Parlamentskorrespondenz Nr. 151 vom 26.03.2003

EINIGKEIT IN DER ABLEHNUNG DES IRAK-KRIEGS

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Wien (PK) - Im Anschluss an die Aktuelle Stunde und vor Eingang in die Tagesordnung teilte Nationalratspräsident Dr. Andreas Khol mit, dass die Grünen die Abhaltung einer kurzen Debatte verlangt haben. Die Besprechung der Beantwortung 13/AB auf die Anfrage 15/J der Grünen betreffend Verkauf der bundeseigenen Wohnungen durch Finanzminister Karl-Heinz Grasser wird voraussichtlich um 15 Uhr stattfinden.

ERKLÄRUNG DES BUNDESKANZLERS ZUM EUROPÄISCHEN RAT IN BRÜSSEL

Bundeskanzler Dr. SCHÜSSEL verwies auf die gemeinsame Linie des Nationalen Sicherheitsrates und betonte, Österreich spreche in dieser kritischen Situation mit einer Stimme. Konsens bestehe darüber, dass militärische Aktionen eine Ermächtigung des Sicherheitsrates voraussetzen, dass sich das neutrale Österreich an keinen militärischen Aktionen beteiligen und keine Überflugsrechte einräumen werde und dass die Wiederherstellung der Autorität der Vereinten Nationen vorrangiges Ziel sei.

Friedensstiftung gebe es nicht im Alleingang, unterstrich Schüssel. Österreich habe sich um eine gemeinsame Stimme Europas bemüht, Europa habe die Pflicht und die Verantwortung, einen gemeinsamen Weg zu gehen. Österreich stehe in der europäischen Mitte und verfolge eine Position, die gemeinsam erarbeitet werden soll, dem Frieden dient und der Strategie der Politik gewidmet ist, die aber gleichzeitig auch die Entschlossenheit gegen Terrorismus und Diktatur zum Ausdruck bringt. Dieser Krieg wäre zu verhindern gewesen, meinte Schüssel. Saddam Hussein habe Zeit gehabt, die UN-Resolutionen zu erfüllen. Der Weg zu diesem Krieg sei letztlich aber auch eine Kette von vielen gravierenden politischen Fehleinschätzungen gewesen. Für die Zeit nach dem Krieg gehe es nach den Worten Schüssels vor allem auch um einen Dialog des Westens mit der arabischen Welt.

Abgeordneter Dr. GUSENBAUER (S) hält den Krieg für nicht gerechtfertigt und sieht keinerlei Legitimierung durch das Völkerrecht. Die Arbeit der Waffeninspektoren sei höchst erfolgreich verlaufen, von einer Gefährdung der USA durch den Irak könne keine Rede sein. Friede und Demokratie werden nicht mit Waffengewalt herbeigeführt, stand für Gusenbauer fest. Der Weg der demokratischen Veränderungen in Mittel- und Osteuropa sei viel eher ein Maß zur Erreichung von Frieden und Stabilität als kriegerische Auseinandersetzungen.

Die Sicherheit der Welt könne nur durch das Zusammenwirken der Staaten gefördert werden, nicht aber durch einseitiges Vorgehen einer Supermacht. Im Übrigen befürchtete Gusenbauer, dass durch diesen Krieg die Welt noch unstabiler werde. Saddam Hussein sei aber nicht der einzige Säumige bei der Erfüllung von UN-Resolutionen, gab Gusenbauer zu bedenken. Der Dialog mit der arabischen Welt werde nur dann glaubwürdig sein, wenn auch ein ernsthafter Beitrag zur Lösung des Palästina-Konflikts geleistet wird, betonte er. 

Abgeordneter Mag. MOLTERER (V) meinte, niemand in Österreich wollte diesen Krieg. Österreich habe immer die Haltung vertreten, dass eine Entscheidung ausschließlich bei der UNO liegen sollte. Der Konsens im Nationalen Sicherheitsrat sei nun ein wichtiges Signal, dass das Land bei zentralen Anliegen des Friedens mit einer starken, rot-weiß-roten Stimme spricht.

Molterer wies auf die Notwendigkeit der Stärkung der Vereinten Nationen, aber auch der EU hin und meinte, die EU brauche eine neue Dimension der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik. Wichtig sei aber auch ein korrektes und positives Verhältnis Europas zu den Vereinigten Staaten. Klar war für den Redner, dass Europa im Nahen Osten initiativ bleiben müsste, zumal seiner Einschätzung nach die Lösung des Palästina-Konflikts der Schlüssel für die friedliche Entwicklung in der Region sei.

Abgeordneter Dr. VAN DER BELLEN (G) bezeichnete den Krieg als falsch und völkerrechtswidrig, stellte jedoch klar, Kritik an der Administration Bush sei nicht Kritik an den USA schlechthin und habe mit Anti-Amerikanismus nichts zu tun. Er warf Bush vor, die besonderen Beziehungen mit Europa leichtfertig aufs Spiel gesetzt zu haben. Nach der Nicht-Ratifizierung des Kyoto-Protokolls und der Sabotage des Internationalen Strafgerichtshofs sei die Kriegsentscheidung nur der letzte Punkt in einer Reihe von Maßnahmen der Administration Bush gewesen, die die Europäer ablehnen.

Auch für Van der Bellen war der Beschluss des Nationalen Sicherheitsrates eine sehr gute Arbeitsgrundlage der österreichischen Außen- und Sicherheitspolitik. Zudem hoffte der Redner, dass sich Österreich im Falle eines Flüchtlingsstroms seiner humanitären Aufgabe stellen werde.

Abgeordneter SCHEIBNER (F) begrüßte ebenfalls den Konsens im Sicherheitsrat und qualifizierte den Krieg als falsch. Militärische Gewalt dürfe nur das allerletzte Mittel sein. Das Völkerrecht gebe zwar einen Interpretationsspielraum, im Falle des Irak seien aber, wie Scheibner meinte, nicht alle Mittel ausgeschöpft worden.

Der Krieg habe großen Reformbedarf bei den Vereinten Nationen aufgezeigt, meinte Scheibner. Es gehe nun darum, die Handlungsfähigkeit der UNO wiederherzustellen. Die EU wiederum habe in ihrer gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik versagt, da es dazu an politischen Willen fehlte. Was Österreich betrifft empfahl Scheibner, in Zukunft die guten Kontakte zum Nahen Osten zu nützen und auf dieser Basis einen Beitrag zum Frieden zu leisten.

Vizekanzler Mag. HAUPT erinnerte in seinem Statement an die erschütternden Bilder vom Krieg und wies darauf hin, dass es bereits im Vorfeld kriegerische Übergriffe gegeben habe, um die Infrastruktur für diesen Krieg vorzubereiten. Millionen Menschen lehnen den Krieg, die Gewalt und das Leid, das über die Menschen kommt, entschieden ab. Mit diesen Millionen Menschen erklären wir uns solidarisch, sagte Haupt. Dieser Krieg ist völkerrechtlich problematisch, fuhr der Vizekanzler fort, volkstümlich würde man sagen, das Völkerrecht werde mit Füßen getreten.

Unter Bezugnahme auf eine APA-Meldung, wonach heute Vormittag englische und amerikanische Bomben einen Markt in Bagdad zerstört und Zivilisten den Tod gefunden haben, erklärte das Regierungsmitglied, es gebe keinen sauberen Krieg. Dieser Krieg richte sich nicht gegen die irakische Staatsführung, sondern gegen die Menschen; Frauen, Männer und Kinder seien ja die Hauptopfer von kriegerischen Auseinandersetzungen. Selbst wenn sie den Krieg überlebten, seien sie meist ihrer Existenzmöglichkeiten beraubt, ihre Infrastruktur wurde zerstört und der Aufbau des Landes dauere Jahre und Jahrzehnte.

Menschen demonstrieren für Frieden und gegen den Krieg. Warum, fragte Haupt, werden die Rufe der Bevölkerung so überhört, warum schweigen so viele, wenn sichtbar individuelle Menschenrechte missachtet werden und all das, worauf wir in zivilisierten Ländern als Errungenschaften so stolz sind, obsolet wird?

Österreich sollte einen aktiven Beitrag im humanitären Bereich leisten. Notwendig wäre die Versorgung von Kranken und Verletzten und der Aufbau von medizinischer Versorgung vor Ort. Besonders sollten die Bemühungen des Internationalen Roten Kreuzes und des UNHCR unterstützt werden. Die Errichtung von Wasseraufbereitungsanlagen sollte aus Sicht des Vizekanzlers möglichst schnell und umfassend erfolgen. Nach der kriegerischen Auseinandersetzung wäre es wichtig, dass die UNO wieder in die Lage versetzt wird, als Einzige über Krieg und Frieden und über militärische Interventionen zu entscheiden und nicht einzelne Länder. Stolz zeigte sich Haupt darüber, dass es im Nationalen Sicherheitsrat Konsens gegeben habe. Damit stehe Österreich einmalig in Europa da.

Auch Abgeordneter Dr. CAP (S) sprach von vielfältigem Leid der Menschen und bedauerte, dass die Folgen nicht gesehen werden, somit auch nicht die Schicksale derer, die dort als Berufssoldaten hingeschickt werden, und auch nicht die Auseinandersetzung zwischen dem Westen und dem Islam. Bekämpft werden müssen Terror und die Verbreitung von Waffen, die in Diktaturen geliefert werden. Als Zynismus betrachtete es der Redner, dass bereits über den Wiederaufbau des Landes gestritten werde. Es gehe also aus seiner Sicht um die Frage, wer kann dort das Geschäft machen, wenn die Häuser wieder errichtet werden.

Cap sprach in der Folge die Einigung im Nationalen Sicherheitsrat an, wonach der Krieg völkerrechtswidrig sei, er einem baldigen Ende zugeführt werden müsse und die Erdölförderungen im Irak unter die Verwaltung der UNO zu stellen sind und die Erträge dem irakischen Volk übermittelt werden sollten. Cap verwies auch auf den Unterschied zwischen der Administration Bush und der Administration Bill Clinton. Clinton habe sich mit seiner Reisetätigkeit im  Nahen Osten bemüht, die internationalen Spielregeln des Völkerrechtes zu respektieren, was bei Bush nicht der Fall sei, meinte er.

Abgeordneter Dr. SPINDELEGGER (V) brachte einen Vier-Parteien-Entschließungsantrag betreffend Irak-Krieg ein. Auch Spindelegger erklärte, Österreich sei gegen diesen Krieg, beteilige sich an keinen militärischen Operationen und räume auch keine Überflugsrechte ein. Außerdem hoffen die Menschen auf ein baldiges Ende des Krieges. Der Wiederherstellung der vollen Autorität der Vereinten Nationen müsse Priorität eingeräumt werden. Außerdem sollte Österreich versuchen, innerhalb der EU einen Dialog mit den arabischen Ländern aufzubauen, damit nicht der Eindruck entstehe, der Krieg richte sich gegen diese Staaten.

Abgeordneter Dr. PILZ (G) strich im Zusammenhang mit den Ausführungen des Bundeskanzlers heraus, dass sich Schüssel mit seiner Aussage, Österreich stehe in der Mitte, in politisches Niemandsland zwischen Völkerrecht und dem Recht des Stärkeren begeben habe. Warum ist er nicht in der Lage zu sagen, die Republik stehe auf der Seite des Völkerrechtes? Vizekanzler Haupt habe diese Frage mit seinem Satz, die USA treten das Völkerrecht mit Füßen, viel klarer beantwortet.

In Zukunft werde Europa selber die Verantwortung für die Sicherheit übernehmen müssen, zeigte sich Pilz überzeugt. Die 114.000 amerikanischen Soldaten, die in Europa stationiert sind, brauche man für den Schutz nicht. Aus diesem Grunde sollten diese Streitkräfte in die USA zurückkehren.

Abgeordneter Dr. BÖSCH (F) vertrat die Ansicht, nach den kriegerischen Ereignissen müsse es wieder eine Stärkung der Vereinten Nationen geben; Entwicklungen wie jene in den letzten Wochen können nicht unterstützt werden. Bedacht wurde nicht, wie es nach dem Krieg im Irak weitergehen soll. Begrüßt wurden vom Redner die gemeinsamen Beschlüsse des Europäischen Rates, die in Richtung Anerkennung des Primats der UNO sowie einer gemeinsamen Außenpolitik und einer gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik gehe. Trotz allem müsse Österreich auf eigenen Beinen stehen und eigenständige Maßnahmen setzen. Aus diesem Grunde plädierte Bösch für ein starkes Bundesheer.

Außenministerin Dr. FERRERO-WALDNER bedankte sich vorerst für den Konsens im Nationalen Sicherheitsrat, der ihre Außenpolitik in Zukunft stärken werde. Wichtig sei es, eine friedliche Lösung zu erreichen, die Situation der Kurden im Nordirak zu regeln und dabei einen Verzicht auf die militärische Präsenz der Türkei im Nordirak zu erreichen, die Kontakte mit den arabischen Staaten auszubauen und dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen wieder jenes Gewicht zu geben, das er verdient. Im Rahmen der EU müsse man sich um eine gemeinsame Außenpolitik bemühen. Sie, Ferrero-Waldner, werde sich im Konvent für eine gemeinschaftliche europäische Außenpolitik einsetzen, versprach die Ministerin.

Innenminister Dr. STRASSER gab bekannt, dass von Österreich, als die ersten kriegerischen Auseinandersetzungen begannen, Sofortmaßnahmen getroffen wurden. Jene Einrichtungen und Vertretungsbehörden, die in den Konflikt involviert sind, werden geschützt, der Flughafen und alle internationalen Anbindungen abgesichert und es wurde die Sicherheitsstufe 2 aktiviert. Innerhalb der Regierung gebe es eine enge Koordination. In Übereinstimmung mit den UNHCR wurde Vorsorge dafür getroffen, dass bis zu 600.000 Flüchtlinge in der Region Aufnahme finden. Ungefähr 400.000 Plätze wurden bereits geschaffen. Als erstes Land in Europa hat Österreich die Asylverfahren für jene, die aus dem Kriegsgebiet zu uns kommen, ausgesetzt, bemerkte Strasser.

Abgeordnete Mag. PRAMMER (S) plädierte dafür, einmal inne zu halten und sich bewusst zu machen, dass militärische Gewalt in erster Linie die Bevölkerung und nicht die politisch Verantwortlichen treffe. Von den Medien forderte sie einen "sensiblen Umgang" mit dem Thema Krieg. Auch beim verabscheuungswürdigen Regime Saddam Husseins heilige der Zweck nicht die Mittel, vielmehr "entheiligten" die Mittel den Zweck.

Vor allem mit den wirtschaftlichen Implikationen und Folgen des Krieges im Irak befasste sich dann VP-Abgeordneter Dr. MITTERLEHNER, und zwar besonders mit den zu befürchtenden langfristigen Folgen für die österreichische Wirtschaft. Infolge der Unsicherheit seien negative Folgen für die Investitionen, auf den Konsum, auf den Arbeitsmarkt, für den Außenhandel und für den Tourismus zu erwarten, führte der Mandatar aus. Es gäbe Berechnungen, dass das Wachstum um einen halben Prozentpunkt geringer ausfallen werde. Um dem vorzubeugen, müssten die Reformmaßnahmen beschleunigt werden.

Die USA und ihre Verbündeten hätten sich über das Völkerrecht hinweg gesetzt, stellte Mag. LUNACEK (G) eingangs ihrer Wortmeldung fest. Die Mehrheit der Menschen sage nein zu diesem Krieg, aber man hätte nicht nach politischen Alternativen zu diesem Krieg gesucht. Lunacek forderte, dass die Vereinten Nationen wieder stärker einbezogen werden und eine führende Rolle übernehmen sollten. In einem Entschließungsantrag forderte sie, Österreich möge sich als UN-Mitglied für eine Sonder-Generalversammlung einsetzen. "Make law, not war", forderte sie abschließend.

Saddam Hussein sei ein Verbündeter der USA gewesen, die an den Irak auch Waffen geliefert hätten, sodass die USA nun gegen "eigene Waffen" kämpften, führte DI SCHEUCH (F) aus. Die USA führten bereits seit Jahren Krieg gegen den Irak, denn auch das Programm "oil for food" sei in diesem Kontext zu sehen. Im Mittelpunkt stehe das Geld, konstatierte Scheuch.

Zwei Signale gingen heute von Österreich aus, erklärte Abgeordneter SCHIEDER (S): Österreich sei einig, alle Parteien hätten in dieser Frage eine gemeinsame Linie, und jeder Krieg, der nicht zur Selbstverteidigung oder mit einem UN-Mandat geführt werde, sei ein unerlaubter Krieg. Österreich solle sich um eine gemeinsame EU-Politik bemühen, nach der sich Mitglieder nicht an Kriegen ohne Mandat der UN beteiligen könnten. Schieder nannte es einen Mangel der internationalen Politik, dass die Regierungen stark und die Parlamente schwach vertreten seien.

ÖVP-Abgeordneter Dr. FASSLABEND sprach von einer "starken Friedensbotschaft des Hauses" und trat für klare Regeln für militärische Aktionen sowie für den raschen Beginn eines gemeinsamen Wiederaufbaus im Irak ein. Es brauche klare Regeln, aber auch funktionierende Instrumente, sagte der frühere Verteidigungsminister und sprach im Hinblick auf Europa von einem "Scherbenhaufen der Sicherheitspolitik".

Dr. PETROVIC von den Grünen erinnerte sich, dass 1990 in einer nächtlichen Sitzung des Nationalrats die Nachricht gekommen sei, Bagdad werde bombardiert. Sie zeigte sich froh darüber, dass heute eine gemeinsame Linie gefunden worden sei. Anders als 1990 sei die Friedensbewegung heute nicht sprachlos, und schließlich würden heute alle sehen, wie wichtig die Neutralität sei. An Innenminister Dr. Strasser appellierte die Abgeordnete, Flüchtlingen aus dem Irak  Flüchtlingsstatus zu gewähren.

Die Lösung von Konflikten sollte nur im Einklang mit den Satzungen der VN geschehen, forderte Abgeordnete Dr. PARTIK-PABLE. Die USA hätten demonstriert, dass sich das Recht des Stärkeren durchgesetzt habe, der Schaden für die internationale Staatengemeinschaft sei noch gar nicht auszumessen. Die Desavouierung des Sicherheitsrates würde weit reichende Folgen nach sich ziehen, befürchtet die Abgeordnete. Saddam Hussein habe seit Jahren die Menschen im Irak unterdrückt, unter Krieg und Kriegsfolgen hätten jetzt Millonen zu leiden.

Das Regime Saddam Husseins ist verbrecherisch und wird von den SozialdemokratInnen aufs Schärfste verurteilt, meinte einleitend Abgeordnete Mag. WURM (S). Seit Jahrzehnten halte sich dieser Despot nun schon an der Macht, wobei besonders die kurdische Minderheit unter dieser menschenverachtenden und menschenvernichtenden Politik leide. Für den von der jetzigen Bush-Administration begonnenen "Präventivkrieg" gebe es jedoch keine Ermächtigung seitens des UN-Sicherheitsrates, stellte Wurm kritisch fest. Dadurch werde nicht nur die Bedeutung der Vereinten Nationen untergraben, sondern auch das Völkerrecht außer Kraft gesetzt. Es sei eine Sternstunde des österreichischen Parlamentarismus, dass sich alle vier Parteien auf eine gemeinsame Entschließung in dieser Frage einigen konnten. Gerade in diesen Zeiten sollte man sich auch wieder der Bedeutung der Neutralität besinnen, wünschte sich Wurm.

Abgeordneter WITTAUER (F) drückte allen Menschen, besonders den Frauen und Kindern, die vom Krieg betroffen sind, sein Mitgefühl aus. Als überzeugter Europäer sei es für ihn schwer zu begreifen, dass sich die Weltmacht Amerika über das Völkerrecht hinwegsetzt. Österreich solle dazu beitragen, diesen schrecklichen Krieg zu beenden, forderte er. Humanitäre Hilfe müsse eine Selbstverständlichkeit sein; die Regierung sei eine Garantie dafür. Was die heutige Sitzung betrifft, so begreife er nicht, dass die Sozialdemokraten und die Grünen die heutige Debatte für ihren Wahlkampf in Niederösterreich missbrauchten, kritisierte er.

US-Präsident Bush habe einen Krieg vom Zaum gebrochen, der zu einer enormen Destabilisierung im Nahen Osten führt, erklärte Abgeordnete BAYR (S). Das Ziel müsse jedoch eine friedliche Koexistenz von Juden und Arabern sein sowie die Schaffung einer lebendigen Demokratie in zwei souveränen Staaten. Bayr wies darauf hin, dass die Kosten des Krieges  auf 180 bis 200 Mrd. US-Dollars geschätzt werden; im Vergleich dazu wurden im Jahr 2000 weltweit 57 Mrd. US-Dollar für Entwicklungshilfe ausgegeben. Wenn nur ein Bruchteil der Kriegskosten in die Entwicklung dieser Region investiert worden wäre, dann hätte man allen Menschen eine Ausbildung ermöglichen können, gab sie zu bedenken. Außerdem hätte man die soziale Infrastruktur ausbauen und eine freie Presse etablieren können. Sie sei der Auffassung, dass es schon längst eine funktionierende Demokratie im Irak geben könnte. Bayr wünschte sich zudem, dass Österreich - der Tradition von Bruno Kreisky entsprechend - eine wesentlich aktivere diplomatische Rolle im Nahen Osten spielen würde.

Bei den Bildern, die man nun täglich von den Medien ins Haus geliefert werden, fühle man sich oft an ein sportliches Ereignis erinnert, meinte Abgeordnete Mag. KUNTZL (S). Es sei nämlich oft mehr von der Treffergenauigkeit der einzelnen Waffen die Rede als von den menschlichen Tragödien, die sich in den Häusern abspielen. Hinsichtlich der Folgen dieses Krieges geht die UNO davon aus, dass hunderttausend Menschen im Bombenhagel sterben und 500.000 verletzt werden könnten. Außerdem könnten 7,4 Millionen Menschen auf sofortige Hilfsmaßnahmen angewiesen sein und 1,5 Millionen Menschen werden vermutlich versuchen, das Land zu verlassen. Aus völkerrechtlicher Sicht sei völlig klar, dass diejenigen, die den Krieg beginnen, für die sofortige Notversorgung der Zivilbevölkerung verantwortlich sind. Humanitäre Hilfe und Wiederaufbau dürfe nicht allein den Tätern überlassen bleiben, betonte sie, daher werde der UNO eine wichtige Rolle zukommen. Kuntzl hielt es für sehr wichtig, dass das österreichische Parlament ein klares Bekenntnis ablege und die Bereitschaft ausdrücke, sich an humanitären Projekten zu beteiligen.

Der Vier-Parteien-Entschließungsantrag betreffend Krieg im Irak fand die einheitliche Zustimmung; der G-S-Entschließungsantrag betreffend Unterstützung einer außerordentlichen Sitzung der UN-Generalversammlung aus Anlass des Krieges im Irak wurde hingegen abgelehnt. (Schluss Irak/Forts. NR)