Parlamentskorrespondenz Nr. 549 vom 08.07.2003

DRINGLICHER V-F-ANTRAG ZUR NATIONALEN UMSETZUNG DER GAP-REFORM

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Wien (PK) - Die tiefgehende agrarpolitische Grundsatzdebatte, die sich aus Anlass des Dringlichen Antrages der Koalitionsparteien heute Nachmittag im Nationalrat entwickelte, wurde vom ÖVP-Antragsteller Abgeordnetem GRILLITSCH (V) eingeleitet. Der Redner erinnerte an die intensive Diskussion, die EU-Agarkommissar Fischler mit seinen Vorschlägen zur Gemeinsamen Agrarpolitik im Jahr 2003 ausgelöst hatte und begrüßte die Erfolge, die Landwirtschaftsminister Pröll und sein Vorgänger Molterer in den Verhandlungen mit der Europäischen Union erzielen konnten.

Viele hätten nicht verstanden, warum die Bauern gegen die Vorschläge von Franz Fischler auftraten, obwohl der EU-Kommissar grundsätzlich denselben Weg von der Produktionsförderung in Richtung Tier- und Naturschutz ging, den Österreich mit seiner ökosozialen Landwirtschaftspolitik schon vor Jahren eingeschlagen habe. Die Probleme der ursprünglichen Vorschläge Fischlers hätten in den Details gelegen, führte Grillitsch aus. Es sei notwendig, gewisse Produktionsmengen zu erwirtschaften, um zu verhindern, dass eines Tages die Frage gestellt werde: "Wofür bekommen die Bauern eigentlich ihre Prämien?" Auch galt es laut Grillitsch zu verhindern, dass Milchbetriebe ab 16 Kühen, Mutterkuhbetriebe ab 21 Kühen und Ackerbetriebe ab 14 ha von der Modulierung betroffen werden.

Dank der erfolgreichen Verhandlungen Molterers und Prölls unterschieden sich die Ergebnisse der Agrarreform 2003 nun von Fischlers Vorschlägen aus dem Jahr 2002. Was vorliege, biete zwar immer noch keinen Grund zum Jubel, sei aber ein akzeptables Ergebnis. Die Reform mit ihrer Umorientierung von der Produktion zur ländlichen Entwicklung bedeute die Anerkennung des ökosozialen österreichischen Weges, der dazu geführt habe, dass in unserem Land bereits 60 % der Agrarförderungsmittel in die ländliche Entwicklung gehen, während dieser Wert in der EU erst bei 10 % liege. Die für Österreich mit seinen Berg- und benachteiligten Gebieten so wichtige Milchquote bleibe erhalten, berichtete Grillitsch.

Österreich wolle seine Landschaft offen halten, seine umweltgerechte Produktion mit einem 10 % Bio-Bauern-Anteil und die Umsetzung seines Umweltprogramms auf 70 % der bewirtschafteten Fläche fortführen. Dies setze klare Rahmenbedingungen voraus, sagte Grillitsch und erteilte den "Kürzungsprogrammen", wie er sich ausdrückte, in Richtung SPÖ eine klare Absage. "Wir wollen den ländlichen Raum als Wirtschaftsstandort erhalten", sagte der Abgeordnete und erläuterte den Inhalt seines Antrages mit folgenden Stichworten: Sicherung der bäuerlichen Einkommen und neue Einkommensperspektiven, Ausbau der ländlichen Entwicklung, Sicherung der Lebensmittelqualität, Stärkung der Marktposition, Aufrechterhaltung einer multifunktionalen Landwirtschaft, Erhaltung der Attraktivität der Kulturlandschaft sowie Anreize für Jungbauern und Investitionen in die Betriebe.

Landwirtschaftsminister DI PRÖLL berichtete vom Abschluss der zum Teil sehr kontroversiell geführten GAP-Reform-Verhandlungen im vergangenen Juni, die auf den Grundlagen der Agenda 2000, der Ergebnisse des Nachhaltigkeitsgipfel von Göteborg sowie im Hinblik auf die Anforderungen der EU-Erweiterung und der im kommenden Jahr bevorstehenden WTO-Verhandlungen von Cancun/Mexiko geführt wurden.

Österreich habe sich bei diesen Verhandlungen für bäuerliche Familienbetriebe, eine nachhaltige Produktion, eine hohe Qualität der Lebensmittel und für ökologische Standards als Förderungsvoraussetzung eingesetzt. Das Ergebnis vom 26. Juni stelle einen gangbaren Weg dar, sagte der Ressortleiter. Die Senkung der Getreideinterventionspreise um 5 % konnte verhindert werden, da sich das Argument durchgesetzt habe, man könne von den Bauern nicht ständig mehr Qualität verlangen und gleichzeitig die Preise senken. In der Milchmarktordnung konnten die geplanten Preissenkungen für Butter und Magermilchpulver ausgeglichen und - für Österreich besonders wichtig - die Milchquote erhalten werden. Hinsichtlich der Entkoppelung von Prämien und Produktionsleistungen konnten sowohl für die Flächen- als auch für die Tierproduktion Modelle ausverhandelt werden, die die Gefahren für benachteiligte Gebiete hintanhalten.

Ab einer Höhe von 5000 € an Ausgleichszahlungen werden die Prämien im Jahr 2005 um 3 %, im Jahr 2006 um 4 % und im Jahr 2007 um 5 % gesenkt; 68 % der österreichischen Betriebe bleiben von dieser Maßnahme unberührt, versicherte der Minister. Zugleich wurde sicher gestellt, dass das ersparte Geld - Minister Pröll rechnet mit 144 Mill. € jährlich - in das Programm zur Förderung der ländlichen Entwicklung fließt.

Bei den insgesamt 18 verpflichtenden Standards für die Gewährung von Ausgleichszahlungen liege Österreich aufgrund seiner bereits langjährigen ökosozialen Orientierung in der Agrarpolitik weit voran, führte der Landwirtschaftsminister weiter aus. Das Ergebnis lasse ihn nicht jubeln, hielt der Minister zum Abschluss fest und versprach, alle nationalen Spielräume auszunützen, in Brüssel jeden Euro zur Kofinanzierung abzuholen und um die Wettbewerbsgleichheit für die österreichischen Bauern zu kämpfen. "Insgesamt können die Bauern mit Optimismus in die Zukunft blicken", schloss Pröll.

Abgeordneter DI SCHEUCH (F) fasste seine Einschätzung der GAP-Reform mit den Worten zusammen: "Es wurde alles diskutiert, manches erreicht, aber es ist noch vieles zu tun." Positiv sei, dass die Interventionspreise nicht abgesenkt und die Rotationsbrache, die Milchquote sowie das ÖPUL erhalten bleiben. Als besonders wichtig bezeichnete es Scheuch, dass die regionalen Kompetenzen und die nationalen Spielräume erweitert werden, wobei er sich überzeugt zeigte, dass es gelingen werde, diese Instrumente im Interesse der Bauern zu nützen. Bei der Umsetzung der Richtlinien werde es notwendig sein, bei der Entkoppelung weiter zu kommen, den Arbeitsplatz Bauernhof zu fördern - wie dies der "Huber-Plan" der FPÖ seit vielen Jahren vorsehe - und zu verhindern, dass die Milchquote im Jahr 2006 aufgestockt wird. Dies sei unerlässlich, um die Betriebe in den Berggebieten und in benachteiligten Gebieten vor gravierenden Milchpreissenkungen zu bewahren. Scheuch machte sich keine Sorgen um die Erhaltung der Landwirtschaft etwa in Niederösterreich, es sei aber nicht sicher, dass die Bauern in den Berggebieten und in den vielen benachteiligten Gebieten nicht aufgeben. Die FPÖ werde entschieden für die Erhaltung der bäuerlichen Familienbetriebe in Österreich kämpfen, schloss Scheuch.

Abgeordneter Dr. EINEM (S) warf Landwirtschaftsminister Pröll vor, sich ausschließlich als Interessenvertreter der Bauern - "und nicht einmal aller Bauern!" - präsentiert zu haben, obwohl es seine Aufgabe als Minister wäre, die Interessen aller Österreicher zu vertreten. Einems Kritik an der Agrarpolitik der Freiheitlichen wiederum gipfelte in der Frage, warum es der FPÖ wichtiger sei, "am Tisch des Herrn zu sitzen, statt um eine gute Landwirtschaftspolitik zu kämpfen und die diesbezüglichen Anträge der SPÖ zu unterstützen".

Er könne keine Erfolge für die Österreicher und einen guten Teil der österreichischen Bauern erkennen, wenn man als Maßstäbe für die GAP-Reform das Wiedergewinnen des Konsumentenvertrauens, die Sicherung der Finanzierbarkeit der GAP und eine faire Verteilung der eingesetzten Mittel anlege. Die Verhandlungsposition der Regierung habe vielmehr darauf abgezielt, die österreichische Netto-Empfänger-Position zu erhalten. Eine Veränderung der unfairen Mittelverteilung zwischen großen und kleinen Betrieben sowie zwischen alten und neuen EU-Mitgliedsstaaten habe sie nicht erreicht. Es gebe nichts zu feiern, sagte Einem, Österreich habe lediglich erreicht, dass die von EU-Kommissar Fischler vorgeschlagene Reform nur zur Hälfte realisiert werde. Gewonnen haben weder die Konsumenten, noch die Bürger und auch nicht die vielen Bauern - gewonnen haben nur die großen Bauern. "Dafür danken wir Ihnen nicht", sagte Abgeordneter Einem abschließend in Richtung Landwirtschaftsminister Pröll.

Abgeordneter WITTAUER (F) formulierte, Landwirtschaftsminister Pröll habe bei den GAP-Reform-Verhandlungen nicht alles erreicht, was wünschenswert gewesen wäre. Es sei aber wichtig gewesen, zu verhindern, dass den Bauern Schaden zugefügt werde. Froh zeigte sich Wittauer darüber, dass mit dem nun auf dem Tisch liegenden Ergebnis die Verunsicherung der Bauern ein Ende habe. Es werde möglich sein, Nahrungsmittel weiterhin umweltgerecht zu produzieren. Man müsse sich aber der Gefahr bewusst sein, dass die Reform den schleichenden Tod vieler Bauern bedeuten könnte. Denn gewonnen hätten nur die großen EU-Länder, klagte Wittauer. Die heimische Landwirtschaftspolitik stehe vor der Aufgabe, den Schaden für die österreichischen Bauern nicht zu groß werden zu lassen. Wittauer erinnerte an die bäuerlichen Einkommensverluste in der Folge des EU-Beitritts und verlangte Maßnahmen zur Sicherung der bäuerlichen Einkommen. Im Einzelnen forderte der Abgeordnete Verwaltungsvereinfachungen, die Förderung des Arbeitsplatzes Bauernhof und die Absicherung der kleinstrukturierten Landwirtschaft.

Abgeordneter DI PIRKLHUBER (G) leitete seine Ausführungen mit der Kritik daran, ein, dass eine klare Position Österreichs in der Debatte über die GAP-Reform nie erkennbar gewesen sei. Es habe am Bekenntnis gefehlt, dass die Bauern für den Binnenmarkt produzieren sollen. Die "so genannten Agrarvertreter" in Österreich hätten an der Exportorientierung festgehalten. Wichtig wäre es auch gewesen, klare Maßnahmen gegen den Einsatz der Gentechnik in der Landwirtschaft zu setzen, um die Entstehung eines agrarischen US-Clusters gegen Europa zu verhindern und die Wettbewerbsfähigkeit der gentechnikfreien Produktionen abzusichern. Zukünftige Probleme ortete der Agrarsprecher der Grünen für den zu erwartenden Fall, dass die Exportprämien sinken, die Produktionsmengen aber nicht zurückgehen. Es werde daher wichtig sein, im Unterausschuss Experten zu hören, sagte Abgeordneter Pirklhuber. Die Grünen erwarten klare Prioritäten für die Qualitätssicherung und zugunsten der biologischen Landwirtschaft, wobei sie bei den Standards eine Kontrollquote von 1 % der Betriebe - "beim ÖPUL werden 5 % kontrolliert!" - als viel zu gering einschätzen. Dem Dringlichen Antrag der Koalitionsparteien werden die Grünen zustimmen. Ihre "weit darüber hinaus gehenden Vorschläge und Forderungen" werden sie in einem eigenen Entschließungsantrag einbringen, kündigte Abgeordneter Pirklhuber an.

Abgeordneter Ing. SCHULTES (V) thematisierte die Trockenheit des laufenden Jahres, die einen Ernteausfall bis zu 50 % im Osten Österreichs gebracht habe. In diesem Zusammenhang dankte er Bundesminister Pröll für die Trockenschadensversicherung und dafür, dass er auf EU-Ebene die Verhandlungen so massiv beeinflusst habe. Pröll habe eine österreichische Antwort gegeben und dafür gesorgt, dass ausreichend Spielraum bleibe, damit Österreich seinen Weg weiter gehen könne, so Schultes. Der Minister habe zwar nicht alle "Giftzähne" zu ziehen vermocht, wie die Entkoppelung, aber er habe viele wichtig Punkte verteidigt, wie die Milchquote. Mit der Reform habe man neue Möglichkeiten, wie die Stilllegung für den Naturschutz, geschaffen. Selbstverständlich bleibe die Gefahr einer Landwirtschaft im "Standby", einer Landwirtschaft, die Prämien nimmt und wenig Leistung bringt. Aber er hoffe, dass auch in Zukunft die Bauern Freude an ihrer Arbeit haben werden und gute Produkte liefern. Auf jeden Fall müsse man ihnen die Sicherheit geben, dass es nicht zu einer neuen Umverteilungsdebatte kommt und dass es die richtigen Investitionsprogramme geben werde.

Abgeordneter GRADWOHL (S) replizierte auf seinen Vorredner, indem er die Entwicklung zu Monokulturen anprangerte. Deshalb brauche man auch eine Trockenschadensversicherung, meinte er. Klubobmann Molterer warf er vor, der erste gewesen zu sein, der sich gegen eine Agrarreform und damit gegen eine Entkoppelung ausgesprochen habe. Er, Gradwohl, bezweifle jedenfalls, dass es aufgrund der nun vorliegenden Reform und dessen, was der Bundesminister heute berichtet habe, eine Verwaltungsvereinfachung geben könne.

Abgeordnete REST-HINTERSEER (G) brachte einen Entschließungsantrag ein, in dem die Bundesregierung unter anderem aufgefordert wird, über die nationalen Umsetzungen der GAP dem Parlament zu berichten und für einen inneragrarischen Interessenausgleich zu sorgen. Ferner verlangen die Grünen, dass der maximale Spielraum der finanziellen Mittel für den Schutz und die Verbesserung der Umwelt bzw. die Verbesserung der Qualität und Vermarktung der landwirtschaftlichen Erzeugnisse ausgeschöpft wird. Sie wollen insbesondere Investitionsanreize zum Umstieg auf artgerechte Tierhaltung, die Einbeziehung des Grünlandes in das Prämiensystem und Maßnahmen für eine umweltorientierte und nachhaltige Landwirtschaft. Rest-Hinterseer ging weiters auf gentechnisch modifizierten Organismen ein und wies darauf hin, dass auch die amerikanische Bevölkerung zu 50 % gentechnisch veränderte Lebensmittel ablehne. Weltweit seien dies zwei Drittel aller Menschen. Vor allem sollte uns der starke Anteil an fettleibigen Kindern in Amerika und nun auch in China, wo erst kürzlich gentechnisch veränderte Lebensmittel zugelassen worden waren, zu denken geben, warnte die Rednerin.

Abgeordnete SCHIEFERMAIR (V) meinte, dass der jüngste Reformprozess, der nicht nur Österreich, sondern alle EuropäerInnen betreffe, von den Ministern Riegler, Molterer und Pröll eingeleitet worden sei. Bundesminister Pröll habe durch sein verantwortungsvolles Verhandeln die österreichischen Interessen gut vertreten. Für Österreichs Bäuerinnen und Bauern sowie Konsumentinnen und Konsumenten könne somit auch in Zukunft Sicherheit gewährleistet werden. Sie unterstrich dabei, dass es in erster Linie an den KonsumentInnen liege, heimische und biologische Produkte zu kaufen. Die GAP-Reform bringe Chancengleichheit und gleiche Qualitätsproduktion in Europa. An den Landwirtschaftsminister richtete sie die Aufforderung, die vorhandenen Spielräume zu nützen.

Abgeordneter Mag. MAIER (S) kritisierte, dass das Landwirtschaftsministerium zahlreiche EU-Richtlinien nicht umgesetzt habe. Konkret nannte er die EU-Lebensmittelbasisverordnung, die die gleichen Kontrollregime bei Futtermitteln wie bei Lebensmitteln sowie eine öffentliche Warn- und Informationspflicht vorsieht. Im österreichischen Futtermittelgesetz sei keine entsprechende Änderung vorgenommen worden, warf Meier dem Minister vor. So sei es möglich gewesen, dass in Salzburg, Oberösterreich und Niederösterreich über 20 Legehennenbetriebe ein Verkaufsverbot verhängt worden sei, weil ein verbotenes Tierarzneimittel nachgewiesen wurde. Dafür trage der Minister nach der EU-Verordnung allein die Verantwortung, weil er nicht ausreichend informiert habe. Meier vermutete, dass dahinter der Raiffeisen-Verband stehe. Jedenfalls sei der Minister mit seiner Agrarpolitik absolut unglaubwürdig, schloss Meier.

Abgeordneter KEUSCHNIGG (V) meinte zu dem von Abgeordnetem Meier geschilderten Vorfall, dass in Salzburg Landesrätin Burgstaller hätte tätig werden müssen, was Meier in einer Tatsächlichen Berichtigung verneinte. Darüber hinaus wäre es, so Keuschnigg, der sozialdemokratische deutsche Bundeskanzler gewesen, der die 300.000-Euro-Obergrenze zu Fall gebracht habe. Als positiv bewertete der Redner die Einführung der Rinderdatenbank und hoffte, dass weitere Schritte zur Entbürokratisierung in der Landwirtschaft folgen werden. Die österreichische Landwirtschaft unterscheide sich von den anderen durch die Klein- und Kleinststruktur. Kein anderes Land sei so in die ländliche Entwicklung gegangen und damit in die Sicherung der Arbeitsplätze und der bäuerlichen Wirtschaft, bemerkte Keuschnigg. Ziel müsse es sein, diesen Kernbereich mit einer zusätzlichen neuen Wertschöpfungskette zu verbinden.

Bundesminister PRÖLL betonte, dass er nicht nur die Sicht der Bauern gesehen, sondern auch auf die Interessen der KonsumentInnen und auf den Umweltschutz Bedacht genommen habe. Ihm sei es auch darum gegangen, im Lebensmittelbereich, im Umweltbereich und im Tierschutzbereich neue Standards zu setzen. Er versuche, Agrarpolitik ausgewogen für alle zu machen und nicht nur für einzelne Gruppen von Bauern. Die Entkoppelung sei vor allem von jenen Ländern unterstützt worden, die auf eine stark industrialisierte Landwirtschaft setzen. Das Verhandlungsergebnis liege nun aber näher jenen Staaten, die über eine klein strukturierte Landwirtschaft verfügen. Pröll zeigte sich zuversichtlich, dass der Finanzdeckel auch nach der Erweiterung halten werde. Was das Moratorium hinsichtlich gentechnisch modifizierter Pflanzen betrifft, unterstrich der Minister, dass aus österreichischer Sicht vor Aufhebung des Moratoriums die Fragen der Rückverfolgung, der Haftung und der Koexistenz geklärt werden müssten. Dezidiert sprach sich Pröll gegen jegliche Liberalisierungstendenzen in Richtung einer industrialisierten Landwirtschaft aus. 

Nach Meinung von Abgeordneter BINDER (S) liegt die GAP-Reform keineswegs im Interesse der Bauern. Sie zeigte Präferenz für die ursprünglichen Vorschläge von Agrarkommissar Fischler, diese seien aber von den Bauernvertretern verhindert worden, bedauerte Binder. Der Kompromiss sei aus ihrer Sicht sehr kurzsichtig, vor allem auch im Hinblick auf die kommende EU-Erweiterung. Auch sie befürchtet, dass die Bürokratisierung weiter zunimmt, die Bauern würden mehr denn je am Gängelband der öffentlichen Förderung hängen. Binder vermisste in der Diskussion die Thematisierung der Situation der Frauen im ländlichen Bereich, obwohl es oft gerade die Frauen seien, die die bäuerlichen Betriebe aufrecht erhalten. Wie eine Studie zeige, seien diese Frauen stark benachteiligt, unter anderem in ökonomischer und bildungsmäßiger Hinsicht und sie seien noch zu sehr in traditionelle Rollenbilder gedrängt, erläuterte sie. Daher seien dringend Maßnahmen für die betroffenen Frauen erforderlich, schloss Binder.

Abgeordneter FAUL (S) warf den Regierungsparteien vor, man habe aus großen Ideen lediglich ein Reförmchen gemacht. Man vergebe hier eine bedeutende Chance für die Wirtschaft und beuge sich der Agrarlobby. Dieser Kurs müsse geändert werden, gebe es doch bei der Verteilung der Mittel für die Wirtschaft einerseits und die Landwirtschaft andererseits ein bemerkenswertes Missverhältnis. Die Förderpolitik müsse überdacht werden.

Abgeordnete Dr. MOSER (G) verlieh ihrer Hoffnung Ausdruck, der Minister werde die Möglichkeiten, die ihm diese Richtlinie böte, zu mehr Biolandbau, zu mehr Lebensmittelqualität und für flächendeckende Landwirtschaft nützen. Weiters thematisierte die Rednerin die Frage der Futtermittel.

Der Antrag wurde mehrheitlich angenommen. Der G-Entschließungsantrag blieb in der Minderheit.

Präsident Fischer begrüßte sodann eine Delegation aus der VR China unter der Führung von Minister He.

KURZDEBATTE: FRISTSETZUNGSANTRAG NACHTFAHRVERBOT OHNE MEHRHEIT

Abgeordnete Dr. LICHTENBERGER (G) nannte den in Rede stehenden Antrag (19/A) "eminent wichtig" für eine stringente Anti-Transit-Politik. Damit könnte eine echte Lösung für eine ansprechende Transitregelung schrittweise eingeführt werden, die nicht nur für Tirol, sondern auch für die anderen sensiblen Regionen entsprechende Wirkung zeitigen könnte. Die bisherigen Vorschläge seien unannehmbar und "reine Augenauswischerei". Man solle daher dem Antrag der Grünen näher treten, so die Rednerin, und die Fristsetzung unterstützen.

Abgeordnete Mag. HAKL (V) anerkannte die Notwendigkeit eines Schulterschlusses aller Parteien in dieser heiklen Frage. Dem vorliegenden Antrag könne sie jedoch ihre Zustimmung nicht geben, da die Argumentation darauf abzielen sollte, auf die Besonderheit des Alpenraumes hinzuweisen. Ausnahmen müssten sachlich gerechtfertigt sein, so Hakl. Man sollte sich also auf sensible Korridore konzentrieren und dafür eine europäische Lösung anstreben.

Abgeordneter REHEIS (S) meinte, die Transitfrage sei ein ernstes Problem, dem auch die Bundesregierung verstärktes Augenmerk schenken sollte. Es gelte, den "Transitlobbyisten" entgegen zu treten, wolle man gegen die Interessen der Frächter die Interessen der Bevölkerung durchsetzen. Seiner Fraktion gehe es dabei nicht nur um die Anwohner an den Tiroler Transitrouten, sondern um alle Bewohner sensibler Korridore, weshalb seine Fraktion diesen Fristsetzungsantrag unterstütze.

Abgeordneter WITTAUER (F) sagte, es stelle sich die Frage, wie man die genannten Probleme am effizientesten lösen könne. Minister Gorbach habe hier wichtige Schritte gesetzt, so Wittauer, der sich von der Tiroler Landesregierung weitere Maßnahmen erwartete. Dem Fristsetzungsantrag der Grünen werde man nicht zustimmen, vielmehr warte man darauf, dass die Länder entsprechend tätig werden.

Abgeordnete Dr. MOSER (G) wiederholte die Argumente ihrer Fraktion in der Transitfrage, votierte für eine glaubwürdige Transitpolitik Österreichs und urgierte nochmals eine Zustimmung zum Antrag der Grünen.

Der Fristsetzungsantrag wurde abgelehnt.

(Schluss Dringlicher Antrag/Forts. NR)