Parlamentskorrespondenz Nr. 354 vom 16.05.2002

RH-AUSSCHUSS: WIE GEHT ES DEM AUSGEGLIEDERTEN UMWELTBUNDESAMT?

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Wien (PK) - Der Rechnungshofausschuss setzte heute unter der Vorsitzführung seines Obmannes Werner Kogler die Behandlung des Tätigkeitsberichtes über das Jahr 2000 fort. Die Abgeordneten wandten sich zunächst ausgewählten Kapiteln aus dem Bereich des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft zu, nämlich der Ausgliederung des Umweltbundesamtes und der Zahlstelle Agrarmarkt Austria, der Ausgleichszulage für benachbarte Gebiete und der Teilnahme an der Prüfung des Europäischen Rechnungshofes.

DIE ENTWICKLUNG DER UMWELTBUNDESAMT GMBH

Die Ergebnisse der RH-Prüfung zur Ausgliederung des Umweltbundesamtes gaben Abgeordneten, Bundesminister Molterer und Rechnungshofpräsident Franz Fiedler einmal mehr Gelegenheit, die Vor- und Nachteile von Ausgliederungen zu diskutieren. Das Umweltbundesamt, ursprünglich eine Dienststelle des Umweltressorts, wurde aufgrund des Umweltkontrollgesetzes mit 1.1.1999 als Umweltbundesamt GmbH ausgegliedert. Seine Finanzierung erfolgt in erster Linie durch eine Basiszuwendung des Bundes in der Höhe von 222,3 Mill. S. Die Verpflichtung der GmbH, alle Mitarbeiter zu übernehmen sowie die Ausweitung des Personalstandes und steigende Personalkosten führten zu einer Finanzierungslücke, die durch zusätzliche Auftragsarbeiten des Ministeriums ausgeglichen werden. Dies hat laut Rechnungshof dazu geführt, dass im Jahr 1999 die Nettoleistungen aus dem Bundesbudget in der Höhe von 231,5 Mill. S über den Zahlungen in den Jahren davor lagen.

Positiv haben sich laut RH-Bericht die Geschäftsbeziehungen zur EU entwickelt, auch wenn zur Finanzierung der Projekte überwiegend Eigenanteile beizusteuern waren. Aufträge von Dritten, die in einem eigenen Rechnungskreis zu erfassen sind, beliefen sich im ersten Geschäftsjahr als GmbH auf 3,3 Mill. S, 2000 stieg der Umsatz des UBA bei Dritt-Aufträgen auf 5,6 Mill. S; im Ergebnis war ein Verlust von 2,2 Mill. S zu beklagen. Durch Einsparungen bei den Sachaufwendungen und Investitionen erzielte die UBA-GmbH in ihren ersten beiden Geschäftsjahren geringfügig positive Geschäftsergebnisse (1999: 0,3 Mill. S; 2000: 3,8 Mill. S).

SP-KEPPELMÜLLER: AUSGLIEDERUNG DES UBA WAR EINE SCHNAPSIDEE

Durch diese Daten sah Abgeordneter Peter Keppelmüller (S) den Sinn der Ausgliederung des Bundesumweltamtes in Frage gestellt. Er führte die Ausgliederung auf politische Motive der ÖVP zurück, die seit der Einrichtung des UBA im Jahr 1985 - "ein Meilenstein des Umweltschutzes in Österreich" - gegen das Umweltbundesamt aufgetreten sei. Mehrere VP-Minister haben laut Keppelmüller versucht, "das UBA zu zerschlagen und sich sein Personal unter den Nagel zu reißen".

"Diese Ausgliederung ist eine Schnapsidee gewesen", kritisierte Keppelmüller weiter, weil eine Kontrollstelle, die sich ihr Geld auf dem Markt suchen müssen, nicht mehr unabhängig sein könne. Die Einsparungen, die man sich von der Ausgliederung erwartet habe, seien nicht erreicht worden, Vorteile für den Bund nicht eingetreten. Als Nachteile bezeichnete der Abgeordnete die Verschlechterung der Kontrolle sowie der personellen und sachlichen Ressourcen des Umweltbundesamtes. Seine Detailfragen galten aktuellen Budgetdaten des UBA.

FP-SCHEUCH AUF DER SUCHE NACH EINSPARUNGSMÖGLICHKEITEN

Abgeordneter Kurt Scheuch (F) erinnerte an die Zielsetzung der Ausgliederung, schwarze Zahlen zu schreiben und erkundigte sich im einzelnen nach Einsparungsmöglichkeiten bei den projektbezogenen Zusatzfinanzierungen.

VP-PECHER LIEST RECHNUNGSHOFBERICHT ANDERS

Abgeordnete Martina Pecher (V) las die Feststellungen des Rechnungshofes über die Ausgliederungen des Umweltbundesamtes anders als Abgeordneter Keppelmüller. Sie konnte keine negative Beurteilung und keine sachlichen Nachteile erkennen. Die Tätigkeit des UBA und die Auswirkungen im Bereich EU-finanzierter Projekte sei positiv bewertet, hielt Abgeordnete Pecher der Kritik der SPÖ entgegen.

G-PIRKLHUBER: MEHR EFFIZIENZ IN DER VERWALTUNG STATT AUSGLIEDERUNGEN

Abgeordneter Wolfgang Pirklhuber (G) erinnerte an die Nachteile, die der Rechnungshof vielfach bei Ausgliederungen feststelle, namentlich die Entstehung grauer Finanzschulden und die hohen Personalkosten. Man sollte daher nach Alternativen für Ausgliederungen suchen. Kostenwahrheit, Transparenz und Effizienz können auch im Rahmen der öffentlichen Verwaltung erreicht werden, Ausgliederungen seien nicht unbedingt notwendig. Beim UBA komme dazu, dass Kontroll- und Consultingtätigkeit, wenn sie von einer Stelle ausgeübt werde, problematisch sei. Auch Abgeordneter Pirklhuber interessierte sich für neuere Bilanzdaten des UBA.

MINISTER MOLTERER SIEHT POSITIVE ENTWICKLUNG BEIM UMWELTBUNDESAMT

Umweltminister Wilhelm Molterer bewertete die Ausgliederung des Umweltbundesamtes aufgrund der Erfahrungen von nunmehr dreieinhalb Jahren positiv. Zuerst nannte er die Vorteile in der Finanzierung: 15 % des Gesamtbudgets des UBA können im Jahr 2002 aus nicht vom Bund finanzierten Anteilen abgedeckt werden. Zweitens sei das Personalmanagement des UBA flexibler und die Übernahme zusätzlicher Aufgaben möglich geworden. Die Einführung betriebswirtschaftlicher Instrumente infolge der Ausgliederung habe eine positive Bewusstseinsbildung ausgelöst.

Die Leistungen des Umweltbundesamtes würdigte Minister Molterer in den höchsten Tönen, sowohl bei der Erfüllung hoheitlicher Aufgaben, etwa bei der Erstellung des Umweltkontrollberichtes, als auch bei zusätzlichen Projekten und in seiner Tätigkeit für private Auftraggeber. Das Bundesministerium nütze die hohe fachliche Kompetenz des Umweltbundesamtes, etwa beim aktuellen Thema Nuklearsicherheit. Hohes Ansehen habe sich das UBA auch durch seine  unverzichtbaren Leistungen im Rahmen der EU erworben, etwa bei der Heranführung der Beitrittskandidaten an die europäischen Umweltstandards. Das Umweltbundesamt entwickelt sich positiv, resümierte der Minister.

In seinen Antworten auf Detailfragen ging Molterer zunächst auf die Frage der Unvereinbarkeit ein und bezeichnete dieses Problem durch das Umweltkontrollgesetz eindeutig gelöst: Es werden keine Aufträge angenommen, die zu Befangenheiten führen oder die Erfüllung gesetzlicher Aufgaben beeinträchtigen könnten.

Schließlich teilte der Umweltminister den Abgeordneten mit, dass die Basisfinanzierung für das UBA im Jahr 2002 15,7 Mill. Euro betrage, der Umfang der Zusatzaufträge 2,4 Mill. Euro ausmache, projektorientierte Zuschüsse mit 2,3 Mill. Euro zu Buche schlagen und der Umfang der Drittgeschäfte bei 0,7 Mill. Euro liege.

Die Frage nach der Entwicklung der Drittgeschäfte beantwortete UBA-Geschäftsführer Georg Rebernig mit dem Hinweis darauf, dass im Jahr 2000 ein erheblicher Abgang zu beklagen gewesen sei, die Abwicklung von Drittgeschäften bei deutlich größerem Volumen im Jahr 2001 aber leicht positiv bilanzierte. Das ökonomische Ziel des Umweltbundesamtes, ein ausgeglichenes oder leicht positives Ergebnis zu erzielen, konnte 2001 mit einem deutlich positiven Ergebnis übertroffen werden.

RH-PRÄSIDENT FIEDLER: ZIELE VON AUSGLIEDERUNGEN DURCH STRUKTURREFORMEN IN DER VERWALTUNG ERREICHEN 

Rechnungshofpräsident Franz Fiedler charakterisierte die Besonderheit des Umweltbundesamtes und seiner Ausgliederung, indem er ausführte, dass damit nicht nur ein privatwirtschaftlicher Bereich, sondern eine Stelle mit hoheitlichen Aufgaben ausgegliedert worden sei. Unter den Alternativen, die zu Ausgliederungen bestehen, nannte der Rechnungshofpräsident eine Strukturänderung innerhalb der öffentlichen Verwaltung, die es erlauben würde, jene Effekte zu erzielen, die man mit einer Ausgliederung erzielen wolle. "In diese Richtung wird zu wenig gedacht", kritisierte der Rechnungshofpräsident.

Die unbestreitbaren Vorteile einer Ausgliederung liegen für Präsident Fiedler in der Flexibilisierung des Dienstrechts, die ein flexibleres Personalmanagement erlaube. Von Vorteil sei auch die größere Kostentransparenz, die meist auch zu einem größeren Kostenbewusstsein führe.

Jede Ausgliederung sei aber auch mit Nachteilen verbunden. So werde die parlamentarische Kontrolle eingeschränkt und die Zuständigkeit der Volksanwaltschaft entfalle gänzlich.

Eine Besonderheit beim Umweltbundesamt bestehe darin, dass sich das UBA von all jenen Geschäftsfeldern fernhalten solle, auf denen es zu Interessenskollisionen kommen könnte und daher in seinen ökonomischen Möglichkeiten eingeschränkt sei. Daher gehe das UBA verstärkt in Richtung EU, weil es dort keine Interessenkollisionen befürchten müsse. Die Qualität der Leistungen des UBA stand vor der Ausgliederung nicht in Frage und steht auch danach nicht in Frage. Eine Verschlechterung - wie bei manchen anderen Ausgliederungen -  könne er beim UBA nicht feststellen, sagte der Rechnungshofpräsident, merkte aber doch an, dass das bilanzmäßig positive Gesamtergebnis nach wie vor hohe Budgetleistungen voraussetze.

ARBEIT DER AGRARMARKT AUSTRIA WIRD POSITIV BEURTEILT

Der Europäische Rechnungshof hat bei seiner im Rahmen der Zuverlässigkeitserklärung für das Haushaltsjahr 2000 vorgenommenen Prüfung der Rechnungsführung anhand von zwei stichprobenweise ermittelten Transaktionen im Bereich des Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft (Abteilung Garantie) - ebenso wie der RH im Rahmen seiner begleitenden Gebarungsüberprüfung - keine Mängel festgestellt. Die Erhebungen betrafen die Bereiche Flächenstilllegung im Zusammenhang mit den Hektarbeihilfen sowie Erstattung bei der Erzeugung von Stärke/Weizen bei der Zahlstelle Agrarmarkt Austria sowie bei dem begünstigten Landwirt und der begünstigten Unternehmung. Zusammenfassend gelangte der Rechnungshof zum Ergebnis, dass die Zahlstelle Agrarmarkt Austria die Ordnungsgemäßheit der Gebarung der überprüften Fälle nachgewiesen hat.

Ebenfalls keine Mängel hinsichtlich der Zuverlässigkeit der eingesetzten Verwaltungs- und Kontrollsysteme stellte der Europäische Rechnungshof bei der Prüfung einer Stichprobe zu der von EU, Bund und Ländern kofinanzierten Förderungsmaßnahme "Benachteiligte Gebiete und Gebiete mit umweltspezifischen Einschränkungen" fest. "Benachteiligte Gebiete" sind durch ständige natürliche Nachteile gekennzeichnet, die verhindern, dass die dort ansässigen Landwirte ein angemessenes Einkommen aus ihrer Produktion erzielen, das demjenigen vergleichbarer Betriebe in anderen Gebieten entspricht. Den betroffenen Bauern können "Ausgleichszulagen" gewährt werden, um den Fortbestand der landwirtschaftlichen Bodennutzung, die Erhaltung der Landschaft und die Berücksichtigung der Umwelterfordernisse sicher zu stellen.

Im Rahmen seiner - die Erhebungen des Europäischen Rechnungshofes begleitenden - Gebarungsüberprüfung wies der RH auf Informationsdefizite der begünstigten Landwirte sowie auf Verbesserungsmöglichkeiten bei den Kontrollen an Ort und Stelle durch die Agrarmarkt Austria hin. Der Rechnungshof plädierte daher dafür, eine umfassende und nachweisliche Information der antragstellenden Landwirte hinsichtlich der von ihnen verpflichtend einzuhaltenden Bewirtschaftungskriterien der "guten landwirtschaftlichen Praxis im üblichen Sinn" zu gewährleisten. Auch die Kontrollen an Ort und Stelle durch den Technischen Prüfdienst der AMA wären zu intensivieren. Im Sinne einer Erhöhung der Systemsicherheit sollten auch ohne konkrete Verdachtsfälle Bodenproben gezogen und entsprechend ausgewertet werden, schlagen die Prüfer des Rechnungshofes vor.

Rechnungshofpräsident Franz Fiedler kam zunächst auf die Schwierigkeiten in Bezug auf die Prüfungsabstimmung zwischen dem Europäischen und dem nationalen Rechnungshof zu sprechen. Er würde sich wünschen, dass seitens des Europäischen Rechnungshofes die Prüfpläne rechtzeitig bekannt gegeben werden, damit es zu einer besseren Abstimmung hinsichtlich der Zeitpunkte und der Themenfelder kommt. Großer Wert werde auf eine begleitende Überprüfung gelegt, betonte Fiedler, weil nicht separat vorgegangen werden soll und da im gemeinsamen Diskurs gewisse Austriaca erklärt werden können. Diese Maßnahme habe sich bewährt und soll auch fortgesetzt werden. Bei den Prüfungen des Europäischen Rechnungshofes handle es sich vielfach um Zuverlässigkeitserklärungen, wobei sehr formalistisch vorgegangen wird und anhand eines sehr kleines Sample Extrapolationen vorgenommen werden. Der Arbeit der AMA werde ein sehr gutes Zeugnis ausgestellt, was auch vom österreichischen Rechnungshof bestätigt wird.

Was die Prüfungsintensität betrifft, so werden in Österreich im Agrarbereich fünf bis sechs Prüfungen durchgeführt, was angesichts der Gesamtzahl (etwa 420-425) als eher unterdurchschnittlich einzustufen ist. Bezüglich der Empfehlungen des Rechnungshofes, führte Fiedler weiter aus,  man vertrete die Ansicht, dass bei der Einführung eines neuen Systems ("gute landwirtschaftliche Praxis") anfangs die Prüfungen intensiviert werden sollten.

Auch Bundesminister Wilhelm Molterer betonte einleitend, dass der Bericht der AMA, die zu den am intensivsten geprüften Organisationen gehöre, ein gutes Zeugnis ausstelle. Auch eine Gruppenumfrage unter Landwirten habe ergeben, dass über 95 % die Tätigkeit der AMA-Prüfer als korrekt und höflich beurteilen. Darauf werde auch in den Schulungen ein besonderes Augenmerk gelegt, unterstrich Molterer, und es habe sich einiges verbessert. Insgesamt wurden im Jahr 2001 112.888 Kontrollberichte gelegt, wobei man von einem Verwaltungsaufwand in der Höhe von 1.850 S je Betrieb und Jahr ausgeht.

Sodann befasste er sich mit weiteren Fragen der Abgeordneten, die vor allem grundsätzliche Themen angeschnitten haben. So sei es natürlich wichtig, darüber nachzudenken, ob die Auflagen und Kontrollmaßnahmen praxistauglich sind, ob sie zum gewünschten Ziel führen und ob die Kosten und Nutzen in einer sinnvollen Relation stehen. Diese Diskussion gebe es sowohl auf nationaler als auch europäischer Ebene zu führen, meinte er. Zudem kam der Landwirtschaftsminister noch auf die "benachteiligten Gebiete" zu sprechen, die für Österreich eine besondere Bedeutung haben. Man habe die Ausgleichszulage sowohl in quantitativer und qualitativer Hinsicht umorientiert bzw. aufgestockt, führte er weiter aus, was gerade für die Einkommenssituation der Landwirte in den Berggebieten sehr wichtig sei.

Ein Vertreter der AMA informierte noch über die zahlreichen Anstrengungen seiner Organisation, die Service- und Kundenfreundlichkeit zu verbessern. So gebe es zahlreiche Erleichterungen bei der Antragstellung, wie z.B. bei der Schlachtprämie, wo es eine automatische Abwicklung über die Rinderdatenbank gibt. Weiters wies er noch auf das Landwirteauskunftsystem, zahlreiche Veranstaltungen, dem Ausbau der Telefon-Hotline sowie auf die Umsetzung des GIS-Konzeptes hin. (Fortsetzung)