Parlamentskorrespondenz Nr. 303 vom 13.05.2003

BUDGETAUSSCHUSS NIMMT BUDGETBEGLEITGESETZ IN VERHANDLUNG

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Wien (PK) - Sechs neue Gesetze und zum Teil tief greifende Änderungen an insgesamt 85 bestehenden Gesetzen sind der Inhalt des mehr als 700 Seiten starken Entwurfs mit dem Kurztitel "Budgetbegleitgesetz 2003" (59 d.B.), den der Budgetausschuss heute im Anschluss an das Budget-Hearing in Verhandlung nahm. Zu den zentralen Neuerungen und Änderungen zählen die bereits heftig diskutierte Pensionsreform mit ihrer Abschaffung der Frühpensionen, der Ausweitung der Durchrechnung und geringeren Steigerungsbeträgen sowie rasch budgetwirksame Änderungen im Dienst- und Pensionsrecht der Bundesbeamten, die erste Etappe der Steuerreform, eine Altlastensanierungsgesetz-Novelle, eine Umweltförderungsgesetz-Novelle für die Nutzung der flexiblen Mechanismen bei der Reduktion der Treibhausgas-Emissionen gemäß Kyoto-Protokoll sowie ein Bundesgesetz für den Nachkauf von Luftraumüberwachungsflugzeugen.

Auf Antrag von Abgeordnetem Michael Spindelegger (V) wurde eingangs der Sitzung auch VP-FP-Antrag 132/A in die Beratungen einbezogen. Der Antrag enthält Änderungen im Bezügerecht der Politiker "im Gleichklang mit der Pensionsreform 2003". Dazu gehören unter anderem die Anhebung des Pensionsantrittsalters auf 65 Jahre, die Einführung eines Abschlags von 4,2 % pro Jahr bei Pensionsantritt vor dem 65. Lebensjahr, die Erhöhung des Pensionssicherungsbeitrages sowie eine betragliche und zeitliche Reduzierung der Bezugsfortzahlung.

Dann thematisierte Abgeordneter Christoph Matznetter (S) die Vorgangsweise bei der Verhandlung des Budgetbegleitgesetzes und beantragte zunächst die Einsetzung eines Unterausschusses, um den Entwurf sorgfältig "Punkt für Punkt" zu beraten. Von Ausschussvorsitzendem Auer verlangte der Abgeordnete einen Beratungsablauf, der gewährleistet, dass die Ergebnisse des "Runden Tisches" in die parlamentarischen Beratungen einbezogen und allfällige Veränderungen bei den einzelnen Budgetkapiteln im Budget-Unterausschuss berücksichtigt werden können. Außerdem wies Matznetter darauf hin, dass einzelne Bundesländer angekündigt haben, den Konsultationsmechanismus auszulösen. Eine "Verhöhnung des Parlaments" würde es laut Matznetter bedeuten, wollte man den Abgeordneten zumuten, ein Gesetz für den Ankauf von 18 Abfangjägern zu beschließen, "in dem die Preisangabe 'xx' lautet". Matznetter wollte wissen, ob und wann dazu ein Abänderungsantrag eingebracht werde.

Abgeordneter Werner Kogler (G) schloss sich den Ausführungen Matznetters an und verlangte hinsichtlich des vorgeschlagenen Gesetzes über den Nachkauf von Luftraumüberwachungsflugzeugen nicht nur die Einsetzung des Kaufbetrags, sondern auch konkrete Unterlagen dazu.

Abgeordneter Günter Stummvoll (V) erinnerte daran, dass die Oppositionsparteien den Vorschlag der Regierungsparteien nicht angenommen haben, die Terminplanung bei der Behandlung des Budgetbegleitgesetzes zu erstrecken.

Nach einer Sitzungsunterbrechung, in der die Fraktionsführer die weitere Vorgangsweise berieten, gab Ausschussobmann Jakob Auer bekannt, dass der Ausschuss die Beratungen über die Steuerfragen heute unterbrechen und am Donnerstag um 18 Uhr fortsetzen werde. Die heute noch stattfindenden Verhandlungen zum Thema Pensionen, Gesundheit und Arbeitsmarkt werden morgen Mittwoch, um 15 Uhr fortgesetzt. Hierauf zog Abgeordneter Matznetter seinen Antrag auf Einsetzung eines Unterausschusses zurück.

DEBATTE ÜBER STEUER- UND FINANZFRAGEN IM BUDGETBEGLEITGESETZ

Die inhaltliche Debatte zum Thema Finanzfragen eröffnete SP-Abgeordneter Christoph Matznetter, indem er darauf aufmerksam machte, dass die von der Regierung vorgeschlagene Entlastung kleiner Einkommen nur einem kleinen Kreis der Steuerpflichtigen nützen werde, wobei sein Vorschlag in Richtung Negativsteuer für kleine Einkommen ging. Die mangelnde Berücksichtigung kleiner Einkommen sei auch aus konjunkturpolitischer Sicht bedauerlich, gingen doch von Zuwächsen bei kleinen Einkommen die größten konjunkturellen Multiplikatoreffekte aus. Dies würde auch ein Vorziehen der Steuerreform rechtfertigen.  

Enttäuscht zeigte sich Matznetter darüber, dass die Regierung keinerlei Maßnahmen für einen kontinuierlicheren Verlauf der Progression und für eine höhere Berechenbarkeit des Lohn- und Einkommenssteuersystems vorschlage. Viel zu kompliziert erschien Abgeordnetem Matznetter auch die Regelung für die Begünstigung nicht entnommener Gewinne. Sein Vorschlag lautete auf ein Optionsmöglichkeit kleiner Betriebe in das System der Körperschaftssteuer. Kritik übte der SP-Steuerexperte auch an der geplanten Ökologisierung des Steuersystems, und zwar auch aus sozialen Gründen. Das Argument des Abgeordneten: "Ein Pensionist, der mit Kohle heizt, kann sich keine Wärmepumpe leisten, auch dann nicht, wenn sie steuerlich gefördert wird".

Abgeordneter Werner Kogler (G) wiederholte den Vorschlag seiner Fraktion für ein Vorziehen der Steuerreform sowie für spürbare Entlastungen der niedrigsten Einkommen, wobei seine Frage lautete, mit welchen Entlastungseffekten jene Menschen rechnen könnten, die schon jetzt keine Steuern zahlen. Bezüglich der Ökologisierung des Steuersystems hielt es Kogler für überlegenswert, Diesel stärker zu besteuern als Benzin.

Abgeordneter Günter Stummvoll (V) zeigte sich gegenüber den Vorschlägen für ein Vorziehen der Steuerreform angesichts der deutschen Erfahrungen skeptisch. Recht gab er Abgeordnetem Matznetter in dessen Kritik an der Progressionskurve. Er hielt es aber nicht für realistisch, diese komplexe Frage noch vor dem Sommer ausverhandeln zu können. Die Frage nach der Vereinfachung des Steuersystems sei ein Thema für die zweite Etappe der Reform. "Was zum Thema nicht entnommene Gewinne auf dem Tisch liegt, ist noch nicht der Weisheit letzter Schluss", sagte Stummvoll und bemängelte, dass der vorliegende Vorschlag nicht denen nütze, die es am dringendsten brauchten, nämlich jene vielen Betriebe mit weniger als 20 Beschäftigten, die nicht einmal 20.000 € oder 30.000 € Jahresgewinn erzielen.

Bundesminister Karl-Heinz Grasser wies die Vorschläge des Abgeordnetem Matznetter zum Thema Negativsteuer zurück und gab zu bedenken, dass man zwischen steuerrechtlichen Maßnahmen und Maßnahmen im Bereich der Sozialtransfers unterscheiden müsse. Bei der Begünstigung nicht entnommener Gewinne räumte der Finanzminister ein, dass Gewinne unter 20.000 € nicht disponibel seien und zeigte sich offen für eine andere Lösung. 

Hinsichtlich der volkswirtschaftlichen Erwartungen in Zusammenhang mit der Steuerreform sowie der Forderung nach ihrer Vorziehung zur Belebung der Konjunktur erinnerte der Ressortleiter an die Bewertung des österreichischen Stabilitätsprogramms durch die EU-Kommission. Während die Kommission die Fortsetzung der Strukturreformen unterstütze, sei sie angesichts der deutschen und französischen Erfahrungen gegen "nicht gegenfinanzierte Steuerreformen". Dies deshalb, weil die Steuerreformen in Frankreich und Deutschlang zwar antizyklisch gemeint waren, aber nicht antizyklisch gewirkt haben, sondern eine Überschreitung der Maastricht-Kriterien nach sich zogen. Grasser will daher bei der Steuerreform mit Augenmaß vorgehen, fügte aber hinzu, dass die Entlastung der Einkommen bis 14.500 € brutto auch in der Absicht erfolge, die Konjunktur zu unterstützen.

Im Übrigen nannte der Finanzminister Beispiele von wesentlichen Vereinfachungen im Steuerrecht - die erste Etappe der Steuerreform sei aber noch nicht der Zeitpunkt, um eine Systemvereinfachung zu erzielen. Das Optionsmodell zur Begünstigung nicht entnommener Gewinne würde Abgrenzungsprobleme nach sich ziehen und wäre schwierig zu administrieren, sagte der Minister, er könne es daher nicht aufgreifen.

Abgeordnetem Kogler gab der Finanzminister recht, die Spreizung zwischen Diesel und Benzin sei zu groß, er wies aber darauf hin, dass sie von 30 % auf 18 % vermindert werde.

Die Beratungen über die Finanzkapitel des Budgetbegleitgesetzes 2003 werden am Donnerstag, dem 15. Mai, um 18 Uhr fortgesetzt. (Forts.)