Parlamentskorrespondenz Nr. 222 vom 23.04.2003

GERINGFÜGIG BESCHÄFTIGTE: SOZIALABGABENPFLICHT FÜR UNTERNEHMER BLEIBT

Staatssekretärin Haubner: Rechtssicherheit soll geschaffen werden

Wien (PK) - Unternehmer müssen für geringfügig beschäftigte Personen weiterhin Sozialabgaben leisten. Der Sozialausschuss des Nationalrates stimmte heute mehrheitlich einem entsprechenden F-V-Gesetzesantrag zu, mit dem der seit 1998 verpflichtend zu leistende Dienstgeberbeitrag für Personen mit geringfügiger Beschäftigung durch eine Bundesabgabe in gleicher Höhe ersetzt wird. Wie bisher besteht eine Abgabeverpflichtung allerdings nur dann, wenn die Summe der an die geringfügig beschäftigten Personen monatlich ausgezahlten Entgelte das Eineinhalbfache der Geringfügigkeitsgrenze (derzeit 309,38 €) übersteigt, ein Dienstgeber also mindestens zwei Personen geringfügig beschäftigt (74/A). Ein ähnlich lautender Antrag der Sozialdemokraten, der nach Auffassung der Abgeordneten Mag. Barbara Prammer (S) einen ersten Qualitätsschub gebracht hätte, blieb bei der Abstimmung in der Minderheit.

Anlass für die heutige Beschlussfassung ist ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 7. Februar 2002. Darin hat der VfGH den seit 1998 gesetzlich verankerten Dienstgeberbeitrag für Personen mit geringfügiger Beschäftigung als in der bestehenden Form verfassungswidrig gewertet und mit Ablauf des 31. März 2003 aufgehoben. Dieser Dienstgeberbeitrag war 1998 eingeführt worden, um der immer häufigeren Zersplitterung von regulären Vollzeit- oder Teilzeitarbeitsplätzen in mehrere geringfügige Beschäftigungen die Attraktivität zu nehmen. Ohne eine Ersatzregelung würden der Pensions- und der Krankenversicherung jährlich rund 50 Mill. € entgehen.

Das "Bundesgesetz über eine pauschalierte Abgabe von Dienstgebern geringfügig beschäftigter Personen" sieht nun vor, dass Unternehmer eine Bundesabgabe im Ausmaß von 16,4 % der monatlichen Arbeitsverdienste der geringfügig beschäftigten Arbeitnehmer einschließlich Sonderzahlungen zu entrichten haben, die für Sozialversicherungszwecke gewidmet ist und von den Krankenversicherungsträgern eingehoben werden soll. 76,5 % der Einnahmen sind für die Pensionsversicherung zu verwenden, die übrigen 23,5% dienen der Finanzierung der Krankenversicherung und sind an den Ausgleichsfonds der Krankenversicherungsträger zu überweisen.

Abgeordnete Mag. Barbara Prammer (S) zeigte sich verwundert darüber, dass die Regierung über ein Jahr gebraucht habe, um einen Antrag vorzulegen. Sie kritisierte, dass der F-V-Vorschlag keine qualitative Verbesserung bringe. Ziel müsste es ihrer Meinung nach sein, dass auch für die geringfügig Beschäftigten eine echte Versicherungspflicht gelte. Dieser Meinung schloss sich auch Abgeordnete Heidrun Silhavy (S) an, die - ebenso wie ihr Fraktionskollege Walter Schopf - darauf hinwies, dass durch den zweimonatigen gesetzesfreien Zustand den Versicherungsanstalten Millionenbeträge vorenthalten wurden. Sie machte noch darauf aufmerksam, dass die Zahl der geringfügig Beschäftigten ständig steige und dass immer mehr Menschen keine Vollzeitjobs mehr bekommen können.

Auch Abgeordneter Karl Öllinger (G) favorisierte den S-Antrag, den er in der Grundintention für wesentlich besser hielt. Er werde dem Regierungsentwurf dennoch zustimmen, da die derzeitige Situation schon längst repariert hätte werden müssen. Er sprach sich dafür aus, eine grundlegende Diskussion über den Status der geringfügigen Beschäftigten zu führen. Er sei nämlich nicht davon überzeugt, dass damit der Wirtschaft sowie den Arbeitnehmern etwas Gutes getan werde.

Abgeordneter Mag. Walter Tancsits (V) wies darauf hin, dass durch den Antrag eine Kompromisslösung fortgeschrieben werde, die auf einem Sozialpartnerkonsens der 90er Jahre beruhe. Die Gesetzesreparatur sei aber nicht deshalb notwendig geworden, weil der Verfassungsgerichtshof eine materielle Kritik vorgebracht habe, sondern weil die falsche Zuordnung eines Kompetenztatbestandes moniert wurde. Grundsätzlich sei er der Auffassung, dass die von den Sozialpartnern ausverhandelte Regelung besser sei als in vielen anderen europäischen Ländern und den Erfordernissen des Arbeitsmarktes Rechnung trage. Studien bewiesen zudem, dass diese Jobs sehr oft als Zusatz- oder Einstiegsbeschäftigung dienen.

Die Staatssekretärin im Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen, Ursula Haubner, unterstrich, dass man zwei Punkte auseinander halten müsse. Einerseits gehe es darum, durch den heute vorliegenden Antrag einen verfassungskonformen Zustand wieder herzustellen, erläuterte sie. Andererseits gehe es um die grundsätzliche Diskussion darüber, wie es mit den geringfügig Beschäftigten in Österreich ausschaue und wie die Versicherungsmöglichkeiten in diesem Bereich verbessert werden können. Haubner gab zu bedenken, dass diese Beschäftigungsform, von der viele Frauen betroffen sind, immer mehr zunehme. Sie wünschte sich daher, dass die parlamentarische Diskussion über dieses Thema weitergeführt werde. (Fortsetzung)