Parlamentskorrespondenz Nr. 229 vom 24.04.2003

V-F-MEHRHEIT STIMMT FÜR VERTAGUNG OPPOSITIONELLER ANTRÄGE

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Wien (PK) - ÖVP und FPÖ stimmten im Umweltausschuss für die Vertagung der Verhandlungen über einen G- und zwei S-Anträge. Die Grünen forderten in ihrem Antrag eine strengere Prüfung von landwirtschaftlichen Anlagen. Konkret geht es ihnen darum, die Schwellenwerte für Intensivtierhaltung zu senken, ab einer bestimmten Schwelle das volle UVP-Verfahren vorzusehen und den Nachbarn ein Antrags- und Partizipationsrecht im Feststellungsverfahren einzuräumen. Zusätzlich soll im Wasserrechtsgesetz die Unbedenklichkeitsvermutung für die Landwirtschaft und im Bundesluftreinhaltegesetz die "unsachliche Privilegierung der Landwirtschaft" gestrichen werden.

Abgeordneter Karlheinz Kopf (V) meinte, man solle bis zum Herbst warten, denn dann sei eine Novellierung notwendig, und stellte den Antrag, die Verhandlungen zu vertagen. Mit einer "Vertagung ins Nirwana" erhalte man keine Möglichkeit, diese Anträge im Plenum zu diskutieren, beklagte Abgeordnete Ulrike Sima (S). Für Ausschussobfrau Eva Glawischnig hat die Praxis gezeigt, dass die Schwellenwerte für die Intensivtierhaltung zu hoch sind und es somit zu keinen Verfahren kommt. Dieser Feststellung widersprach Abgeordneter Karlheinz Kopf und wies darauf hin, dass es ein abgeschlossenes Verfahren und 20 Feststellungsverfahren gibt. 11 Verfahren laufen.

SPÖ FORDERT EINFÜHRUNG VON PFANDSYSTEM ODER ABGABE FÜR EINWEGGEBINDE

Die vor zwei Jahren in Kraft getretene Getränkezielverordnung samt freiwilliger Selbstverpflichtungserklärung habe zu einem "dramatischen Rückgang der Mehrweggebinde in Österreich geführt", argumentieren Abgeordnete der SPÖ. Laut Umsetzungsbericht der Wirtschaftskammer sei der Mehrweganteil für alle Getränke auf rund 56 % gefallen. Sie fordern daher den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf, zur Reduktion des Verpackungsanfalls auch in Österreich ein Pfand für Einweggebinde oder eine Einwegabgabe einzuführen. Freiwillige Vereinbarungen mit der Wirtschaft sollen durch entsprechende Sanktionsauflagen (Geldstrafen) ergänzt werden.

Abgeordnete Ulrike Sima (S) wollte vom Minister wissen, wie lange noch die freiwillige Vereinbarung mit der Wirtschaft bestehen werde. Sie verwies auf die deutsche Pfandregelung, bei der es sehr wohl Anfangsschwierigkeiten gegeben habe, aber ein Lenkungseffekt sei zu verzeichnen gewesen. Wenn das deutsche System ausgereifter sei, könnte man Überlegungen anstellen, dieses in Österreich zu übernehmen.

Man soll nicht schon jetzt einen innovativen Weg verteufeln, meinte Abgeordneter Karlheinz Kopf (V) und brachte einen Vertagungsantrag ein, um "dem System eine längere Bewährung zu geben".

Für die Entwicklung der Einweggebinde bzw. Mehrweggebinde im Getränkebereich interessierte sich G-Abgeordnete Heidemarie Rest-Hinterseer.

Für Abgeordneten Hannes Bauer (S) ist eine Rücknahmeverpflichtung in allen Geschäften wichtig.

Bundesminister Josef Pröll glaubt daran, dass die Selbstverpflichtung funktionieren werde. Ich brauche, sagte er, keinen ordnungspolitischen Rahmen, wenn etwas gemeinsam mit der Wirtschaft im Umweltsinn geschaffen wird. Er werde den Prozess genau beobachten, versprach er.

ANTI-ATOM-ANTRAG DER SPÖ

In einem weiteren Antrag spricht sich die SPÖ gegen eine neuerliche Aufstockung des EURATOM-Kreditrahmens aus. Konkret forderte Abgeordnete Ulli Sima (S) darin den Finanzminister auf, im Ecofin der geplanten Aufstockung des EURATOM-Kreditrahmens von 4 auf 6 Mrd. Euro nicht zuzustimmen. Es müsse verhindert werden, dass künftig noch mehr Steuergelder für die Finanzierung der Kernenergie, AKW-Neubauten und die künstliche Betriebsverlängerung von bestehenden AKW verwendet werden, argumentierte sie. Sima appellierte gleichzeitig auch an den Landwirtschaftsminister, im EU-Umweltministerrat einen Beschluss gegen den Einsatz von EURATOM-Krediten für Neubau bzw. Lebenszeitverlängerung von AKW herbeizuführen.

Rückenwind für diese Initiative kam lediglich von den Grünen. Abgeordnete Heidemarie Rest-Hinterseer untermauerte die grundsätzliche Kritik ihrer Fraktion an EURATOM und meinte, es gehe nicht an, dass ein Vertrag aus dem Jahr 1957 nun unverändert fortgeschrieben werde. Die friedliche Nutzung der Kernenergie habe sich heute als Chimäre herausgestellt, AKW würden Probleme mit sich bringen, die man nicht bewältigen kann, sagte sie.

Abgeordneter Georg Oberhaidinger (S) erinnerte Bundesminister Pröll an dessen Äußerung, ihm sei jedes AKW eines zu viel. In diesem Sinn wäre der Antrag ein weiterer Schritt in der auch von der Regierung vertretenen Richtung, glaubte er.

Für sachlich falsch und nicht notwendig hielt hingegen Abgeordneter Karlheinz Kopf (V) den Antrag der SPÖ. Schon 2002 habe der Nationalrat in einer umfangreichen Entschließung deutlich den Wunsch Österreichs auf eine Neugestaltung des EURATOM-Vertrages zum Ausdruck gebracht, betonte er. Es mache keinen Sinn, etwas, zu dem man sich schon einmal bekannt hat, "alle paar Monate zu wiederholen". Auch könne Österreich nicht, wie der Antrag suggeriert, mit seiner Stimme die Aufstockung der Mittel verhindern, gab Kopf zu bedenken. Der VP-Umweltsprecher beantragte die Vertagung, um, wie er sagte, der SPÖ die Gelegenheit zu geben, ihre Initiative zurückzuziehen. Die Ablehnung einer Anti-Atom-Materie wäre nach Meinung Kopfs jedenfalls ein falsches Signal nach außen.

Ausschussobfrau Eva Glawischnig informierte, dass Entschließungsanträge aus der abgelaufenen Legislaturperiode nicht mehr weiter gelten, und appellierte an die Fraktionen, Vier-Parteien-Gespräche über eine neuerliche Formulierung einer EURATOM-Resolution aufzunehmen. 

Seitens der Freiheitlichen unterstützte Abgeordneter Uwe Scheuch diese Anregung und bekräftigte, Ziel sämtlicher Aktivitäten Österreichs auf diesem Gebiet müsse der Ausstieg aus der Atomenergie sein.

Bundesminister Josef Pröll verwies auf die Regierungserklärung und unterstrich, die Ablehnung zusätzlicher EURATOM-Mittel für den Neubau und die Verlängerung der Lebensdauer von AKW sei Programm dieser Bundesregierung. Zum SP-Antrag bemerkte er, man dürfe nicht den Eindruck erwecken, Österreich könne mit seinem Veto eine Entscheidung verhindern. Der EURATOM-Vertrag unterliege nicht dem  Einstimmigkeits-, sondern dem Mehrstimmigkeitsprinzip, stellte der Minister klar. (Schluss)