordneten Dienststellen reformiert werden sollen. Auch die Finanzlandesdirektionen plane man neu zu ordnen und in der Zentralstelle selbst würden die Hierarchien verflacht, eine Sektion würde eingespart und im Gruppenbereich komme es zu einer starken Verschlankung.

Zur Frage der Zollverwaltung, die von Abgeordneter Frieser aufgeworfen wurde, meinte Finz, dass im Zuge der Erweiterung der EU, wenn Österreich dann in der Mitte der EU liege, die Zollverwaltung neu zu organisieren sein werde.

Abgeordneter Mag. KOGLER (G): Wie sieht der langfristige Finanzierungsplan für den geplanten Ankauf von Abfangjägern aus, der mindestens 2 Milliarden Euro kosten und die Budgetgestaltung mehrerer Bundesregierungen auf viele Jahre hinaus beeinträchtigen wird?

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Bundesminister GRASSER ging auf diese Frage nicht mehr konkret ein. Er versicherte Kogler jedoch, dass Kontrollinstitutionen eingerichtet würden, die die Abwicklung von Gegengeschäften begleitend kontrollieren und sicherstellen würden, dass diese auch tatsächlich realisiert werden. In Richtung Abgeordnetem Mag. HETZL (F) unterstrich er noch einmal das Anliegen, Investitionen im Bereich der Hochtechnologie sowie im Bereich der Forschung und Entwicklung erreichen zu können. Zu den jährlichen Ratenzahlungen im Gesamtbudget, nach denen sich Abgeordneter FINK (V) erkundigt hatte, konnte er zum jetzigen Zeitpunkt keine genauen Angaben machen. Abermals betonte er, dass diese Regierung keine Kürzungen im Sozialbereich vorgenommen habe, um andere Ausgaben zu finanzieren. Er reagierte damit auf einen Vorwurf der Abgeordneten HUBER (S).

Abgeordnete SILHAVY (S): Wie groß sind die budgetären Auswirkungen der von dieser Regierung vorgenommenen Kürzungen im Sozial- und Bildungsbereich?

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Der BUNDESMINISTER verwehrte sich abermals vehement gegen den Vorwurf, diese Regierung habe Kürzungen im Sozialbereich vorgenommen. Viel mehr bekenne man sich zu sozialer Gerechtigkeit. Soziale Ausgaben müssten jedoch auf nachhaltigen Kriterien basieren. In diesem Zusammenhang wies er darauf hin, dass das untere Einkommensdrittel heute über eine wesentlich höhere Kaufkraft verfüge als unter der alten Regierung. Daraufhin konterte Silhavy mit der Unfallrentenbesteuerung und den Studiengebühren und fragte den Finanzminister, ob er das Sozialstaatsvolksbegehren unterschreiben werde. Dies verneinte er, weil es seiner Ansicht nach parteipolitisch motiviert sei.

Abgeordneter DONABAUER (V) wandte sich dem Bildungsbereich, insbesondere den Fachhochschulen, zu, worauf Grasser die Notwendigkeit unterstrich, in Menschen zu investieren. Er hob dabei besonders die Universitätsreform hervor, die mehr Leistungsorientierung und Flexibilität durch Autonomie und Entpragmatisierung eines ganzen Berufsstandes bringe. Die höheren Kosten würden vom normalen Budget abgedeckt, eine budgetäre Deckelung sei nicht vorgesehen, weil man hier einen besonderen Schwerpunkt setzen wolle, sagte Grasser in Richtung Abgeordnetem Dr. GRÜNEWALD (G).

Nationalratspräsident Dr. FISCHER kündigte an, dass die beiden Koalitionsparteien einen dringlichen Antrag (646/A[E]) betreffend Verbesserung des rechtlichen Status von Angehörigen der Exekutive und Zivilpersonen im Rahmen von UN-Missionen eingebracht haben.

Des weiteren werde es eine Kurzdebatte über den Antrag der Grünen geben, dem Ausschuss für Arbeit und Soziales zur Vorbehandlung des Antrages 626/A[E] betreffend Änderung der Pflichtversicherung und des Bewertungsgesetzes für bäuerliche Nebentätigkeiten und Direktvermarktung eine Frist bis 16. April zu setzen. (Schluss)