Parlamentskorrespondenz Nr. 23 vom 23.01.2003

ERSTE ARBEITSSITZUNG DES NEUEN NATIONALRATS

----

Wien (PK) - Auf der Tagesordnung der ersten Arbeitssitzung des Nationalrats standen die Anpassung der Beamtengehälter, die Erhöhung der Ausgleichszulagen für Pensionisten-Ehepaare, die Wahl von Ausschüssen sowie - in Erster Lesung - eine Reihe von Anträgen. Am Beginn der Sitzung begrüßte Nationalratspräsident Dr. Andreas KHOL den anwesenden Präsidenten des Bundesrates, Herwig Hösele, sowie Bundesratsdirektor Dr. Walter Labuda.

BEAMTENGEHÄLTER STEIGEN UM 2,1 PROZENT

Den Reigen der RednerInnen zum ersten Tagesordnungspunkt eröffnete der Vorsitzende der Beamtengewerkschaft Abgeordneter NEUGEBAUER (V). Er begrüßte das Verhandlungsergebnis bezüglich der Erhöhung der Beamtengehälter, die eine Valorisierung um 2,1 %, mindestens aber um 30 € bringt. Damit würden nicht nur die Sicherung der Kaufkraft, sondern auch soziale Aspekte bei besonders niedrigen Gehältern berücksichtigt, unterstrich Neugebauer und wies gleichzeitig auf die schriftliche Vereinbarung hin, durch einen weiteren Zuschlag die Inflationsrate des Vorjahres abzugelten. Die Gespräche dazu seien im Gange. Grundsätzlich regte er an, bei künftigen Verhandlungen auch autorisierte Vertreter der Länder, Städte und Gemeinden einzubeziehen.

Wie schon im Ausschuss verteidigte der Redner auch Artikel 5 der vorliegenden Novellierung, insbesondere im Hinblick auf die Position eines stellvertretenden Generaldirektors für die Öffentliche Sicherheit. Dies sei auf Grund der Organisationsänderungen notwendig gewesen, argumentierte Neugebauer. Abschließend übte er heftige Kritik an "Wortspenden" aus jüngster Vergangenheit, die bei den BeamtInnen Unsicherheit und Frustration hervorgerufen hätten. Diese seien unnötig gewesen, da die öffentlich Bediensteten in Bund, Ländern und Gemeinden über hohe Sachkompetenz verfügten und einen wichtigen Beitrag zur Stabilität des Rechtsstaates und des Wirtschaftsstandorts leisteten, bekräftigte der Abgeordnete.

Dem schloss sich Abgeordneter PENDL (S) an und fügte hinzu, dass viele Leistungen der öffentlich Bediensteten als selbstverständlich angenommen würden. Er beurteilte den vorliegenden Gehaltsabschluss sowohl im Interesse der ArbeitnehmerInnen als auch in jenem des Dienstgebers ebenfalls als positiv und bezeichnete insbesondere den Sockelbetrag von 30 € als eine wichtige soziale Komponente. Bei künftigen Gehaltsrunden sollten seiner Ansicht nach auch VertreterInnen der Länder, Städte und Gemeinden einbezogen werden.

Kritisch setzte sich der Abgeordnete mit Artikel 5 der vorliegenden Novellierung auseinander und meinte, dass eine Anhebung der Zahl der Funktionsgruppen von acht auf neun nicht dem Ziel der Kosteneffizienz entspräche und dies wohl auch nicht von vielen im öffentlichen Dienst verstanden würde. Als verfrüht bewertete er die Neuregelungen im Zusammenhang mit der Aufteilung der Sektionen in den einzelnen Ressorts, da eine neue Bundesregierung sicherlich Änderungen zum Bundesministeriengesetz vorlegen werde. Die nun gewählte Vorgangsweise liege daher nicht im Interesse der Sache der Betroffenen und sei auch schwierig in der Öffentlichkeit nachzuvollziehen. Die SPÖ werde daher einen Antrag auf getrennte Abstimmung stellen.

Abgeordneter Mag. SCHWEITZER (F) zeigte sich verwundert darüber, dass seine Vorredner den nach so schwierigen Verhandlungen erzielten sozial gerechten Gehaltsabschluss nicht entsprechend gewürdigt haben. Dieser sei nämlich auf Grund seiner sozialen Verträglichkeit mehr als herzeigbar, zumal man auch das Ziel der Budgetsanierung berücksichtigen müsse. Der Erfolg sei, so Schweitzer, dem Verhandlungsgeschick der Vizekanzlerin zu verdanken. Durch die Einführung des Sockelbetrages erhielten ein Drittel der Bediensteten im niederen Einkommensbereich eine Gehaltssteigerung um mehr als 2,1 %, was eine neue Qualität bedeute. Diese Trendwende sei in den letzten drei Jahren erfolgt, unterstrich Schweitzer.

Schweitzer widmete sich anschließend der Arbeit der scheidenden Vizekanzlerin und hob deren Leistungen im Bereich der Verwaltungsreform hervor. So seien mehr als 8.000 Dienstposten und damit mehr als 1 Mrd. € eingespart worden, ohne damit große Probleme bei den Bediensteten hervorgerufen zu haben. Die Bund-Länder-Vereinbarung sei zu 79 % erfüllt, die restlichen Projekte in Angriff genommen worden. Auch bei der Gerichtsreform hätten 31 Standorte, die nicht mehr zeitgemäß seien, geschlossen werden können und last but not least habe man das One-Stop-Shop-Prinzip umgesetzt. Es sei daher höchst an der Zeit, das Reformvorhaben im Dienstrecht, bei den Verwaltungseinheiten und hinsichtlich der Reduktion der Vertretungskörper so rasch wie möglich fortzusetzen. In den letzten Wochen sei aber durch ein "Aneinander-Vorbeireden" viel Zeit vertan worden. Schweitzer appellierte daher an die Kräfte, die zu Reformen bereit seien, das Reformwerk fortzusetzen, da die Zeit für taktische Spiele vorbei sei. Es habe keinen Sinn, sich auf versteinerte Standpunkte zurückzuziehen, meinte der FPÖ-Klubobmann, um gleichzeitig der SPÖ Reformunwillen und Reformunfähigkeit vorzuwerfen.

Abgeordneter Mag. KOGLER (G) griff die letzte Bemerkung seines Vorredners auf und sagte, es werde wohl darauf ankommen, wer über die "Überschriftenlage" bereit sei, hinaus zu gehen. Für ihn werde es jedenfalls interessant sein, wer das Match mit den Ländern aufnimmt, denn bislang habe die Phalanx der Landeshauptleute erfolgreich daran gearbeitet, dass der Bund bei seinen Reformvorhaben nicht weiterkommt. Als ein hervorragendes Beispiel in diesem Zusammenhang nannte er die Bestellung und Bezahlung der Landeslehrer, was endlich in eine Hand kommen sollte. Gegen dieses grundvernünftige Prinzip hätten sich jedoch die Landeshauptleute bis jetzt gewehrt.

Kogler setzte sich ebenfalls mit Artikel 5 der vorliegenden Novellierung auseinander, der nicht die Zustimmung der Grünen finden werde. Seiner Ansicht nach gehe es dabei nicht um eine Reform der Verwaltungsstrukturen, sondern darum, Menschen mit bestimmter Parteizugehörigkeit an eine richtige Stelle zu setzen, Menschen mit falscher Parteizugehörigkeit wegzubekommen oder sie mit einem "Golden Handshake" zu verabschieden. Die Tatsache, dass man für die Funktion eines einzigen Beamten ein Gesetz ändere, werfe Fragen auf, die im Ausschuss nicht beantwortet worden seien. Der Verdacht liege nahe, dass es hier, wie in anderen Ressorts auch, um eine einschlägige Vorgangsweise des "Umfärbens" gehe.

Vizekanzlerin Dr. RIESS-PASSER unterstrich die Zielsetzung des vorliegenden Gehaltsabschlusses, insbesondere kleinen EinkommensbezieherInnen soziale Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Gerade das untere Einkommensdrittel im öffentlichen Dienst sei im Vergleich zur Privatwirtschaft benachteiligt.

Riess-Passer beschäftigte sich im weiteren Verlauf ihrer Ausführungen mit dem Gehaltsschema im öffentlichen Dienst allgemein und bezeichnete dieses als unübersichtlich und kompliziert, das viele Ungerechtigkeiten miteinschließe und keine motivierenden Komponenten enthalte. Sie habe daher Vorarbeiten für ein leistungsförderndes System geleistet, das Ungerechtigkeiten innerhalb des Schemas vermeide und auch zu mehr Gerechtigkeit auf dem Arbeitsmarkt führe. Die Ressortchefin sprach sich für ein modernes Angestelltenrecht im öffentlichen Dienst aus, das vor allem Durchlässigkeit zwischen Bundesdienst und privatem Sektor ermögliche. Heute sei nicht einmal die Durchlässigkeit zwischen Bund und Ländern gegeben. Voraussetzung dafür sei auch die Harmonisierung aller Pensionsrechte.

Sie streifte daraufhin kurz die von ihr in Angriff genommenen Reformen und hob hervor, dass insgesamt 13 Sektionen, 54 Gruppen, 121 Abteilungen und 225 Referate eingespart worden seien. Damit hätte eine Reduktion der Planstellen im öffentlichen Dienst um 10.279 erreicht werden können. Zusätzlich seien durch Ausgliederungen 2.368 Planstellen entfallen. Für 801 Bedienstete habe es Sozialpläne gegeben. Durch diese Maßnahmen hätte der Anteil der Personalkosten im Bundeshaushalt von 20,5 % im Jahr 2000 auf 19,7 % im Jahr 2002 gesenkt werden können. Der öffentliche Dienst, so Riess-Passer, sei eine Visitenkarte des Staates und eine Servicestelle für die BürgerInnen und sie wünsche sich, dass die neue Regierung diesen Weg fortsetzen wolle.

Riess-Passer ging auch auf die Bundesstaatsreform ein und äußerte sich kritisch zum geplanten Konvent. Die Bundesstaatsreform sei eine Frage des politischen Willens, meinte die Vizekanzlerin, weshalb Konvente aus ihrer Sicht nicht unbedingt notwendig seien. In diesem Zusammenhang richtete sie auch einen Appell an die Bereitschaft der Länder, Landeshauptleute und Landtage, neue Kompetenzverteilungen umzusetzen und eventuell auch Kompetenzen abzugeben. In der vergangenen Gesetzgebungsperiode hätten die Vorschläge von Prof. Raschauer und Rechnungshofpräsident Fiedler zu 70 % umgesetzt werden können. Der Rest sei an der mangelnden Zweidrittelmehrheit gescheitert. Umso überraschter sei sie daher, dass Dr. Gusenbauer nun gerade diese Vorschläge realisieren wolle, deren Umsetzung bislang an der SPÖ gescheitert seien.

Abgeordneter Dr. STUMMVOLL (V) würdigte am Beginn seines Debattenbeitrages die Verdienste der Vizekanzlerin, die seiner Ansicht nach das größte Reformpaket in der Verwaltung in der Zweiten Republik zustande gebracht habe und drückte ihr gegenüber seine persönliche Wertschätzung aus. Sie habe eine "charmante Nichtvermeidung" von Konflikten bewiesen, mit dem Ziel immer zu einer guten Lösung zu kommen.

Stummvoll setzte sich grundsätzlich mit der Beziehung zwischen öffentlichem Dienst und Sicherung des Wirtschaftsstandortes auseinander. Wie auch in der Privatwirtschaft seien im öffentlichen Dienst die MitarbeiterInnen das wichtigste Kapital. Daher sei der Eindruck schmerzlich, dass Beamte immer wieder die klassischen Prügelknaben seien. Die Qualität des Wirtschaftsstandortes werde im hohen Ausmaß von der Qualität der öffentlichen Verwaltung, vom Bildungssystem und von der Infrastruktur bestimmt. Mit Pauschalurteilen solle man daher vorsichtig sein, warnte Stummvoll. Der Veränderungswille könne nicht verordnet werden, sondern muss gemeinsam mit den Bediensteten entwickelt werden. Im Vordergrund dürfe nicht der Beamtenabbau, sondern das Ziel, den BürgerInnen das Leben zu erleichtern, stehen. Man müsse daher die MitarbeiterInnen in die Diskussion miteinbeziehen, wie man die Verwaltung kostengünstiger, schlanker und effizienter gestalten könne. Die Aufgabe des Parlaments werde es sein, die gesetzlichen Weichen so zu stellen, dass der öffentliche Dienst dieses Ziel auch erfüllen könne und dass man gleichzeitig den Wirtschaftsstandort festige und einen Beitrag zur sozialen Sicherheit leiste.

Abgeordnete Dr. PARTIK-PABLE (F) unterstrich, dass die FPÖ für eine durchgehende Erhöhung auf Grund von Fixbeträgen eingetreten sei, dies jedoch an der Gewerkschaft gescheitert sei. Sie bedauerte auch, dass es nicht gelungen sei, ein eigenes Gesetz für ExekutivbeamtInnen zu schaffen, da diese zahlreichen Gefahren ausgesetzt seien und man ihren Dienst daher nicht mit VerwaltungsbeamtInnen vergleichen könne. In diesem Zusammenhang richtete sie eine herbe Kritik an die SPÖ, die weder ÖGB noch AK zu Reformen motivieren könne. Auch die ÖVP habe es bis jetzt nicht geschafft, die Macht der "Landesfürsten" zu brechen.

Die Rednerin würdigte daraufhin die Verdienste der Vizekanzlerin, die wichtige Reformschritte in Angriff genommen habe, welche zu einer Verbesserung der Balance zwischen BürgerInnen und Staat beigetragen hätten. Positiv bewertete Partik-Pable auch die Schritte zur Entpragmatisierung. Abschließend sprach sie sich dezidiert für die Abschaffung der Landesschulräte aus.

Abgeordnete Mag. STOISITS (G)  gab vorerst die Zustimmung der Grünen zu der Vorlage bekannt, kritisierte aber die Maßnahmen der Bundesregierung im Hinblick auf Verwaltungsreform und Verwaltungsmanagement und verglich diese mit einem "Gesamtmobbing der Beamten". Unverständlich war ihr, dass man Spitzenbeamte aus ihren Positionen drängt sowie auf ihre Erfahrung und ihr Wissen verzichtet.  Weiters befasste sich die Rednerin mit dem Jugendgerichtshof Wien, der "von Japan bis Amerika ein Vorzeigemodell für den Umgang mit Jugendkriminalität" sei und nun ohne sachliche Begründung aufgelöst werden solle. Da der Gerichtshof, inzwischen räumlich umgesiedelt, führungslos ist und nach Ansicht der Grünen Justizminister Böhmdorfer nicht daran denke, die vakante Stelle auszuschreiben, forderte sie in einem Entschließungsantrag die Ausschreibung des Postens des Präsidenten des Jugendgerichtshofes.

Abgeordneter Dr. SPINDELEGGER (V) dankte den beiden Verhandlungspartnern für die Zielstrebigkeit, das Verantwortungsbewusstsein und die Konsensbereitschaft, dass diese Vorlage nun beschlossen werden könne. Zu der von Stoisits geäußerten Kritik über die Postenbesetzungen im Innenressort meinte Spindelegger, man habe mit dieser Änderung eine zeitlich begrenzte Funktion geschaffen, die es Exekutivbeamten ermögliche, im Ministerium aufzurücken. Im Zusammenhang mit dem von Präsident Khol und Bundesratspräsident Hösele ins Leben gerufenen Österreich-Konvent forderte der Abgeordnete Dialog- und Konsensbereitschaft aller ein.

Bundesminister Dr. BÖHMDORFER bezog sich in seiner Wortmeldung auf den Jugendgerichtshof, an dem 11 Richter auf Landesgerichtsebene und 5 Richter auf Bezirksgerichtsebene beschäftigt sind. Er sprach von einer historischen Bedeutung des Gerichtshofes, die in den letzten Jahren aufgrund der modernen Jugendgerichtsbarkeit verloren gegangen sei. Menschenrechtswidrige Zellen seien durch Überbelag entstanden. Frei werdende Räumlichkeiten im Landesgericht für Strafsachen Wien wurden adaptiert und die Richter konnten - samt dem Netzwerk - dorthin übersiedeln. Auch die Staatsanwaltschaft sei mit übersiedelt, ebenso die Jugendgerichtshilfe. Als Akt der Fairness bezeichnete es der Ressortchef, in der jetzigen Situation den Jugendgerichtshof von seinem Vizepräsidenten führen zu lassen.

Abgeordneter DI HOFMANN (F) nannte den Abbau der Beamten sozial verträglich und wies darauf hin, dass dieser Abbau einvernehmlich erfolgt sei. Heute werde die Gehaltserhöhung beschlossen, offen sei aber noch die Inflationsabgeltung, eine Abgeltung von 0,8 % habe es für 2002 zwar schon gegeben, aber man führe Gespräche, um zusätzlich zu einer Einmalabgeltung zu kommen. Die von der jetzigen Regierung in Angriff genommenen Reformen müssen seiner Ansicht nach fortgesetzt werden. Vor allem gehe es darum, zu einer Bundesstaatsreform zu kommen; dazu bedürfe es aber der Gesprächsbereitschaft aller. Ein Einzementieren mit Fixpunkten mache daher wenig Sinn, erklärte der Redner in Richtung SPÖ und fügte hinzu, dass die Sozialdemokraten zwar beabsichtigen, die Studiengebühr abzuschaffen, aber gleichzeitig auch die Kinderbeihilfe für Studierende abschaffen wollen.

Abgeordneter AUER (VP) unterstrich seinerseits, dass es sinnvoll sei, dass auch erfahrene Leute aus der Praxis in Führungspositionen gelangen können. Minister Strasser sei seiner Aufgabe, effiziente Strukturen zu schaffen, nachgekommen. 56 Führungsfunktionen wurden verändert, davon 55 im Einvernehmen. Besonders unterstrich Auer das neue einheitliche Gehaltsschema in Oberösterreich, das gravierende Änderungen gebracht habe. Seinem Dafürhalten nach könnte dieses Schema, das Landeshauptmannstellvertreter Hiesl mit der Personalvertretung ausverhandelt hat, Vorbild für ein neues Gehaltsschema auf Bundesebene sein.

G-Abgeordnete Dr. MOSER sprach in ihrer Wortmeldung nochmals den Jugendgerichtshof an, trat für den Fortbestand dieser Institution ein und kritisierte die heute mitzubeschließende Legalisierung einer von der FPÖ vorgenommenen Personalrochade im Ressort.

Realitätsverweigerung warf Bundesminister BÖHMDORFER den Grünen vor. Jedem Landesgericht sei eine Justizanstalt angeschlossen, das gelte auch für den Jugendgerichtshof. Die Zellen seien 8 m2 groß gewesen, laut Antifolter-Konvention dürfen dort nicht zwei Gefangene untergebracht werden. Aus diesem Grunde habe man nach einer zeitgemäßen Unterbringungsmöglichkeit für Jugendliche und jugendliche Erwachsene gesucht und sie in der Justizanstalt Josefstadt gefunden, wo nun 160 Personen, getrennt von den Erwachsenen, im Strafvollzug untergebracht sind.

Bei der Abstimmung wurde die Vorlage unter Berücksichtigung eines Abänderungsantrages (Tippfehlerberichtigung) in dritter Lesung einstimmig verabschiedet. Für den G-Entschließungsantrag gab es keine Mehrheit, da FPÖ und ÖVP dagegen stimmten.

ERHÖHUNG DES AUSGLEICHSZULAGENRICHTSATZES FÜR PENSIONISTENEHEPAARE

Abgeordneter DONABAUER (V) erklärte als erster Redner zum Sozialversicherungs-Änderungsgesetz, bei der Bildung der neuen Bundesregierung gehe es darum, Erreichtes zu festigen und für die Zukunft zu erhalten. Dazu brauche man Mut. Vieles, was uns wertvoll ist, gelte es zu hinterfragen, vieles zu überdenken und neu zu ordnen. Auch der Wirtschaftsstandort Österreich müsse gefestigt werden. Nur dann könne man in Zukunft mit einer guten Beschäftigung rechnen und den erworbenen Wohlstand halten.

Es gehe um die öffentliche Verwaltung und um eine Bundesstaatsreform. Die Bundesverfassung sei nicht mehr in allen Bereichen verständlich und effizient. Es gehe u.a. um eine neue Aufgabenteilung der Gebietskörperschaften, um neue Anforderungen in der Arbeitswelt und um Chancengleichheit. Auch im Sozial- und Gesundheitsbereich werde man Veränderungen vornehmen müssen, sei doch die Lebenserwartung seit 1970 um 7 Jahre, seit 1990 um 2 Jahre gestiegen. Auch meinte Donabauer, man müsse klar sehen, dass das staatliche Pensionssystem allein nicht ausreichen werde. Neue Wege müssten gefunden werden.

Abgeordneter Mag. LAPP (S) sah als oberstes Ziel die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und die Schaffung von Arbeitsplätzen, die ein Auskommen ermöglichen, an. Die Erhöhung des Richtsatzes würde nur Personen zugute kommen, die in Beschäftigung waren und eine Pension erhalten. Aber was ist mit dem Frauen, die keine eigenständige Alterssicherung haben?, fragte sie. Deshalb plädierte Lapp für eine aktive Beschäftigungspolitik für Frauen. Das Kindergeld führe die Frauen in eine andere Richtung. Für die nächste Bundesregierung müssen daher soziale Belange einen großen Stellenwert haben. Kritisch äußerte sich die Rednerin über die Behindertenmilliarde.

Abgeordneter DOLINSCHEK (F) wies den Vorwurf seiner Vorrednerin, die amtierende Regierung sei in der sozialen Frage säumig gewesen, zurück und rekapitulierte die verschiedenen Initiativen, die von der Regierung seit dem Februar 2000 gesetzt wurden. Dem Ziel, die Armutsgefährdung dauerhaft hintanhalten zu können, diene auch die gegenständliche Vorlage, betonte Dolinschek, der auf die geplanten konkreten Maßnahmen einging, dabei die entsprechenden Verdienste des amtierenden Sozialministers würdigend.

Weiters regte Dolinschek eine Harmonisierung der verschiedenen Pensionssysteme an, um das Pensionswesen dauerhaft zu sichern und mehr Gerechtigkeit auf diesem Gebiet zu schaffen. Ziel müsse es sein, ältere Arbeitnehmer länger und gesund in der Arbeit zu halten. Daran müsse gearbeitet werden, unterstrich Dolinschek.

Abgeordneter ÖLLINGER (G) bekräftigte die Notwendigkeit, Schritte zur substantiellen Bekämpfung der Armut zu setzen, schränkte aber ein, dass hier noch weitere Maßnahmen zu erbringen wären. So wies er darauf hin, dass es nach wie vor Berufsgruppen gebe, die ob der von ihnen ausgeübten Tätigkeit eine geringere Lebenserwartung hätten als andere. Diese Erkenntnis müsse in die entsprechenden Überlegungen zur Zukunft des Pensionssystems einfließen und adäquat berücksichtigt werden.

Es mache einen Unterschied, welche Tätigkeit man ausübe und wie lange man daher Beiträge zahlen müsse. Es sei daran zu erinnern, dass es auch bei den Pensionen beachtliche Einkommensdifferenzen gebe. So erhalte das oberste Prozent - etwa 20.000 Pensionisten - 7,4 Prozent der insgesamt ausbezahlten Pensionsbeträge, während die unteren 25 Prozent - 500.000 Pensionisten - nur 6,1 Prozent erhielten.

Hier brauche es mehr Gerechtigkeit, forderte Öllinger, der bei dieser Gelegenheit auch auf die Unsicherheit privater Pensionsvorsorgemodelle hinwies. So unsicher könne ein staatliches Pensionssystem gar nicht gemacht werden, zitierte Öllinger den Pensionsexperten Bernd Marin, wie es für die privaten Modelle schon jetzt der Fall sei.

Abgeordnete LENTSCH (V) begründete den vorliegenden Antrag, der dazu diene, die finanzielle Situation von Ehepaaren abzusichern. Eine solche Maßnahme diene der Stärkung der Kaufkraft von insgesamt 37.000 Betroffenen und zeige, dass diese Regierung ihre soziale Aufgabe wahrnehme und gegenteilige Vorwürfe unbegründet seien. Unter dem amtierenden Bundeskanzler werde auch die Pensionsfrage fair gelöst werden.

Abgeordnete Dr. PARTIK-PABLE (F) wies die Vorwürfe der Sozialdemokraten als unbegründet und sachlich unrichtig zurück und verwies auf die Erfolge der amtierenden Bundesregierung in der Sozialpolitik. Im übrigen erinnerte sie an entsprechende Initiativen ihrer Partei bereits in den 80er Jahren, die, wäre man ihnen damals gefolgt, viele heute existierende Schwierigkeiten vermieden hätten.

Zudem kritisierte Partik-Pable die Pläne der Sozialdemokraten hinsichtlich des Pflegegeldes als unsozial. Arbeitsplätze zu schaffen sei eine lobenswerte Maßnahme, aber sie dürfe nicht auf Kosten der Behinderten gehen, forderte die Rednerin.

Abgeordnete MANDAK (G) schloss sich hinsichtlich des Pflegegeldes ihrer Vorrednerin an und wies die sozialdemokratischen Pläne entschieden zurück. Es brauche eine Reform des Pflegegeldsystems, doch müsse diese sozial und zielorientiert sein.

Die vorliegende Gesetzesinitiative sei zu wenig weitreichend, klagte Mandak, die weitere flankierende Maßnahmen auf diesem Gebiet anregte. Zur nachhaltigen Bekämpfung der Armut brauche es eine Umverteilung der vorhandenen Mittel, meinte die Rednerin, die abschließend eine "Grundpension für alle" forderte.

Abgeordnete TURKOVIC-WENDL (V) meinte einleitend, Österreich könne auf seine Leistungen und die seiner Menschen stolz sein und sagte, es sei schön, dass sie ihre Jungfernrede mit einer Vorlage beginnen könne, "die etwas bringt". Dies sei eine sozialpolitisch sehr wichtige Neuerung und erinnerte dabei daran, dass Stefan Knafl vom Österreichischen Seniorenbund diese Gesetzesinitiative angeregt habe.

Der ÖVP als Familienpartei sei es ein Anliegen, diese wichtige Verbesserung umzusetzen, weshalb der Vorlage zugestimmt werden möge. Abschließend votierte die Rednerin dafür, den SeniorInnen ein aktives Leben im Alter und ihre Einbeziehung in das öffentliche Geschehen zu ermöglichen.

Staatssekretär Dr. WANECK begründete die gegenständliche Novelle und ging auf ihre konkreten Inhalte ein, dabei darauf verweisend, dass auch der Bezieherkreis ausgeweitet werde, was ebenfalls eine sozialpolitische Verbesserung bedeute.

Abgeordnete ROSSMANN (F) wies auf die Armutsgefährdung der Bauern und der Selbständigen hin und ging auf die vorliegenden Zahlen ein. Hier sei vor allem dem freiheitlichen Sozialminister zu danken, der sich dieses Themas angenommen und Maßnahmen ergriffen habe, wo zahlreiche sozialdemokratische Regierungsmitglieder früherer Bundesregierungen Aktivität vermissen hätten lassen. Die amtierende Regierung hingegen habe viele konkrete Verbesserungsschritte gesetzt, woran die FPÖ einen nicht geringen Anteil gehabt habe.

In der Abstimmung wurde die Vorlage in dritter Lesung einstimmig angenommen.

WAHL VON AUSSCHÜSSEN

Es wurden die noch nicht eingesetzten Ausschüsse des Nationalrates auf der Grundlage eines Vierparteienantrages vom Nationalrat einstimmig eingesetzt und ihre zahlenmäßige Zusammensetzung festgelegt.

ERSTE LESUNG: S-ANTRAG - UNTERSUCHUNGSAUSSCHUSS DURCH MINDERHEIT

Abgeordneter Dr. CAP (S) forderte zunächst eine Stärkung der parlamentarischen Minderheitenrechte und erhob die Forderung, für die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses nicht wie bisher auf den Beschluss der Mehrheit, sondern auf das Verlangen von bloß einem Drittel der Abgeordneten abzustellen. Eine Stärkung des Parlamentarismus versprach sich Cap aber auch von Maßnahmen, das Parlament volksnäher und transparenter zu machen. In diesem Sinne verlangte er generell Öffentlichkeit bei Ausschusssitzungen sowie eine permanente Rundfunkübertragung von Plenardebatten. Überdies konnte sich Cap auch eine lebendigere Gestaltung der Fragestunde vorstellen, wobei er insbesondere dafür plädierte, vom derzeitigen Ablauf der vorbereiteten schriftlichen Fragen abzugehen und mehr Spontaneität zu ermöglichen.

Abgeordneter Mag. KUKACKA (V) erteilte der Forderung Caps nach einem Minderheitsrecht auf Einsetzung von Untersuchungsausschüssen eine dezidierte Absage und verwies auf die neue Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungen, die sich, wie er meinte, bereits beim Euroteam-Ausschuss bestens bewährt habe. Der Redner erinnerte die SPÖ daran, dass sie in der Vergangenheit als Regierungspartei eine derartige Forderung immer abgelehnt hatte. Wenn die Sozialdemokraten jetzt in der Oppositionsrolle ihre Sympathie für ein Minderheitsrecht auf Einsetzung von Untersuchungsausschüssen entdecken, dann sei dies wenig überzeugend und bloß als politischer Opportunismus einzustufen, bemerkte Kukacka.

Abgeordneter SCHIEDER (S) meinte, von der Regierungsbank aus gesehen mögen Anträge auf Untersuchungsausschüsse oft als politische Störmanöver erschienen sein. Die SPÖ habe aber jedenfalls aus eigenen Fehlern gelernt und bekenne sich heute, wo ihre künftige Rolle angesichts der schwebenden Koalitionsverhandlungen noch nicht geklärt sei, aus voller Überzeugung zum Minderheitenrecht auf Einsetzung von Untersuchungsausschüssen.

Schieder forderte darüber hinaus einen grundsätzlichen Ausbau der parlamentarischen Rechte und beklagte, gerade in den letzten Jahren sei der Parlamentarismus stark ausgedünnt worden. Der Redner kritisierte in diesem Zusammenhang radikale Eingriffe in das Begutachtungsrecht, eine exzessive Nutzung von Oppositionsrechten durch Regierungsfraktionen, permanente Vertagung von Gesetzesanträgen, sowie oberflächliche Beantwortung von parlamentarischen Anfragen durch Regierungsmitglieder.

Abgeordneter SCHEIBNER (F) gab zu bedenken, es gehe nicht bloß um eine Weiterentwicklung der Geschäftsordnung, sondern vor allem darum, das gesamte Verfassungsgefüge an die neuen Gegebenheiten anzupassen. In der Reformdiskussion müssten jedenfalls die Interessen der eigenen Fraktion hinangestellt werden. Handlungsbedarf ortete Scheibner hinsichtlich des Missbrauchs von Zweidrittelmehrheiten zur Ausschaltung des Verfassungsgerichtshofes, aber auch beim Wahlrecht. Den Forderungen nach einem Mehrheitswahlrecht steht er aber skeptisch gegenüber.

Abgeordneter Mag. KOGLER (G) unterstrich seinerseits die Forderungen der Grünen nach Einsetzung von Untersuchungsausschüssen als Minderheitsrecht sowie nach Ausweitung der Öffentlichkeit von Ausschusssitzungen. Vorstellbar war für Kogler weiters auch eine Stärkung der Spontaneität bei Fragestunden und aktuellen Stunden.

Der Antrag wurde dem Geschäftsordnungsausschuss zugewiesen.

ERSTE LESUNG: G-ANTRAG - UNTERSUCHUNGSAUSSCHUSS DURCH MINDERHEIT

Abgeordneter Mag. KOGLER (G) stellte klar, dass eine Minderheit kein zweites Verlangen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses stellen darf, solange ein bestehender Untersuchungsausschuss noch nicht beendet ist. Dies sei, wie er betonte, ein eindeutiger Beweis dafür, dass es der Opposition darum geht, ein Überborden von Untersuchungsausschüssen zu verhindern.

Auch dieser Antrag wurde dem Geschäftsordnungsausschuss zugewiesen.

ERSTE LESUNG: G-ANTRAG ZUM TIERSCHUTZ

Abgeordnete Dr. PETROVIC (G) präsentierte den Antrag ihrer Fraktion auf Verankerung eines bundeseinheitlichen Tierschutzrechtes und forderte insbesondere inhaltliche Verbesserungen in diesem Bereich. Sie sah vor allem das Problem der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung angesprochen und kritisierte, auf diesem Gebiet würden sich die landesgesetzlichen Bestimmungen zu sehr an die schlechten Realitäten anpassen.

Die Vorschläge der Volkspartei in Sachen Tierschutzrecht bewertete Petrovic als zu wenig weit reichend. Nachdem die ÖVP jahrelang eine Bundeskompetenz blockiert habe, sei es nun fraglich, ob die angekündigte Enquete tatsächlich zu einer Rechtsvereinheitlichung führen werde, zeigte sich Petrovic skeptisch.

Abgeordneter GRILLITSCH (V) bezeichnete die heimischen Tierschutzstandards als im internationalen Vergleich hoch und legte den Akzent auf einheitliche europäische Regeln, aber auch auf eine Allianz zwischen Bauern und Konsumenten. Er begrüßte den Vorstoß der ÖVP auf ein österreichweit einheitliches Tierschutzgesetz und plädierte überdies für begleitende Maßnahmen wie eine klare Gütesiegelstrategie und Investitionsförderungen für besonders tierfreundliche Haltung. Klar war für Grillitsch, dass Landwirtschaft und Tierschutz unabdingbar miteinander verbunden sind.

Abgeordneter Dr. KRÄUTER (S) unterstützte ebenfalls die Forderung nach einem bundeseinheitlichen Tierschutzrecht und schlug vor, formale Grundsätze bereits vor der von der ÖVP initiierten Enquete zu klären. Ziel sollte sein, noch vor dem Sommer 2003 das Gesetz zustandezubringen.

Abgeordneter WITTAUER (F) zeigte sich darüber erfreut, dass nunmehr alle vier Fraktionen im Nationalrat für ein einheitliches Bundestierschutzgesetz eintreten würden. Die Freiheitlichen forderten schon lange länderübergreifende Regelungen, sagte er, es sei nicht einzusehen, warum es neun verschiedene Landesgesetze gebe. Negativ bewertete Wittauer etwa die unterschiedlichen Vorschriften betreffend Hühnerhaltung im Westen und im Osten Österreichs. Der Abgeordnete plädierte zudem dafür, Tierschutz im Unterricht für Kinder und Jugendliche zu verankern.

Abgeordnete Dr. MOSER (G) erklärte, an den Grünen liege es sicher nicht, dass in Sachen Bundestierschutzgesetz nicht schon längst Nägel mit Köpfen gemacht worden seien. Ihrer Ansicht nach gibt es überhaupt keinen Grund für eine weitere Verzögerungstaktik. Für unbedingt notwendig erachtet Moser eine Tieranwaltschaft, damit in Zukunft nicht wie bisher nur eine Tierquälerei unter fünftausend zur Anzeige komme.

Abgeordnete RAUCH-KALLAT (V) führte aus, die ÖVP strebe - nach heftigen Diskussionen in den letzten Jahren und der im Herbst erzielten Einigung von ÖVP-Obmann Wolfgang Schüssel mit den Landeshauptleuten - eine Verfassungsänderung im Tierschutz an, weil dies ein großes Anliegen vieler Menschen in Österreich sei. Es seien unter der ÖVP aber auch in der Vergangenheit zahlreiche Verbesserungen für Tiere erfolgt, betonte sie und verwies unter anderem auf die Verschärfung der Strafen für Tierquälerei. Österreich sei auch Vorreiter in der EU beim Verbot von Tierversuchen. Was formale Änderungen in Bezug auf die von der ÖVP beantragte parlamentarische Enquete zu dieser Frage betrifft, signalisierte Rauch-Kallat Verhandlungsbereitschaft.

Abgeordnete PFEFFER (S) gab zu bedenken, seit dem breit unterstützten Tierschutzvolksbegehren seien "volle sechs Jahre" vergangen, das Problem sei aber immer noch das gleiche: nach wie vor gebe es in Österreich kein einheitliches Tierschutzgesetz. Schuld daran ist Pfeffer zufolge die ÖVP. Jetzt gebe es zwar eine Haltungsänderung, die Abgeordnete ist sich aber, wie sie sagte, noch immer nicht sicher, ob der ÖVP der Tierschutz wirklich ein ernstes Anliegen sei. Ihrer Auffassung nach muss ein bundeseinheitliches Bundestierschutzgesetz spürbare Verbesserungen für alle Tiere bringen.

Abgeordneter DI SCHEUCH (F) äußerte sich verwundert über die einhellige Zustimmung aller Fraktionen zu einem bundeseinheitlichen Tierschutzgesetz. Die FPÖ sei immer schon ein Proponent des Tierschutzes gewesen, erklärte er, von anderen Parteien könne man das aber nicht behaupten. Scheuch urgierte ein Bundestierschutzgesetz mit einem hohen Maß an Tierschutz, allerdings hält er es auch für erforderlich, auf getätigte Investitionen von landwirtschaftlichen Betrieben Rücksicht nehmen. Generell bezeichnete er einen "Schulterschluss" zwischen Bauern und Konsumenten als besonders wichtig.

Abgeordneter Mag. MAIER (S) machte darauf aufmerksam, dass Salzburg das erste und einzige Bundesland sei, das den Tierschutz in der Landesverfassung verankert habe. Es gebe eine Staatszielbestimmung, um die Wahrung der Würde des Tieres als Mitgeschöpf sicherzustellen. Maier stimmte der Aussage von Abgeordnetem Grillitsch zu, dass es auf europäischer Ebene einheitlicher Schutzstandards für Tiere bedürfe, er verwies in diesem Zusammenhang aber darauf, dass in einigen Bereichen, EU-Vorgaben von manchen Bundesländern nicht umgesetzt würden.

Staatssekretär Dr. WANECK sieht es als Problem, dass Nutztiere in die Kompetenz des Landwirtschaftsministeriums, alle anderen Tiere in die Kompetenz des Innenministeriums fallen. Seiner Meinung nach gehört die fachliche Kompetenz ins Gesundheitsressort. Dies sei auch die Meinung von Sozial- und Gesundheitsminister Haupt, bekräftigte er.

Abgeordneter DI PIRKLHUBER (G) hielt fest, ein bundeseinheitlicher Tierschutz müsste nicht nur den Konsumenten, sondern auch der bäuerlichen Landwirtschaft am Herzen liegen. So könne die Agrarmarkt Austria beispielsweise kein österreichweit einheitliches Gütesiegel für einzelne Tierprodukte entwickeln, weil es neun verschiedene Landesvorschriften gebe. Vehement setzte sich Pirklhuber für die Abschaffung der Käfighaltung von Legehennen ein. Käfighaltung sei keine tiergerechte Haltung und keine konsumentenorientierte Bewirtschaftungsform, unterstrich er.

Der Vorsitz führende Dritte Nationalratspräsident DI PRINZHORN wies den Antrag 12/A dem Verfassungsausschuss zu.

ERSTE LESUNG: G-ANTRAG AUF ABSCHAFFUNG DER STUDIENGEBÜHREN

Abgeordneter Dr. GRÜNEWALD (G) warf der ÖVP Unflexibilität in Sachen Studiengebühren vor. Das Argument "was nichts kostet, ist nichts wert", hält er für unangebracht. Grünewald versteht außerdem nicht, wie die ÖVP eine Erhöhung der Akademikerquote erreichen wolle, wenn sie gleichzeitig auf Studiengebühren beharre. Behauptungen, wonach Studenten viel Geld kosten würden, wies er zurück.

Abgeordnete Dr. BRINEK (V) gab zu bedenken, dass der vorliegende Antrag der Grünen darauf hinauslaufe, die Steuerzahler und Steuerzahlerinnen mit 145 Mill. € "zur Kasse zu bitten". Dies sei der Betrag, der den Universitäten bei einer Änderung des Hochschul-Taxengesetzes fehlen würde. "Wem wollen Sie das Geld wegnehmen?" fragte Brinek in Richtung der Grünen, etwa den Familien oder dem Sozialbudget. Die Abgeordnete unterstrich darüber hinaus, dass nach Einführung der Studiengebühren die Studienabschlüsse und die Zahl der abgelegten Prüfungen an den Universitäten gestiegen seien. Ihrer Auffassung nach sind die Studiengebühren außerdem akzeptiert, soziale Härten, die Kritiker herbeireden hätten wollen, hätten sie nicht bewirkt.

Abgeordneter Dr. NIEDERWIESER (S) skizzierte, es sei eine spannende Frage in diesen Tagen, ob die Studiengebühren abgeschafft würden oder nicht. Die Stimmen der Abgeordneten der SPÖ und der Grünen reichten für einen entsprechenden Beschluss jedenfalls nicht aus. Niederwieser zufolge sind Studiengebühren für die SPÖ nicht der richtige Weg, um den Akademikeranteil in Österreich zu erhöhen. Auch von der ÖVP habe nie jemand behauptet, mit der Einführung der Studiengebühren bildungspolitische Ziele verfolgen zu wollen, meinte er, es sei stets um zusätzliche Einnahmen gegangen. 

Abgeordnete Dr. BLECKMANN (F) befasste sich mit dem Thema Studiengebühren. Wenn es zu einer "schwarz-blauen" Regierung komme, dann wird es sie auch in Zukunft geben, betonte sie. Ihrer Ansicht nach handle es sich dabei um eine sinnvolle Maßnahme. Zu den positiven Effekten gehöre, dass sich die Studiendauer verkürzt und die Absolventenzahlen erhöht haben. Außerdem wies sie darauf hin, dass der Staat für jeden Studierenden 12.350 Euro pro Jahr ausgebe, der Studierende trage aber nur 6 % der tatsächlich anfallenden Kosten. Positiv sei zudem, dass die Gelder in den Universitäten selbst verbleiben.

Abgeordneter BROSZ (G) ging auf die Ausführungen der Abgeordneten Brinek ein, die anscheinend der Auffassung sei, dass durch die Studiengebühren alles besser geworden ist. Wenn man sich die Realität aber genauer anschaue, dann sehe man, dass Österreich noch immer eine bei weitem unterdurchschnittliche Akademikerquote aufweise und die Studentenzahlen um 45.000 gesunken sind. Zudem wurde auf die Bedürfnisse jener 74 % der Studierenden, die nebenbei arbeiten müssen, nicht Rücksicht genommen. Wenn man die Studierendenzahlen verdoppeln wolle, dann müssten sehr umfassende Maßnahmen ergriffen und vor allem die bildungsfernen Schichten von Beginn an besser unterstützt werden, forderte Brosz.

Er sei dem Haus seit vielen Jahren verbunden, meinte Abgeordneter BROUKAL (S) bei seiner ersten Rede im Nationalrat. Er erinnerte daran, dass er als sehr junger Redakteur erstmals am 27. Mai 1977 in der Journalistenloge gesessen sei. Nun freue er sich aber auf seine neue Arbeit, die sich in vielen Bereichen gar nicht von seiner alten Tätigkeit unterscheide. So werde einem etwa nicht alles freiwillig gesagt, man werde oft im Kreis herumgeschickt und man müsse froh sein, "wenigstens hinter vorgehaltener Hand das eine oder andere doch noch gesteckt zu bekommen". Es scheine in Österreich nämlich durchaus Privatwissen der Verwaltung zu geben; dies treffe etwa auf eine angebliche Umfrage zu den Studiengebühren zu, deren Ergebnisse die Ministerin "exklusiv hortet".

Es wurde Stillschweigen vereinbart über den Inhalt der Sondierungsgespräche zwischen SPÖ und ÖVP, führte Broukal weiter aus. Allerdings könne man sagen, dass die Sozialdemokraten bei ihrem Nein zu Studiengebühren geblieben sind, da es sich dabei um eine Barriere handle, "die wir lieber heute als morgen abschaffen wollen". In den Verhandlungen wurde jedoch anerkannt, dass der Staat aus diesen Beiträgen 130 Millionen Euro lukriert, "die man so leicht nicht wird ersetzen können". Aber selbst wenn man Studiengebühren haben wolle, könnte es dabei intelligenter und gerechter zugehen. Broukal schlug in diesem Zusammenhang vor, dass berufstätige Studierende nur die halbe Gebühr bezahlen müssen, wie dies auch in anderen Ländern der Fall ist. Außerdem sehe er nicht ein, dass bei einem Einkommen, das nur einen Euro über der Stipendiengrenze liegt, der volle Beitrag entrichtet werden muss.

Bundesministerin GEHRER ging auf die "Jungfernrede" des Abgeordneten Broukal ein. Sie denke, dass es doch zum Berufsbild eines Journalisten gehöre, die Tatsachen wiederzugeben. Es sei ein Höhepunkt an Unehrlichkeit, wenn ihr vorgeworfen werde, dass sie aus den Sondierungsgesprächen berichte. Hinsichtlich der Studiengebühren habe sie immer gesagt, dass man über vernünftige Weiterentwicklungen und Verbesserungen z.B. für berufstätige Studierende nachdenken solle. Was die ersten Auswertungen betreffend die Auswirkungen der Studiengebühren betreffe, so sei das IHS zu dem Ergebnis gekommen, dass die Einführung keine nachteiligen Auswirkungen auf die Herkunft der Studierenden hat. Außerdem sei sie davon überzeugt, dass jeder, der in ihrem Ressort nach Informationen frage, diese auch erhalte.

Wir stehen zur Einführung der Studienbeiträge, erklärte Gehrer, aber wir wollen all jenen, die Unterstützung brauchen, eine Unterstützung geben. Derzeit gebe es 199.526 Studenten, wobei 40.781 Studierende Förderungen erhalten. Zudem halten 70 % der ordentlichen Studierenden die Regelstudienzeit ein, führte die Ressortchefin weiter aus.

Die grundlegenden Weichenstellungen im Bildungsbereich in den letzten Jahren haben ganz klare Zielsetzungen verfolgt, nämlich mehr Autonomie und Selbständigkeit, die Etablierung eines gesicherten Finanzierungsrahmens, Leistungsvereinbarungen und Qualitätssicherung. Dies wurde in allen Bereichen, sowohl bei Universitäten als auch im Schulwesen, konsequent angewandt, unterstrich Gehrer. Die planmäßige und zielorientierte Umsetzung sei voll im Gange und solle durch eine begleitende Evaluierung unterstützt werden. Wer in Österreich studieren will und die nötigen Voraussetzunge mitbringe, könne auch studieren. Man solle nicht immer Schritte zurück machen, sondern gemeinsam im Interesse der Jugend Schritte in die Zukunft machen, wünschte sich die Bundesministerin abschließend.

Abgeordneter Mag. SCHWEITZER (F) kritisierte die inkonsequente Haltung der Sozialdemokraten in Bezug auf die Studiengebühren. So gebe es etwa Aussagen des Abgeordneten Niederwieser, wo er sich einmal dagegen ausspreche und sich dann wieder eine Einführung von Gebühren vorstellen könne.

In einer tatsächlichen Berichtigung wies Abgeordneter Dr. NIEDERWIESER (S) darauf hin, dass nur 7 % der Studenten ihr Studium in der Regelstudienzeit abschließen. Was die Ausführungen seines Vorredners betrifft, so betonte er ausdrücklich, dass er keinesfalls von der Abschaffung der Studiengebühren Abstand genommen habe.

Bundesministerin GEHRER machte darauf aufmerksam, dass laut einer aktuellen Umfrage 70 % der derzeit Studierenden sich innerhalb der Regelstudienzeit befinden.

ERSTE LESUNG: G-ANTRAG ZUR PARL. BEHANDLUNG VON VOLKSBEGEHREN

Abgeordnete Dr. GLAWISCHNIG (G) stellte den Antrag auf Weitergeltung von Volksbegehren über das Ende von Legislaturperioden hinaus vor und begründete diesen mit dem Wunsch nach Stärkung von Bürgermitbestimmung und -beteiligung. Es sei nicht einzusehen, weshalb ein Volksbegehren keine Behandlung im Nationalrat mehr erfahren solle, bloß weil etwa plötzlich eine Regierung zusammenbreche. Dies sei eine Ungleichbehandlung zu anderen Volksbegehren, zumal die gesetzliche Grundlage hiefür zumindest hinterfragt werden könne. Der Verfall eines Volksbegehrens habe auch insofern keinen Sinn, betonte Glawischnig, weil es sich um eines der wenigen direktdemokratischen Instrumente handle.

Abgeordnete Dr. BAUMGARTNER-GABITZER (V) fand die Grundüberlegung der Grünen hinsichtlich Volksbegehren prinzipiell sachlich bedenkenswert, zeigte sich aber skeptisch, inwieweit die konkreten Forderungen des Antrages den richtige Lösungsweg darstellten. Es stehe außer Frage, dass über dieses Thema nachzudenken sei, und dieser Aufgabe werde sich ihre Partei stellen, wie Präsident Khol und Bundesratspräsident Hösele mit ihren Vorschlägen zu einem österreichischen Verfassungskonvent bereits unter Beweis gestellt hätten.

Abgeordneter Dr. WITTMANN (S) unterstützte den Antrag der Grünen, dessen Intentionen sich mit den Vorstellungen der Sozialdemokratie decke. Man solle die Bürger nicht dafür verantwortlich machen, wenn sich die politische Lage ändere, Volksbegehren sollten daher unabhängig von der parlamentarischen Konstellation behandelt werden. Es mögen sich die Abgeordneten ändern, die ein Volksbegehren zu behandeln haben, doch dem Bürger sei es letztlich "egal", wer dies zu tun habe, daher sollte man entsprechend verfahren.

Abgeordneter Dr. BÖSCH (F) erklärte, seine Fraktion stehe prinzipiell für eine Stärkung der Bürgerrechte und sei daher auch für die Anliegen des gegenständlichen Antrages grundsätzlich aufgeschlossen, wenngleich dieser Antrag nur einen Teilaspekt der Gesamtthematik berühre. Die FPÖ stehe daher der Einrichtung eines Verfassungskonvents prinzipiell positiv gegenüber, wobei der Antrag der Grünen ein Vorstoß sei, der in diesen Debatten mitbehandelt werden sollte.

Abgeordnete Dr. PETROVIC (G) unterstrich die Argumente ihrer Fraktionskollegin und verlieh ihrer Hoffnung Ausdruck, dass endlich Bewegung in die Sache komme, zumal entsprechende Aussagen seit vielen Legislaturperioden getroffen würden, ohne dass diese bislang konkrete Umsetzungsschritte erfahren hätten. Gerade im Fall von Volksbegehren sei dies aber ein leichtes, weshalb man dem Antrag der Grünen zustimmen und dieses Thema von den restlichen Verfassungsfragen abkoppeln solle.

Abgeordnete Mag. GROSSMANN (S) verwies auf den Einsatz der Öffentlichkeit bei Volksbegehren, was es unstatthaft erscheinen lasse, dieses in der Folge nicht intensiv zu behandeln. Dieser Auftrag durch das Volk dürfe nicht mit dem Auslaufen einer Legislaturperiode enden, weshalb ihre Fraktion den Antrag der Grünen unterstütze, wobei sie aber anrege, diese Vorgangsweise um Petitionen und Bürgerinitiativen zu erweitern, zumal es sich auch hier um direktdemokratische Instrumente handle.

Der Antrag wurde dem Geschäftsordnungsausschuss zugewiesen.

Im Anschluss an die 3. Nationalratssitzung fand eine weitere, 4., Sitzung statt, die geschäftsordnungsmäßigen Zuweisungen und Mitteilungen diente. (Schluss)