Parlamentskorrespondenz Nr. 68 vom 26.02.2003

BESONDERE BESTIMMUNGEN ÜBER ARZNEIMITTEL IN KRISENFÄLLEN

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Wien (PK) - In einem Vier-Parteien-Antrag (39/A) ging es dann um die Möglichkeit, in besonderen Krisensituationen und im Fall, dass zugelassene Medikamente nicht in ausreichender Menge vorhanden sind, auch nicht bewilligte Arzneimittel einzusetzen.

Abgeordneter Dr. RASINGER (V) sprach zur Pockenprävention, über die Fortschritte und die aktuelle Entwicklung auf diesem Gebiet referierend. Eine gute Gesundheitsverwaltung müsse vorbereitet sein, und deshalb habe das Gesundheitsministerium rasch reagiert, um im Ernstfall entsprechend geschützt zu sein. Dem diene die gegenständliche Vorlage, die daher vom Nationalrat angenommen werden sollte.

Abgeordneter LACKNER (S) meinte, auch seine Fraktion unterstütze diesen Antrag, da er zweckdienlich sei. Gleichzeitig warnte der Redner vor einer Hysterie, man solle sich dem Thema nüchtern nähern, wie es auch in diesem Antrag geschehen sei. Schließlich kritisierte Lackner allfällig geplante Sozialkürzungen im Gesundheitsbereich, dabei vor allem die in Diskussion stehenden Selbstbehalte für einen Arztbesuch vehement ablehnend. Diese Maßnahme würde viele Menschen vom Arztbesuch abhalten, was katastrophale Folgen für den Gesundheitsbereich haben würde, stiegen doch die Kosten für die Reparaturmedizin an, sodass dieser Schritt nicht nur unsozial, sondern auch unökonomisch wäre. Die Selbstbehalte bei einem Arztbesuch müssten daher verhindert werden.

Abgeordnete ROSENKRANZ (F) sagte, die geopolitische Lage zwinge Österreich dazu, Vorkehrungen zu treffen. Die Regierungsmitglieder hätten hier bereits entsprechende Schritte gesetzt, was vorbildlich sei. Nun gelte es, diese Aktivitäten auch durch einen Gesetzesbeschluss zu bestätigen, wofür sie eintrete. Aus Anlass ihrer Jungfernrede schloss die Rednerin mit einigen allgemeinen Anmerkungen zur österreichischen Gesundheitspolitik. An die Opposition richtete sie die Bitte, sie möge Diskussionsprozesse nicht a priori ablehnen, vielmehr gehe es darum, das Gesundheitssystem auch morgen noch vorbildlich gestalten zu können.

Abgeordneter Dr. GRÜNEWALD (G) unterstützte die Vorlage ebenfalls, wies aber auch auf die Risken hin, die es in solchen Fällen zu bedenken gäbe. Dem habe man mit dieser Vorlage Rechnung getragen, weshalb der Antrag zu begrüßen sei. Gleichzeitig stelle sich aber die Frage, ob man auch auf andere Bedrohungsszenarien entsprechend vorbereitet sei. Kritik übte der Redner an den jüngsten Selbstbehaltsplänen der Regierung, die in keinster Weise zweckdienlich sein könnten.

Abgeordnete STEIBL (V) betonte die Leistungsfähigkeit des österreichischen Gesundheitssystems, welches den internationalen Vergleich nicht zu scheuen brauche. Es gehe nun darum, diesen hohen Standard auch pro futuro zu erhalten. Europaweit stehe Österreich hinsichtlich der Zufriedenheit seitens der Bevölkerung an zweiter Stelle, dieses Vertrauen gelte es zu rechtfertigen, wofür Maßnahmen wie die in Rede stehende gesetzt werden müssten. Jeder solle wissen, dass Österreich vorbildlich auf den Ernstfall vorbereitet sei.

Abgeordnete SCHARRER (S) begrüßte gleichfalls den vorliegenden Antrag und meinte, dieser mache bewusst, wie wichtig die Vorsorge und die medizinische Grundversorgung - und zwar unabhängig vom Einkommen der Bevölkerung - sei. Die Rednerin regte gezielte Präventivmaßnahmen an und sprach sich für eine weitere Optimierung der Gesundheitspolitik aus. Konkret votierte sie für eine verbesserte gesundheitspolitische Situation am Arbeitsplatz.

Abgeordneter DI SCHEUCH (F) rekapitulierte die der Vorlage zugrunde liegende Diskussion und zeigte sich überzeugt davon, dass dieser Beschluss eine Verbesserung der Situation mit sich bringen werde. Österreich bereite sich damit effizient gegen allfällige Bedrohungen vor, was zu begrüßen sei. Ein Kompliment machte er in diesem Zusammenhang der Opposition, die sich in dieser Sache sehr konstruktiv verhalten habe, was auch hinkünftig Richtschnur politischen Handelns sein sollte. Konkret dankte er Minister Haupt für dessen engagierte Tätigkeit.

Abgeordneter KÖSSL (V) sagte, das gemeinsame Ziel der Politik müsse es sein, das hohe Niveau der Gesundheitsversorgung zu halten, doch müsse dieses auch finanzierbar sein. Dazu gebe es konstruktives Zusammenarbeiten. Der gegenständliche Antrag zeige, dass im Hohen Haus vorbildlich im Interesse der gesundheitlichen Sicherheit der Bevölkerung gearbeitet werde.

Abgeordneter SPINDELBERGER (S) kritisierte die Gesundheitspolitik der letzten drei Jahre, die seiner Ansicht nach von Gleichgültigkeit gegenüber der Bevölkerung geprägt gewesen ist. Er fürchte sich, wenn der Stil der sozialen Kälte fortgesetzt und den Versicherten mittels so genannter Reformen weiter in die Tasche gegriffen werde, sagte er. Man brauche einen möglichst fairen, chancengleichen Zugang zum Gesundheitssystem. Begrüßt wurde von Spindelberger die Vier-Parteien-Einigung zum Arzneimittelgesetz.

Abgeordnete HÖLLERER (V) betonte, Österreich habe ein sehr leistungsfähiges Gesundheitssystem, das auch im internationalen Vergleich gut abschneide. Es seien aber Reformen notwendig, um das System auch in Zukunft absichern zu können. Die ÖVP werde, so Höllerer, dieses "heiße Eisen anpacken". Die Anpassung des Arzneimittelgesetzes ist Höllerer zufolge angesichts der weltpolitischen Situation notwendig, Österreich müsse im Fall von "Bio-Terror", etwa mit Pockenviren, rasch und flexibel reagieren können.

Abgeordnete STADLBAUER (S) meinte, es sei wichtig, gesetzliche Vorkehrungen zu treffen, um die Bevölkerung im Fall von terroristischen Anschlägen zu schützen, noch viel wichtiger wäre es aber, dass die österreichische Bundesregierung Aktivitäten und Initiativen setze, um einen Irak-Krieg von Vornherein zu verhindern. Ihr komme es vor, als ob die maßgeblichen Personen "wie Kaninchen vor der Schlange sitzen" und nicht reagierten. Krieg sei kein taugliches Instrument, um Konflikte zu lösen, unterstrich Stadlbauer.

Staatssekretär Dr. WANECK verteidigte die Gesundheitspolitik der letzten Jahre und erklärte, viele der heute genannten Zahlen und Darstellungen seien falsch gewesen. So betrage das Ausmaß der Selbstbehalte im Bereich der Krankenversicherung nicht 30 Prozent, sondern 11 Prozent. Auch seien die Kassen nicht finanziell ausgezehrt, sondern hätten ausgeglichen bilanziert. Zur Senkung der Medikamentenkosten habe man bereits zahlreiche Maßnahmen gesetzt. In Bezug auf die Änderung des Arzneimittelgesetzes merkte Waneck an, es sei für Krisenfälle nicht nur ausreichend Impfstoff gegen Pocken, sondern etwa auch gegen Cholera und Typhus in Österreich vorhanden.

Abgeordnete SILHAVY (S) hielt fest, es sei Ziel der SPÖ, die Gesundheit der Bevölkerung nicht nur im Fall von Krisen zu schützen, sondern auch generell. In diesem Zusammenhang übte sie scharfe Kritik an der Politik der schwarz-blauen Koalition. Ihrer Auffassung nach scheuen ÖVP und FPÖ wirkliche Reformen, im Bereich der Krankenkassen könne von Sanierung keine Rede sein. Silhavy befürchtet zudem eine Zerschlagung der allgemeinen Unfallversicherung. Österreich entferne sich immer weiter vom Solidarprinzip im Gesundheitswesen, bemängelte sie.

Abgeordneter Dr. GRÜNEWALD (G) replizierte in einer zweiten Wortmeldung auf die Ausführungen von Staatssekretär Dr. Waneck und gab zu bedenken, dass Österreich international bereits an dritter Stelle liege, was private Zuzahlungen zum Gesundheitssystem betreffe. Er teilt auch die Aussage Wanecks nicht, dass bei den Medikamentenkosten das Einsparungspotential bereits weitgehend ausgeschöpft ist. Allgemein stellte Grünewald fest, es sei kein guter Ansatz, eine Steuersenkung anzukündigen, gleichzeitig der Bevölkerung aber zu sagen: "Das zahlt ihr selbst, jenes zahlt ihr selbst....". Steuern seien immer noch gerechter als Selbstbehalte, die alle Einkommensgruppen gleichmäßig treffen, sagte er.

Die Änderung des Arzneimittelgesetzes wurde vom Nationalrat einstimmig beschlossen. (Schluss Arzneimittel/Forts. NR)