Parlamentskorrespondenz Nr. 411 vom 06.06.2002

ARTFREMDE TÄTIGKEITEN DER EXEKUTIVE THEMA IM RECHNUNGSHOFAUSSCHUSS

Rechnungshof moniert Neuausschreibung der Flughafenkontrolle in Wien

Wien (PK) - Der Rechnungshof hat von April bis Juni 2000 so genannte "artfremde Tätigkeiten" der Exekutive geprüft. Darunter sind jene Tätigkeiten zu verstehen, die über die eigentlichen Aufgaben der Exekutivbeamten nach dem Sicherheitspolizeigesetz wie Streifen- und Überwachungsdienst oder Ermittlungs- und Erkennungsdienst hinausgehen, etwa Transportbegleitungen, Verkehrserziehung oder Schulwegsicherung. Heute befasste sich der Rechnungshofausschuss des Nationalrates mit den Prüfergebnissen.

Aus dem Bericht des Rechnungshofes geht hervor, dass das Bundesministerium für Inneres in den vergangenen Jahren durch einen Abbau der artfremden Tätigkeiten bereits deutliche Entlastungen erreichen konnte, was vom Rechnungshof ausdrücklich begrüßt wurde. Auch dass für die flächendeckende Kontrolle des ruhenden Verkehrs vermehrt eigene Straßenaufsichtsorgane und nicht voll ausgebildete Sicherheitswachebeamte zum Einsatz kommen, wurde vom Rechnungshof positiv bewertet. Er empfahl in diesem Sinn, das in Wien eingerichtete Modell zur Überwachung des ruhenden Verkehrs auch in anderen Behördenbereichen umzusetzen.

Kritik übte der Rechnungshof hingegen daran, dass im Überprüfungszeitraum im Bereich der "Wachkörperadministration" - Personalverwaltung, technische Unterstützungsdienste, Haushalts- und Wirtschaftsangelegenheiten - rund 1.500 Arbeitsplätze mit Exekutivbeamten besetzt waren, obwohl ein Großteil der zu erfüllenden Aufgaben keine spezifisch exekutivdienstlichen Fähigkeiten oder Fertigkeiten erfordert. Er schätzt, dass durch die ersatzweise Verwendung von kostengünstigeren Verwaltungsbeamten bzw. Vertragsbediensteten jährliche Personalkosteneinsparungen von zumindest rd. 180 Mill. S (13,08 Mill. €) möglich wären.

Zudem orteten die Prüfer eine zu großzügige Unterstützung sowohl von sportlichen Aktivitäten der Exekutivbeamten als auch des Musikbereichs und empfahlen insbesondere, die Gewährung von Sonderurlauben für Sportzwecke bei der Bundespolizei einzuschränken, die Unterstützung des alpinen und nordischen Schilaufs zu vermindern und die personelle Stärke der Musikkapellen zu reduzieren.

Im Mittelpunkt der Diskussion im Rechnungshofausschuss stand allerdings die Empfehlung des Rechnungshofes, die Durchführung der Sicherheitskontrolle auf dem Flughafen Wien-Schwechat neu auszuschreiben. Aufgrund eines Vergleiches der Preise für die Sicherheitskontrolle auf den Flughäfen Wien, Graz und Linz kamen die Prüfer zum Schluss, dass durch eine solche Neuausschreibung Einsparungen im Ausmaß von bis zu 70 Mill. S (5,09 Mill. €) erzielt werden könnten.

Dieser Sachverhalt wurde insbesondere von FPÖ-Abgeordnetem Eduard Mainoni kritisch beleuchtet. Er stellte in diesem Zusammenhang einen ganzen Fragenkatalog an Innenminister Strasser und wollte beispielsweise wissen, warum die Durchführung der Sicherheitskontrolle auf dem Flughafen Wien 1993 nicht an den Billigstbieter, sondern an den Zweitbieter vergeben wurde, ob es bei der Vergabe eine Weisung gab, ob es stimme, dass damalige Beamte des Innenministeriums - Mainoni nannte u.a. Manfred Matzka - im Aufsichtsrat des beauftragten Unternehmens VIAS saßen, warum der Auftrag 1998, als klar wurde, dass andere Unternehmungen die gleichen Leistungen auf den Flughäfen Linz und Graz viel billiger anbieten, nicht sofort neu ausgeschrieben wurde und ob jetzt an eine Neuausschreibung gedacht sei. Darüber hinaus brachte er Ungereimtheiten bei der Stundenabrechnung durch die VIAS zur Sprache und wies auf Gerüchte hin, wonach die Mitarbeiter der VIAS in ihrer Dienstzeit möglicherweise andere Dienste für Private durchgeführt hätten. Mainoni zeigte kein Verständnis dafür, dass dem Innenministerium durch die im Vergleich zu Graz und Linz überhöhten Preise jährliche Mehrausgaben von 70 Mill. S entstünden.

Innenminister Ernst Strasser teilte den Abgeordneten mit, dass sein Ressort nach Vorliegen des Rechnungshofberichtes Ende 2000 mit der VIAS Verhandlungen über eine Preisreduktion aufgenommen habe, diese hätten jedoch zu keinem Ergebnis geführt, da es seitens des Unternehmens keine Gesprächsbereitschaft gegeben habe. Nunmehr habe man gemeinsam mit Vertretern des Verkehrsministeriums und des Finanzministeriums eine Arbeitsgruppe gebildet, um eine Grundsatzlösung für den Bereich Flughafenkontrolle zu finden. Inkludiert seien dabei beispielsweise auch Fragen der Großgepäckskontrolle und der Flughafensicherheit im Allgemeinen. Aufgrund der Ergebnisse der Arbeitsgruppe soll Strasser zufolge dann entschieden werden, ob die Sicherheitskontrolle auf dem Flughafen Wien neu ausgeschrieben wird.

Auf den Einwand von Rechnungshofpräsident Franz Fiedler, der Vertrag mit der Firma VIAS könne jederzeit innerhalb von drei Monaten gekündigt werden, für langes Zuwarten, Weiterverhandeln und Nachverhandeln habe keine Notwendigkeit bestanden, gab Strasser zu bedenken, dass es sich bei der Flughafen-Sicherheitskontrolle um eine sehr sensible Leistung handle und ein Wechsel des Unternehmens - gerade im Hinblick auf die Terroranschläge des 11. September - auch unter dem Aspekt des Sicherheitsrisikos gesehen werden müsse. Das heiße aber nicht, bekräftigte Strasser, dass man nach Vorliegen der Ergebnisse der Arbeitsgruppe nicht dennoch eine Neuausschreibung ins Auge fasse.

Zu Überlegungen einiger Abgeordneter der SPÖ, die Flughafenkontrolle in Anbetracht der Ereignisse vom 11. September wieder in den hoheitlichen Bereich zurückzuverlagern, merkte Strasser an, er halte die seinerzeitige Entscheidung, diesen Bereich aus der Exekutive auszulagern, nach wie vor für sinnvoll. Wie immer wieder durchgeführte Kontrollen zeigten, würden die österreichischen Flughäfen bei internationalen Rankings stets unter den sichersten Flughäfen liegen, skizzierte er. Zuvor hatten sich sowohl Abgeordnete Gabriele Binder (S) als auch ihr Fraktionskollege Kurt Gaßner dafür ausgesprochen, die Übertragung der Sicherheitskontrolle auf Flughäfen in private Hände neu zu überdenken.

Da Strasser viele Detailfragen Mainonis im Rechnungshofausschuss nicht beantworten konnte, vertagte der Ausschuss entgegen seinem ursprünglichen Vorhaben am Ende der Sitzung seine Beratungen über den vorliegenden Tätigkeitsbericht des Rechnungshofes. Die Diskussion über die Sicherheitskontrolle auf dem Flughafen Wien soll nochmals aufgenommen werden, sobald die vom Minister zugesagten schriftlichen Antworten vorliegen.

Rechnungshofpräsident Franz Fiedler stellte in Bezug auf mehrere Anfragen zur diesem Punkt klar, dass die von den einzelnen privaten Unternehmen erbrachten Leistungen auf den Flughäfen Wien, Graz und Linz die gleichen seien. Eine Neuausschreibung der Sicherheitskontrolle auf dem Flughafen Wien müsste ihm zufolge nicht unbedingt zu einem Betreiberwechsel führen, sondern könnte etwa auch bewirken, dass der nunmehrige Betreiber ein günstigeres Angebot vorlege.

Sollte die Feststellung von Abgeordnetem Mainoni tatsächlich zutreffen, dass im Aufsichtsrat der VIAS Beamte des Innenministeriums gesessen seien, fände er das allerdings "bemerkenswert", meinte Fiedler. Der Rechnungshof selbst habe bisher allerdings keine Verdachtsmomente in Bezug auf Ungereimtheiten bei der Auftragsvergabe gehabt.

Im Rahmen der Diskussion im Rechnungshofausschuss über die "artfremden" Tätigkeiten der Exekutive kamen aber auch andere Themenbereiche zur Sprache. So wies Abgeordneter Günther Kräuter (S) darauf hin, dass entgegen den Ankündigungen Strassers, in den Jahren 2001 und 2002 keine Dienstposten einzusparen, massive Personaleinsparungen bei der Exekutive drohten. Er erkundigte sich zudem danach, inwieweit es auch in Graz zu einer Übertragung der Kontrolle des ruhenden Verkehrs an die Stadt kommen werde.

Abgeordneter Wolfgang Großruck (V) machte geltend, dass das Innenministerium bereits zahlreiche Anregungen des Rechnungshofes umgesetzt habe. Zur Frage der Gendarmeriemusik hielt er fest, diese gehöre zu Gendarmerie wie die Militärmusik zum Militär und sei auch ein Aushängeschild.

Innenminister Ernst Strasser unterstrich, die Grundphilosophie der Innenressorts stimme seit seiner Übernahme des Hauses im Februar 2000 prinzipiell mit den Empfehlungen des Rechnungshofes überein. So sei er bestrebt, die Tätigkeit der Exekutive auf ihre Kernaufgaben zu reduzieren, und setze alles daran, bei der Verwaltung zu sparen, um in die Sicherheit vor Ort investieren zu können. Weiters sei das Innenministerium daran gegangen, durch Erlassbereinigungen und Verknappung von Führungsstrukturen die Beamten in den Wachzimmern und Gendarmerieposten von unnötigen Verwaltungsarbeiten zu entlasten sowie die Zusammenarbeit mit allen Gebietskörperschaften zu verbessern. Ergebnis sei, dass noch nie so viele Beamte wie in den Jahren 2001 und 2002 in Gendarmerieposten oder Wachzimmern Dienst versehen hätten.

Im Bereich der Musikkapellen sind bisher nach Auskunft Strassers in den Jahren 2001 und 2002  30.000 Stunden eingespart worden, was einer Reduktion um 21,6 % entspricht. Diese 30.000 Stunden stünden nunmehr für die Sicherheit vor Ort zu Verfügung.

Was die Kontrolle des ruhenden Verkehrs in Graz anbelangt, stellte Strasser fest, er hielte es nicht für sinnvoll, zwar die Überwachung an den Magistrat zu übertragen, die Arbeit - Bescheide ausstellen und Verfahren durchführen - aber bei der Polizei zu belassen. Besser wäre die Übernahme des Wiener Modells, dazu bedürfe es aber landesgesetzlicher Vorgaben.

Rechnungshofpräsident Franz Fiedler räumte ein, dass das Innenministerium bereits zahlreiche Empfehlungen des Rechnungshofes umgesetzt habe, seiner Auffassung nach könnte im Zusammenhang mit der Übertragung von Aufgaben an andere Behörden jedoch noch vieles gemacht werden. Zentrales Ziel sei, dass teuer und ausgezeichnet ausgebildete Exekutivbeamte dort eingesetzt werden, wo man sie benötige, und nicht für Aufgaben, die auch von anderen erledigt werden könnten, beispielsweise in der Parkraumbewirtschaftung.

Abgeordneter Josef Edler (S) hielt zur Stellungnahme Strassers fest, es fehlten sehr wohl Exekutivbeamte auf der Straße, da viele in den Wachzimmern tätige Beamte für Sonderaufgaben abgezogen würden. Sein Fraktionskollege Kurt Gaßner machte geltend, dass in Oberösterreich nicht einmal der bestehende Dienststellenplan erfüllt sei.

Der Tätigkeitsbericht des Rechnungshofes über das Verwaltungsjahr 2000 wurde einstimmig vertagt. (Schluss)