Parlamentskorrespondenz Nr. 434 vom 12.06.2002

ÄNDERUNGEN IM AGRARRECHT, INTERNATIONALE ABKOMMEN

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Wien (PK) - Das Agrarrechtsänderungsgesetz, ein S-Antrag auf Änderung des Pflanzenschutzmittelgesetzes und ein G-Antrag zum gleichen Themenbereich sowie internationale Abkommen (Forschungsfonds für Kohle und Stahl, Assoziierungsabkommen der EU mit Mazedonien und Kulturabkommen Österreich-China) bildeten den Gegenstand der Beratungen des Nationalrats in den Nachstunden. Letzter Punkt der Tagesordnung war dann eine kurze Debatte zum Antrag der Sozialdemokraten auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses im Zusammenhang mit Frühpensionierungen bei Post, Telekom und ÖBB.

REFORMPAKET FÜR DIE LANDWIRTSCHAFT

Abgeordneter DI KUMMERER (S) billigte zwar die Änderung des Weingesetzes, die im Interesse des österreichischen Qualitätsweines sei, übte aber Kritik an den Plänen zur Änderung des Pflanzenschutzgesetzes, die nicht die Zustimmung der Sozialdemokratie finden könnten, zumal die hohen österreichischen Standards derart freiwillig aufgegeben werden würden.

Abgeordneter SCHWARZENBERGER (V) würdigte die Vorlagen als zweckmäßig und dem Interesse der heimischen Landwirtschaft wie der Konsumenten dienlich. Die Bedenken der Opposition könne er hingegen nicht teilen. Man habe es hier mit einem "umfassenden Reformpaket" zu tun, das mehr Lebensmittelsicherheit garantiere, umweltschonend sei und erforderliche EU-Anpassungen vornehme.

Abgeordneter DI PIRKLHUBER (G) kritisierte die geplanten Änderungen beim Pflanzenschutz, die in eine falsche Richtung wiesen. Dieser Weg sei völlig unverständlich, weil hier die hohen österreichischen Standards grundlos aufgeweicht würden. Vielmehr müsse man danach trachten, Bauern, Umwelt und Konsumenten konsequent zu schützen und die heimische Landwirtschaft weiterhin zu ökologisieren.

Präsident Dr. FISCHER ersuchte die Mitglieder des Hohen Hauses aus gegebenem Anlass zu entsprechender Mäßigung in der Wortwahl.

Abgeordneter WENITSCH (F) zeigte sich erfreut darüber, dass die Opposition weite Teile dieser Reform mittragen wolle, verwahrte sich aber gegen die Aussagen der Grünen, die den Interessen der heimischen Bauern nicht dienlich seien. Es gehe darum, dass Österreichs Bauern endlich wettbewerbsfähig würden, und dem diene diese Reform, zumal die Lage ohnehin überaus angespannt sei.

Bundesminister Mag. MOLTERER erläuterte die Inhalte der geplanten Reform. Es handle sich hiebei um einen wichtigen Schritt im Interesse der heimischen Landwirtschaft, wie generell eine konzise Politik betrieben werde, die für eine Verbesserung des Ist-Zustandes sorge. In diesem Lichte sei auch die geplante Novellierung auf dem Gebiet des Pflanzenschutzes zu sehen, so der Minister, der unterstrich, man wolle "faire Wettbewerbsbedingungen" sicherstellen. Die Novelle sei sohin ein "vorbildlicher Schritt".

Abgeordneter FAUL (S) verwies auf jüngste Skandale in der Landwirtschaft, die eine Verunsicherung der Konsumenten evoziert hätten. Daher dürfe man keine Schritte unternehmen, welche das Vertrauen der Konsumenten weiter erschüttern würden. Es brauche vertrauensvolle Konsumenten, und dergestalt sollte man die Politik ausrichten.

Abgeordneter AUER (V) ging auf die Argumente des Abgeordneten Pirklhuber ein und wies dessen Bedenken als unbegründet zurück. Die vorliegende Novelle sei zielorientiert und zweckdienlich. Sie sollte daher im Interesse von Produzenten und Konsumenten entsprechend umgesetzt werden.

Abgeordneter Mag. GASSNER (S) unterstrich die Besorgnis seiner Fraktion in Bezug auf die Novellierung beim Pflanzenschutz, die keineswegs als zweckmäßig angesehen werden könne.

Abgeordneter ZELLOT (F) hob die "vielen positiven Punkte" hervor, die die vorliegende Novelle beinhalte, dabei auf diese konkret eingehend. Es erfolgten "Verbesserungen zum Wohle der Umwelt, aber auch der Konsumenten". Die Novelle, auch jene im Pflanzenschutz, sei aber auch zum Wohle der Bauern, unterstrich Zellot.

Abgeordnete PARFUSS (S) zeigte sich besorgt über die Stellung des Umweltschutzes bei den geplanten Reformen im Landwirtschaftsbereich, was einmal mehr zeige, dass die diesbezügliche Ressortzusammenfassung unglücklich sei. Konkret forderte die Rednerin einen Schwenk hin zum Biolandbau.

Abgeordneter GAHR (V) wies darauf hin, dass Österreich in Sachen Umweltstandards europaweit Spitze sei. Mit dem vorliegenden Vorlagen würden diese Standards angepasst, verbessert und optimiert, so der Redner, der aber gleichzeitig eine stärkere Unterstützung der heimischen Bauern einmahnte. Das vorliegende Gesetz erfülle alle Ansprüche und sei daher zu begrüßen.

Abgeordneter HORN (S) wiederholte die Bedenken seiner Fraktion bezüglich einer von ihnen befürchteten Aufweichung der österreichischen Umweltstandards durch die geplante Novelle. Konkret forderte er ein organisatorische Trennung von Produktion und Verbraucherschutz.

Abgeordnete FREIGASSNER (F) wies auf die Lage der heimischen Bauern hin und vertrat die Auffassung, dass die vorliegenden Gesetzesinitiativen im Interesse der Landwirtschaft wie der Umwelt zu unterstützen seien.

Abgeordneter Dr. KEPPELMÜLLER (S) hielt fest, die überwiegende Mehrzahl der Landwirte würden sicher "sauber und gut arbeiten", es gebe aber auch hier, wie in allen Bereichen, schwarze Schafe. Klar sei auch, dass man in manchen Gebieten beim Trinkwasser Probleme habe und die dafür verantwortlichen Pestizide aus der Landwirtschaft stammten. Allgemein forderte Keppelmüller die Kontrolle der Lebensmittel nicht den Produzenten zu überlassen.

Abgeordneter HORNEK (V) wandte sich dagegen, die Bauern als Ursache allen Übels zu sehen. Hohen Chemieeinsatz gebe es auch auf Golfplätzen, bei Eisenbahnanlagen und in Privatgärten, betonte er. Hornek redete einer multifunktionalen Landwirtschaft das Wort, die als Anbieter einer breiten Dienstleistungspalette im ländlichen Raum agiere. Dazu braucht es seiner Ansicht nach eine ständige Anpassung der Gesetzesmaterien. Das Agrarrechtsänderungsgesetz gewährleistet ihm zufolge auch in Zukunft die Sicherheit der Lebensmittel und des Trinkwassers, bietet den Bauern aber gleichzeitig in wirtschaftlicher Hinsicht Überlebenschancen.

Abgeordneter GRADWOHL (S) wies auf ein Papier des Landwirtschaftsministeriums mit dem Titel "Österreichs Zukunft nachhaltig gestalten" hin, das die Förderung einer ökosozialen Landwirtschaft zum Ziel hat und im April 2002 vom Ministerrat beschlossen wurde. In der Praxis verfolgt der Landwirtschaftsminister seiner Auffassung nach aber eine konträre Politik, das gelte auch für das vorliegende Agrarrechtsänderungsgesetz. So dürften im Bereich der Pflanzenschutzmittel künftig 300 neue Substanzen ohne weitere Zulassung in Österreich verwendet werden, skizzierte Gradwohl.

Abgeordneter WITTAUER (F) erläuterte, mit der Novellierung des Pflanzenschutzgesetzes werde ein erster Schritt zur EU-weit einheitlichen Produktion von Pflanzenschutzmitteln und zu fairen Wettbewerbsbedingungen gesetzt. Dadurch, dass die Pflanzenschutzmittel nur in Originalverpackung und mit Gebrauchsanweisung in deutscher Sprache in Verkehr gebracht werden dürfen, ist seiner Meinung nach für den Konsumenten dennoch höchste Sicherheit gegeben. Wittauer versteht nicht, wie er sagte, warum die Opposition gegen bessere Wettbewerbschancen für die Landwirtschaft ist.

In einer zweiten Wortmeldung machte Abgeordneter DI PIRKLHUBER (G) geltend, dass gerade die Bäuerinnen und Bauern massive Probleme mit Pflanzenschutzmitteln hätten und es immer wieder zu Unfällen komme. Statt eine Deregulierung in einem so sensiblen Bereich durchzuführen, sollte Landwirtschaftsminister Molterer lieber eine Reform der europäischen Agrarpolitik in Richtung Nachhaltigkeit und Gentechnikfreiheit vorantreiben, forderte er.

Abgeordneter KAMPICHLER (V) befasste sich mit dem Düngemittelgesetz, speziell mit der Verwendung von Klärschlamm. Es sei gut und richtig, dass es so gut wie unmöglich sei, Klärschlamm auf landwirtschaftlichen Flächen auszubringen, unterstrich er, in manchen Fällen ist die Regelung seiner Auffassung nach aber zu restriktiv. So gebe es in ländlichen Gemeinden kaum Belastungen des Klärschlamms, die Bewohner verstünden nicht, warum sie diesen unbedenklichen Klärschlamm teuer entsorgen müssten und nicht ausbringen dürften.

Abgeordnete ACHATZ (F) wies Abgeordneten Pirklhuber darauf hin, dass nicht alle Bauern auf ökologische Bewirtschaftung umstellen könnten, weil der Markt für Bioprodukte, die teurer als herkömmliche Produkte seien, zu klein sei. In Bezug auf die Änderung des Pflanzenschutzmittelgesetzes erklärte sie, es werde kein einziger Stoff, der jetzt verboten ist, zugelassen. Eine Verbilligung der Betriebsmittel für die Bauern sieht Achatz für unbedingt erforderlich.

Abgeordneter ZWEYTICK (V) betonte, man müsse den Bauern ermöglichen, mit ihren Betrieben zumindest ein Existenzminimum zu erwirtschaften. Das Agrarrechtsänderungsgesetz bringt ihm zufolge nicht nur mehr Sicherheit für Lebensmittel, sondern auch mehr Fairness für die österreichischen Bauern. Zum Rebenverkehrsgesetz legte Zweytick einen Abänderungsantrag vor, den er in einer weiteren Wortmeldung nochmals in seinen Kernpunkten erläuterte. Der Antrag zielt darauf ab, wichtige österreichische Rebsorten virusfrei zu erhalten und in In-Vitro-Behältern in Korneuburg zu verwahren.

Abgeordneter SCHWEISGUT (V) führte aus, es sei immer das Ziel der österreichischen Agrarpolitik gewesen, dass Österreich der Feinkostladen in Europa werde. Beim Wein ist man seiner Meinung nach auf dem richtigen Weg. Durch die Novellierung des Weingesetzes würden nun für die Winzer entsprechende Rahmenbedingungen geschaffen, damit sie auch weiterhin "auf der Erfolgswelle schwimmen" könnten. Positiv bewertete Schweisgut in diesem Sinn die Einführung der Qualitätsbezeichnung D.A.C.

Abgeordneter AUER (V) gab zu bedenken, dass Ökobetriebe in Dänemark bis zu 5.000 Mastschweine jährlich produzieren. Er wolle derartige Betriebsgrößen in Österreich nicht, bekräftigte er, auch die konventionellen Betriebe seien hierzulande viel kleiner.

Abgeordnete MOSER (G) konstatierte, die österreichische Landwirtschaft sei zum überwiegenden Teil bemüht, gesunde Lebensmittel für den Konsumenten zu produzieren. Was das Bestreben der Regierung betrifft, den Pestizideinsatz zu minimieren, klaffen ihrer Meinung nach Zielsetzung und Realität auseinander. Die Änderung des Pflanzenschutzmittelgesetzes werde zu einer Zunahme der Pestizidmengen und zu einem Anstieg der Pestizidimporte führen, prophezeite sie. Moser bedauerte in diesem Sinn, dass ein Antrag der Grünen, der auf eine Minimierung des Pestizideinsatzes in der Landwirtschaft abzielt, im Landwirtschaftsausschuss abgelehnt wurde. Unterstützung kündigte sie für den von der Koalition eingebrachten Abänderungsantrag zum Rebenverkehrsgesetz an.

Das Agrarrechtsänderungsgesetz wurde unter Berücksichtigung des VP-FP-Abänderungsantrages in Dritter Lesung von den Abgeordneten mehrheitlich verabschiedet. In Zweiter Lesung hatten SPÖ und Grüne Teilen des Gesetzes, insbesondere dem Forstlichen Vermehrungsgutgesetz 2002, der Änderung des Düngemittelgesetzes, der Änderung des Rebenverkehrsgesetzes und der Änderung des Weingesetzes zugestimmt. Die Änderung des Pflanzenschutzmittelgesetzes passierte in namentlicher Abstimmung mit 97 Pro-Stimmen und 69 Gegen-Stimmen die Zweite Lesung.

Die negativen Berichte des Landwirtschaftsausschusses über den Antrag der SPÖ und den Entschließungsantrag der Grünen wurden mehrheitlich zur Kenntnis genommen.

INTERNATIONALE ABKOMMEN

Abgeordnete Mag. MUTTONEN (S) nahm zum Kulturabkommen zwischen Österreich und China Stellung. Sie wies darauf hin, dass es in Zusammenhang mit Multikulturalität und Fremden immer wieder zu Vorurteilen und Feindbildern komme. Dies zeige, wie wichtig es sei, in den interkulturellen Dialog zu investieren. In diesem Sinn begrüßte sie das Kulturabkommen mit China. Kritik übte sie an der Kürzung der Mittel für die Auslandskultur.

Abgeordnete Mag. LUNACEK (G) kündigte die Zustimmung der Grünen zu allen drei Vorlagen an. Der EU-Beschluss zum EGKS-Vertrag dient ihren Erläuterungen zufolge lediglich dazu, eine Übergangslösung bis zur Ratifizierung des Vertrags von Nizza zu schaffen. Mit dem Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen mit Mazedonien wolle die EU die wirtschaftliche und politische Zusammenarbeit mit der ehemaligen jugoslawischen Republik auf neue Beine stellen. Zum Kulturabkommen mit China merkte Lunacek an, es sei wichtig, bei der Umsetzung des Abkommens auch Themen wie Tibet einzubeziehen.

Der EU-Beschluss zum EGKS-Vertrag, das Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen zwischen der EU und Mazedonien und das Kulturabkommen zwischen Österreich und China wurden einstimmig angenommen.

UNTERSUCHUNGSAUSSCHUSS ZUM FRÜHPENSIONIERUNGEN ABGELEHNT

Abgeordneter Dr. KRÄUTER (S) begründete den Antrag der SPÖ auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses damit, dass Postenschacher und Geldverschwendung untersucht werden müssten. Seiner Ansicht nach ist die jetzige Regierung für die Zunahme der Frühpensionierungen bei Post und Bahn verantwortlich. Vizekanzlerin Riess-Passer wäre gut beraten, meinte Kräuter, Selbstanzeige zu erstatten statt "haltet den Dieb" zu rufen. Bei der Gendarmerie ortet der Abgeordnete eine "politische Säuberung in Richtung Schwarz" unter dem Vorwand einer Strukturreform.

Abgeordneter REHEIS (S) knüpfte an seinen Vorredner an und verwies auf die Debatten, die zum Thema "Postenschacher" heute schon geführt wurden. Besonderes Augenmerk legte er auf die finanziellen Auswirkungen dieser Aktivitäten der Bundesregierung und meinte, Kontrolle sei hier "unbedingt notwendig".

Abgeordneter PRINZ (V) erklärte, seine Fraktion werde dem Antrag nicht zustimmen, weil zu diesem Thema bereits alle Fragen erschöpfend beantwortet seien. Daran schloss der Redner "einige Gedanken" zur Pensionsthematik an.

Abgeordnete Mag. HARTINGER (F) erinnerte an die notwendigen und erfolgreichen Maßnahmen, welche die neue Regierung gerade auf diesem Gebiet gesetzt hätte. Es gebe zwar Missstände in den Bereichen von Post und Bahn, doch diese würden von Staatsanwaltschaft und Rechnungshof geprüft, weshalb für einen Untersuchungsausschuss keine Notwendigkeit bestünde.

Abgeordneter ÖLLINGER (G) unterstützte den Antrag der Sozialdemokraten und meinte, die Zahlen sprächen eine deutliche Sprache und forderten eine entsprechende Untersuchung.

Der Antrag wurde abgelehnt. (Schluss)