Parlamentskorrespondenz Nr. 616 vom 03.09.2002

REGIERUNGSVORLAGEN

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WIEN WIRD SITZ DER ZENTRALEUROPÄISCHEN FLUGSICHERUNGSDIENSTE

Nach langjährigen Bemühungen um eine vertiefte Kooperation bei der Flugsicherung haben die zentraleuropäischen Staaten (Österreich, Bosnien-Herzegowina, Ungarn, Italien, Slowakei, Slowenien, Kroatien, Tschechien) im Sommer 1997 am Sitz der EUROCONTROL in Brüssel die Einrichtung der zentraleuropäischen Flugsicherungsdienste (Central European Air Traffic Services - CEATS) vereinbart. Die neue Organisation ist die Antwort auf die Öffnung Osteuropas und die Verdoppelung des Luftverkehrs innerhalb von zwölf Jahren. Sie soll die Flugsicherheit erhöhen und ihren Betrieb ökonomischer gestalten. Die Einsparungen durch reduzierte Betriebs- und Personalressourcen werden für die Staaten auf 20 Mill. € und für die Luftraumnutzer auf bis zu 100 Mill. € geschätzt. 

Für Österreich enthält die "Vereinbarung über die Bereitstellung und den Betrieb von Flugsicherungseinrichtungen und -diensten durch EUROCONTROL in der Bezirkskontrollzentrale des oberen Luftraums für die Zentraleuropäischen Flugsicherungsdienste (CEATS)" weitere erfreuliche Details, denn die Vertragsstaaten haben sich auf Wien als Sitz der CEATS-Flugsicherungszentrale (CEATS Upper Airspace Control Centre) geeinigt. Die CEATS-Ausbildungseinheit soll im italienischen Rimini, das CEATS-Implementierungsbüro in Prag und die CEATS-Simulationseinheit in Budapest errichtet werden.

Das Grundstück für die Errichtung der Wiener CEATS-Flugsicherungszentrale steht in der Donau-City ebenso zur Verfügung wie die dafür notwendigen 12,35 Mill. €, heißt es in den Erläuterungen. Um Genehmigung der Vereinbarung durch den Nationalrat wirbt die Regierung mit der Aussicht, dass von der CEATS-Flugsicherungszentrale - der ersten größeren Einheit einer europäischen Organisation in Österreich - ähnlich positive nationale und internationale Wirkungen ausgehen werden wie von den UNO- und OPEC-Einrichtungen. Die Regierung erwartet die Ansiedlung von rund 400 CEATS-Bediensteten in Österreich, CEATS-Investitionen in der Höhe von 120 Mill. €, Betriebsansiedlungen im Hochtechnologiebereich und österreichischen Einflussmöglichkeiten auf CEATS-Entscheidungsprozesse. Auch würde die Tätigkeit von CEATS in Wien eine rege Reise- und Konferenztätigkeit nach sich ziehen, mit günstigen Auswirkungen auf die Bundeshauptstadt und ganz Österreich, schreibt die Bundesregierung (1272 d.B.).

INVESTITIONSSCHUTZABKOMMEN MIT LIBYEN

Ein Abkommen mit Libyen über die Förderung und den Schutz von Investitionen regelt auf der Grundlage der Gegenseitigkeit die Entschädigungspflicht bei Enteignungen sowie Überweisungen und Formen der Streitbeilegung. Es gilt das Prinzip der Meistbegünstigung - außer bei Vorteilen, die sich aus Integrationsmaßnahmen ergeben (1275 d.B.).

EU-ANPASSUNGEN BEIM MUSTERSCHUTZ

Die Regierung will die EU-Richtlinie 98/71/EG über den rechtlichen Schutz von Mustern und Modellen mit einer Musterschutzgesetz-Novelle 2002 umsetzen. Die diesbezügliche Regierungsvorlage enthält neue Definitionen für die Begriffe "Muster" und "Erzeugnis" und bringt eine Verlängerung der maximalen Schutzdauer auf 25 Jahre mit sich. Da die bisher mögliche Anmeldung von Mustern bei den Wirtschaftskammern zu einem erhöhten Verwaltungsaufwand und Verfahrensverzögerungen geführt haben, schlägt die Regierung vor, Musteranmeldungen künftig beim Patentamt zu konzentrieren (1278 d.B.).

ÄNDERUNG DES VERLAUFS DER STAATSGRENZE MIT UNGARN

Regulierungsbauten an der Pinka und der Strem, beides Grenzgewässer zwischen Österreich und Ungarn, haben es notwendig gemacht, den Verlauf der Grenze mit dem Nachbarland abzuändern und Anpassungen im Grenzurkendenwerk vorzunehmen. Den rechtlichen Erfordernissen trägt ein entsprechendes Bundesverfassungsgesetz Rechnung (1279 d.B.).

DIE KOMMISSION WIRD DAS EGKS-VERMÖGEN INTERIMISTISCH VERWALTEN 

Wie auf dem Gipfel von Nizza im Dezember 2000 von den Vertretern der EU-Mitgliedsstaaten vereinbart, ist der Vertrag über die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) mit dem 23. Juli 2002 ausgelaufen. Verzögerungen bei der Ratifizierung des Vertrages von Nizza machen nun eine Zwischenlösung für die Verwaltung des Vermögens der EGKS notwendig. Letztlich soll das Vermögen auf die Europäische Gemeinschaft übergehen und für Forschung in den Sektoren Kohle und Stahl verwendet werden. Für die Zeit vom 24. Juli 2002 bis zum Inkrafttreten des Vertrages von Nizza haben die Mitgliedstaaten eine Vereinbarung "über die finanziellen Folgen des Ablaufs der Geltungsdauer des EGKS-Vertrages und über den Forschungsfonds für Kohle und Stahl" getroffen, mit der die Kommission den Auftrag erhält, die EGKS-Mittel vorläufig zu verwalten (1099 d.B.).

ÄNDERUNG DES ÜBEREINKOMMENS ÜBER DEN INTERNATIONALEN EISENBAHNVERKEHR (COTIF)

Das Übereinkommen über den internationalen Eisenbahnverkehr (COTIF) aus dem Jahr 1980 wurde einer umfassenden und tiefgreifenden Revision unterzogen, um es den neuen Rahmenbedingungen, insbesondere dem in der EU nun auch für den Eisenbahnverkehr geltenden Wettbewerbsprinzip anzupassen. Die Neufassung geht über das Eisenbahntransportrecht hinaus und verbessert die Rechtsgrundlagen für den grenzüberschreitenden Einsatz von Eisenbahnfahrzeugen. Konkret geht es um die technische Harmonisierung durch einheitliche Vorschriften, den Abbau von Hindernissen beim Grenzübertritt und dabei auch um die Einrichtung neuer Organe, nämlich Fachausschüsse für technische Fragen sowie für Erleichterungen im internationalen Eisenbahnverkehr. Ein neues Finanzierungssystem berücksichtigt einerseits die Länge des Schienennetzes, andererseits aber auch die finanzielle Leistungsfähigkeit der jeweiligen Mitgliedslandes nach den Kriterien der Vereinten Nationen (1114 d.B.).

ÄNDERUNG DES BUNDESGESETZES ÜBER DIE RECHTSSTELLUNG VON EINRICHTUNGEN DER OSZE

Die Absicht der Parlamentarischen Versammlung der OSZE, in Österreich ein Verbindungsbüro sowie Büros anderer OSZE-Einrichtungen einzurichten und das Erfordernis, die Rechtsstellung von in Österreich tätigen Vertretern des amtierenden OSZE-Vorsitzenden zu regeln, macht eine Änderung des OSZE-Gesetzes notwendig. Zudem regelt die diesbezügliche Regierungsvorlage u.a. die Befreiung von der Sozialversicherungsbeitragspflicht bzw. freiwillige Beitragsleistungen nunmehr ausdrücklich und fixiert auch die Rechtsstellung von Luftfahrzeugen, die im Rahmen des "Vertrags über den Offenen Himmel" an Beobachtungsflügen teilnehmen (1219 d.B.).

PROTOKOLL ÜBER PRIVILEGIEN UND IMMUNITÄTEN DER INTERNATIONALEN MEERESBODENBEHÖRDE

Das Protokoll über die Privilegien und Immunitäten der Internationalen Meeresbodenbehörde, die ihren Sitz in Kingston/Jamaika hat, definiert die Rechtspersönlichkeit der Internationalen Meeresbodenbehörde, schützt ihre Räumlichkeiten, bietet ihr finanzielle Erleichterungen und gewährt ihren Vertretern und Angestellten funktionelle Immunität sowie Steuer- und Zollbefreiungen. Der Beitritt Österreichs zu diesem Protokoll lässt nur geringe finanziellen Auswirkungen erwarten, heißt es in den Erläuterungen (1273 d.B.).

NEUFASSUNG DES ÜBEREINKOMMENS ÜBER DEN MUTTERSCHUTZ

Die Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) hat auf ihrer allgemeinen Konferenz im Juni des Vorjahres eine Neufassung des Übereinkommens über den Mutterschutz beschlossen und dazu auch eine Empfehlung verabschiedet. Oberstes Ziel der Neufassung waren flexiblere Bestimmungen, um einer größeren Zahl von Staaten, darunter auch Österreich, eine Ratifizierung zu ermöglichen.

Die ILO hat das absolute Kündigungsverbot während des Mutterschaftsurlaubes gelockert, zugleich aber den Mutterschaftsurlaub von bisher 12 auf 14 Wochen ausgedehnt und den Gesundheitsschutz sowie den Schutz vor Diskriminierungen erweitert. Ein Arbeitsverhältnis darf nicht aus Gründen beendet werden, die mit Schwangerschaft, Geburt oder Stillen zusammenhängen.

Darüber hinaus empfiehlt die ILO, die Dauer des Mutterschaftsurlaubes auf 18 Wochen auszudehnen und ihn bei Mehrlingsgeburten zu verlängern. Geldleistungen sollen im vollen Umfang des früheren Verdienstes gewährt werden. Weiters geht die Empfehlung auf die ärztlichen Leistungen bei Mutterschaft und auf die Frage ihrer Finanzierung ein. Empfohlen wird auch eine Evaluierung aller mit dem Arbeitsplatz verbundenen Risiken für die Sicherheit und Gesundheit der schwangeren oder stillenden Frau. Schwangere oder Stillende sollen nicht gezwungen werden, Nachtarbeit zu leisten. Frauen sollten ihren Arbeitsplatz für schwangerschaftsbedingte Untersuchungen verlassen können und die Möglichkeit erhalten, ihre Kinder an ihren Arbeitsstätten unter entsprechenden hygienischen Bedingungen zu stillen. Schließlich empfiehlt die ILO Elternurlaubsregelungen und den Zugang von Adoptiveltern zum Schutzsystem des Übereinkommens (1276 d.B.).

ABKOMMEN MIT DEUTSCHLAND ÜBER GLEICHWERTIGKEITEN IM HOCHSCHULBEREICH

Die derzeit geltenden Regelungen für die wechselseitige Anerkennung von Hochschulstudien zwischen Österreich und Deutschland stammen aus dem Jahr 1983 und werden den Bildungssystemen in beiden Staaten nicht mehr gerecht. Da es häufig zu Anerkennungsfragen kommt, wurde ein neues Abkommen getroffen, das die Bedingungen festlegt, unter denen Prüfungen an Hochschulen beider Vertragsstaaten gegenseitig anerkannt werden, Studienabschlüsse ein Recht zum weiterführenden Studium geben und akademische Grade geführt werden können. Die Bestimmungen gelten für Universitäten, Fachhochschulen und Fachhochschul-Studiengänge und gelten ausdrücklich nicht für die Nostrifizierung oder die Berufsausübung. Ziel ist es, die Hochschulen von der Bewertung akademischer Teilleistungen zu entlasten, wobei der Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens in die Qualität der Hochschulausbildung im jeweils anderen Vertragsstaat gilt (1191 d.B.).

KUNDMACHUNGSREFORMGESETZ 2003

Um die hohen Kosten zu sparen, die der Abdruck der Rechtsvorschriften des Bundes im Bundesgesetzblatt verursacht, schlägt die Bundesregierung in ihrem Entwurf für ein Kundmachungsreformgesetz 2003 vor, Gesetze und Verordnungen künftig im Internet zu publizieren. Gleichzeitig sollen unrichtige Zitierungen, Redaktionsversehen und legistische Unstimmigkeiten korrigiert und einige gegenstandslos gewordene Bundesverfassungsgesetze sowie Verfassungsbestimmungen aufgehoben werden. Von der neuen Praxis bei der Kundmachung seiner Rechtsvorschriften erwartet sich der Bund eine Netto-Entlastung seines Haushaltes um rund 400.000 € pro Jahr (1280 d.B.). (Schluss)