Parlamentskorrespondenz Nr. 529 vom 03.07.2003

SP-ANTRAG AUF BESCHAFFUNGSSTOPP FÜR ABFANGJÄGER VERTAGT

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Wien (PK) - Zweiter Punkt auf der Tagesordnung des heutigen Verteidigungsausschusses war der SP-Entschließungsantrag auf Stopp der Abfangjägerbeschaffung (4/A), der letztlich auf Antrag des Abgeordneten Walter Murauer (V) mit VP-FP-Mehrheit vertagt wurde, was die Antragsteller als Misstrauen der Regierungsfraktionen gegen den Verteidigungsminister werteten.

Abgeordneter Anton Gaal (S) begründete das Anliegen seiner Fraktion, indem er den Eurofighter-Beschaffungsvorgang als fragwürdig bezeichnete und den kürzlich erfolgten Vertragsabschluss - ohne gültiges Finanzierungsgesetz - als überhastet kritisierte. Außerdem habe Minister Platter den zu erwartenden Rechnungshofbericht nicht abgewartet.

Die Ausschreibungskriterien für die Übergangslösung seien während des Entscheidungsverfahrens geändert worden. "Muss-Forderungen", die vom Bieter EADS nicht erfüllt werden konnten, seien in "Soll-Bedingungen" umgewandelt und so eine Entscheidung zu Lasten Österreichs und seiner Steuerzahler eingeleitet worden. Gaal warf dem Verteidigungsminister eine "grob fahrlässige Vorgangsweise" vor. Dem Heer Geld fehle Geld für den Schutz seiner Soldaten, für Bauten, Sanierungen, Unterkünfte und Kampfanzüge. Statt dessen werde eine Beschaffung durchgezogen, "die nicht der Luftraumüberwachung, sondern der Großmannsucht dient", obwohl billigere Lösungen - F-16 und Gripen - möglich gewesen wären. Gaal problematisierte auch das Argument der Gegengeschäfte und vermisste ein schlüssiges Finanzierungskonzept. Mit der Entscheidung für den Eurofighter seien Ausschreibungskriterien mit Füßen getreten worden, die Prinzipien der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit seien unbeachtet geblieben. Daher sei es notwendig, einen Untersuchungsausschuss einzusetzen und Minister Grasser das Misstrauen auszusprechen.

Abgeordneter Walter Murauer (V) bekannte sich zu einer seriösen Debatte über die Luftraumüberwachung "ohne Untergriffe und Verdächtigungen". Die Beschaffung von Luftraumüberwachungsflugzeugen sei notwendig, um völkerrechtliche Verpflichtungen Österreichs zu erfüllen und die Sicherheit des österreichischen Luftraums zu gewährleisten, dies sei sein Standpunkt, sagte Murauer und auch der Standpunkt, den die SPÖ bis zum Februar 2000 eingenommen habe.

An Bundesminister Platter richtete der Abgeordnete seinen Dank für dessen entschiedene Position bei der Erfüllung völkerrechtlicher und verfassungsrechtlicher Verpflichtungen sowie dafür, eine begleitende Kontrolle eingerichtet zu haben, die gewährleiste, dass dieser Beschaffungsvorgang korrekt realisiert werden könne. Murauer lobte den Minister auch dafür, den Kaufvertrag unterschrieben zu haben, weil nicht mehr sicher war, dass EADS den Preis auch nach dem Juli 2003 halten könne. Es sei ein guter Fixpreis von 1,959 Mrd. € ausgehandelt worden, der auch bei zunehmenden Zinsen nicht steigen werde.

Der Eurofighter sei ein großartiges Flugzeug mit hervorragenden Leistungen, wie zuletzt in Zeltweg zu sehen war, sagte Murauer, und machte darauf aufmerksam, dass Gegengeschäfte von mehr als 200 % des Kaufpreises der österreichischen Industrie, den vielen kleinen Zulieferfirmen und dem österreichischen Forschungs- und Entwicklungsstandort dienen werden.

Abgeordneter Peter Pilz (G) legte dem Ausschuss eine lange Liste mit Detailfragen an den Verteidigungsminister vor. So wollte Pilz wissen, wen Platter bei den Verhandlungen über das Einstiegspaket zu den "befreundeten Staaten" zähle. "Warum liegen die Betriebskosten für den Eurofighter um 50 Mill. € über jenen für den Draken", fragte Pilz weiter und erkundigte sich über Verhandlungen zur Lebensdauerverlängerung des Draken mit der Firma SAAB und über Verhandlungen mit Lockheed über die F-16 als Zwischenlösung.

Abgeordneter Rudolf Parnigoni (S) erinnerte daran, dass in Europa keine aggressiven Absichten erkennbar seien, und bezeichnete die Luftraumüberwachung als eine sicherheitspolizeiliche, nicht als eine militärische Aufgabe.

Bundesminister Günter Platter bekannt sich nachdrücklich zur Vertragsunterfertigung, die rechtlich völlig sauber und korrekt über die Bühne gegangen sei. Da das Finanzierungsgesetz noch nicht in Kraft getreten sei, enthalte der Vertrag eine aufschiebende Bedingung. Der Vertrag werde automatisch mit dem Gesetz in Kraft treten. Da die Zinsen steigen, wurde ein Fixzinssatz vereinbart, um ein Steigen der Finanzierungskosten zu vermeiden. Die dadurch erreichten Einsparungen bezifferte der Verteidigungsminister mit 10 Mill. €. Der Zeitpunkt der Unterfertigung sei gewählt worden, weil die Auswirkungen einer Nichtunterfertigung nicht abzuwägen gewesen wären.

Auf Detailfragen eingehend, wies Minister Platter darauf hin, dass nicht nur der Eurofighter, sondern auch der Gripen und die F-16 als Kampfflugzeuge anzusprechen seien. Verhandlungen über die Übergangslösung werden nach Inkrafttreten des Vertrages geführt werden. Für die Übergangslösung kommen nur der Eurofighter und als Partner die befreundeten Staaten Großbritannien, Italien, Deutschland, Frankreich und Spanien in Frage. Bis dato fanden diesbezügliche Gespräche auf Offiziersebene statt.

Die Firma EADS wurde im Typenentscheidungsverfahren als Bestbieter ermittelt. Die Eurofighter-Anschaffung sei sowohl eine militärisch als auch wirtschaftlich zukunftsorientierte Lösung. Denn für die wirtschaftliche Zukunft Österreichs sei es wichtig, einen Vertragspartner wie die Firma EADS zu haben.

Die F-16 wurde laut Minister Platter ausgeschieden, weil sie zwei Muss-Kriterien nicht erfüllt habe. Die Betriebskosten, die knapp unter 50 Mill. € betragen, werden vom Finanzministerium zur Verfügung gestellt. Die Eurofighter-Beschaffung gehe damit nicht zu Lasten der Truppe. Das Verteidigungsbudget sei um 69 Mill. € aufgestockt worden, um Kampfanzüge und Funkgeräte anschaffen zu können. Er werde sich weiterhin für Investitionen in die Sicherheit der Republik Österreich einsetzen.

Mit der Firma SAAB werden Verhandlungen über Ersatzteillieferungen bis zum Ende des Lebenszyklus des Draken geführt. Abschließend zeigte sich der Verteidigungsminister stolz auf die Aussage von Rechnungshofpräsident Fiedler, dass die interne Kontrolle seines Ressorts die beste begleitende Kontrolle der gesamten österreichischen Verwaltung sei.

Abgeordneter Wittauer (F) unterstützte die Eurofighteranschaffung, weil es sich um eine europäische Lösung handle, und wandte sich entschieden gegen die Verschwörungstheorie des Abgeordneten Pilz, die der Politik insgesamt schade und durch Wiederholungen nicht wahrer werde.

Abgeordneter Peter Pilz (G) setzte seine Fragen an den Verteidigungsminister fort, indem er sich erkundigte, wie er auf eine allfällige Klage der Firma SAAB reagieren werde, und wie er damit umgehen werde, wenn die Firma EADS die Produktion des Eurofighters unterbrechen sollte.

Abgeordneter Hans Langreiter (V) unterstrich die Notwendigkeit von Luftraumüberwachungsflugzeugen, um Überflugverbote kontrollieren zu können. Außerdem sei die Eurofighter-Anschaffung mit Technologietransfers für Österreich verbunden.

Dass die Regierungsparteien den Antrag auf Stopp der Eurofighter-Beschaffung nicht ablehnen, sondern vertagen, wertete Abgeordneter Gaal (S) als Misstrauen gegen den Minister.

Ausschussvorsitzender Eugen Bösch erklärte die Vertagung hingegen als ein Zuwarten bis zum Inkrafttreten des Finanzierungsgesetzes.

Abgeordneter Werner Kogler (G) erkundigte sich nach den Finanzierungsbedingungen des Vertragswerks und wiederholte seine Auffassung, dass EADS nur durch den Einstieg in eine neunjährige Finanzierung zum Bestbieter geworden sei. Hätte man sich auf Zahlung bei Lieferung geeinigt, wäre SAAB Bestbieter gewesen. Als problematisch bezeichnete Kogler, dass die neunjährige Finanzierung in der Ausschreibung nicht zwingend vorgesehen gewesen sei. Schließlich drängte Kogler darauf, die Gutachten zu veröffentlichen, auf die sich der Minister bei der Verteidigung der Typenentscheidung beziehe.

Abgeordneter Werner Kummerer (S) sah viele Fragen offen und wies auf den Widerspruch hin, der zwischen dem Argument bestand, den amerikanischen Black-Hawk-Hubschrauber dem Eurocopter vorzuziehen, sich beim Abfangjäger aber ausdrücklich für ein europäisches Produkt zu entscheiden. Was beide Typenentscheidungen aber gemeinsam haben: Jedes Mal habe man sich für das teurere Produkt entschieden.

Verteidigungsminister Platter zeigte sich wegen einer allfälligen Klage der Firma SAAB unbesorgt, da er von der Korrektheit des Vertrages mit der Firma EADS überzeugt sei. Der Vertrag sei rechtlich hervorragend abgesichert und enthalte sehr günstige finanzielle Konditionen, unter anderem eine Fixzinsvereinbarung. Die Bewertungskommission habe ihre klare Entscheidung getroffen, nachdem sie das Eurofighterangebot als Bestangebot erkannt habe. Die Gutachten, die Abgeordneter Kogler verlangt habe, habe er dem Nationalen Sicherheitsrat bereits vorgelegt, schloss Minister Platter. (Schluss)