Parlamentskorrespondenz Nr. 219 vom 23.04.2003

DEUTSCH-ÖSTERREICHISCHES ARBEITSGESPRÄCH ÜBER STEUERFRAGEN

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Wien (PK) - Mitglieder des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages sind heute Nachmittag im Parlament mit österreichischen Abgeordnetenkollegen zusammengetroffen, um sich über die Erfahrungen mit der Endbesteuerung von Kapitalerträgen zu informieren, wie sie in Österreich 1993 in Form der Kapitalertragsteuer eingeführt wurde. Für die Bundestagsabgeordneten ist dieses Thema sehr aktuell, weil in Deutschland Überlegungen angestellt werden, in absehbarer Zeit eine "Abgeltungssteuer" einzuführen. Dazu kommt, dass sich die EU-Finanzminister im März dieses Jahres in einem Sonder-ECOFIN-Rat grundsätzlich auf eine grenzüberschreitende Zinsenbesteuerung geeinigt haben. Während in zwölf EU-Staaten die Steuerbehörden ab 2005 automatisch Informationen austauschen sollen, um die Besteuerung der Zinserträge sicherzustellen, die ein EU-Steuerpflichtiger in einem anderen Mitgliedstaat erzielt, wurde für Belgien, Luxemburg und Österreich eine Übergangsregelung vereinbart. Diese drei Länder sollen zunächst keine Informationen liefern, sondern eine Quellensteuer einheben und erst dann zum Informationsaustausch übergehen, wenn sich auch die Schweiz, Liechtenstein, San Marino, Andorra und Monaco sowie die USA dazu verpflichten.

Der Vorsitzende des Finanzausschusses, Günter Stummvoll, begrüßte die Gäste und beantwortete gemeinsam mit den Abgeordneten Michael Ikrath (V), Hans Moser (S) und Detlev Neudeck (F) die Fragen der deutschen Parlamentarier. Die Kapitalerstragsteuer sei in Österreich mit dem Motiv eingeführt worden, die Kapitalerträge, die bis 1993 nur zu 5 % bis 10 % versteuert wurden, fiskalisch total zu erfassen, führte Stummvoll aus. Einerseits sei es darum gegangen, die Steuergerechtigkeit zu erhöhen, andererseits habe sich die Erwartung bald bestätigt, dass die Kapitalertragsteuer einen wichtigen Beitrag zum Budget leisten kann. Konkret machte Stummvoll darauf aufmerksam, dass die Besteuerung von Kapitalerträgen im Jahr 1989 nur 243 Mill. € erbracht hatte, der Erlös mit der Einführung der Kest 1993 auf 1,2 Mrd. € zunahm und im Vorjahr bereits 1,7 Mrd. € erreichte.

Die Banken hätten anfangs keine Freude gehabt, mit der Einhebung der Quellensteuer eine hoheitliche Aufgabe übertragen zu bekommen, sie äußern aber heute keine Kritik mehr daran, berichtete Abgeordneter Ikrath. Die Entscheidung des Ecofin über die grenzüberschreitende Zinsenbesteuerung bezeichneten Michael Ikrath und Günter Stummvoll übereinstimmend als eine pragmatische und entwicklungsfähige Lösung. Die zu erwartenden Auswirkungen einer deutschen Abgeltungssteuer, die auch darauf abziele, Kapitalien aus dem Ausland nach Deutschland zurückzuholen, bereite ihm weniger Sorge als die konjunkturelle Lage Deutschlands, zumal Österreich mit dem großen Nachbarn im Norden wirtschaftlich enger verflochten sei als mit allen anderen Ländern, schloss Günter Stummvoll. (Schluss)