Parlamentskorrespondenz Nr. 423 vom 11.06.2003

REGIERUNGSPARTEIEN BESCHLIESSEN NEUREGELUNG DER POLITIKERPENSIONEN

Anhebung des Pensionsantrittsalters und Abschläge auch für Politiker

Wien (PK) – Zweiter und letzter Punkt der Tagesordnung war ein VP-FP-Antrag (132/A) betreffend die Änderung des Bezügegesetzes und des Bundesbezügegesetzes.

Abgeordneter Dr. CAP (S) kündigte ein differenziertes Abstimmungsverhalten seiner Fraktion an. Positiv bewertete er die Änderungen zu den Entgeltfortzahlungen, da diese "zeitgemäß und vertretbar" seien. Ebenso trete die SPÖ für den Solidarbeitrag als ein richtiges Signal ein. Die schrittweise Anhebung des Pensionsalters auf 65 liege ebenfalls auf SPÖ-Linie. Zweifel hegte der S-Klubobmann aber an der Formulierung, wonach künftig neben bereits bezogenen Pensionen kein Aktivbezug mehr möglich sei, da diese Passage seiner Ansicht nach zu wenig präzise sei. Die SPÖ werde daher die Umsetzung beobachten und in Dritter Lesung das Paket ablehnen, weil man die Vorgangsweise bei der Vorbehandlung des Antrages im Ausschuss und die Fristsetzung nicht nachvollziehen könne. 

Abgeordneter Mag. MOLTERER (V) zeigte sich hinsichtlich der zu diesem Thema geführten Gesprächen zufrieden, auch wenn sie nicht zu einer Einigung geführt haben. Bei aller berechtigten Diskussion über Änderungen hatte der V-Klubobmann jedoch den Eindruck, dass durch vieles dem eigenen Ansehen Schaden zugefügt worden sei. Molterer richtete daher eindringlich den Appell an die Abgeordneten, die eigene Arbeit nicht schlecht zu machen, sondern selbstbewusst auf die Qualität der Arbeit hinzuweisen. Er stehe zu dem, was nun vereinbart worden sei, da die Anhebung des Pensionsantrittsalters und die Abschläge den Regelungen im ASVG angeglichen würden. Außerdem werde es keine Doppelanrechnung von Zeiten und keinen Parallelbezug von Pension und Aktivgehalt mehr geben. Molterer wies auch auf den Solidarbeitrag und die Neuregelung der Entgeltfortzahlung hin und meinte, dass damit ein Beitrag geleistet worden sei, der zu Recht erwartet wurde. Ihm liege aber am Herzen, sich mit den anderen Fraktionen zusammenzusetzen, um über die Arbeitsbedingungen im Parlament im Sinne der Qualitätsverbesserung zu sprechen.

Abgeordneter ÖLLINGER (G) griff die "konstruktiven Vorschläge", wie er sagte, seines Vorredners auf. Es gehe aber nicht nur um die Verbesserung der Effizienz der Arbeit im Parlament, sondern auch um die Kontrollfunktion des Parlaments, um das Beziehungsgefüge zwischen Parlament und Regierung. Daher müsse man über die Verbesserung der Kontrollmöglichkeiten diskutieren. PolitikerInnen sollten seiner Meinung nach durchaus gut bezahlt werden, strikt sprach er sich aber gegen bestehende Politikerprivilegien aus. Bei den vorliegenden Änderungen gebe es durchaus sinnvolle Punkte, wie die Neuregelung der Entgeltfortzahlung, sagte Öllinger und gab zu, dass dieser Punkt 1997 offensichtlich nicht ausreichend bedacht worden sei. Dennoch seien das Bezügebegrenzungsgesetz und das Bundesbezügegesetz insgesamt ein Fortschritt gewesen. Es wäre auch damals eine spannende Debatte gewesen, über Ansprüche nach der alten Regelung zu reden, aber dafür hätte es damals keine Zustimmung gegeben. Den Solidarabschlag bezeichnete er als einen "Hohn", denn dieser werde bei sehr hohen Pensionen 5 % bis 6 % nicht überschreiten. Was man jetzt beschließe, sei ein zusätzlicher Solidarabschlag von 1 % und maximal 8 %. Auch verstehe niemand, dass ein aktiver Politiker einen Ruhebezug habe, nur weil dieser höher sei als der Aktivbezug. Die Regierungsfraktionen verabschiedeten sich offensichtlich sehr schwer von den Privilegien, argwöhnte Öllinger und kritisierte in gleichem Atemzug scharf die Streichung der Mindestverzinsung in den Pensionskassen. In diesem Zusammenhang brachte Öllinger einen Zusatzantrag ein, um Steigerungsbeträge auch im Bezügegesetz einzuführen. Auf Grund der seiner Ansicht nach unzureichenden Lösung ist Öllinger überzeugt, dass demnächst wieder eine Debatte über Politikerbezüge ins Haus stehen werde.

Abgeordneter SCHEIBNER (F) kritisierte, die Grünen hätten das Gespräch verweigert, denn man habe sich bemüht, einen Vier-Parteien-Antrag zu Stande zu bringen. Er zeigte sich erstaunt darüber, dass die Grünen nun der Abschaffung der Privilegien aus der 97er Reform nicht zustimmen wollen, während diese im Jahr 1997 dem Gesamtpaket zugestimmt hätten. Einen weiteren Widerspruch bei den Grünen ortete Scheibner bei der Entgeltfortzahlung, die ein Privileg für Politiker darstellten, wogegen sie sich jedoch nicht grundsätzlich aussprächen. Hier liege wohl ein Eigeninteresse vor, mutmaßte Scheibner. Er selbst wäre bei dieser Reform viel weiter gegangen, sagte der F-Klubobmann. PolitikerInnen sollten ordentlich entlohnt werden, sie bräuchten gute Arbeitsbedingungen, aber was man vor und nach der politischen Tätigkeit erhalte, müsse das Gleiche sein, was für alle anderen gelte. Er, Scheibner, wäre auch für die rückwirkende Abschaffung der Politikerpensionen gewesen, aber das sei aus rechtlichen Gründen unmöglich gewesen. Der vorliegende Kompromiss sei zwar nicht ideal, aber ein tauglicher, denn man habe das Mögliche in Bezug auf die alten Politikerpensionen erreicht.

Abgeordnete MAREK (V) zeigte sich als junge Abgeordnete über den Konsens "heilfroh". Da sich zwei Tippfehler eingeschlichen haben, brachte sie einen Abänderungsantrag ein. Zum Abänderungsantrag der Grünen meinte sie, dass dieser nur zusätzliche Vorschläge enthalte und keine Änderungen, weshalb sie dem vorliegenden Kompromiss durchaus zustimmen könnten. Sie schloss sich auch jenen Wortmeldungen an, die sich für eine adäquate Bezahlung der PolitikerInnen aussprachen, denn nur so könnten MandatarInnen aus allen Berufsgruppen gewonnen werden, und nicht nur jene, die es sich leisten könnten. Auch im Vergleich zum Deutschen Bundestag liege das österreichische Parlament weit hinten. Im Sinne der Wähler wünsche sie sich daher, dass es zu Verbesserungen kommt.

Abgeordnete ROSSMANN (F) bemerkte, dass für die Freiheitlichen die Zustimmung zur Pensionsreform eng mit der Beseitigung von Politikerprivilegien verbunden gewesen sei. Mittlerweile gebe es drei Kategorien von Politikern, und zwar jene, die im alten System seien, jene, die sich für das neue System entschieden hätten, und jene, die von vornherein im neuen System stünden. Sie sehe nicht ein, dass sie wie andere noch immer für alte "Pensionsdinosaurier" den Kopf hinhalten müsse. Rossmann kritisierte auch scharf die Neuregelung im Europäischen Parlament, für die auch die SPÖ und ÖVP gestimmt hätten, und unterstrich abermals, dass die FPÖ für die generelle Abschaffung der Politikerpensionen genauso wie für die Abschaffung der Entgeltfortzahlung gewesen wäre. Aber die Diskussion sei eine permanente und dieser Beschluss sei nur ein erster Schritt, so Rossmann.

Abgeordneter DI SCHEUCH (F) warf der grünen Fraktion vor, Wasser zu predigen und Wein zu trinken. Der vorliegende Antrag sei ein Schritt in die richtige Richtung, denn hier seien richtige Dinge erreicht worden. Es könne doch kein Fehler sein, die Doppelbezüge abzuschaffen oder sie zumindest einzuschränken, es könne auch kein Fehler sein, Solidarabschläge einzuführen und die Entgeltfortzahlung einzuschränken. Er appellierte daher, einen gemeinsamen Weg zu gehen.

Abgeordneter WITTAUER (F) kritisierte scharf die Ausgrenzungspolitik Dr. Gusenbauers gegenüber der FPÖ. Diese sei immer für den Abbau der Politikerprivilegien eingetreten, die die SPÖ aufgebaut habe. Mit der heutigen Beschlussfassung sei man auf diesem Weg sehr weit gekommen, sagte Wittauer und die freiheitliche Handschrift sei hier verwirklicht worden.

Abgeordneter Mag. KOGLER (G) bezeichnete die FPÖ als lediglich "angebliche" Vertreter einer Anti-Privilegien-Linie. Das, was hier vorliege, sei nicht ausreichend, sagte Kogler. Im Jahr 1997 habe das Positive überwogen, deshalb hätten die Grünen damals in dritter Lesung zugestimmt. Heute sei dies nicht der Fall, denn rüstige Abgeordnete mit Pensionsbezug säßen hier in diesem Haus, nur weil der Aktivbezug niedriger sei. Da sich die FPÖ mit dem Regierungspartner in Sachen Privilegienabbau nicht habe einigen können, habe man diese Frage dem Verfassungskonvent vorlegen wollen, warf Kogler der FPÖ vor. Das habe man Gott sei dank abwenden können.

Bei der Abstimmung wurde der Zusatzantrag der Grünen mehrheitlich abgelehnt. Nach getrennter Abstimmung in zweiter Lesung, die die SPÖ, wie Klubobmann Cap angekündigt hatte, beantragt hatte, wurde die Vorlage unter Berücksichtigung des Abänderungsantrages der Regierungsfraktionen mit ÖVP-FPÖ-Mehrheit angenommen.

Eine weitere (21.) Sitzung des Nationalrates befasste sich mit geschäftsordnungsmäßigen Mitteilungen und Zuweisungen. (Schluss)