Parlamentskorrespondenz Nr. 355 vom 16.05.2002

DIE VERSCHLUNGENEN WEGE DER KUNST

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Wien (PK) - Sodann behandelte der Ausschuss den Bericht des Rechnungshofes über die Artothek des Bundes (III-124 d.B.). Dieser obliegt die Sammlung, Verwaltung und Betreuung der im Rahmen der Kunstförderungsankäufe durch den Bund erworbenen Kunstwerke sowie die Verleihung selbiger an Bundesdienststellen im In- und Ausland. In diesem Zusammenhang kritisierte der Rechnungshof, dass es bis Juni 2000 nicht gelungen sei, ein zweckmäßiges System für die Inventarisierung und die Verleihtätigkeit zu schaffen. Obwohl, so der Rechnungshof, das Inventar seit 1989 IT-unterstützt geführt wurde, war die genaue Anzahl der im Depot befindlichen resp. verliehenen Kunstwerke nicht eruierbar. Lediglich zehn Prozent der rd. 25.000 erfassten Objekte war hinsichtlich ihrer Richtigkeit überprüft, hält der Rechnungshof fest, der es weiters für nicht zweckmäßig erachtet, die Bestände der Artothek in den Prunkräumen eines Innenstadtpalais zu lagern, da dies aus konservatorischen, sicherheits- und brandschutztechnischen Gründen unbedacht sei. Der Rechnungshof regt in seinem Bericht an, wissenschaftliche und verwaltungstechnische Synergien besser zu nutzen, ein effizientes IT-Konzept zu erstellen und die räumliche Situation der Artothek zu verbessern.

Abgeordnete Christine Lapp (S) würdigte prinzipiell die Artothek als eine wichtige Institution, die ihren Auftrag, die heimische Kunst zu fördern und zu sammeln, erfüllt habe. Gleichzeitig habe es aber administrative Mängel gegeben, die durch die nun gefundene Lösung einer Zweiteilung nicht zwingend einer Verbesserung zugeführt werden würden, müsse man doch den Verein, der nun die Verwaltung extern übernommen habe - während der Ankauf weiterhin via Budget erfolge - einer inhaltlichen Kritik unterziehen. Überdies sei das Problem der Lagerung der Kunstwerke nach wie vor nicht gelöst. Abgeordneter Nikolaus Prinz (V) würdigte hingegen die getroffenen Maßnahmen als wichtigen Schritt zur Verbesserung des Ist-Zustandes. Konkret fragte er, inwieweit die Anregungen und Empfehlungen des Rechnungshofes bereits umgesetzt wurden und wollte weiters wissen, wie es in der Vergangenheit überhaupt zu diesem beklagenswerten Zustand hatte kommen können.

Abgeordnete Brigitte Povysil (F) kritisierte die Verantwortlichen für diese Entwicklung, so namentlich die seinerzeitige Bundesministerin Hawlicek. Povysil erkundigte sich nach dem Zwischenstand der Sanierung und warf die Frage nach der Zukunft der Artothek auf, gehe es doch darum, Lehren aus dem Rechnungshofbericht zu ziehen. Konkret regte die Mandatarin an, die verliehenen Objekte öffentlich zugänglich zu machen und Verleihungen eventuell mit einer Frist zu verknüpfen. Abgeordnete Eva Glawischnig (G) meinte, die Fehler der Vergangenheit seien evident, die Missstände blieben aber bis heute prolongiert. Die Mandatarin ortete einen Widerspruch zwischen den Empfehlungen des Rechnungshofes und dem Agieren des Staatssekretärs und übte heftige Kritik an der Vergabe der Artotheksverwaltung an einen privaten Verein, dessen Verantwortlicher "keine einzige inhaltliche Referenz" vorweisen könne. Generell stellte auch Glawischnig die Frage nach der Zukunft dieser Institution.

Abgeordneter Gerhard Reheis (S) erkundigte sich, ob es neben der Artothek noch andere Fälle gäbe, bei denen Objekte quasi verschwunden seien, dabei an eine ähnlich gelagerte Situation bei der Galerie Belvedere erinnernd. Abgeordnete Andrea Wolfmayr (V) dankte dem Staatssekretär für sein engagiertes Angehen der Aufgabe und übte heftige Kritik am seinerzeitigen Verantwortlichen der Artothek, habe man es hier doch mit einem "Kunstskandal ersten Ranges" zu tun. Pro futuro regte die Abgeordnete an, den Verleih auch auf die Regionen auszuweiten und die Idee der Artothek entsprechend zu bewerben.

Von den Abgeordneten Wolfgang Großruck (V) und Beate Hartinger (F) wurde massive Kritik an der Arbeit der zuständigen Beamten geübt, wobei sie deren Argument, man habe zu wenig Personal gehabt, um die Inventur und Inventarisierung auf aktuellem Stand zu halten, nicht ganz gelten lassen wollten.

Staatssekretär Franz Morak konstatierte gute Fortschritte bei der Sanierung der Situation und dankte dem Rechnungshof, der klare Alternativen aufgezeigt habe, auch wenn er, Morak, den Standpunkt nicht teile, dass die Artothek aufgelöst werden solle. Zur Kritik der Opposition meinte der Staatssekretär, er habe sofort nach Erhalt des Rohberichtes Handlungsbedarf geortet und entsprechende Maßnahmen eingeleitet. Die Ankaufpolitik bleibe weiterhin beim BKA, die Verwaltung sei nach entsprechender Ausschreibung einem Verein übertragen worden, dessen Vertreter über einschlägige Qualifikationen verfügten. Der für die Katalogisierung zuständige Fachmann sei ausgebildeter Archäologe, jener für die Digitalisierung ein Fotoexperte. Auch beabsichtige man weitere Effizienzsteigerungen durch ein neues System, die interne Prüfung der Daten, das Beenden von Mehrgleisigkeiten und eine adäquate Dokumentation der Verleihtätigkeit. Sektionschef Matzka ergänzte, dass allen Anregungen des Rechnungshofes entsprochen wurde bis auf die Auflösung der Artothek und die Wahrnehmung der Aufgaben durch die Bundesmuseen.

Dazu meinte Rechnungshofpräsident Fiedler, das erfolgte Outsourcing gründe sich nicht auf den Vorstellungen seines Hauses, weshalb er dazu auch keine Aussage treffen wolle, zumal sich diese Entwicklung auch erst nach Beendigung des Prüfungszeitraums ergeben habe. Seiner Information nach hätten aber die Museen abgelehnt, die Artothek des Bundes zu übernehmen. Er knüpfte daran eine grundsätzliche Kritik an der Ausgliederung, die eine gemeinsame Haushaltsführung und Verwaltung erschwere. Das zuständige Ministerium könne auch nicht mehr so ohne weiteres eine Weisung geben, etwa die Artothek zu übernehmen, da die Museen in die Vollrechtsfähigkeit überführt worden seien und nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten agieren müssten. Fiedler regte auch an, den gesamten Kunstbereich einem Ressort zu übertragen.

Morak berichtete, dass die Artothek über insgesamt 26.312 Kunstwerke verfüge, wovon sich rund 7.000 in den Räumlichkeiten der Artothek befänden. 10.600 verliehene Objekte seien entsprechend dokumentiert, weitere 6.200 mit Karteikarte, auf der Verleihnehmer oder Standort vermerkt seien, nachvollziehbar. Derzeit sei also nur bei etwa 2.200 Objekten der Standort fraglich. Jedenfalls aber habe man sofort reagiert.

Morak legte ein Bekenntnis zur Artothek ab, deren Arbeit er aus sozialen wie aus qualitätsbezogenen Aspekten würdigte, wobei er ankündigte, künftig verstärkt Kuratoren in die Arbeit der Artothek einbeziehen zu wollen. Es werde entsprechende Räumlichkeiten geben, man werde vermehrt für die Artothek werben und die Ausstellung der Kunstwerke forcieren.

Rechnungshof-Präsident Franz Fiedler beklagte, dass den RH-Empfehlungen aus 1987 nicht Rechnung getragen worden seien, wodurch sich der Zustand der Artothek bis zur neuerlichen Überprüfung sogar noch verschlechtert habe. Bereits damals habe man eine umgehende Inventur eingefordert und in den Folgejahren immer wieder nach dem Fortgang der Arbeiten gefragt. Dem sei man aber nicht nachgekommen.

Eine eingehende Diskussion ergab sich auch hinsichtlich des Verleihs von Bildern an Private, was nicht vorgesehen sei. Man werde auch in Zukunft nicht von diesem Grundsatz im Interesse des Kunstmarktes abrücken, bekräftigte Morak. Die Artothek sei dazu da, öffentliche Dienststellen mit moderner Kunst auszustatten. Noch bei Privatpersonen befindliche Kunstwerke werde man zurückverlangen, sagte er auf eine Frage der Abgeordneten Christine Lapp (S). Morak zeigte sich auch skeptisch, was den Verleih an Schulen betrifft, da sich hier das Problem der Haftung stelle.

Über diejenigen Werke, deren Verbleib derzeit nicht eruierbar ist, seien das Dorotheum und der Kunsthandel informiert worden. Man werde alles tun, um sie aufzufinden. Falls ein schuldhaftes Verhalten festzustellen sei, werde man auch Konsequenzen ziehen, so Morak. Rechnungshofpräsident Fiedler bestätigte in diesem Zusammenhang auch, dass es Verdachtsmomente gebe, diese sich jedoch nicht in dem Ausmaß erhärtet hätten, dass eine Strafanzeige erfolgen könnte. Er wolle aber auch nichts ausschließen.

Der Bericht des Rechnungshofes III–24 d.B. wurde sodann einstimmig vertagt. (Fortsetzung)