Parlamentskorrespondenz Nr. 611 vom 28.08.2002

DIE AKTUELLEN VORLAGEN ZUM THEMA HOCHWASSER IM NATIONALRAT

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Wien (PK) - Mehr als eine Milliarde Euro will die Bundesregierung aufwenden, um den Betroffenen der jüngsten Hochwasserkatastrophe rasch zu helfen und die zerstörte Infrastruktur in weiten Gebieten Österreichs wiederaufzubauen. Da das Ausmaß der Schäden die finanziellen Möglichkeiten des Katastrophenfonds und seiner mit 29 Mill. € pro Jahr limitierten Reserve bei weitem übersteigt, hat die Bundesregierung dem Nationalrat einen Entwurf für ein spezielles Hochwasseropferentschädigungs- und Wiederaufbau-Gesetzes 2002 (1277 d.B.) vorgelegt, das der Finanzausschuss unter der Vorsitzführung seines Obmannes Kurt Heindl voraussichtlich am Dienstag, dem 17. September 2002, in Verhandlung nehmen wird.

Die Regierung schlägt vor, den Ländern für Hilfeleistungen an geschädigte Personen 250 Mill. € zur Verfügung zu stellen. Weitere 250 Mill. € - davon 28 Mill. € für Sofortmaßnahmen - dienen dem Wiederaufbau der Infrastruktur des Bundes, der Länder und der Gemeinden in den Katastrophengebieten. Für die Sanierung von Einrichtungen der Siedlungswasserwirtschaft wird eine Sondertranche mit 50 Mill. € an zusätzlichen Förderungsmitteln bereitgestellt. Dies wird das Investitionsvolumen in der Branche um bis zu 200 Mill. € erhöhen und rund 2000 Arbeitsplätze sichern bzw. schaffen. Der Umwelt- und Wasserwirtschaftsfonds wird auch die auf 510.000 € geschätzten Abwicklungskosten für die Siedlungswasserwirtschaft übernehmen.

Zudem verzichtet der Bund auf rund 500.000 € an Altlastenbeiträgen, um die Entsorgung und Deponierung hochwasserbedingter Abfälle zu erleichtern. Die Befreiung vom Altlastenbeitrag soll künftig bei Katastrophenereignissen generell gelten.

Angesichts der ausgedehnten Schäden auf Grünland- und Futterflächen werden 2,7 Mill. € aus EU-Mitteln, die im Vorjahr zur Beseitigung von Dürreschäden genehmigt wurden, für den Zukauf von Raufutter umgeschichtet.

Darüber hinaus werden den Hochwasseropfern eine Reihe von Erleichterungen im Einkommensteuergesetz zugute kommen, die insgesamt mit 400 Mill. € beziffert werden. Die Details dazu in Stichworten:

Verlängerung der vorzeitigen Abschreibungsmöglichkeit des Konjunkturbelebungsprogramms bis 31.12.2003; Sonderprämie (5 %) und vorzeitige Abschreibung (12 %) bei katastrophenbedingten Ersatzbeschaffungen für Betriebsgebäude bis Ende 2003; Prämie (20 %) und vorzeitige Abschreibung (10 %) für sonstige Wirtschaftsgüter; Absetzbarkeit nachbeschaffter privater Werte bis zum Neuwert (bisher: Zeitwert); Entfall des Säumniszuschlags bei katastrophenbedingtem Zahlungsverzug; Fristerstreckung bei Anträgen auf geringere Steuervorauszahlungen; Betriebsausgabenabzug auch für Geldhilfen im Rahmen des betrieblichen Werbeaufwands; steuerliche Berücksichtigung der Kosten für die Beseitigung von Schäden per Freibetragsbescheid; Schenkungssteuerbefreiung für Hilfeleistungen, Gebührenfreiheit beim Ersatz verlorener Urkunden.

REAKTIONEN DER GRÜNEN AUF DIE JAHRHUNDERTFLUT

Durch Erderwärmung, Klimawandel und bauliche Eingriffe in den natürlichen Verlauf von Flüssen steige die Wahrscheinlichkeit von Hochwasserkatastrophen, schreiben die Abgeordneten Madeleine Petrovic und Eva Glawischnig (G) in der Begründung eines Entschließungsantrages ihrer Fraktion und erinnern daran, dass sich die volkswirtschaftlichen Schäden durch Naturkatastrophen bereits in den neunziger Jahren verneunfacht hätten. Daher kritisieren die Grünen die im Jahr 1996 erfolgte Begrenzung der Rücklage des Katastrophenfonds auf maximal 29 Mill. €. Die Antragsteller wollen zu der ursprünglichen Praxis zurückkehren, nicht benötigte Mittel des Katastrophenfonds in einer Rücklage zu kumulieren, um eine "ordentliche Rücklage" zu bilden und so in guten Jahren für schwere Naturkatastrophen vorzusorgen (745/A[E]).

NATURNAHER HOCHWASSERSCHUTZ

In einem weiteren Entschließungsantrag problematisieren die Grünen Hochwasserschutzmaßnahmen, da Gewässerausbauten, Flussbegradigungen und Staustufen bei gleichzeitigem Verlust von natürlichen Überschwemmungsgebieten (Auen) den Abfluss beschleunigen, während gleichzeitig die Speicherkapazität des Bodens abnehme. Dadurch würden Hochwasserwellen erhöht und Überschwemmungsflächen vergrößert. Die Grünen plädieren für natürlichen Hochwasserschutz und verlangen vom Landwirtschaftsminister ein Programm zur Renaturierung der österreichischen Flüsse. Konkret geht es den Antragstellern um die Wiedergewinnung von Überschwemmungs- und Versickerungsflächen, die Reaktivierung von Auen, die Wiederbelebung kleiner Fließgewässer, die Beachtung ökologischer Kriterien bei der Wildbach- und Lawinenverbauung und um ökologische Leitbilder für Fließgewässer (746/A[E]).

HELFERINNEN BEI KATASTROPHENEINSÄTZEN FREISTELLEN

Schließlich drängen die Grün-Abgeordneten Madeleine Petrovic und Karl Öllinger auf eine bessere arbeitsrechtliche Absicherung von Personen, die bei Katastropheneinsätzen tätig sind. Sie fordern die Bundesregierung auf, einen Gesetzentwurf zu erarbeiten, der freiwilligen HelferInnen die Freistellung und eine Entgeltfortzahlung aus dem Katastrophenfonds gewährleistet (747/A[E]). (Schluss)